Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten
Amtsblatt Nr. L 212 vom 07/08/2001 S. 0012 - 0023
Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 63 Nummer 2 Buchstaben a) und b), auf Vorschlag der Kommission(1), nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2), nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3), nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(4), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Die Ausarbeitung einer gemeinsamen Asylpolitik einschließlich einer gemeinsamen europäischen Asylregelung ist ein wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig um Schutz in der Europäischen Union nachsuchen. (2) In den vergangenen Jahren sind die Fälle von Massenzuströmen von Vertriebenen, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, in Europa bedeutsamer geworden. In diesen Fällen kann es erforderlich sein, eine Sonderregelung zu schaffen, die den betreffenden Personen sofort einen vorübergehenden Schutz bietet. (3) Die Mitgliedstaaten und die Organe der Gemeinschaft haben ihre Besorgnis angesichts der Lage der Vertriebenen in den Schlussfolgerungen über Vertriebene aus dem ehemaligen Jugoslawien zum Ausdruck gebracht, welche die für Einwanderungsfragen zuständigen Minister auf ihren Tagungen vom 30. November und 1. Dezember 1992 in London und vom 1. und 2. Juni 1993 in Kopenhagen angenommen haben. (4) Der Rat hat am 25. September 1995 eine Entschließung zur Lastenverteilung hinsichtlich der Aufnahme und des vorübergehenden Aufenthalts von Vertriebenen(5) angenommen und am 4. März 1996 den Beschluss 96/198/JI über ein Warn- und ein Dringlichkeitsverfahren zur Lastenverteilung hinsichtlich der Aufnahme und des vorübergehenden Aufenthalts von Vertriebenen(6) gefasst. (5) Der Aktionsplan des Rates und der Kommission vom 3. Dezember 1998(7) sieht vor, dass gemäß dem Vertrag von Amsterdam so schnell wie möglich Mindestnormen für den vorübergehenden Schutz Vertriebener aus dritten Ländern, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, festzulegen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbundenen Belastungen auf die Mitgliedstaaten zu ergreifen sind. (6) Der Rat hat am 27. Mai 1999 Schlussfolgerungen betreffend die Vertriebenen aus dem Kosovo angenommen. In diesen Schlussfolgerungen werden die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert, bei der Ausarbeitung von Maßnahmen gemäß dem Vertrag auf ihre bei der Bewältigung der Kosovo-Krise gewonnenen Erfahrungen zurückzugreifen. (7) Der Europäische Rat hat auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere bekräftigt, dass in der Frage des vorübergehenden Schutzes für Vertriebene auf der Grundlage der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten Einvernehmen erzielt werden muss. (8) Daher ist es erforderlich, Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen festzulegen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbundenen Belastungen auf die Mitgliedstaaten vorzusehen. (9) Diese Normen und Maßnahmen sind aus Gründen der Effizienz, der Kohärenz und der Solidarität sowie insbesondere zur Vermeidung von Sekundärbewegungen eng miteinander verknüpft. Sie sollten daher in einem einzigen Rechtsakt festgelegt werden. (10) Dieser vorübergehende Schutz sollte mit den internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gegenüber Flüchtlingen in Einklang stehen. Vor allem darf er nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Rahmen des von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967 geänderten Fassung berühren. (11) Das Mandat des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und andere Personen, die internationalen Schutzes bedürfen, sollte geachtet werden und der der Schlussakte des Vertrags von Amsterdam beigefügten Erklärung Nr. 17 zu Artikel 63 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, wonach in asylpolitischen Angelegenheiten Konsultationen mit dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge und anderen einschlägigen internationalen Organisationen aufgenommen werden, sollte Folge geleistet werden. (12) Da es sich um Mindestnormen handelt, steht es den Mitgliedstaaten naturgemäß frei, im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen für die durch den vorübergehenden Schutz begünstigten Personen günstigere Bedingungen vorzusehen oder beizubehalten. (13) Angesichts des besonderen Charakters der in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen zur Bewältigung eines Massenzustroms oder eines nahe bevorstehenden Massenzustroms von Vertriebenen aus Drittländern, die nicht in der Lage sind, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, sollte der gewährte Schutz von beschränkter Dauer sein. (14) Das Bestehen eines Massenzustroms von Vertriebenen sollte in einem Beschluss des Rates festgelegt werden, der für alle Mitgliedstaaten gegenüber den von dem Beschluss erfassten Vertriebenen verbindlich sein sollte. Ferner sollten die Bedingungen für die Geltungsdauer dieses Beschlusses festgelegt werden. (15) Es ist angebracht, die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Personen festzulegen, die im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen durch den vorübergehenden Schutz begünstigt werden. Diese Verpflichtungen sollten angemessen sein und den betreffenden Personen ein adäquates Schutzniveau bieten. (16) In Bezug auf die Behandlung von Personen, denen der vorübergehende Schutz gemäß dieser Richtlinie gewährt wird, sind die Mitgliedstaaten gehalten, die Verpflichtungen der völkerrechtlichen Instrumente, bei denen sie Vertragspartei sind und nach denen eine Diskriminierung verboten ist, einzuhalten. (17) Die Mitgliedstaaten sollten im Benehmen mit der Kommission geeignete Maßnahmen ergreifen, damit die Verarbeitung der personenbezogenen Daten den Schutznormen, die in der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und dem freien Verkehr solcher Daten(8) entspricht. (18) Im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und den Bestimmungen des Vertrags sollten Regeln für den Zugang zum Asylverfahren im Rahmen des vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen festgelegt werden. (19) Für die Rückkehr in das Herkunftsland und die von den Mitgliedstaaten zu ergreifenden Maßnahmen in Bezug auf Personen, deren vorübergehender Schutz abgelaufen ist, sollten Grundsätze und Maßnahmen festgelegt werden. (20) Es sollte ein Solidaritätsmechanismus geschaffen werden, um dazu beizutragen, dass die Belastungen, die sich im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Aufnahme dieser Personen und den damit verbundenen Folgen ergeben, auch ausgewogen auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Der Mechanismus sollte zwei Aspekte umfassen: zum einen die Finanzierung, zum anderen die tatsächliche Aufnahme der betreffenden Personen in den Mitgliedstaaten. (21) Die Umsetzung des vorübergehenden Schutzes sollte mit einer Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden zwischen den Mitgliedstaaten im Benehmen mit der Kommission einhergehen. (22) Es müssen Kriterien festgelegt werden, nach denen bestimmte Personen vom vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen auszuschließen sind. (23) Da die Ziele der vorgeschlagenen Maßnahme, nämlich Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen sowie Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbundenen Belastungen auf die Mitgliedstaaten, auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht in ausreichender Weise erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Grundsatz der Subsidiarität Maßnahmen ergreifen. Entsprechend dem in demselben Artikel niedergelegten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (24) Entsprechend Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, hat das Vereinigte Königreich mit Schreiben vom 27. September 2000 mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchte. (25) Gemäß Artikel 1 des genannten Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Verordnung. Unbeschadet des Artikels 4 des genannten Protokolls gilt diese Verordnung daher nicht für Irland. (26) Nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses, der daher für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist - HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: KAPITEL I Allgemeine Bestimmungen Artikel 1 Ziel dieser Richtlinie ist es, Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen aus Drittländern, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, festzulegen und eine ausgewogene Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten zu fördern. Artikel 2 Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck a) "vorübergehender Schutz" ein ausnahmehalber durchzuführendes Verfahren, das im Falle eines Massenzustroms oder eines bevorstehenden Massenzustroms von Vertriebenen aus Drittländern, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, diesen Personen sofortigen, vorübergehenden Schutz garantiert, insbesondere wenn auch die Gefahr besteht, dass das Asylsystem diesen Zustrom nicht ohne Beeinträchtigung seiner Funktionsweise und ohne Nachteile für die betroffenen Personen oder andere um Schutz nachsuchende Personen auffangen kann; b) "Genfer Flüchtlingskonvention" das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967; c) "Vertriebene" Staatsangehörige von Drittländern oder Staatenlose, die ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion haben verlassen müssen oder insbesondere nach einem entsprechenden Aufruf internationaler Organisationen evakuiert wurden und wegen der in diesem Land herrschenden Lage nicht sicher und dauerhaft zurückkehren können, und die gegebenenfalls in den Anwendungsbereich von Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention oder von sonstigen internationalen oder nationalen Instrumenten, die internationalen Schutz gewähren, fallen. Dies gilt insbesondere für Personen, i) die aus Gebieten geflohen sind, in denen ein bewaffneter Konflikt oder dauernde Gewalt herrscht; ii) die ernsthaft von systematischen oder weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen bedroht waren oder Opfer solcher Menschenrechtsverletzungen sind; d) "Massenzustrom" den Zustrom einer großen Zahl Vertriebener, die aus einem bestimmten Land oder einem bestimmten Gebiet kommen, unabhängig davon, ob der Zustrom in die Gemeinschaft spontan erfolgte oder beispielsweise durch ein Evakuierungsprogramm unterstützt wurde; e) "Flüchtlinge" Staatsangehörige von Drittländern oder Staatenlose im Sinne von Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention; f) "unbegleitete Minderjährige" Staatsangehörige von Drittländern oder Staatenlose unter 18 Jahren, die ohne Begleitung eines gesetzlich oder nach den Gepflogenheiten für sie verantwortlichen Erwachsenen in das Gebiet der Mitgliedstaaten einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut einer solchen Person befinden, oder Minderjährige, die ohne Begleitung zurückgelassen werden, nachdem sie in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates eingereist sind; g) "Aufenthaltstitel" die von den Behörden eines Mitgliedstaats erteilte und entsprechend den Rechtsvorschriften ausgestellte Aufenthaltserlaubnis oder -genehmigung, die dem Staatsangehörigen eines Drittlandes oder dem Staatenlosen den Aufenthalt in seinem Gebiet gestattet. h) "Bürge" einen Drittstaatsangehörigen, der aufgrund eines Beschlusses nach Artikel 5 vorübergehenden Schutz in einem Mitgliedstaat genießt und der mit Familienangehörigen zusammengeführt werden möchte. Artikel 3 (1) Der vorübergehende Schutz berührt nicht die Anerkennung des Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. (2) Die Mitgliedstaaten führen den vorübergehenden Schutz unter Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie ihrer Verpflichtungen hinsichtlich der Nichtzurückweisung durch. (3) Die Einleitung, Durchführung und Beendigung des vorübergehenden Schutzes sind Gegenstand regelmäßiger Konsultationen mit dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge ("UNHCR") und anderen einschlägigen internationalen Organisationen. (4) Die Richtlinie findet nicht auf Personen Anwendung, die von den Mitgliedstaaten vor Inkrafttreten dieser Richtlinie im Rahmen von Regelungen über den vorübergehenden Schutz aufgenommen wurden. (5) Die Richtlinie berührt nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, für Personen, die durch den vorübergehenden Schutz begünstigt werden, günstigere Regelungen zu treffen oder beizubehalten. KAPITEL II Dauer und Durchführung des vorübergehenden Schutzes Artikel 4 (1) Unbeschadet des Artikels 6 beträgt die Dauer des vorübergehenden Schutzes ein Jahr. Wird der vorübergehende Schutz nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) beendet, so verlängert er sich automatisch um jeweils sechs Monate, höchstens jedoch um ein Jahr. (2) Bei Fortbestehen von Gründen für den vorübergehenden Schutz kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission, die außerdem jeden Antrag eines Mitgliedstaats prüft, wonach sie dem Rat einen Vorschlag unterbreiten soll, beschließen, diesen vorübergehenden Schutz um bis zu einem Jahr zu verlängern. Artikel 5 (1) Das Bestehen eines Massenzustroms von Vertriebenen wird durch einen Beschluss des Rates festgestellt. Dieser Beschluss ergeht mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission, die außerdem jeden Antrag eines Mitgliedstaats prüft, wonach sie dem Rat einen Vorschlag unterbreiten soll. (2) Der Vorschlag der Kommission enthält mindestens Folgendes: a) Beschreibung der spezifischen Personengruppen, denen vorübergehender Schutz gewährt wird; b) Zeitpunkt, zu dem der vorübergehende Schutz wirksam wird; c) eine Schätzung des Umfangs der Wanderbewegungen von Vertriebenen. (3) Aufgrund des Beschlusses des Rates wird in allen Mitgliedstaaten der vorübergehende Schutz gemäß dieser Richtlinie zugunsten der Vertriebenen, die Gegenstand des Beschlusses sind, eingeführt. Der Beschluss enthält mindestens Folgendes: a) Beschreibung der spezifischen Personengruppen, denen vorübergehender Schutz gewährt wird; b) Zeitpunkt des Wirksamwerdens des vorübergehenden Schutzes; c) Informationen der Mitgliedstaaten über ihre Aufnahmekapazität; d) Informationen der Kommission, des UNHCR und anderer einschlägiger internationaler Organisationen. (4) Der Beschluss des Rates wird auf Folgendes gestützt: a) Prüfung der Lage und des Umfangs der Wanderbewegungen von Vertriebenen; b) Bewertung der Zweckmäßigkeit der Einleitung des vorübergehenden Schutzes unter Berücksichtigung der Möglichkeiten zur Gewährung von Soforthilfe und für vor Ort zu treffende Maßnahmen oder der Unzulänglichkeit solcher Maßnahmen; c) Angaben der Mitgliedstaaten, der Kommission, des UNHCR und anderer einschlägiger internationaler Organisationen. (5) Das Europäische Parlament wird über den Beschluss des Rates informiert. Artikel 6 (1) Der vorübergehende Schutz wird beendet: a) bei Erreichen der Hoechstdauer oder b) jederzeit aufgrund eines Beschlusses des Rates, der mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission ergeht, die außerdem jeden Antrag eines Mitgliedstaats prüft, wonach sie dem Rat einen Vorschlag unterbreiten soll. (2) Der Beschluss des Rates gründet auf der Feststellung, dass die Lage im Herkunftsland eine sichere, dauerhafte Rückkehr der Personen, denen der vorübergehende Schutz gewährt wurde, unter Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Nichtzurückweisung zulässt. Das Europäische Parlament wird über den Beschluss des Rates informiert. Artikel 7 (1) Die Mitgliedstaaten können den vorübergehenden Schutz gemäß dieser Richtlinie weiteren - von dem Beschluss des Rates nach Artikel 5 nicht erfassten - Gruppen von Vertriebenen gewähren, sofern sie aus den gleichen Gründen vertrieben wurden und aus demselben Herkunftsland oder derselben Herkunftsregion kommen. Die Mitgliedstaaten unterrichten davon umgehend den Rat und die Kommission. (2) Wird auf die Möglichkeit nach Absatz 1 zurückgegriffen, finden die Artikel 24, 25 und 26 keine Anwendung; dies gilt nicht für die strukturelle Unterstützung, die im Rahmen des mit der Entscheidung 2000/596/EG(9) errichteten Europäischen Flüchtlingsfonds nach den in jener Entscheidung festgelegten Bedingungen gewährt wird. KAPITEL III Pflichten der Mitgliedstaaten gegenüber Personen, die vorübergehenden Schutz genießen Artikel 8 (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, für die gesamte Dauer des Schutzes über einen Aufenthaltstitel verfügen. Sie stellen entsprechende Dokumente oder andere gleichwertige Nachweise aus. (2) Ungeachtet der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltstitel gemäß Absatz 1 muss die Behandlung, die die Mitgliedstaaten Personen gewähren, die vorübergehenden Schutzes genießen, zumindest der in den Artikeln 9 bis 16 festgelegten Behandlung entsprechen. (3) Die Mitgliedstaaten gewähren Personen, die zum Zwecke des vorübergehenden Schutzes zugelassen werden sollen, erforderlichenfalls jede Hilfe zur Erlangung der erforderlichen Visa, einschließlich Transitvisa. Die Förmlichkeiten sind angesichts der Dringlichkeit der Lage auf das Mindestmaß zu begrenzen. Die Gebühren für die Visa sollten entfallen oder auf einen Mindestbetrag herabgesetzt werden. Artikel 9 Die Mitgliedstaaten händigen den Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, ein Dokument in einer Sprache aus, von der angenommen werden kann, dass diese Personen sie verstehen; in dem Dokument sind die für diese Personen bedeutsamen Bestimmungen zum vorübergehenden Schutz in klarer Form dargelegt. Artikel 10 Um die wirksame Anwendung des in Artikel 5 genannten Beschlusses des Rates zu ermöglichen, erstellen die Mitgliedstaaten ein Register der personenbezogenen Daten nach Anhang II Buchstabe a) zu den Personen, die in ihrem Hoheitsgebiet vorübergehenden Schutz genießen. Artikel 11 Ein Mitgliedstaat muss eine Person, die in seinem Hoheitsgebiet vorübergehenden Schutz genießt, rückübernehmen, wenn diese sich während des von dem Beschluss des Rates nach Artikel 5 erfassten Zeitraums unrechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder versucht, unrechtmäßig in dieses einzureisen. Die Mitgliedstaaten können auf der Grundlage einer bilateralen Vereinbarung beschließen, dass dieser Artikel keine Anwendung findet. Artikel 12 Die Mitgliedstaaten gestatten Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, für einen Zeitraum, der den des vorübergehenden Schutzes nicht übersteigt, die Ausübung einer abhängigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nach für den jeweiligen Berufsstand geltenden Regeln sowie von Tätigkeiten in Bereichen wie z. B. Bildungsangebote für Erwachsene, berufliche Fortbildung und praktische Erfahrungen am Arbeitsplatz. Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten EU-Bürgern, Staatsangehörigen der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt, die Arbeitslosengeld beziehen, Vorrang einräumen. Es sind die in den Mitgliedstaaten geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften betreffend das Arbeitsentgelt, den Zugang zu Systemen der sozialen Sicherheit im Rahmen der abhängigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit sowie sonstige Beschäftigungsbedingungen anwendbar. Artikel 13 (1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, angemessen untergebracht werden oder gegebenenfalls Mittel für eine Unterkunft erhalten. (2) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, die notwendige Hilfe in Form von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie im Hinblick auf die medizinische Versorgung erhalten, sofern sie nicht über ausreichende Mittel verfügen. Unbeschadet des Absatzes 4 umfasst die notwendige Hilfe im Hinblick auf die medizinische Versorgung mindestens die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten. (3) Üben die Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, eine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit aus, so ist bei der Festlegung der beabsichtigten Unterstützung ihrer Fähigkeit, selbst für ihren Unterhalt aufzukommen, Rechnung zu tragen. (4) Die Mitgliedstaaten gewähren Personen, die vorübergehenden Schutz genießen und besondere Bedürfnisse haben, beispielsweise unbegleitete Minderjährige oder Personen, die Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schwerwiegenden Formen psychischer, körperlicher oder sexueller Gewalt geworden sind, die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe. Artikel 14 (1) Die Mitgliedstaaten gestatten Personen unter 18 Jahren, die vorübergehenden Schutz genießen, in gleicher Weise wie den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats den Zugang zum Bildungssystem. Die Mitgliedstaaten können verfügen, dass der Zugang auf das öffentliche Bildungssystem beschränkt bleiben muss. (2) Die Mitgliedstaaten können Erwachsenen, die vorübergehenden Schutz genießen, den Zugang zum allgemeinen Bildungssystem gestatten. Artikel 15 (1) Im Sinne dieses Artikels gelten in Fällen, in denen Familien bereits im Herkunftsland bestanden und im Zuge des Massenzustroms getrennt wurden, folgende Personen als Familienangehörige: a) der Ehegatte des Bürgen oder der nicht verheiratete Partner des Bürgen, der mit diesem eine dauerhafte Beziehung führt, sofern gemäß den Rechtsvorschriften oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare ähnlich behandelt werden wie verheiratete Paare nach dessen Ausländerrecht; die minderjährigen ledigen Kinder des Bürgen oder seines Ehegatten, gleichgültig, ob es sich um ehelich oder außerehelich geborene oder adoptierte Kinder handelt; b) andere enge Verwandte, die zum Zeitpunkt der den Massenzustrom auslösenden Ereignisse innerhalb des Familienverbands lebten und zu diesem Zeitpunkt für ihren Unterhalt vollständig oder größtenteils auf den Bürgen angewiesen waren. (2) In Fällen, in denen die getrennten Familienangehörigen in verschiedenen Mitgliedstaaten vorübergehenden Schutz genießen, führen die Mitgliedstaaten die Familienangehörigen zusammen, wenn sie nach ihrer Überzeugung unter die Beschreibung in Absatz 1 Buchstabe a) fallen, wobei der Wunsch der Familienangehörigen berücksichtigt wird. Die Mitgliedstaaten können Familienangehörige zusammenführen, wenn sie nach ihrer Überzeugung unter die Beschreibung in Absatz 1 Buchstabe b) fallen, wobei sie im Einzelfall die außergewöhnliche Härte berücksichtigen, die eine unterbleibende Familienzusammenführung für die Betreffenden bedeuten würde. (3) Wenn der Bürge in einem Mitgliedstaat vorübergehenden Schutz genießt und eines oder mehrere seiner Familienangehörigen sich noch nicht in einem Mitgliedstaat befinden, führt der Mitgliedstaat, in dem der Bürge vorübergehenden Schutz genießt, schutzbedürftige Familienangehörige mit dem Bürgen zusammen, wenn sie nach seiner Überzeugung unter die Beschreibung in Absatz 1 Buchstabe a) fallen. Der Mitgliedstaat kann schutzbedürftige Familienangehörige mit dem Bürgen zusammenführen, wenn sie nach seiner Überzeugung unter die Beschreibung in Absatz 1 Buchstabe b) fallen, wobei er im Einzelfall die außergewöhnliche Härte berücksichtigt, die eine unterbleibende Familienzusammenführung für die Betreffenden bedeuten würde. (4) Bei der Anwendung dieses Artikels berücksichtigen die Mitgliedstaaten das Wohl des Kindes. (5) Die betreffenden Mitgliedstaaten entscheiden unter Berücksichtigung der Artikel 25 und 26, in welchem Mitgliedstaat die Zusammenführung erfolgen soll. (6) Den zusammengeführten Familienangehörigen werden im Rahmen des vorübergehenden Schutzes Aufenthaltstitel gewährt. Hierzu werden Dokumente oder andere gleichwertige Nachweise ausgestellt. Bei Überstellungen in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zwecks Familienzusammenführung nach Absatz 2 werden die ausgestellten Aufenthaltstitel eingezogen; die Verpflichtungen gegenüber den Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, in dem verlassenen Mitgliedstaat erlöschen. (7) Die praktische Umsetzung dieses Artikels kann in Zusammenarbeit mit den beteiligten internationalen Organisationen erfolgen. (8) Ein Mitgliedstaat erteilt auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates gemäß Anhang II über Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, die Informationen, die zur Bearbeitung einer unter diesen Artikel fallenden Angelegenheit benötigt werden. Artikel 16 (1) Die Mitgliedstaaten sorgen so bald wie möglich für die erforderliche Vertretung von unbegleiteten Minderjährigen, die vorübergehenden Schutz genießen; die Vertretung übernimmt ein gesetzlicher Vormund oder erforderlichenfalls eine Organisation, die für die Betreuung und das Wohlergehen der Minderjährigen verantwortlich ist, oder eine andere geeignete Instanz. (2) Während der Dauer des vorübergehenden Schutzes sorgen die Mitgliedstaaten für die Unterbringung der unbegleiteten Minderjährigen a) bei volljährigen Verwandten; b) in einer Pflegefamilie; c) in Aufnahmezentren mit speziellen Einrichtungen für Minderjährige oder anderen Unterkünften mit geeigneten Einrichtungen für Minderjährige; d) bei der Person, die sich seiner auf der Flucht angenommen hat. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um diese Unterbringung zu ermöglichen. Die Mitgliedstaaten prüfen, ob die betreffende(n) volljährige(n) Person(en) mit der Unterbringung einverstanden sind. Die Wünsche von Kindern werden unter Beachtung ihres Alters und ihrer Reife berücksichtigt. KAPITEL IV Zugang zum Asylverfahren im Rahmen des vorübergehenden Schutzes Artikel 17 (1) Es ist zu gewährleisten, dass Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, jederzeit einen Asylantrag stellen können. (2) Die Prüfung etwaiger bei Ablauf des vorübergehenden Schutzes noch nicht bearbeiteter Asylanträge dieser Personen ist nach Ablauf des vorübergehenden Schutzes zum Abschluss zu bringen. Artikel 18 Die Kriterien und Verfahren für die Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, finden Anwendung. Insbesondere ist für die Prüfung eines Asylantrags einer Person, die nach dieser Richtlinie vorübergehenden Schutz genießt, der Mitgliedstaat zuständig, der der Überstellung dieser Person in sein Hoheitsgebiet zugestimmt hat. Artikel 19 (1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die sich aus dem vorübergehenden Schutz ergebenden Rechte nicht mit dem Status eines Asylbewerbers, dessen Antrag geprüft wird, kumuliert werden können. (2) Wird eine Person, die für den vorübergehenden Schutz in Betracht kommt oder vorübergehenden Schutz genießt, nach Prüfung ihres Asylantrags nicht als Flüchtling anerkannt oder wird ihr gegebenenfalls keine andere Art von Schutz gewährt, so sehen die Mitgliedstaaten unbeschadet des Artikels 28 vor, dass die betreffende Person für die verbleibende Schutzdauer weiterhin vorübergehenden Schutz genießt oder in den Genuss dieses Schutzes gelangt. KAPITEL V Rückkehr und Maßnahmen nach Ablauf des vorübergehenden Schutzes Artikel 20 Nach Ablauf des vorübergehenden Schutzes finden die allgemeinen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz und über Ausländer unbeschadet der Artikel 21, 22 und 23 Anwendung. Artikel 21 (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die freiwillige Rückkehr von Personen, die vorübergehenden Schutz genießen oder deren vorübergehender Schutz abgelaufen ist, zu ermöglichen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Bestimmungen hinsichtlich der freiwilligen Rückkehr von Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, die Rückkehr unter Achtung der Menschenwürde ermöglichen. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass diese Personen ihre Entscheidung zur Rückkehr in voller Kenntnis der Sachlage treffen. Sie können die Möglichkeit der Durchführung von Sondierungsbesuchen vorsehen. (2) Solange der vorübergehende Schutz weiter besteht, prüfen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Lage im Herkunftsland wohlwollend die Anträge von Personen, die vorübergehenden Schutz genossen und ihr Recht auf freiwillige Rückkehr wahrgenommen haben, auf Rückkehr in den Aufnahmemitgliedstaat. (3) Bei Ablauf des vorübergehenden Schutzes können die Mitgliedstaaten die Verpflichtungen nach Kapitel III bis zum Zeitpunkt der Rückkehr auf solche Personen ausdehnen, die vom vorübergehenden Schutz erfasst waren und an einem Programm zur freiwilligen Rückkehr teilnehmen. Diese Ausdehnung gilt bis zum Zeitpunkt der Rückkehr. Artikel 22 (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Zwangsrückführung von Personen, deren vorübergehender Schutz abgelaufen ist und die für eine Aufnahme nicht in Frage kommen, unter Wahrung der menschlichen Würde erfolgt. (2) Im Falle einer Zwangsrückführung prüfen die Mitgliedstaaten, ob etwaige zwingende humanitäre Gründe vorliegen, die die Rückkehr in besonderen Fällen als unmöglich oder unzumutbar erscheinen lassen. Artikel 23 (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Vorkehrungen betreffend die Aufenthaltsbedingungen von Personen, die vorübergehenden Schutz genossen haben und denen eine Reise angesichts ihres Gesundheitszustands vernünftigerweise nicht zugemutet werden kann, beispielsweise wenn eine Unterbrechung ihrer Behandlung schwerwiegende Konsequenzen für sie hätte. Solange diese Situation andauert, werden sie nicht abgeschoben. (2) Die Mitgliedstaaten können Familien mit minderjährigen Kindern, die eine Schulausbildung in einem Mitgliedstaat absolvieren, Aufenthaltsbedingungen gewähren, die es den betreffenden Kindern ermöglichen, den laufenden Schulabschnitt zu beenden. KAPITEL VI Solidarität Artikel 24 Die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen werden aus Mitteln des mit der Entscheidung 2000/596/EG errichteten Europäischen Flüchtlingsfonds nach den in dieser Entscheidung festgelegten Bedingungen unterstützt. Artikel 25 (1) Die Mitgliedstaaten nehmen im Sinne der Gemeinschaftssolidarität Personen auf, die für den vorübergehenden Schutz in Betracht kommen. Sie geben - anhand von Zahlen oder allgemein - ihre Aufnahmekapazität an. Diese Angaben werden in dem Beschluss des Rates nach Artikel 5 aufgeführt. Nach Annahme dieses Beschlusses können die Mitgliedstaaten zusätzliche Aufnahmekapazitäten durch eine entsprechende Mitteilung an den Rat und die Kommission angeben. Der UNHCR ist hierüber umgehend zu informieren. (2) Die betreffenden Mitgliedstaaten tragen in Zusammenarbeit mit den zuständigen internationalen Organisationen dafür Sorge, dass die in dem Beschluss des Rates nach Artikel 5 festgelegten in Betracht kommenden Personen, die sich noch nicht in der Gemeinschaft befinden, ihren Wunsch erklärt haben, in ihr Hoheitsgebiet aufgenommen zu werden. (3) Übersteigt infolge eines plötzlichen und massenhaften Zustroms die Anzahl der Personen, die für den vorübergehenden Schutz in Betracht kommen, die Aufnahmekapazität nach Absatz 1, so prüft der Rat die Lage umgehend und trifft geeignete Maßnahmen, darunter die Empfehlung, den betroffenen Mitgliedstaaten zusätzliche Unterstützung zu erteilen. Artikel 26 (1) Während der Dauer des vorübergehenden Schutzes arbeiten die Mitgliedstaaten bei der Verlegung des Wohnsitzes von Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, von einem Mitgliedstaat in einen anderen zusammen, wobei die betreffenden Personen einer derartigen Verlegung zugestimmt haben müssen. (2) Jeder Mitgliedstaat informiert die anderen Mitgliedstaaten über die beantragten Überstellungen und unterrichtet hierüber die Kommission und den UNHCR. Die Mitgliedstaaten teilen dem antragstellenden Mitgliedstaat ihre Aufnahmekapazität mit. (3) Ein Mitgliedstaat erteilt auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates gemäß Anhang II über eine Person, die vorübergehenden Schutz genießt, die Informationen, die zur Bearbeitung einer unter diesen Artikel fallenden Angelegenheit benötigt werden. (4) Erfolgt eine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat, so verliert der in dem ersten Mitgliedstaat ausgestellte Aufenthaltstitel seine Gültigkeit und es erlöschen die sich aus dem vorübergehenden Schutz ergebenden Verpflichtungen dieses Mitgliedstaats gegenüber den betreffenden Personen. Der neue Aufnahmemitgliedstaat gewährt den betreffenden Personen vorübergehenden Schutz. (5) Die Mitgliedstaaten verwenden das in Anhang I enthaltene Muster eines Laissez-passer für die Überstellung von vorübergehenden Schutz genießenden Personen in einen anderen Mitgliedstaat. KAPITEL VII Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden Artikel 27 (1) Im Hinblick auf die bei Durchführung des vorübergehenden Schutzes erforderliche Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden benennen die Mitgliedstaaten je eine nationale Kontaktstelle, deren genaue Angaben den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mitzuteilen sind. Die Mitgliedstaaten treffen in Abstimmung mit der Kommission die notwendigen Vorkehrungen, um eine direkte Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden zu ermöglichen. (2) Die Mitgliedstaaten übermitteln regelmäßig und so schnell wie möglich die Zahl der Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, sowie alle erforderlichen Angaben zu den einzelstaatlichen Rechts und Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des vorübergehenden Schutzes. KAPITEL VIII Besondere Bestimmungen Artikel 28 (1) Die Mitgliedstaaten können eine Person vom vorübergehenden Schutz ausschließen, wenn a) ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, dass i) sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Übereinkünfte begangen hat, die ausgearbeitet wurden, um Bestimmungen für diese Verbrechen vorzusehen; ii) sie vor ihrer Aufnahme in den Aufnahmemitgliedstaat als Person, die vorübergehenden Schutz genießt, ein schweres Verbrechen des gemeinen Rechts außerhalb jenes Mitgliedstaates begangen hat. Die Schwere der zu erwartenden Verfolgung ist gegen die Art der Straftat, deren der Betroffene verdächtigt wird, abzuwägen. Besonders grausame Handlungen können als schwere Verbrechen des gemeinen Rechts eingestuft werden, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden. Dies gilt sowohl für die an diesen Straftaten Beteiligten als auch für ihre Anstifter. iii) sie sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen; b) triftige Gründe die Annahme rechtfertigen, dass sie eine Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaates oder in Anbetracht der Tatsache, dass sie wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde, eine Gefahr für die Allgemeinheit im Aufnahmemitgliedstaat darstellt. (2) Diese Ausschlussgründe nach Absatz 1 beziehen sich nur auf das persönliche Verhalten der betreffenden Personen. Die entsprechenden Beschlüsse oder Maßnahmen tragen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung. KAPITEL IX Schlussbestimmungen Artikel 29 Die Personen, die von einem Mitgliedstaat vom vorübergehenden Schutz oder von der Familienzusammenführung ausgeschlossen worden sind, sind berechtigt, in dem betreffenden Mitgliedstaat Rechtsbehelfe einzulegen. Artikel 30 Die Mitgliedstaaten legen die Regeln für Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um deren Durchsetzung zu gewährleisten. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Artikel 31 (1) Spätestens zwei Jahre nach Ablauf der in Artikel 32 gesetzten Frist erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten und schlägt gegebenenfalls die notwendigen Änderungen vor. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle für die Erstellung dieses Berichts erforderlichen Informationen. (2) Nach Vorlage des Berichts nach Absatz 1 erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens alle fünf Jahre Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten. Artikel 32 (1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens zum 31. Dezember 2002 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. (2) Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. Artikel 33 Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Artikel 34 Diese Richtlinie ist gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am 20. Juli 2001. Im Namen des Rates Der Präsident J. Vande Lanotte (1) ABl. C 311 E vom 31.10.2000, S. 251. (2) Stellungnahme vom 13. März 2001 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). (3) ABl. C 155 vom 29.5.2001, S. 21. (4) Stellungnahme vom 13. Juni 2001 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). (5) ABl. C 262 vom 7.10.1995, S. 1. (6) ABl. L 63 vom 13.3.1996, S. 10. (7) ABl. C 19 vom 20.1.1999, S. 1. (8) ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. (9) ABl. L 252 vom 6.10.2000, S. 12. ANHANG I >PIC FILE= "L_2001212DE.002102.TIF"> ANHANG II Die Informationen nach den Artikeln 10, 15 und 26 umfassen je nach Bedarf eines oder mehrere der nachstehend aufgeführten Dokumente oder Angaben: a) personenbezogene Daten zu der betreffenden Person (Name, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum und -ort, Familienstand, Verwandtschaftsverhältnis), b) Identitäts- und Reisedokumente der betreffenden Person, c) Dokumente zum Beweis der familiären Bande (Heirats-, Geburts-, Adoptionsurkunde), d) sonstige für die Feststellung der Identität der Person oder der familiären Bande wesentliche Informationen, e) von dem Mitgliedstaat in Bezug auf die betreffende Person ergangene Entscheidungen über die Erteilung oder die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis von dem Mitgliedstaat für die betreffende Person ausgestellte Visa sowie Dokumente, auf die diese Entscheidung gründet, f) von der betreffenden Person gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder eines Visums, über die in dem Mitgliedstaat noch nicht beschieden wurde, sowie Stand ihrer Bearbeitung. Der Mitgliedstaat, der die Informationen übermittelt hat, teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat etwaige Richtigstellungen von Informationen mit.