19.2.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 49/28


VERORDNUNG (EG) Nr. 284/2004 DER KOMMISSION

vom 18. Februar 2004

zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Verordnung (EG) Nr. 1676/2001 des Rates gegenüber den Einfuhren von Folien aus Polyethylentherephthalat (PET) mit Ursprung in unter anderem Indien eingeführten Antidumpingmaßnahmen durch aus Brasilien und aus Israel versandte Einfuhren von Folien aus Polyethylentherephthalat (PET), ob als Ursprungserzeugnisse Brasiliens oder Israels angemeldet oder nicht, und zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1972/2002 (2), insbesondere auf Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absätze 3 und 5,

nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss,

in Erwägung nachstehender Gründe:

A.   ANTRAG

(1)

Die Kommission erhielt einen Antrag gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (nachstehend „Grundverordnung“ genannt) auf Untersuchung einer mutmaßlichen Umgehung der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Folien aus Polyethylentherephthalat (nachstehend „PET-Folien“ genannt) mit Ursprung in unter anderem Indien.

(2)

Der Antrag wurde am 6. Januar 2004 von den Gemeinschaftsherstellern DuPont Teijin Films, Mitsubishi Polyester Film GmbH und Nuroll SpA gestellt.

B.   WARE

(3)

Bei der von der mutmaßlichen Umgehung betroffenen Ware handelt es sich um PET-Folien mit Ursprung in Indien, die normalerweise den KN-Codes ex 3920 62 19 und ex 3920 62 90 zugewiesen werden. Diese Codes werden nur informationshalber angegeben.

(4)

Gegenstand der Untersuchung sind aus Brasilien und aus Israel versandte PET-Folien (nachstehend „untersuchte Ware“ genannt), die normalerweise unter denselben KN-Codes angemeldet werden wie die betroffene Ware.

C.   GELTENDE MASSNAHMEN

(5)

Bei den derzeit geltenden und mutmaßlich umgangenen Maßnahmen handelt es sich um einen mit der Verordnung (EG) Nr. 1676/2001 des Rates (3) eingeführten endgültigen Antidumpingzoll.

D.   GRÜNDE

(6)

Der Antrag enthält ausreichende Anscheinsbeweise dafür, dass die Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von PET-Folien mit Ursprung in Indien durch Versand über Brasilien und über Israel umgangen werden.

(7)

Es wurden folgende Beweise übermittelt:

Dem Antrag zufolge hat sich das Handelsgefüge der Ausfuhren aus Indien, Brasilien und Israel in die Gemeinschaft nach der Einführung von Maßnahmen gegenüber der betroffenen Ware erheblich verändert, wofür es allem Anschein nach außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder Rechtfertigung gibt. Diese Veränderung des Handelsgefüges ist dem Anschein nach auf den Versand von PET-Folien mit Ursprung in Indien über Brasilien und über Israel zurückzuführen.

(8)

Darüber hinaus enthält der Antrag hinreichende Anscheinsbeweise dafür, dass die Abhilfewirkung der gegenüber der betroffenen Ware geltenden Antidumpingmaßnahmen durch die Menge untergraben wird. Dem Anschein nach sind bedeutende Mengen von Einfuhren von PET-Folien aus Brasilien und aus Israel an die Stelle der Einfuhren der betroffenen Ware mit Ursprung in Indien getreten.

(9)

Schließlich enthält der Antrag genügend Anscheinsbeweise dafür, dass die Preise der PET-Folien im Vergleich zu dem Normalwert, der in der Ausgangsuntersuchung für die betroffene Ware bestimmt wurden, gedumpt sind.

(10)

Sollten im Verlauf der Untersuchung neben dem Versand über Brasilien und über Israel noch andere Umgehungspraktiken im Sinne des Artikels 13 der Grundverordnung festgestellt werden, kann sich die Untersuchung auch auf diese Praktiken erstrecken.

E.   VERFAHREN

(11)

Im Lichte des Vorstehenden kam die Kommission zu dem Schluss, dass hinreichende Beweise vorliegen, um die Einleitung einer Untersuchung gemäß Artikel 13 der Grundverordnung zu rechtfertigen und um die aus Brasilien und aus Israel versandten Einfuhren von PET-Folien, ob als Ursprungserzeugnisse Brasiliens oder Israels angemeldet oder nicht, gemäß Artikel 14 Absatz 5 der Grundverordnung zollamtlich zu erfassen.

a)   Fragebogen

(12)

Um die von ihr als für ihre Untersuchung als notwendig erachteten Informationen einzuholen, wird die Kommission den Ausführern/Herstellern und ihren Verbänden in Brasilien und Israel, den Ausführern/Herstellern und ihren Verbänden in Indien und den Einführern und ihren Verbänden in der Gemeinschaft, die an der Untersuchung mitarbeiteten, die zu den geltenden Maßnahmen führte, oder die im Antrag genannt sind, sowie den Behörden Indiens, Brasiliens und Israels Fragebogen zusenden. Gegebenenfalls werden auch Informationen vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft eingeholt.

(13)

Alle interessierten Parteien werden aufgefordert, umgehend und innerhalb der in Artikel 3 genannten Frist bei der Kommission nachzufragen, ob sie in dem Antrag genannt sind. Ist dies nicht der Fall, sollten sie innerhalb der in Artikel 3 Absatz 1 gesetzten Frist einen Fragebogen anfordern, da die in Artikel 3 Absatz 2 gesetzte Frist für alle interessierten Parteien gilt.

(14)

Die Behörden Indiens, Brasiliens und Israels werden über die Einleitung der Untersuchung unterrichtet und erhalten eine Kopie des Antrags.

b)   Einholung von Informationen und Anhörungen

(15)

Alle interessierten Parteien werden aufgefordert, ihren Standpunkt unter Vorlage sachdienlicher Beweise schriftlich darzulegen. Die Kommission kann interessierte Parteien anhören, sofern die Parteien dies schriftlich beantragen und nachweisen, dass besondere Gründe für ihre Anhörung sprechen.

c)   Befreiung von der zollamtlichen Erfassung oder von den Maßnahmen

(16)

Gemäß Artikel 13 Absatz 4 der Grundverordnung können Einfuhren der untersuchten Ware von der zollamtlichen Erfassung oder von den Maßnahmen befreit werden, wenn die Einfuhr keine Umgehung darstellt.

(17)

Die mutmaßliche Umgehung findet außerhalb der Gemeinschaft statt. Artikel 13 der Grundverordnung zielt darauf ab, Umgehungspraktiken entgegenzuwirken, ohne Wirtschaftsbeteiligte zu benachteiligen, die nachweisen können, dass sie an solchen Praktiken nicht beteiligt sind. Dieser Artikel beinhaltet jedoch keine ausdrückliche Bestimmung für die Behandlung von Herstellern in den betroffenen Ländern, die nachweisen können, dass sie an den Umgehungspraktiken nicht beteiligt sind. Daher erscheint es notwendig, betroffenen Herstellern Gelegenheit zu geben, eine Befreiung der von ihnen ausgeführten Einfuhren von der zollamtlichen Erfassung oder von den für diese Einfuhren geltenden Maßnahmen zu beantragen.

(18)

Hersteller, die eine Befreiung erwirken möchten, sollten einen entsprechenden Antrag stellen und gegebenenfalls einen Fragebogen innerhalb der gesetzten Fristen beantworten, damit festgestellt werden kann, dass sie die Antidumpingzölle nicht im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung umgehen. Einführer können gemäß Artikel 13 Absatz 4 der Grundverordnung von der zollamtlichen Erfassung oder von den Maßnahmen befreit werden, wenn ihre Einfuhren von Herstellern stammen, denen eine solche Befreiung gewährt wird.

F.   ZOLLAMTLICHE ERFASSUNG

(19)

Gemäß Artikel 14 Absatz 5 der Grundverordnung sollten die Einfuhren der untersuchten Ware zollamtlich erfasst werden, damit in dem Fall, in dem bei der Untersuchung eine Umgehung festgestellt wird, Antidumpingzölle in entsprechender Höhe rückwirkend vom Zeitpunkt der zollamtlichen Erfassung an auf die aus Brasilien und aus Israel versandten Einfuhren erhoben werden können.

G.   FRISTEN

(20)

Im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung sollten Fristen festgesetzt werden, innerhalb derer

interessierte Parteien sich bei der Kommission selbst melden, ihren Standpunkt schriftlich darlegen und Antworten auf den Fragebogen oder sonstige Informationen übermitteln können, die im Rahmen der Untersuchung berücksichtigt werden sollen;

interessierte Parteien einen schriftlichen Antrag auf Anhörung durch die Kommission stellen können.

(21)

Es wird darauf hingewiesen, dass die Wahrnehmung der meisten in der Grundverordnung verankerten Verfahrensrechte voraussetzt, dass sich die betreffende Partei innerhalb der in Artikel 3 genannten Fristen meldet.

H.   NICHTMITARBEIT

(22)

Verweigert eine interessierte Partei den Zugang zu den erforderlichen Informationen oder übermittelt sie sie nicht innerhalb der vorgesehenen Fristen oder behindert sie erheblich die Untersuchung, so können gemäß Artikel 18 der Grundverordnung vorläufige oder endgültige positive oder negative Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Informationen getroffen werden.

(23)

Wird festgestellt, dass eine interessierte Partei unwahre oder irreführende Informationen vorgelegt hat, so werden diese Informationen nicht berücksichtigt, und gemäß Artikel 18 der Grundverordnung können die verfügbaren Informationen zugrunde gelegt werden. Arbeitet eine interessierte Partei nicht oder nur zum Teil mit und werden die verfügbaren Informationen zugrunde gelegt, so kann dies zu einem Ergebnis führen, das für diese Partei weniger günstig ist, als wenn sie mitgearbeitet hätte —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Es wird eine Untersuchung gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 eingeleitet, um festzustellen, ob durch die aus Brasilien und aus Israel versandten Einfuhren von Folien aus Polyethylenterephthalat (PET) der KN-Codes ex 3920 62 19 und ex 3920 62 90 (Taric-Codes 3920621901, 3920621904, 3920621907, 3920621911, 3920621914, 3920621917, 3920621921, 3920621924, 3920621927, 3920621931, 3920621934, 3920621937, 3920621941, 3920621944, 3920621947, 3920621951, 3920621954, 3920621957, 3920621961, 3920621967, 3920621974, 3920621992, 3920629031, 3920629092), ob als Ursprungserzeugnisse Brasiliens oder Israels angemeldet oder nicht, in die Gemeinschaft die mit der Verordnung (EG) Nr. 1676/2001 gegenüber den Einfuhren von Folien aus Polyethylenterephthalat (PET) mit Ursprung in Indien eingeführten Maßnahmen umgangen werden.

Artikel 2

Die Zollbehörden werden gemäß Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates angewiesen, geeignete Schritte zu unternehmen, um die in Artikel 1 genannten Einfuhren in die Gemeinschaft zollamtlich zu erfassen.

Die Erfassung endet neun Monate nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung.

Die Kommission kann die Zollbehörden per Verordnung anweisen, die zollamtliche Erfassung der Einfuhren von Waren in die Gemeinschaft einzustellen, die von Herstellern hergestellt werden, die eine Befreiung von der zollamtlichen Erfassung beantragt haben und für die festgestellt wurde, dass sie die Antidumpingzölle nicht umgehen.

Artikel 3

(1)   Die Fragebogen sind bei der Kommission innerhalb von 15 Tagen nach der Veröffentlichung dieser Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union anzufordern.

(2)   Sofern nichts anderes bestimmt ist, müssen interessierte Parteien innerhalb von 40 Tagen nach der Veröffentlichung dieser Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union mit der Kommission Kontakt aufnehmen, ihren Standpunkt schriftlich darlegen und ihre Antworten auf den Fragebogen und sonstige Informationen übermitteln, wenn diese Angaben bei der Untersuchung berücksichtigt werden sollen.

(3)   Innerhalb derselben Frist von 40 Tagen können interessierte Parteien auch einen Antrag auf Anhörung durch die Kommission stellen.

(4)   Alle sachdienlichen Informationen, Anträge auf Anhörung oder Anforderungen eines Fragebogens sowie alle Anträge auf Genehmigung von Bescheinigungen, aus denen hervorgeht, dass die Einfuhr der Waren keine Umgehung darstellt, sind schriftlich (nicht in elektronischer Form, sofern nichts anderes bestimmt ist) unter Angabe von Name, Anschrift, E-Mail-Adresse, Telefon-, Fax- und/oder Telexnummern der interessierten Partei zu übermitteln. Alle schriftlichen Stellungnahmen, einschließlich der in dieser Verordnung angeforderten Informationen, der Antworten auf den Fragebogen und aller Schreiben, die von interessierten Parteien auf vertraulicher Basis übermittelt werden, müssen den Vermerk „Zur eingeschränkten Verwendung“ (4) tragen und gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Grundverordnung zusammen mit einer nicht vertraulichen Fassung übermittelt werden, die den Vermerk „Zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien“ trägt.

Anschrift der Kommission:

Europäische Kommission

Generaldirektion Handel

Direktion B

Büro: J -79, 5/16

B-1049 Brüssel

Fax: (32-2) 295 65 05

Telex: COMEU B 21877

Artikel 4

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 18. Februar 2004

Für die Kommission

Pascal LAMY

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 56 vom 6.3.1996, S. 1.

(2)  ABl. L 305 vom 7.11.2002, S. 1.

(3)  ABl. L 227 vom 23.8.2001, S. 1.

(4)  Unterlagen mit diesem Vermerk sind nur für den Dienstgebrauch bestimmt. Sie sind gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43) geschützt. Es handelt sich um ein vertrauliches Dokument im Sinne des Artikels 19 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 und des Artikels 6 des WTO-Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (Antidumping-Übereinkommen) betrachtet.