2.7.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 171/28


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 30. April 2004

betreffend die Sachen COMP/D2/32448 und COMP/D2/32450 Compagnie Maritime Belge SA (Weiteres Vorgehen nach dem EuGH-Urteil vom 16. März 2000)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 1779)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(2005/480/EG)

I   EINLEITUNG

(1)

Am 30. April 2004 erließ die Kommission eine Entscheidung in einem Verfahren nach Artikel 82 EG-Vertrag und verhängte eine Geldbuße in Höhe von 3,4 Mio. EUR gegen das Antwerpener Schifffahrtsunternehmen Compagnie Maritime Belge, SA (nachstehend „CMB“). Gemäß Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (1) veröffentlicht die Kommission hiermit die Namen der Beteiligten und den wesentlichen Inhalt der Entscheidung, wobei sie den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung trägt. Eine nicht vertrauliche Fassung des vollständigen Wortlauts der Entscheidung ist in den verbindlichen Sprachen der Wettbewerbssache und den Arbeitssprachen der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb unter folgender Adresse abrufbar: http://europa.eu.int/comm/competition/index_de.html.

II   VERFAHREN

(2)

Die Entscheidung ist eine Folgemaßnahme im Anschluss an die so genannte Cewal-Sache. Darin hatte die Kommission gegen die Mitglieder einer Linienkonferenz namens Associated Central West Africa Lines (nachstehend „Cewal“) wegen Verstoßes gegen Artikel 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 und im Folgenden auch so zitiert) Geldbußen verhängt.

(3)

In der Entscheidung 93/82/EWG der Kommission vom 23. Dezember 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/32.448 und IV/32.450: CEWAL, COWAC, UKWAL) und Artikel 86 EWG-Vertrag (IV/32.448 und IV/32.450: CEWAL) (2) (nachstehend „die ursprüngliche Entscheidung“) stellte die Kommission unter anderem fest, dass Cewal und zwei andere Linienkonferenzen — Cowac und Ukwal — sowie die an diesen Konferenzen beteiligten Reedereien gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 und im Weiteren auch so zitiert) verstoßen hatten. Die Mitglieder von Cewal hatten außerdem gegen Artikel 82 EG-Vertrag verstoßen, weil sie an drei verschiedenen Formen der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung beteiligt waren. An diese Reedereien erging die Aufforderung, die Zuwiderhandlungen abzustellen.

(4)

In der ursprünglichen Entscheidung verhängte die Kommission gegen vier Mitglieder von Cewal Geldbußen wegen Verstoßes gegen Artikel 82 EG-Vertrag. CMB erhielt eine Geldbuße in Höhe von 9,6 Mio. ECU.

(5)

Alle vier Reedereien sowie die Tochtergesellschaft CMBT von CMB klagten vor dem Gericht erster Instanz (EuGeI) auf Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung. In seinem Urteil vom 8. Oktober 1996 (3) (nachstehend „das EuGeI-Urteil“) wies das Gericht die Klagen ab, senkte jedoch die Höhe der Geldbußen. Die Geldbuße für CMB wurde auf 8,64 Mio. ECU herabgesetzt.

(6)

CMB, deren Tochtergesellschaft CMBT sowie Dafra-Lines A/S — ein weiteres Unternehmen, gegen das eine Geldbuße verhängt worden war — legten gegen das EuGeI-Urteil Rechtsmittel ein. In seinem Urteil vom 16. März 2000 (4) (nachstehend „das EuGH-Urteil“) wies der Gerichtshof sämtliche zur Hauptsache vorgebrachten Beschwerdegründe zurück,

erklärte jedoch die Artikel der ursprünglichen Entscheidung über die Festlegung der Geldbußen für nichtig

und wies das Rechtsmittel im Übrigen ab.

(7)

Grund für die Nichtigerklärung war, dass die Kommission versäumt hatte, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte deutlich zu machen,

dass sie die Verhängung von Geldbußen gegen jedes einzelne Mitglied von Cewal in Erwägung zog und

dass sich die Höhe der Geldbußen nach einer Würdigung der Teilnahme jedes Unternehmens an dem als Zuwiderhandlung eingestuften Verhalten richten würde.

(8)

Am 16. April 2003 übermittelte die Kommission CMB eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte und machte deutlich, dass sie eine neue Entscheidung zur Festsetzung von Geldbußen wegen der in der ursprünglichen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen erlassen werde. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte machte die Kommission CMB ausdrücklich darauf aufmerksam, dass sie das Unternehmen direkt mit einer Geldbuße belegen wolle und dass sich die Höhe der Geldbuße nach einer Würdigung der Teilnahme jedes Unternehmens an dem als Zuwiderhandlung eingestuften Verhalten richten werde.

III   ENTSCHEIDUNG

(9)

Die jetzige Entscheidung stützt sich auf die Sachverhaltsfeststellung in der ursprünglichen Entscheidung und enthält den ausdrücklichen Hinweis, dass es nicht darum geht, den ursprünglichen Sachverhalt oder die ursprünglich festgestellten Zuwiderhandlungen zu ergänzen oder abzuändern. Deshalb enthält die Entscheidung auch nur eine Kurzdarstellung der Tatbestandsmerkmale, die die Grundlage für die in der ursprünglichen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen bilden, sowie eine Zusammenfassung der Bewertung dieses Tatbestands durch das EuGeI und den EuGH.

(10)

In der ursprünglichen Entscheidung kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Mitglieder von Cewal eine gemeinsame beherrschende Stellung auf den Schifffahrtsrouten zwischen Zaire und Nordeuropa innehaben und diese dazu missbraucht hatten, um den Wettbewerb durch zwei andere Schifffahrtsunternehmen auszuschalten, indem sie

auf einem Exklusivvertrag zwischen Cewal und der halbamtlichen zairischen Behörde Ogefrem bestanden,

systematisch so genannte „Kampfschiffe“ einsetzten und

100%ige Treueabmachungen zur Auflage machten sowie schwarze Listen erstellten, um Benutzer unabhängiger Schiffe unter Druck setzen zu können.

(11)

In der rechtlichen Würdigung erklärt die Kommission, dass sie davon ausgeht, dass über den Sachverhalt, mit dem das Vorliegen, die Art und den Umfang der Zuwiderhandlung in der ursprünglichen Entscheidung begründet wird, entweder

rechtskräftig entschieden wurde oder

dieser insofern unabänderlich ist, als die diesbezügliche Klagefrist seit geraumer Zeit verstrichen ist.

(12)

Die Situation in Bezug auf die Geldbußen wird rechtlich so gewertet, dass CMB die Möglichkeit hatte, sich gegen die Verhängung der Geldbuße und den die Geldbuße begründenden Sachverhalt sachgerecht zu verteidigen.

(13)

Was die Verjährung betrifft, so wird festgestellt, dass weder die fünfjährige noch die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates (5) greifen, so dass die Kommission berechtigt ist, eine neue Geldbuße zu verhängen.

IV   GELDBUSSE

(14)

Die Kommission ist der Ansicht, dass gegen CMB wegen der in der ursprünglichen Entscheidung festgestellten Verstöße gegen Artikel 82 EG-Vertrag ein Bußgeld gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates (6) zu verhängen ist.

(15)

Die jetzige Entscheidung stützt sich auf die Überlegungen, die in der ursprünglichen Entscheidung zur Verhängung, Höhe und Bemessung der Geldbußen angestellt wurden, sowie auf die diesbezüglichen Erwägungen des EuGeI.

(16)

Bei der Festsetzung der Geldbuße wurden ferner die Leitlinien von 1998 berücksichtigt. Bei der Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlungen wurde der Art der Zuwiderhandlungen, ihren tatsächlichen Auswirkungen auf den Markt und dem räumlich relevanten Markt Rechnung getragen.

(17)

Räumlich relevant ist im vorliegenden Fall der Markt für Linienfrachtdienste zwischen Nordeuropa und Zaire.

(18)

Die von CMB und den übrigen Mitgliedern von Cewal begangenen Zuwiderhandlungen gegen Artikel 82 EG-Vertrag sind insofern schwerwiegend, als Cewal dadurch auf den Schifffahrtsrouten von und nach Zaire ein De-facto-Monopol aufrechterhalten konnte. Außerdem sollte auf diese Weise der einzige Wettbewerber vom Markt verdrängt werden.

(19)

Berücksichtigt wurde ferner, dass CMB sowohl den Präsidenten als auch den Sekretär von Cewal stellte und sich die Büros von Cewal wie auch die von CMB in denselben Räumlichkeiten befanden.

(20)

Das EuGeI befand in seinem Urteil, dass die Kommission zum Zwecke der Abschreckung den Umstand berücksichtigen durfte, dass die Reedereien des CMB-Konzerns zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung fast die gesamte Ladungsmenge der Konferenz beförderten. Da eine solche besondere Sachlage beim Erlass der jetzigen Entscheidung jedoch nicht vorlag, fand sie bei der darin vorgenommenen Bemessung der Geldbuße keine Beachtung.

(21)

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen hat die Kommission einen Grundbetrag von 1 Mio. EUR für jede Zuwiderhandlung festgesetzt.

(22)

Dieser Grundbetrag wurde in Anbetracht der Dauer der Verstöße jeweils um 20, 15 und 20 % erhöht.

(23)

Aufgrund der seit der Abstellung des missbräuchlichen Verhaltens sowie der zwischen dem EuGH-Urteil und der Mitteilung der Beschwerdepunkte im April 2003 verstrichenen Zeit wurden die drei Beträge um jeweils 50 000 EUR verringert.

(24)

Die Kommission hat daher eine Geldbuße von 3,4 Mio. EUR verhängt.


(1)  ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 411/2004 (ABl. L 68 vom 6.3.2004, S. 1).

(2)  ABl. L 34 vom 10.2.1993, S. 20.

(3)  EuGeI 8. Oktober 1996, CMB, CMBT und Dafra-Lines/Kommission, verbundene Rechtssachen T-24/93, T-25/93, T-26/93 und T-28/93, Slg. 1996, II-1201.

(4)  EuGH 16. März 2000, CMB, CMBT und Dafra-Lines/Kommission, verbundene Rechtssachen C-395/96 P und C-396/96 P, Slg. 2000, I-1365.

(5)  ABl. L 319 vom 29.11.1974, S. 1. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003.

(6)  ABl. L 378 vom 31.12.1986, S. 4. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003.