29.4.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 115/44


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 25. April 2008

zur Festlegung gemeinschaftlicher Kriterien für nationale Programme zur Tilgung, Bekämpfung und Überwachung bestimmter Tierseuchen und Zoonosen

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 1588)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/341/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Entscheidung 90/424/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich (1), insbesondere auf Artikel 24 Absatz 2 Unterabsatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Entscheidung 90/424/EWG wurden die Modalitäten der finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft an den Programmen zur Tilgung, Bekämpfung und Überwachung von Tierseuchen und Zoonosen festgelegt. Gemäß dieser Entscheidung wird eine gemeinschaftliche Finanzierungsmaßnahme eingeführt, um den Mitgliedstaaten die Kosten zu erstatten, die ihnen bei der Finanzierung nationaler Programme zur Tilgung, Bekämpfung und Überwachung der im Anhang zur genannten Entscheidung aufgeführten Tierseuchen und Zoonosen entstehen.

(2)

Gemäß der Entscheidung 90/424/EWG müssen die Mitgliedstaaten der Kommission jedes Jahr spätestens bis zum 30. April die im Folgejahr beginnenden Jahres- oder Mehrjahresprogramme vorlegen, für die sie einen finanziellen Beitrag der Gemeinschaft beantragen.

(3)

Artikel 24 Absatz 2 der genannten Entscheidung führt auf, welche Bestandteile die von den Mitgliedstaaten vorgelegten Programme enthalten müssen; dazu gehören eine Beschreibung der epidemiologischen Seuchenlage, das Gebiet, in dem das Programm durchgeführt werden soll, der Zweck und die voraussichtliche Laufzeit des Programms, die durchzuführenden Maßnahmen sowie Kosten und Nutzen des Programms.

(4)

Mit der Entscheidung 90/638/EWG des Rates vom 27. November 1990 über Gemeinschaftskriterien für Maßnahmen zur Tilgung und Überwachung bestimmter Tierseuchen (2) wurden bestimmte Kriterien für die Genehmigung von Tilgungs- und Überwachungsprogrammen gemäß der Entscheidung 90/424/EWG festgelegt. Die Entscheidung 2006/965/EG hebt die Entscheidung 90/638/EWG von dem Zeitpunkt an auf, zu dem die vorliegende Entscheidung in Kraft tritt.

(5)

Es sollten neue Kriterien für die einzelstaatlichen Programme zur Tilgung, Bekämpfung und Überwachung der Tierseuchen und Zoonosen, die in Anhang I der Entscheidung 90/424/EWG aufgeführt sind, festgelegt werden, um dem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt und den Erfahrungen bei der Durchführung der Programme gemäß der Entscheidung 90/638/EWG Rechnung zu tragen. Diese neuen Gemeinschaftskriterien sollten sicherstellen, dass die in diesen Programmen vorgesehenen Maßnahmen wirksam sind und für die schnellstmögliche Tilgung, Bekämpfung und Überwachung der betreffenden Seuchen und Zoonosen sorgen.

(6)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die der Kommission von den Mitgliedstaaten vorgelegten Programme zur Tilgung, Bekämpfung und Überwachung von Tierseuchen und Zoonosen, die im Anhang der Entscheidung 90/424/EWG aufgeführt sind, müssen mindestens die Kriterien erfüllen, die im Anhang zur vorliegenden Entscheidung aufgeführt sind, damit sie als gemeinschaftliche Finanzierungsmaßnahmen gemäß Artikel 24 Absatz 1 der Entscheidung 90/424/EWG bewilligt werden können.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 25. April 2008

Für die Kommission

Androulla VASSILIOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 19. Zuletzt geändert durch die Entscheidung 2006/965/EG (ABl. L 397 vom 30.12.2006, S. 22).

(2)  ABl. L 347 vom 12.12.1990, S. 27. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 92/65/EWG (ABl. L 268 vom 14.9.1992, S. 54).


ANHANG

Kriterien für nationale Tilgungs-, Bekämpfungs- und Überwachungsprogramme

(1)   Programmzweck

(a)

Zweck des Überwachungsprogramms ist es, eine Tierpopulation oder -teilpopulation und deren Umwelt (einschließlich wilder Wirte und Vektoren) zu untersuchen, um Veränderungen des Auftretens und der Infektionsmuster einer Tierseuche oder Zoonose im Sinne des Anhangs der Entscheidung 90/424/EWG (im Folgenden als „Tierseuche oder Zoonose“ bezeichnet) festzustellen.

(b)

Zweck des Bekämpfungsprogramms ist es, für die Prävalenz einer Tierseuche oder Zoonose im Sinne des Anhangs der Entscheidung 90/424/EWG ein hygienisch vertretbares Maß zu erreichen oder aufrechtzuerhalten.

(c)

Zweck des Tilgungsprogramms ist es, eine Tierseuche oder Zoonose im Sinne des Anhangs der Entscheidung 90/424/EWG biologisch auszurotten. Endziel des Tilgungsprogramms ist es, für das Hoheitsgebiet den Status als seuchenfrei oder amtlich seuchenfrei gemäß den Gemeinschaftsvorschriften zu erlangen, sofern diese Möglichkeit besteht.

(d)

Der Zweck eines Programms zur Bekämpfung, Überwachung oder Tilgung einer Tierseuche oder Zoonose muss mit der Gemeinschaftspolitik im Einklang stehen.

(2)   Geografische Abgrenzung des Programms

Das Programm gilt für das gesamte Hoheitsgebiet oder, sofern nach epidemiologischen Kriterien ordnungsgemäß begründet, für einen genau abgegrenzten Teil des Hoheitsgebiets eines oder mehrerer der Mitgliedstaaten oder, bei Seuchen, die auch Wildtiere befallen, von Drittländern.

(3)   Laufzeit des Programms

Die Programmlaufzeit wird auf die geschätzte Mindestdauer in Jahren festgesetzt, die zum Erreichen des Programmziels nötig sind. Diese Dauer ist begrenzt auf den Zeitraum, in dem das Ziel realistischerweise erreicht werden kann.

(4)   Ziele des Programms

(a)

Die Ziele des Programms sind so festzusetzen, dass sie bis zum Zeitpunkt des Programmabschlusses erreicht werden. Läuft das Programm länger als ein Jahr, sind mindestens jährliche Zwischenziele festzusetzen.

(b)

Für die Ziele sind die geeignetsten Indikatoren wie Inzidenz, Prävalenz (sofern möglich), hygienische Einstufung der Zieltiere und epidemiologische Einheiten (z. B. Bestände, Herden, Haltungsbetriebe, Zonen) auszuwählen. Erforderlichenfalls ist eine Definition anzugeben.

(5)   Maßnahmen des Programms

(a)

Der Verdacht oder die Bestätigung der Tierseuche oder Zoonose ist meldepflichtig.

(b)

Die Maßnahmen des Programms zielen auf die Wirtstierpopulation der Seuche oder Zoonose und/oder relevante Wirtstierarten oder Vektoren ab.

(c)

Alle Zieltiere des Programms, ausgenommen Geflügel, Wassertiere, Hasentiere und Wildtiere sind zu identifizieren, und alle epidemiologischen Einheiten (z. B. Bestände, Herden, Haltungsbetriebe) sind zu registrieren. Die Verbringung dieser Tiere ist zu kontrollieren und zu registrieren.

(d)

Die Maßnahmen des Programms beruhen auf den einschlägigen vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und entsprechen den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften. Bei Programmen für Seuchen von Aquakultur-Tieren, die vom Europäischen Fischereifonds (1) finanziert werden, stellt die zuständige Verwaltungsbehörde sicher, dass alle Unterlagen über die Ausgaben und Rechnungsprüfungen der betreffenden Programme der Kommission und dem Europäischen Rechnungshof gemäß Artikel 87 der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 zur Verfügung gestellt werden.

(e)

Als Maßnahmen des Programms werden die effizientesten und wirksamsten Maßnahmen zum Erreichen des Ziels innerhalb der Programmlaufzeit ausgewählt; diese umfassen mindestens:

Vorschriften für die Verbringung von Tieren und Erzeugnissen, die von der jeweiligen Seuche oder Zoonose betroffen oder kontaminiert sein können;

zu treffende Maßnahmen, wenn die im Rahmen des Programms durchgeführten Kontrollen positive Befunde ergeben; diese Maßnahmen müssen alle notwendigen Vorkehrungen umfassen, um angesichts der epidemiologischen Daten und spezifischen Vorsorgemaßnahmen eine rasche Bekämpfung oder Tilgung der Seuche oder Zoonose sicherzustellen;

gegebenenfalls Vorschriften für die Einstufung von Beständen oder Herden.

(f)

Die im Rahmen des Programms verwendeten Labortests sind in den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für die betreffenden Tierseuchen oder Zoonosen festgelegt. Sind in den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften keine Tests vorgesehen, so sind nach den allgemein anerkannten internationalen Standards standardisierte und validierte Tests zu verwenden. Die Untersuchungslabors, die an den einschlägigen von der Gemeinschaft finanzierten Überwachungs- oder Tilgungsprogrammen beteiligt sind, müssen in der Lage sein, Ergebnisse zu liefern, deren Qualität für das jeweilige gemeinschaftliche Referenzlabor akzeptabel ist. Labors, die die Ringtests des gemeinschaftlichen Referenzlabors bzw. einzelstaatliche Ringtests nicht bestanden haben, können nur dann an von der Gemeinschaft finanzierten Tilgungsprogrammen teilnehmen, wenn spezifische Kontrollen ergeben haben, dass sie Ergebnisse liefern können, die den erforderlichen Qualitätsstandards entsprechen.

(g)

Die im Rahmen des Programms verwendeten Impfstoffe entsprechen den europäischen Standards hinsichtlich Sicherheit, Nichtübertragbarkeit, Irreversibilität der Attenuierung und immunogenen Eigenschaften; sie müssen über eine Marktzulassung gemäß der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2) verfügen, sofern nicht die Bedingungen gemäß Artikel 8 der genannten Richtlinie gelten.

(6)   Programmmanagement

(a)

Das Programm unterliegt der Leitung der zentralen Veterinärbehörde. Die Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche aller einzelnen Veterinärdienststellen und Beteiligten bei der Durchführung der Maßnahmen des Programms sind klar zu definieren, und das Programm enthält eine klare Weisungskette.

(b)

Für die gesamte Programmlaufzeit sind ausreichende (finanzielle, personelle und materielle) Ressourcen sichergestellt.

(c)

Die Fortschritte des Programms werden regelmäßig

(i)

mit Blick auf die Effizienz und Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und bewertet;

(ii)

der Kommission mitgeteilt.

(7)   Kosten und Nutzen des Programms

(a)

Das Programm ist für die Gemeinschaft und die Beteiligten in den Mitgliedstaaten von Nutzen.

(b)

Die ausgewählten Instrumente und Maßnahmen werden auf kostengünstigste Weise eingesetzt.

(c)

Die für die Programmzwecke verwendeten Waren und Dienstleistungen werden gemäß den Gemeinschaftsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen erworben oder bereitgestellt.

(d)

Die Kosten des Programms sind die den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Programmmaßnahmen entstehenden Kosten und können einer Rechnungsprüfung unterzogen werden.

(e)

Für Tiere, die im Rahmen des Programms geschlachtet oder gekeult werden müssen, bzw. für die Erzeugnisse, die vernichtet werden müssen, erhalten die Besitzer eine angemessene Entschädigung.

(f)

Der Empfänger führt Buch über die entstandenen Kosten, die der Kommission über das Kostenrechnungssystem vorgelegt worden sind, und bewahrt alle Originalunterlagen für die Zwecke der Finanzkontrolle gemäß den Artikeln 9, 36 und 37 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates (3) sieben Jahre lang ab dem Zeitpunkt der Vorlage auf.


(1)  Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds (ABl. L 223 vom 15.8.2006, S. 1).

(2)  ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1.

(3)  ABl. L 209 vom 11.8.2005, S. 1.