6.6.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 147/61


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 3. Juni 2008

zur Ermächtigung Portugals, in der autonomen Region Madeira auf dort gebrautes Bier einen ermäßigten Verbrauchsteuersatz anzuwenden

(2008/417/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 299 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit Antrag vom 30. Mai 2007 ersuchte Portugal unter Hinweis auf Artikel 299 Absatz 2 des Vertrags um die Ermächtigung, in Abweichung von Artikel 90 des Vertrags auf in Madeira gebrautes Bier einen Verbrauchsteuersatz anzuwenden, der unter dem nationalen Verbrauchsteuersatz nach der Richtlinie 92/84/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke (2) liegt, wenn die Jahresproduktion der Brauerei 300 000 hl nicht übersteigt. Auf die über 200 000 hl liegende Produktion würde der ermäßigte Steuersatz nur angewandt, wenn sie vor Ort konsumiert wird.

(2)

Portugal begründet sein Ersuchen damit, dass die Möglichkeiten nach Artikel 4 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (3) nicht ausreichen, um die Nachteile auszugleichen, die den Brauereien auf Madeira aufgrund der Abgelegenheit, der räumlichen Heterogenität und der Enge des lokalen Marktes entstehen. Nach diesem Artikel können für Brauereien, deren Jahresproduktion an Bier 200 000 hl nicht übersteigt, ermäßigte Verbrauchsteuersätze gelten, sofern sie nicht mehr als 50 % unter dem normalen nationalen Verbrauchsteuersatz liegen. Portugal hat von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht und Brauereien, deren Jahresproduktion 200 000 hl nicht übersteigt, eine Ermäßigung von 50 % gewährt. Sollten die Brauereien in Madeira jedoch mehr als 200 000 hl jährlich produzieren, bedeutet dies noch nicht, dass sie stark genug sind, um dem Wettbewerb durch Biere, die vom portugiesischen Festland (oder vom übrigen europäischen Festland) eingeführt werden, standhalten zu können. Wegen des nach wie vor scharfen Wettbewerbs durch ausländische Biere würde ihr Marktanteil weiter zurückgehen, weil sie aufgrund der Abgelegenheit höhere Kosten zu tragen hätten, um hohe Lagerbestände zu halten und Rohstoffe, Halbfertigprodukte sowie Verpackungsmaterial vom portugiesischen Festland zu beschaffen. Daher wären diese Brauereien bei Erreichen einer Jahresproduktion von 200 000 hl zwar nicht mehr „klein“ im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie 92/83/EWG, wohl aber nach wie vor im Vergleich zu den großen nationalen und multinationalen Brauereien, mit denen sie in Wettbewerb stehen. Deshalb ist es für den Fortbestand dieses lokalen Wirtschaftszweigs unerlässlich, bei Brauereien, deren Jahresproduktion 200 000 hl übersteigt, aber nicht über 300 000 hl liegt, weiterhin den ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

(3)

Portugal beantragt daher, auf Bier, das auf Madeira von unabhängigen Brauereien mit einer Jahresproduktion von höchstens 300 000 hl gebraut wird, einen ermäßigten Steuersatz, der 50 % unter dem normalen nationalen Verbrauchsteuersatz liegen soll, anwenden zu können. Übersteigt jedoch die Jahresproduktion 200 000 hl, kann der ermäßigte Steuersatz für die darüber hinaus gehenden Mengen nur auf Bier angewandt werden, das auf Madeira selbst konsumiert wird.

(4)

Bei einer sorgfältigen Prüfung der Lage wird deutlich, dass es unerlässlich ist, dem portugiesischen Ersuchen stattzugeben, wenn in der Region Madeira, die sich in äußerster Randlage befindet, die Brauereiwirtschaft erhalten werden soll. Im vorliegenden Fall wird die Ausweitung der Steuerermäßigung unter den entsprechenden Bedingungen zur Folge haben, dass sich die Brauereien auf Madeira in der gleichen Ausgangssituation befinden wie ihre Wettbewerber auf dem portugiesischen Festland und in anderen Mitgliedstaaten. Die gewonnenen Steuervorteile dienen lediglich dem Ausgleich der Mehrkosten aufgrund der Abgelegenheit der Betriebe.

(5)

Damit der Binnenmarkt nicht ausgehöhlt wird, sollte der ermäßigte Steuersatz für eine Produktion von mehr als 200 000 hl nur auf Bier angewandt werden, das auf Madeira selbst gebraut und konsumiert wird.

(6)

Auch wenn die beantragte Abweichung von Artikel 90 des Vertrags erforderlich ist, um die Entwicklung der Region Madeira, die sich in äußerster Randlage befindet, nicht zu gefährden, müssen steuerliche Sonderregelungen zeitlich begrenzt werden. Andererseits muss jedoch den lokalen Wirtschaftsbeteiligten die Sicherheit garantiert werden, die sie benötigen, um ihre Wirtschaftstätigkeiten zu entwickeln. Daher ist es angebracht, die Sonderregelung für sechs Jahre zu gestatten.

(7)

Des Weiteren sollte die Vorlage eines Zwischenberichts verlangt werden, damit die Kommission beurteilen kann, ob die Bedingungen für die Gewährung einer solchen Sonderregelung weiterhin erfüllt sind.

(8)

Diese Entscheidung sollte die Anwendung der Artikel 87 und 88 des Vertrags nicht berühren —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSSEN:

Artikel 1

In Abweichung von Artikel 90 des Vertrags wird Portugal ermächtigt, in der autonomen Region Madeira auf Bier, das dort von in dieser Region gelegenen unabhängigen Brauereien gebraut wird, deren Jahresproduktion 300 000 hl nicht übersteigt, einen ermäßigten Verbrauchsteuersatz anzuwenden, der unter dem nach der Richtlinie 92/84/EWG festgelegten nationalen Verbrauchsteuersatz liegt. Auf die über einer Jahresproduktion von 200 000 hl liegende Menge darf der ermäßigte Satz nur angewandt werden, wenn sie auf Madeira selbst konsumiert wird.

Als „unabhängige Brauerei“ gilt eine Brauerei, die rechtlich und wirtschaftlich von einer anderen Brauerei unabhängig ist, Betriebsräume benutzt, die räumlich von denen anderer Brauereien getrennt sind, und die kein Lizenznehmer ist. Arbeiten zwei oder mehrere Brauereien zusammen deren gemeinsamer Jahresausstoß 300 000 hl nicht übersteigt, so können diese Brauereien jedoch als eine einzige unabhängige Brauerei behandelt werden.

Der ermäßigte Verbrauchsteuersatz kann unter dem Mindestsatz liegen, darf jedoch den vollen nationalen Verbrauchsteuersatz in Portugal nicht um mehr als 50 % unterschreiten.

Artikel 2

Bis 31. Dezember 2010 übermittelt Portugal der Kommission einen Lagebericht, damit diese beurteilen kann, ob die Gründe für die Sonderregelung nach Artikel 1 weiterhin gegeben sind.

Artikel 3

Diese Entscheidung gilt bis 31. Dezember 2013.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Portugiesische Republik gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 3. Juni 2008.

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. BAJUK


(1)  Stellungnahme vom 11. April 2008 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 29.

(3)  ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 21. Geändert durch die Beitrittsakte von 2005.