32001D0080

Beschluss des Rates vom 22. Januar 2001 zur Einsetzung des Militärstabs der Europäischen Union

Amtsblatt Nr. L 027 vom 30/01/2001 S. 0007 - 0011


Beschluss des Rates

vom 22. Januar 2001

zur Einsetzung des Militärstabs der Europäischen Union

(2001/80/GASP)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 28 Absatz 1,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Im Rahmen der Stärkung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und insbesondere der in Artikel 17 des Vertrags über die Europäische Union vorgesehenen Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 7. bis 11. Dezember 2000 in Nizza Einvernehmen über die Einrichtung des Militärstabs der Europäischen Union erzielt und dessen Auftrag und Funktionen festgelegt.

(2) Nach den Leitlinien des Europäischen Rates sollte der Militärstab in die Lage versetzt werden, seine Arbeit aufzunehmen -

BESCHLIESST:

Artikel 1

(1) Zur Einrichtung des Militärstabs der Europäischen Union (EUMS) wird von den Mitgliedstaaten Militärpersonal in das Generalsekretariat des Rates abgeordnet.

(2) Der Militärstab ist Teil des Generalsekretariats des Rates.

Artikel 2

Der Auftrag und die Funktionen des Militärstabs sind in Anlage V des vom Europäischen Rat in Nizza gebilligten Berichts des Vorsitzes festgelegt, der diesem Beschluss als Anhang beigefügt ist.

Artikel 3

Alle Mitglieder des Militärstabs müssen Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein.

Artikel 4

(1) Die Mitglieder des Militärstabs unterliegen Vorschriften, die in einem Beschluss des Rates festgelegt werden.

(2) Bis zum Inkrafttreten des in Absatz 1 genannten Beschlusses bleibt der Beschluss 2000/178/GASP des Rates vom 28. Februar 2000 über die Regelung für zum Generalsekretariat abgeordnete nationale Sachverständige im Militärbereich während der Übergangszeit(1) in Kraft.

Artikel 5

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Annahme wirksam.

Er ist ab einem vom Generalsekretär/Hohen Vertreter nach Anhörung des PSK und des Militärischen Interimsgremiums/Militärausschusses festzulegenden Zeitpunkt, grundsätzlich jedoch vor Ende Juni 2001, anwendbar.

Bis zum Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieses Beschlusses fungiert der Generaldirektor des Militärstabs (DGEUMS), der sein Amt am 1. März 2001 antreten wird(2), als Vorgesetzter der von den Mitgliedstaaten in das Ratssekretariat abgeordneten Militärsachverständigen(3).

Artikel 6

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 22. Januar 2001.

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. Lindh

(1) ABl. L 57 vom 2.3.2000, S. 1.

(2) Beschluss des Rates vom 22. Dezember 2000.

(3) Beschluss 2000/145/GASP des Rates vom 14. Februar 2000 über die Abordnung nationaler Sachverständiger im Militärbereich zum Generalsekretariat des Rates während einer Übergangszeit (ABl. L 49 vom 22.2.2000, S. 3).

ANHANG

ORGANISATION DES MILITÄRSTABS DER EUROPÄISCHEN UNION (EUMS)

1. Einleitung

In Helsinki haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschlossen, innerhalb des Rates neue ständige politische und militärische Gremien zu schaffen, um die Union in die Lage zu versetzen, ihrer Verantwortung im Bereich des gesamten Spektrums der im Vertrag über die Europäische Union definierten Aufgaben der Konfliktverhütung und der Krisenbewältigung, der so genannten Petersberg-Aufgaben, gerecht zu werden. Wie in dem Bericht von Helsinki vorgesehen, wird der EUMS "innerhalb der Ratsstrukturen (...) für die GESVP militärischen Sachverstand und militärische Unterstützung bereitstellen, auch in Bezug auf die Durchführung EU-geführter militärischer Krisenbewältigungsoperationen".

Zu diesem Zweck wird das Mandat des Militärstabs der Europäischen Union (EUMS) wie folgt festgelegt:

2. Auftrag

Der Militärstab soll sich mit "der Frühwarnung, der Lagebeurteilung und der strategischen Planung im Hinblick auf die Ausführung der Petersberg-Aufgaben, einschließlich der Bestimmung der jeweiligen europäischen nationalen und multinationalen Streitkräfte, befassen" und Politiken und Beschlüsse gemäß den Vorgaben des Militärausschusses der Europäischen Union (EUMC) durchführen.

3. Rolle und Aufgaben

- Er dient der Union als Quelle für militärisches Fachwissen;

- er fungiert als Bindeglied zwischen dem EUMC einerseits und den der Union zur Verfügung stehenden militärischen Kräften andererseits und sorgt für die militärische Beratung der Gremien der Union gemäß den Vorgaben des EUMC;

- durch ihn steht eine Frühwarnfähigkeit zur Verfügung. Er nimmt in Bezug auf das Krisenbewältigungskonzept und die allgemeine Militärstrategie Aufgaben der Planung und Beurteilung wahr und gibt entsprechende Empfehlungen ab; er sorgt für die Anwendung von Beschlüssen und Leitlinien des EUMC;

- er unterstützt den EUMC in Bezug auf das gesamte Spektrum der Petersberg-Aufgaben bei der Lagebeurteilung und hinsichtlich der militärischen Aspekte der strategischen Planung(1) für alle EU-geführten Operationen, ungeachtet dessen, ob die Union auf Mittel und Fähigkeiten der NATO zurückgreift oder nicht;

- er trägt zum Prozess der Präzisierung, Beurteilung und Überprüfung der Fähigkeitsziele bei, wobei er berücksichtigt, dass die betroffenen Mitgliedstaaten die Kohärenz mit dem NATO-Verteidigungsplanungsprozess (DPP) und dem Planungs- und Überprüfungsprozess (PARP) der Partnerschaft für den Frieden (PfP) gemäß den vereinbarten Verfahren sicherstellen müssen;

- ihm obliegt, was Ausbildung, Übungen und Interoperabilität anbelangt, die Überwachung, die Beurteilung und die Abgabe von Empfehlungen hinsichtlich der Streitkräfte und Fähigkeiten, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Verfügung stellen.

4. Funktionen

- Er erfuellt drei operative Hauptfunktionen: Frühwarnung, Lagebeurteilung und strategische Planung;

- er stellt den Gremien der Union, besonders dem Generalsekretär/Hohen Vertreter, gemäß den Weisungen des EUMC sein militärisches Fachwissen zur Verfügung;

- er überwacht potenzielle Krisensituationen, wobei er sich auf einschlägige nationale und multinationale Fähigkeiten zur Aufklärung stützt;

- er versorgt das Lagezentrum mit militärischen Informationen und erhält von diesem die Ergebnisse seiner Arbeiten;

- er befasst sich mit den militärischen Aspekten der strategischen Vorausplanung für Petersberg-Aufgaben;

- er bestimmt und erfasst nationale und multinationale europäische Streitkräfte für EU-geführte Operationen in Abstimmung mit der NATO;

- er trägt zur Entwicklung und zum Aufbau (einschließlich Ausbildung und Übungen) der von den Mitgliedstaaten der Union bereitgestellten nationalen und multinationalen Streitkräfte bei. Die Einzelheiten der Beziehungen zur NATO sind in den einschlägigen Dokumenten festgelegt;

- er organisiert und koordiniert die Verfahren mit den nationalen und multinationalen Hauptquartieren, einschließlich den der Union zur Verfügung stehenden NATO-Hauptquartieren, wobei er so weit wie möglich für Kompatibilität mit den NATO-Verfahren sorgt;

- er sorgt für die Programmierung, Planung, Durchführung und Beurteilung der militärischen Komponente der Krisenbewältigungsverfahren der Union, was auch die Genehmigung der EU/NATO-Verfahren beinhaltet;

- er beteiligt sich an der Veranschlagung der Kosten für Operationen und Übungen;

- er unterhält Verbindungen zu den nationalen Hauptquartieren und den multinationalen Hauptquartieren der multinationalen Streitkräfte;

- er stellt gemäß den "EU/NATO-Dauervereinbarungen" ständige Beziehungen zur NATO her und sorgt für angemessene Beziehungen zu bestimmten Ansprechpartnern im Rahmen der Vereinten Nationen und der OSZE, sofern diese Organisationen dem zustimmen.

a) Zusätzliche Funktionen im Krisenfall

- Er fordert spezifische Informationen von den Nachrichtendiensten und sonstige relevante Informationen von allen verfügbaren Quellen an und verarbeitet diese;

- er unterstützt den EUMC bei dessen Beiträgen zu den grundsätzlichen Planungsrichtlinien und Planungsweisungen des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK);

- er entwickelt militärstrategische Optionen und legt die Priorität derselben fest; diese Optionen dienen als Grundlage für die militärische Beratung des PSK durch den EUMC, und umfassen

- die Definition erster allgemeiner Optionen;

- gegebenenfalls den Rückgriff auf Planungsunterstützung durch externe Stellen, die die genannten Optionen genauer analysieren und detaillierter ausarbeiten;

- Bewertung der Ergebnisse dieser detaillierten Arbeit und bei Bedarf Erteilung von Aufträgen für weitere Arbeiten;

- Vorlage einer Gesamtbeurteilung gegebenenfalls mit Prioritätenangabe und Empfehlungen an den EUMC;

- er kann auch zu den nichtmilitärischen Aspekten der militärischen Optionen beitragen;

- er stellt in Abstimmung mit den nationalen Planungsstäben und gegebenenfalls der NATO, die Streitkräfte fest, die an eventuellen EU-geführten Operationen teilnehmen könnten;

- er unterstützt den Operation Commander beim technischen Austausch mit Drittländern, die militärische Beiträge zu einer EU-geführten Operation leisten wollen, sowie bei der Vorbereitung der Streitkräfteplanungskonferenz;

- er beobachtet Krisensituationen fortlaufend.

b) Zusätzliche Funktionen im Verlauf von Operationen

- Der EUMS, der auf Weisung des EUMC tätig wird, überwacht ständig alle militärischen Aspekte von Operationen. Er nimmt zusammen mit dem designierten Operation Commander die strategische Analyse vor, um den EUMC in seiner beratenden Funktion gegenüber dem für die strategische Leitung zuständigen PSK zu unterstützen;

- im Lichte politischer und operativer Entwicklungen schlägt er dem EUMC neue Optionen vor, die eine Grundlage für die militärische Beratung des PSK durch den EUMC darstellen.

5. Organisationsstruktur

- Er führt seine Arbeiten gemäß den militärischen Weisungen des EUMC durch, dem er Bericht zu erstatten hat;

- der EUMS ist eine unmittelbar dem Generalsekretär/Hohen Vertreter unterstellte Abteilung des Ratssekretariats; er setzt sich aus von den Mitgliedstaaten abgeordnetem Personal zusammen, das im Rahmen des vom Rat auszuarbeitenden Statuts in internationaler Funktion tätig ist;

- der EUMS wird von dem Generaldirektor des EUMS, einem 3-Sterne-General/Admiral geleitet und wird auf Weisung des EUMC tätig;

- um das gesamte Spektrum der Petersberg-Aufgaben ohne oder mit Rückgriff auf NATO-Mittel durch die Union bewältigen zu können, erhält der EUMS die in Anlage A dargestellte Organisationsstruktur;

- in Krisenfall oder bei Übungen für den Krisenfall könnte der EUMS Krisenreaktionsteams (CAT) aufstellen und hierbei auf sein eigenes Fachwissen, sein Personal und seine Infrastruktur zurückgreifen. Darüber hinaus könnte er erforderlichenfalls zur vorübergehenden Aufstockung externes Personal heranziehen, das vom EUMC bei den Mitgliedstaaten der Union anzufordern wäre.

6. Beziehungen zu Drittländern

- Die Beziehungen zwischen dem EUMS und den nicht der Union angehörenden europäischen NATO-Mitgliedern und anderen Ländern, die sich um einen Beitritt zur Union bewerben, werden Gegenstand des Dokuments über die Beziehungen der Union zu Drittländern sein.

(1) Vorläufige Definitionen:

Strategische Planung: Planungsmaßnahmen, die beginnen, sobald sich eine Krise abzeichnet, und enden, wenn die politischen Instanzen der Europäischen Union eine oder mehrere militärstrategische Option(en) genehmigen. Der Prozess der strategischen Planung umfasst die militärische Lagebeurteilung, die Erstellung des politisch-militärischen Rahmenplans und die Entwicklung militärstrategischer Optionen.

Militärstrategische Option: Militärische Vorgehensmöglichkeit zur Erreichung der politisch-militärischen Zielsetzungen, die im politisch-militärischen Rahmenplan vorgegeben sind. Die militärstrategische Option umfasst eine Beschreibung der militärischen Lösung in groben Zügen, der erforderlichen Kräfte und Mittel sowie der Auflagen und der Empfehlungen zur Wahl des Befehlshabers der Operation und zum Operationskommando.

ANLAGE A

ORGANIGRAMM DES EUMS

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