26.7.2003   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 187/16


VERORDNUNG (EG) Nr. 1335/2003 DER KOMMISSION

vom 25. Juli 2003

zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften

(Text von Bedeutung für den EWR)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates (2), insbesondere auf Artikel 247 sowie Artikel 247a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In den Artikeln 220 Absatz 2 Buchstabe b) sowie 239 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 ist vorgesehen, dass die Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben in bestimmten Fällen aus Billigkeitsgründen nicht buchmäßig erfasst zu werden brauchen bzw. erstattet oder erlassen werden können.

(2)

Da die Erhebung der traditionellen Eigenmittel gemäß Artikel 8 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (3) unter die Erstzuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, entscheiden allein die Behörden der Mitgliedstaaten, inwieweit Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 nachträglich buchmäßig zu erfassen sind beziehungsweise inwieweit sie nach Artikel 239 dieser Verordnung zu erstatten oder zu erlassen sind.

(3)

Zur Gewährleistung der Gleichbehandlung der Beteiligten und zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften sollten die Mitgliedstaaten weiterhin zur Weiterleitung des Antrags zwecks Entscheidung durch die Kommission verpflichtet sein in Bezug auf Fälle, in denen nach ihrer Auffassung dem Antrag stattzugeben ist und entweder ein aktiver Irrtum oder eine Pflichtverletzung der Kommission behauptet wird oder die beschriebenen Umstände Gegenstand gemeinschaftlicher Ermittlungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung (4) waren oder Beträge von 500 000 EUR oder mehr auf dem Spiel stehen.

(4)

Diese Verpflichtung zur Antragsweiterleitung entfiele immer dann, wenn die Kommission bereits in einem Fall mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen eine Entscheidung erlassen hat und die Mitgliedstaaten sich somit bei ihrer eigenen Entscheidung auf die jüngste Kommissionsentscheidung über den rechtlich und sachlich vergleichbaren Fall stützen könnten.

(5)

Die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (5), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 881/2003 (6), sollte daher entsprechend geändert werden.

(6)

Der Ausschuss für den Zollkodex hat nicht innerhalb der von seinem Vorsitzenden gesetzten Frist Stellung genommen; die Kommission hat daher dem Rat einen Vorschlag für diese Maßnahmen unterbreitet. Da der Rat nicht innerhalb der in Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (7) über diesen Vorschlag befunden hat, obliegt es der Kommission, die besagten Maßnahmen zu erlassen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 869 wird wie folgt geändert:

a)

Buchstabe b) erhält folgende Fassung:

„b)

in Fällen, in denen sie der Auffassung sind, dass alle Voraussetzungen des Artikels 220 Absatz 2 Buchstabe b) des Zollkodex der Gemeinschaft erfüllt sind, sofern die Kommission nicht gemäß Artikel 871 Absatz 2 zweiter Anstrich mit dem Fall befasst ist. Ist Artikel 871 Absatz 2 anwendbar, so ist eine Entscheidung der Zollbehörden, von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Abgaben abzusehen, nur dann möglich, wenn das Verfahren gemäß den Artikeln 871 bis 876 abgeschlossen wurde.“

b)

Buchstabe c) wird gestrichen.

c)

Die beiden folgenden Unterabsätze werden angefügt:

„In Fällen, in denen ein Antrag auf Erstattung oder Erlass gemäß Artikel 236 des Zollkodex in Verbindung mit Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) Zollkodex gestellt wird, gelten der erste Unterabsatz Buchstabe b) sowie die Artikel 871 bis 876 sinngemäß.

Zur Durchführung der vorstehenden Unterabsätze leisten die Mitgliedstaaten einander Amtshilfe, insbesondere wenn ein Irrtum der Zollbehörden eines anderen als des entscheidungsbefugten Mitgliedstaats vorliegt.“

2.

Die Artikel 870 bis 872 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 870

(1)   Jeder Mitgliedstaat hält zur Verfügung der Kommission das Verzeichnis aller Fälle einer Anwendung:

des Artikels 869 Buchstabe a);

des Artikels 236 Zollkodex in Verbindung mit Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) Zollkodex, wenn die Mitteilung nicht bereits nach Absatz 2 dieses Artikels erforderlich ist;

des Artikels 869 Buchstabe b), wenn die Mitteilung nicht bereits nach Absatz 2 erforderlich ist.

(2)   Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission kurz zusammengefasst ein Verzeichnis der Fälle, in denen Artikel 236 Zollkodex in Verbindung mit Artikel 220 Absatz 2 Buchstabe b) Zollkodex oder Artikel 869 Buchstabe b) angewandt wurde, wenn der Betrag, der infolge ein und desselben Fehlers bei ein und demselben Beteiligten nicht erhoben wurde und sich auf mehr als einen Einfuhr- oder Ausfuhrvorgang beziehen kann, 50 000 EUR übersteigt. Die Mitteilung nach Absatz 1 erfolgt im Laufe jedes ersten und dritten Quartals für alle Fälle, in denen im vorangegangenen Halbjahr von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung abgesehen worden ist.

Artikel 871

(1)   Die Zollbehörden übermitteln der Kommission einen Fall zur Regelung nach dem Verfahren der Artikel 872 bis 876, wenn sie der Auffassung sind, dass die Voraussetzungen des Artikels 220 Absatz 2 Buchstabe b) des Zollkodex vorliegen und

sie der Auffassung sind, dass die Kommission einen Irrtum im Sinne des Artikels 220 Absatz 2 Buchstabe b) Zollkodex begangen hat, oder

der betreffende Fall im Zusammenhang steht mit Ergebnissen gemeinschaftlicher Ermittlungen, die durchgeführt wurden im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung (8) oder anderer gemeinschaftlicher Rechtsakte oder Abkommen, die die Gemeinschaft mit anderen Ländern oder Ländergruppen geschlossen hat und in denen die Möglichkeit der Durchführung derartiger gemeinschaftlicher Ermittlungen vorgesehen ist, oder

die Abgaben, die bei einem Beteiligten infolge ein und desselben Irrtums, gegebenenfalls auch für mehrere Einfuhr- oder Ausfuhrvorgänge, nicht erhoben wurden, 500 000 EUR oder mehr betragen.

(2)   Die Übermittlung gemäß Absatz 1 unterbleibt, wenn

die Kommission bereits im Verfahren der Artikel 872 bis 876 eine Entscheidung über einen Fall mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen getroffen hat;

die Kommission bereits mit einem Fall mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen befasst ist.

(3)   Die der Kommission übermittelten Unterlagen müssen alle für eine vollständige Prüfung des Falles notwendigen Angaben enthalten. Sie müssen eine detaillierte Würdigung des Verhaltens des Beteiligten enthalten, insbesondere was seine Berufserfahrung, Gutgläubigkeit und angewandte Sorgfalt betrifft. Dieser Würdigung sind alle Angaben und Unterlagen beizufügen, die die Gutgläubigkeit des Beteiligten belegen können. Die Unterlagen müssen ferner eine Erklärung enthalten, die von dem Beteiligten des der Kommission vorzulegenden Falls unterzeichnet ist und in der dieser bestätigt, dass er die Unterlagen einsehen konnte, und je nach Fall angibt, dass er nichts ihnen hinzuzufügen hat bzw. welche zusätzlichen Angaben oder Unterlagen darin aufgenommen werden sollten.

(4)   Die Kommission bestätigt dem betreffenden Mitgliedstaat unverzüglich den Eingang der Unterlagen.

(5)   Stellt sich heraus, dass die von dem Mitgliedstaat mitgeteilten Angaben nicht ausreichen, um in voller Kenntnis der Sachlage über den unterbreiteten Entwurf zu entscheiden, so kann die Kommission von diesem Mitgliedstaat oder jedem anderen Mitgliedstaat zusätzliche Angaben anfordern.

(6)   Die Kommission schickt die Unterlagen an die Zollbehörde zurück, und das Verfahren der Artikel 872 bis 876 gilt als niemals eingeleitet, wenn einer der folgenden Fälle eintritt:

Aus den Unterlagen geht hervor, dass Uneinigkeit besteht zwischen der Zollbehörde, die die Unterlagen übermittelt hat, und der Person, die die Erklärung gemäß Absatz 3 über die Sachlage unterzeichnet hat;

die Unterlagen sind insofern unvollständig, als jegliche Angaben oder Belege darüber, dass eine Prüfung des Falls durch die Kommission gerechtfertigt ist, fehlen;

eine Übermittlung des Falls gemäß den Absätzen 1 und 2 ist nicht vorgesehen;

das Bestehen einer Zollschuld wurde nicht festgestellt;

im Verlauf der Prüfung des Falls übermitteln die Zollbehörden der Kommission neue Angaben oder Unterlagen, aus denen sich substantielle Änderungen in Bezug auf die Sachlage oder die rechtliche Würdigung ergeben.

Artikel 872

Die Kommission übermittelt den Mitgliedstaaten eine Kopie der Unterlagen gemäß Artikel 871 Absatz 3 binnen vierzehn Tagen nach Eingang dieser Unterlagen.

Der Fall wird so bald wie möglich auf die Tagesordnung der Sachverständigengruppe nach Artikel 873 gesetzt.“

(8)  ABl. L 82 vom 22.3.1997, S. 1."

3.

Die Artikel 873 bis 875 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 873

Nach Anhörung einer Sachverständigengruppe, die aus Vertretern der Mitgliedstaaten besteht und im Rahmen des Ausschusses zur Prüfung des Falles zusammentritt, entscheidet die Kommission, ob der geprüfte Sachverhalt es zulässt, von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung abzusehen oder nicht.

Diese Entscheidung ist binnen neun Monaten nach Eingang der in Artikel 871 Absatz 3 bezeichneten Unterlagen bei der Kommission zu treffen. Fehlen in den Unterlagen indessen die Erklärung oder die eingehende Würdigung des Verhaltens des Beteiligten gemäß Artikel 871 Absatz 3, so wird die Frist von neun Monaten erst ab dem Tag des Eingangs dieser Dokumente bei der Kommission gerechnet. Die Zollbehörde und der Beteiligte, der von dem der Kommission vorgelegten Fall betroffen ist, werden hiervon unterrichtet.

Sieht sich die Kommission veranlasst, zusätzliche Auskünfte anzufordern, um eine Entscheidung treffen zu können, so wird die Frist von neun Monaten um die Zeit verlängert, die zwischen dem Zeitpunkt der Absendung des Auskunftsersuchens der Kommission und dem Zeitpunkt des Eingangs der Auskünfte verstreicht. Der Beteiligte, der von dem der Kommission vorgelegten Fall betroffen ist, wird von dieser Fristverlängerung unterrichtet.

Hat die Kommission die für eine Entscheidung in der Sache erforderlichen Ermittlungen selbst vorgenommen, so wird die Frist von neun Monaten um den für diese Ermittlungen erforderlichen Zeitraum verlängert. Die Dauer dieser Verlängerung darf ihrerseits neun Monate nicht überschreiten. Die Zollbehörde und der von dem der Kommission vorgelegten Fall betroffene Beteiligte werden über das Datum des Beginns und Abschlusses dieser Ermittlungen unterrichtet.

Teilt die Kommission dem Beteiligten, der von dem vorgelegten Fall betroffen ist, ihre Einwände gemäß Artikel 872a mit, so wird die Neunmonatsfrist um einen Monat verlängert.

Artikel 874

Die in Artikel 873 genannte Entscheidung ist dem betreffenden Mitgliedstaat unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat nach Ablauf der dort vorgesehenen Frist, bekannt zu geben.

Die Kommission teilt den Mitgliedstaaten mit, welche Entscheidungen sie getroffen hat, um die Zollbehörden bei der Entscheidung in Fällen mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen zu unterstützen.

Artikel 875

Wird mit der Entscheidung nach Artikel 873 festgestellt, dass in dem geprüften Fall von einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung abgesehen werden kann, so kann die Kommission klarstellen unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten ermächtigt sind, in Fällen mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Abgaben abzusehen.“

4.

Artikel 899 erhält folgende Fassung:

„Artikel 899

(1)   Stellt die Entscheidungsbehörde, bei der eine Erstattung oder ein Erlass nach Artikel 239 Absatz 2 Zollkodex beantragt worden ist, fest,

dass die für diesen Antrag vorgebrachten Gründe einen der in den Artikeln 900 bis 903 beschriebenen Tatbestände erfüllen und keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, so erstattet oder erlässt sie die betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben;

dass die für diesen Antrag vorgebrachten Gründe einen der in Artikel 904 beschriebenen Tatbestände erfüllen, so lehnt sie die Erstattung oder den Erlass der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben ab.

(2)   In allen anderen Fällen, ausgenommen bei einer Befassung der Kommission gemäß Artikel 905, entscheidet die Entscheidungsbehörde von sich aus, die Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben zu erstatten oder zu erlassen, wenn es sich um besondere Fälle handelt, die sich aus Umständen ergeben, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind.

Ist Artikel 905 Absatz 2 zweiter Anstrich anwendbar, so können die Zollbehörden erst entscheiden, die in Frage stehenden Abgaben zu erstatten oder zu erlassen, wenn das nach den Artikeln 906 bis 909 eingeleitete Verfahren abgeschlossen ist.

(3)   Als ‚Beteiligte(r)‛ im Sinn des Artikels 239 Absatz 1 Zollkodex und im Sinn dieses Artikels gelten die Person oder die Personen nach Artikel 878 Absatz 1 oder ihr Vertreter sowie gegebenenfalls jede andere Person, die zur Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die in Frage stehenden Waren tätig geworden ist oder die Anweisungen gegeben hat, die zur Erfüllung dieser Förmlichkeiten notwendig waren.

(4)   Zur Durchführung der Absätze 1 und 2 leisten die Mitgliedstaaten einander Amtshilfe, insbesondere wenn eine Pflichtverletzung auf Seiten der Zollbehörden eines anderen als des entscheidungsbefugten Mitgliedstaats vorliegt.“

5.

Nach Artikel 904 wird folgender Artikel eingefügt:

„Artikel 904a

(1)   Ist die Mitteilung nach Absatz 2 nicht erforderlich, so hält jeder Mitgliedstaat das Verzeichnis der Fälle, in denen Artikel 899 Absatz 2 zur Anwendung kam, zur Verfügung der Kommission.

(2)   Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission kurz zusammengefasst ein Verzeichnis der Fälle, in denen Artikel 899 Absatz 2 angewandt wurde, wenn der Betrag, der dem Beteiligten aufgrund einer besonderen Situation, die auch mehrere Einfuhr- oder Ausfuhrvorgänge umfassen kann, erstattet oder erlassen wurde, 50 000 EUR oder mehr beträgt. Diese Mitteilung erfolgt im Laufe jedes ersten und dritten Quartals für alle Fälle, in denen im vorausgegangenen Halbjahr eine Erstattung oder ein Erlass gewährt wurde.“

6.

Die Artikel 905 und 906 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 905

(1)   Lässt die Begründung des Antrags auf Erstattung oder Erlass gemäß Artikel 239 Absatz 2 Zollkodex auf einen besonderen Fall schließen, der sich aus Umständen ergibt, bei denen weder eine betrügerische Absicht noch eine offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, so übermittelt der entscheidungsbefugte Mitgliedstaat den Fall der Kommission zur Entscheidung im Verfahren gemäß den Artikeln 906 bis 909,

wenn diese Behörde der Auffassung ist, dass sich der besondere Fall aus Pflichtverletzungen der Kommission ergibt oder

wenn der betreffende Fall im Zusammenhang steht mit Ergebnissen gemeinschaftlicher Ermittlungen im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 515/97 oder anderer gemeinschaftlicher Rechtsakte oder Abkommen, die die Gemeinschaft mit anderen Ländern oder Ländergruppen geschlossen hat und in denen die Möglichkeit der Durchführung derartiger gemeinschaftlicher Ermittlungen vorgesehen ist, oder

wenn die Abgaben, die bei einem Beteiligten infolge desselben besonderen Umstandes, gegebenenfalls auch für mehrere Einfuhr- oder Ausfuhrvorgänge, nicht erhoben wurden, 500 000 EUR oder mehr betragen.

Der Begriff ‚Beteiligter‛ ist in gleicher Weise wie in Artikel 899 auszulegen.

(2)   Die Übermittlung gemäß Absatz 1 erfolgt nicht, wenn

die Kommission im Verfahren der Artikel 906 bis 909 bereits eine Entscheidung über einen Fall mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen getroffen hat;

die Kommission bereits mit einem sachlich und rechtlich vergleichbaren Fall befasst ist.

(3)   Die der Kommission übermittelten Unterlagen müssen alle für eine vollständige Prüfung des Falles notwendigen Angaben enthalten. Sie müssen eine detaillierte Würdigung des Verhaltens des Beteiligten enthalten, insbesondere was seine Berufserfahrung, Gutgläubigkeit und angewandte Sorgfalt betrifft. Dieser Würdigung sind alle Angaben und Unterlagen beizufügen, die die Gutgläubigkeit des Beteiligten belegen können. Sie müssen ferner eine Erklärung enthalten, die von demjenigen unterzeichnet ist, der die Erstattung oder den Erlass beantragt, und in der dieser bestätigt, dass er die Unterlagen einsehen konnte, und je nach Fall angibt, dass er ihnen nichts hinzuzufügen hat bzw. welche zusätzlichen Angaben oder Unterlagen darin aufgenommen werden sollten.

(4)   Die Kommission bestätigt dem betreffenden Mitgliedstaat unverzüglich den Eingang der Unterlagen.

(5)   Stellt sich heraus, dass die von dem Mitgliedstaat mitgeteilten Angaben nicht ausreichen, um in voller Kenntnis der Sachlage über den vorgelegten Antrag zu entscheiden, so kann die Kommission von diesem Mitgliedstaat oder jedem anderen Mitgliedstaat zusätzliche Angaben anfordern.

(6)   Die Kommission schickt die Unterlagen an die Zollbehörde zurück, und das Verfahren der Artikel 906 bis 909 gilt als niemals eingeleitet, wenn einer der folgenden Fälle eintritt:

Aus den Unterlagen geht hervor, dass zwischen der Zollbehörde, die die Unterlagen übermittelt hat, und der Person, die die Erklärung gemäß Absatz 3 unterzeichnet hat, Uneinigkeit über die Sachlage besteht;

die Unterlagen sind insofern unvollständig, als jegliche Angaben oder Belege darüber, dass eine Prüfung des Falls durch die Kommission gerechtfertigt ist, fehlen;

eine Übermittlung des Falls gemäß den Absätzen 1 und 2 ist nicht vorgesehen;

das Bestehen einer Zollschuld wurde nicht festgestellt;

im Verlauf der Prüfung des Falls übermitteln die Zollbehörden der Kommission neue Angaben oder Unterlagen, aus der sich substantielle Änderungen in Bezug auf die Sachlage oder die rechtliche Würdigung ergeben.

Artikel 906

Die Kommission übermittelt den Mitgliedstaaten eine Kopie des Vorgangs gemäß Artikel 905 Absatz 3 binnen vierzehn Tagen nach Eingang dieser Unterlagen.

Der Fall wird so bald wie möglich auf die Tagesordnung der Sachverständigengruppe gemäß Artikel 873 gesetzt.“

7.

Die Artikel 907 und 908 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 907

Nach Anhörung einer Sachverständigengruppe, die aus Vertretern der Mitgliedstaaten besteht und im Rahmen des Ausschusses zur Prüfung des Falles zusammentritt, entscheidet die Kommission, ob die besonderen Umstände die Erstattung oder den Erlass rechtfertigen oder nicht.

Diese Entscheidung ist innerhalb von neun Monaten nach Eingang der Unterlagen nach Artikel 905 Absatz 3 bei der Kommission zu treffen. Fehlen in den Unterlagen indessen die Erklärung oder die eingehende Würdigung des Verhaltens des Beteiligten gemäß Artikel 905 Absatz 3, so wird die Frist von neun Monaten erst ab dem Tag des Eingangs dieser Dokumente gerechnet. Die Zollbehörde und der Beteiligte, der die Erstattung oder den Erlass beantragt, werden hiervon unterrichtet.

Sieht sich die Kommission veranlasst, zusätzliche Auskünfte anzufordern, um eine Entscheidung fällen zu können, so wird die Frist von neun Monaten um die Zeit verlängert, die zwischen dem Zeitpunkt der Absendung des Auskunftsersuchens der Kommission und dem Zeitpunkt des Eingangs der Auskünfte verstrichen ist. Der Beteiligte, der die Erstattung oder den Erlass beantragt, wird von dieser Fristverlängerung unterrichtet.

Hat die Kommission die für eine Entscheidung in der Sache erforderlichen Ermittlungen selbst vorgenommen, so wird die Frist von neun Monaten um den für diese Ermittlungen erforderlichen Zeitraum verlängert. Die Dauer dieser Verlängerung darf ihrerseits neun Monate nicht überschreiten. Die Zollbehörde und der Beteiligte, der die Erstattung oder den Erlass beantragt, werden über das Datum des Beginns und Abschlusses dieser Ermittlungen unterrichtet.

Teilt die Kommission dem Beteiligten, der die Erstattung oder den Erlass beantragt, ihre Einwände gemäß Artikel 906a mit, so wird die Neunmonatsfrist um einen Monat verlängert.

Artikel 908

(1)   Die in Artikel 907 genannte Entscheidung ist dem betreffenden Mitgliedstaat unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat nach Ablauf der dort vorgesehenen Frist bekannt zu geben.

Die Kommission teilt den Mitgliedstaaten mit, welche Entscheidungen sie getroffen hat, um die Zollbehörden bei der Entscheidung in Fällen mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen zu unterstützen.

(2)   Anhand der nach Absatz 1 bekannt gegebenen Entscheidung der Kommission trifft die Entscheidungszollbehörde ihre Entscheidung über den Antrag des Beteiligten.

(3)   Wird mit der Entscheidung nach Artikel 907 festgestellt, dass die besonderen Umstände die Erstattung oder den Erlass rechtfertigen, so kann die Kommission klarstellen, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten ermächtigt sind, in Fällen mit vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Merkmalen die Abgaben zu erstatten oder zu erlassen.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 1 gilt ab 1. August 2003 für alle Fälle, die der Kommission nicht bis zu diesem Zeitpunkt zur Entscheidung übermittelt wurden.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 25. Juli 2003

Für die Kommission

Frederik BOLKESTEIN

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 302 vom 19.10.1992, S. 1.

(2)  ABl. L 311 vom 12.12.2000, S. 17.

(3)  ABl. L 253 vom 7.10.2000, S. 42.

(4)  ABl. L 82 vom 22.3.1997, S. 1.

(5)  ABl. L 253 vom 11.10.1993, S. 1.

(6)  ABl. L 134 vom 29.5.2003, S. 1.

(7)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.