32001D0016

2001/16/EG: Entscheidung der Kommission vom 12. Juli 2000 gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 über die Festsetzung von Geldbußen gegen ein Unternehmen wegen unvollständiger Auskünfte in einem Fusionskontrollverfahren (Sache COMP/M.1634 — Mitsubishi Heavy Industries) (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2000) 1981)

Amtsblatt Nr. L 004 vom 09/01/2001 S. 0031 - 0034


Entscheidung der Kommission

vom 12. Juli 2000

gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 über die Festsetzung von Geldbußen gegen ein Unternehmen wegen unvollständiger Auskünfte in einem Fusionskontrollverfahren (Sache COMP/M.1634 - Mitsubishi Heavy Industries)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2000) 1981)

(Nur der englische Text ist verbindich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2001/16/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen(1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97(2), insbesondere auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) und Artikel 15 Absatz 1,

nach Aufforderung der beteiligten Unternehmen zur Stellungnahme zu den von der Kommission mitgeteilten Beschwerdepunkten,

nach Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Unternehmenszusammenschlüsse,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. EINLEITUNG

(1) Die Kommission erhielt am 26. März 1999 eine Anmeldung gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 (Fusionskontrollverordnung), die die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch Kvaerner ASA (Kvaerner) und A. Ahlström Corporation (Ahlström) betraf. In dieses Gemeinschaftsunternehmen sollte das Zellstoffmaschinenbaugeschäft der Kvaerner Pulp and Paper (KPP) und der Ahlström Machinery Group (AMG) eingebracht werden(3).

(2) Die Kommission ersuchte Mitsubishi Heavy Industries Europe Ltd (Mitsubishi) gemäß Artikel 11 der Fusionskontrollverordnung im Rahmen ihrer umfassenden Untersuchung des angemeldeten Vorhabens per Fax um Auskünfte. Die Frist für die Beantwortung ihres Auskunftsverlangens verstrich am 10. Juni 1999. Mitsubishi ließ das Auskunftsersuchen unbeantwortet und behauptete in einem Fax vom 14. Juni 1999, dass es bereits alle verfügbaren Informationen übermittelt hätte.

(3) Aus diesem Grunde verschickte die Kommission an Mitsubishi am 17. Juni 1999 per Fax eine Kopie ihres vorgenannten Auskunftsverlangens. Mitsubishi antwortete mit Fax vom 22. Juni 1999. Die darin enthaltenen Informationen waren allerdings, wie Mitsubishi in seiner Antwort selbst zugab, unvollständig.

(4) Die Kommission nahm am 2. Juli 1999 eine Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung an. Darin forderte sie Mitsubishi zur Auskunftserteilung bis spätestens 9. Juli 1999 auf. Die gewünschten Informationen waren im Anhang zur Entscheidung im Einzelnen aufgeführt. In ihrer Entscheidung wies die Kommission gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung darauf hin, dass Mitsubishi, falls es die erbetenen Auskünfte nicht innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist übermittelt, ein tägliches Zwangsgeld von 15000 EUR zu zahlen hätte, sobald die Frist abgelaufen wäre. Die Entscheidung wurde Mitsubishi am 6. Juli 1999 zugestellt. Mitsubishi hat die in der Kommissionsentscheidung erbetenen Angaben trotz verschiedener Mahnschreiben nicht geliefert.

(5) Am 20. Dezember 1999 schickte die Kommission Mitsubishi eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, damit sich das Unternehmen zu seiner Zuwiderhandlung gegen Artikel 11 der Fusionskontrollverordnung äußern konnte. Mitsubishi ließ die Mitteilung der Beschwerdepunkte unbeantwortet.

II. VERSTOSS GEGEN DIE FUSIONSKONTROLLVERORDNUNG: SACHVERHALT

(6) Mitsubishi unterließ es, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 2. Juli 1999 gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung erbetenen Auskünfte vollständig zu erteilen. Es fehlten insbesondere Auskünfte über den Stückpreis

- der neuen Rückgewinnungskessel, die seit 1990 an die Zellstoffindustrie zwecks Integration in eine neue Zellstoffabrik weltweit verkauft wurden; und

- der neuen Rückgewinnungskessel, die seit 1990 an die Zellstoffindustrie zwecks Ersatz eines Kessels weltweit verkauft wurden.

Ebensowenig enthielt die Antwort von Mitsubishi Angaben über seinen seit 1990 erzielten Jahresumsatz in den Bereichen:

- Modernisierung von Rückgewinnungskesseln sowie

- Reparatur und Wartung von Rückgewinnungskesseln.

(7) Mitsubishi erklärte, dass diese Angaben unverhältnismäßig viel Arbeit bedeuten würden, da auf Rückgewinnungskessel nur ein geringer Teil seines gesamten Kesselumsatzes entfällt.

III. RECHTLICHE WÜRDIGUNG

(8) Da Mitsubishi die von der Kommission aufgrund ihrer Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung erbetenen Informationen weder innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist noch zu einem anderen Zeitpunkt übermittelt hat, hat das Unternehmen gegen Artikel 11 der Fusionskontrollverordnung verstoßen.

(9) Wegen dieses Verstoßes kann eine Geldbuße nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) und ein Zwangsgeld nach Artikel 15 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung festgesetzt werden.

IV. FESTSETZUNG VON GELDBUSSEN UND ZWANGSGELDERN

(10) Nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) der Fusionskontrollverordnung kann die Kommission im Wege der Entscheidung gegen Unternehmen, die vorsätzlich oder fahrlässig eine nach Artikel 11 verlangte Auskunft unrichtig oder nicht innerhalb der in einer Entscheidung nach Artikel 11 gesetzten Frist erteilt haben, Geldbußen in Höhe von 1000 bis 50000 EUR festsetzen. Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sind gemäß Artikel 14 Absatz 3 die Art und Schwere des Verstoßes zu berücksichtigen. Dabei trägt die Kommission allen erschwerenden oder mildernden Umständen Rechnung.

(11) Nach Artikel 15 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung kann die Kommission gegen Unternehmen durch Entscheidung Zwangsgelder bis zu einem Hoechstbetrag von 25000 EUR für jeden Tag des Verzugs von dem in der Entscheidung bestimmten Zeitpunkt festsetzen, damit sie eine in einer Entscheidung nach Artikel 11 angeforderte Auskunft vollständig und richtig erteilen. Außerdem kann die Kommission gemäß Artikel 15 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung ein niedrigeres Zwangsgeld festsetzen als in der ursprünglichen Entscheidung vorgesehen ist, wenn die Unternehmen der Verpflichtung nachgekommen sind, zu deren Erfuellung das Zwangsgeld festgesetzt worden war. In ihrer Entscheidung vom 2. Juli 1999 hat die Kommission gegen Mitsubishi für jeden Tag des Informationsverzugs ein Zwangsgeld von 15000 EUR festgesetzt.

A. Würdigung nach Artikel 14

Gegenstand der Zuwiderhandlung

(12) Die Zuwiderhandlung von Mitsubishi bestand darin, dass das Unternehmen die ihm von der Kommission aufgrund einer Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung abverlangten Informationen nicht innerhalb der festgesetzten Frist übermittelt hat. Diese Informationen betrafen das weltweite Rückgewinnungskesselgeschäft des Unternehmens (siehe Erwägungsgrund 6).

Schwere der Zuwiderhandlung

(13) Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Zuwiderhandlung von Mitsubishi gegen die Fusionskontrollverordnung aus folgenden Gründen äußerst schwer wiegt:

(14) Gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung kann die Kommission zur Erfuellung der ihr mit der Verordnung übertragenen Aufgaben von den Unternehmen alle erforderlichen Auskünfte einholen. Die von Mitsubishi verlangten Auskünfte waren im Sinne des Artikels 11 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung für die ordnungsgemäße Würdigung der Vereinbarkeit des angemeldeten Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt erforderlich. Die Auskünfte waren insbesondere notwendig, um die Marktanteile der an dem Vorhaben beteiligten Unternehmen und anderen Wettbewerber auf den Märkten für Rückgewinnungskessel festzustellen.

(15) Wegen der begrenzten Anzahl von Rückgewinnungskesselherstellern für die Zellstoff- und Papierindustrie auf weltweiter Ebene muss Mitsubishi als eine wichtige Informationsquelle für die Funktionsweise dieses Marktes angesehen werden. Ohne die Informationen von Mitsubishi war die Kommisson darauf angewiesen, ihre Würdigung der Rückgewinnungskesselmärkte teilweise auf Schätzungen zu stützen. Da Mitsubishi keine Informationen über seine Preise und seinen Umsatz am weltweiten Rückgewinnungskesselmarkt übermittelte, hatte die Kommission keine andere Wahl, als den Marktumfang und die Marktanteile der Marktteilnehmer anhand der von anderen Wettbewerbern und Abnehmern erhaltenen Informationen schätzungsweise zu bestimmen. Der Arbeitsaufwand der Kommission ist hierdurch erheblich gestiegen und führte zu Schätzungen, denen die Zuverlässigkeit fehlt, die Informationen aus erster Hand, also von Mitsubishi gehabt hätten.

(16) Die von Mitsubishi verlangten Auskünfte haben sich auf die materiellrechtliche Würdigung des Falls ausgewirkt. Genauer gesagt: die von Mitsubishi verlangten Auskünfte haben sich unmittelbar auf die Einschätzung der weltweiten Marktposition von AMG und KPP durch die Kommission ausgewirkt. Ungeklärt blieb insbesondere eine Differenz von rund 10 % zwischen den Marktanteilsschätzungen der beteiligten Unternehmen und denen der Kommission. Da Mitsubishi keine genauen Zahlen über sein Geschäft vorlegte, konnte die Kommission die genauen Marktanteile der beteiligten Unternehmen und der Wettbewerber nicht ermitteln. Ohne Auskünfte über das Modernisierungs- und Wartungsgeschäft von Mitsubishi im Bereich der Rückgewinnungskessel konnte die Kommission im Übrigen die Behauptung der beteiligten Unternehmen bezüglich der Größe des Markts für die Modernisierung von Rückgewinnungskesseln nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen und auch nicht feststellen, welche Position Mitsubishi auf diesem Markt einnahm. Aus diesem Grunde stellt die Weigerung von Mitsubishi, die geforderten Auskünfte zu übermitteln, einen äußerst schweren Verstoß dar.

(17) Mitsubishi behauptete in seinem Fax vom 14. Juni 1999, dass es bereits alle verfügbaren Informationen übermittelt hat. Mitsubishi ist allerdings ein großer weltweit in verschiedenen Wirtschaftszweigen tätiger Industriekonzern. Deswegen darf angenommen werden, dass Mitsubishi die Geschäftsbereiche, in denen es tätig ist, genauestens kennt. Angesichts der Größe des Unternehmens darf daher ebenfalls angenommen werden, dass Mitsubishi über moderne Berichterstattungssysteme verfügt, die es ihm ermöglicht hätten, die gewünschten Informationen zu liefern. Außerdem hat die Kommission Mitsubishi verschiedene Fristverlängerungen zugestanden, sodass das Unternehmen fast über einen ganzen zusätzlichen Monat verfügte, um dem Auskunftsverlangen nachzukommen. Mitsubishi verfügte also über genügend Zeit, um die verlangten Auskünfte zu übermitteln. Schließlich ist festzustellen, dass alle anderen von der Kommission angesprochenen Rückgewinnungskesselhersteller die gewünschten Informationen liefern konnten. Da Mitsubishi darüber hinaus nicht einmal versucht hat, auch nur schätzungsweise Angaben zu machen, drängt sich der Schluss auf, dass Mitsubishi nicht die Absicht hatte, der Kommissionsentscheidung nachzukommen.

(18) Aus diesem Grunde ist festzustellen, dass es Mitsubishi absichtlich unterlassen hat, der Kommission die relevanten Informationen zu übermitteln. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Unterlassung, ihrer Entscheidung vom 2. Juli 1999 nachzukommen, vorsätzlich erfolgte.

(19) Es kann weder mildernden noch erschwerenden Umständen Rechnung getragen werden.

B. Würdigung nach Artikel 15

(20) Die Kommission hat in ihrer Entscheidung vom 2. Juli 1999 gegen Mitsubishi ein Zwangsgeld gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung für den Fall festgesetzt, dass es die von ihm verlangten Auskünfte nicht fristgerecht übermitteln würde. Mitsubishi hat, wie bereits ausgeführt wurde, diese Informationen nicht übermittelt. Demnach ist Mitsubishi der Verpflichtung im Sinne des Artikels 15 Absatz 3, zu deren Erfuellung das Zwangsgeld festgesetzt worden war, nicht nachgekommen. Daher vertritt die Kommission die Auffassung, dass gegen Mitsubishi ein Zwangsgeld bis zu dem in Artikel 15 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung vorgesehenen Hoechstbetrag festgesetzt werden sollte.

Dauer

(21) Die Zuwiderhandlung wurde nicht abgestellt. Bisher ist Mitsubishi der Entscheidung der Kommission vom 2. Juli 1999 nicht nachgekommen und hat die verlangten Auskünfte nicht erteilt. Doch ist die Verpflichtung von Mitsubishi zur Erteilung der Auskünfte von dem Zeitpunkt an hinfällig geworden, wo das Verfahren über den Zusammenschluss von Ahlström und Kvaerner abgeschlossen wurde, also am 8. September 1999.

V. SCHLUSSFOLGERUNG

(22) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen und der besonderen Umstände des Falls hält es die Kommission für angebracht, gegen Mitsubishi wegen Nichtbefolgung der Entscheidung der Kommission vom 2. Juli 1999 aufgrund von Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) der Fusionskontrollverordnung eine Geldbuße in Höhe von 50000 EUR festzusetzen.

(23) Außerdem sollte das von Mitsubishi aufgrund der Kommissionsentscheidung vom 2. Juli 1999 zahlbare Zwangsgeld für jeden Tag des Verzugs ab dem Tage, wo die gewünschten Informationen hätten vorliegen müssen (nämlich am 10. Juli 1999) bis 8. September 1999, als das Verfahren in der Sache IV/M.1431 - Ahlström/Kvaerner abgeschlossen wurde, insgesamt also 60 Tage, 15000 EUR betragen -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Wegen der Erteilung unvollständiger Auskünfte an die Kommission in einem Fusionskontrollverfahren wird gegen Mitsubishi Heavy Industries Europe, Ltd (Mitsubishi) gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c) der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 eine Geldbuße von 50000 EUR festgesetzt.

Das aufgrund der Entscheidung der Kommission vom 2. Juli 1999 von Mitsubishi wegen seiner Unterlassung, in Übereinstimmung mit der Entscheidung vollständige und richtige Angaben zu übermitteln, zu zahlende Zwangsgeld wird auf 90000 EUR festgesetzt.

Artikel 2

Die in Artikel 1 genannte Geldbuße und das endgültige Zwangsgeld sind innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung auf das Bankkonto der Europäischen Kommission Nr. 642-0029000-95 bei der Banco Bilbao Vizcaya Argentaria BBVA, Avenue des Arts 43, B-1040 Brüssel, zu überweisen.

Nach Ablauf der Frist sind automatisch Zinsen zahlbar, die nach dem Satz der Europäischen Zentralbank für ihre wichtigsten Refinanzierungsgeschäfte am ersten Arbeitstag des Monats, in dem die vorliegende Entscheidung erlassen wird, berechnet werden; dieser Satz beträgt 4,29 % zuzüglich 3,5 %, insgesamt also 7,79 %.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist gerichtet an: Mitsubishi Heavy Industries Europe, Ltd Bow Bells House

Bread Street (Cheapside)

London , EC4M 9BQ UK.

Brüssel, den 12. Juli 2000

Für die Kommission

Mario Monti

Mitglied der Kommission

(1) ABl. 395 vom 30.12.1989, S. 1; berichtigte Fassung im ABl. 257 vom 21.9.1990, S. 13.

(2) ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 1.

(3) Sache IV/M. 1431 - Ahlström/Kvaerner.