32000L0070

Richtlinie 2000/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 zur Änderung der Richtlinie 93/42/EWG des Rates hinsichtlich Medizinprodukten, die stabile Derivate aus menschlichem Blut oder Blutplasma enthalten

Amtsblatt Nr. L 313 vom 13/12/2000 S. 0022 - 0024


Richtlinie 2000/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

vom 16. November 2000

zur Änderung der Richtlinie 93/42/EWG des Rates hinsichtlich Medizinprodukten, die stabile Derivate aus menschlichem Blut oder Blutplasma enthalten

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2)

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Der Kommissionsvorschlag betraf neben In-vitro-Diagnostika eine Änderung der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte(4) im Hinblick auf die Erweiterung ihres Geltungsbereichs auf Medizinprodukte, die unter Verwendung von nicht lebensfähigen Geweben oder Derivaten derartiger Gewebe menschlichen Ursprungs hergestellt werden. Diese Änderung wurde bei der Verabschiedung der Richtlinie 98/79/EG(5) jedoch nicht berücksichtigt.

(2) Mit der vorliegenden Richtlinie soll daher die Richtlinie 93/42/EWG dahingehend geändert werden, dass ihr Geltungsbereich lediglich auf Medizinprodukte ausgedehnt wird, die als Bestandteil Derivate aus menschlichem Blut oder Blutplasma enthalten. Medizinprodukte, die andere Derivate von menschlichem Gewebe enthalten, bleiben dabei weiterhin vom Anwendungsbereich der genannten Richtlinie ausgeschlossen.

(3) Hauptziel jeglicher Regelung für die Erzeugung, Verteilung oder Verwendung von Medizinprodukten ist der Schutz der öffentlichen Gesundheit.

(4) Ferner müssen die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Gesundheit der Patienten, Anwender und gegebenenfalls Dritter bei der Verwendung von Medizinprodukten harmonisiert werden, um den freien Verkehr dieser Produkte im Binnenmarkt zu gewährleisten.

(5) Medizinprodukte, die als Bestandteil Derivate aus menschlichem Blut oder Blutplasma enthalten, haben dieselben Zweckbestimmungen wie andere Medizinprodukte. Sie sind daher hinsichtlich des freien Warenverkehrs nicht anders zu behandeln als diese.

(6) Medizinprodukte, die als Bestandteil ein Derivat aus menschlichem Blut oder Blutplasma enthalten, welches in Ergänzung zu dem Produkt eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten kann, müssen den Bestimmungen der Richtlinie 93/42/EWG und weiteren, jene Richtlinie ergänzenden Rechtsinstrumenten entsprechen.

(7) Ein gesondert verwendetes Derivat aus menschlichem Blut kann als Arzneimittelbestandteil im Sinne der Richtlinie 89/381/EWG des Rates(6) betrachtet werden. Wird ein derartiger Stoff in ein Medizinprodukt integriert, so muss er in entsprechender Anwendung der Richtlinien 75/318/EWG(7) und 89/381/EWG des Rates geeigneten Untersuchungen unterzogen werden. Diese Untersuchungen werden von den Stellen durchgeführt, denen Zuständigkeiten im Bereich der Anwendung der genannten Richtlinien übertragen wurden -

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 93/42/EWG wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Folgender Absatz wird eingefügt:

"(4a) Enthält ein Produkt als Bestandteil einen Stoff, der - gesondert verwendet - als Arzneimittelbestandteil oder Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 89/381/EWG(8) betrachtet werden und in Ergänzung zu dem Produkt eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten kann (nachstehend 'Derivat aus menschlichem Blut' genannt), so ist dieses Produkt gemäß der vorliegenden Richtlinie zu bewerten und zuzulassen.";

b) Absatz 5 Buchstabe e) erhält folgende Fassung:

"e) menschliches Blut, Blutprodukte, Plasma oder Blutzellen menschlichen Ursprungs mit Ausnahme von Derivaten aus menschlichem Blut."

2. Anhang I wird wie folgt geändert:

a) Dem Abschnitt 7.4 werden folgende Unterabsätze angefügt:

"Gehört zu den Bestandteilen eines Produkts ein Derivat aus menschlichem Blut, so muss die benannte Stelle ein wissenschaftliches Gutachten der Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) über die Qualität und die Sicherheit dieses Derivats unter Berücksichtigung der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen und insbesondere in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Richtlinien 75/318/EWG und 89/381/EWG anfordern. Der Nutzen dieses Derivats als Bestandteil des Medizinprodukts ist unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Produkts zu überprüfen.

Gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 89/381/EWG ist von jeder Ausgangs- und/oder fertigen Produktcharge des Derivats aus menschlichem Blut eine Probe durch ein staatliches oder ein zu diesem Zweck von einem Mitgliedstaat benanntes Laboratorium zu prüfen.";

b) Dem Abschnitt 13.3 wird folgender Buchstabe angefügt:

"n) im Falle eines Produkts im Sinne von Artikel 1 Absatz 4a einen Hinweis darauf, dass das Produkt als Bestandteil ein Derivat aus menschlichem Blut enthält."

3. Anhang II wird wie folgt geändert:

a) In Abschnitt 3.2 Buchstabe c) erhält der fünfte Gedankenstrich folgende Fassung:

"- die Angabe, ob zu den Bestandteilen des Produkts ein Stoff oder Derivat aus menschlichem Blut im Sinne des Anhangs I Abschnitt 7.4 gehört, sowie die für die Bewertung der Sicherheit, der Qualität und des Nutzens dieses Stoffes oder Derivats aus menschlichem Blut unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Produkts erforderlichen Daten über die in diesem Zusammenhang durchgeführten Prüfungen.";

b) In Abschnitt 4.3 werden die Unterabsätze 2 und 3 durch folgende Unterabsätze ersetzt:

"Im Falle von Produkten gemäß Anhang I Abschnitt 7.4 Unterabsatz 1 konsultiert die benannte Stelle im Hinblick auf die in jenem Abschnitt genannten Gesichtspunkte eine der von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 65/65/EWG benannten zuständigen Stellen, bevor sie eine Entscheidung trifft. Bei ihrer Entscheidung berücksichtigt die benannte Stelle gebührend die bei der Konsultation abgegebenen Stellungnahmen. Sie teilt der betreffenden zuständigen Stelle ihre endgültige Entscheidung mit.

Im Falle von Produkten gemäß Anhang I Abschnitt 7.4 Unterabsatz 2 ist das wissenschaftliche Gutachten der EMEA der Dokumentation über das Produkt beizufügen. Bei ihrer Entscheidung berücksichtigt die benannte Stelle gebührend das Gutachten der EMEA. Die benannte Stelle darf die Bescheinigung nicht ausstellen, wenn das wissenschaftliche Gutachten der EMEA negativ ist. Sie teilt der EMEA ihre endgültige Entscheidung mit.";

c) Folgender Abschnitt wird angefügt:

"8. Anwendung auf Produkte gemäß Artikel 1 Absatz 4a

Nach Beendigung der Herstellung jeder Charge des Produkts gemäß Artikel 1 Absatz 4a unterrichtet der Hersteller die benannte Stelle über die Freigabe dieser Charge des Produkts und übermittelt ihr die von einem staatlichen oder einem zu diesem Zweck von einem Mitgliedstaat benannten Laboratorium gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 89/381/EWG ausgestellte amtliche Bescheinigung über die Freigabe der Charge des in diesem Produkt verwendeten Derivats aus menschlichem Blut."

4. Anhang III wird wie folgt geändert:

a) Abschnitt 3 sechster Gedankenstrich erhält folgende Fassung:

"- die Angabe, ob zu den Bestandteilen des Produkts ein Stoff oder Derivat aus menschlichem Blut im Sinne des Anhangs I Abschnitt 7.4 gehört, sowie die für die Bewertung der Sicherheit, der Qualität und des Nutzens dieses Stoffes oder Derivats aus menschlichem Blut unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Produkts erforderlichen Daten über die in diesem Zusammenhang durchgeführten Prüfungen.";

b) In Abschnitt 5 werden die Unterabsätze 2 und 3 durch folgende Unterabsätze ersetzt:

"Im Falle von Produkten gemäß Anhang I Abschnitt 7.4 Unterabsatz 1 konsultiert die benannte Stelle im Hinblick auf die in jenem Abschnitt genannten Gesichtspunkte eine der von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 65/65/EWG benannten zuständigen Stellen, bevor sie eine Entscheidung trifft. Bei ihrer Entscheidung berücksichtigt die benannte Stelle gebührend die bei der Konsultation abgegebenen Stellungnahmen. Sie teilt der betreffenden zuständigen Stelle ihre endgültige Entscheidung mit.

Im Falle von Produkten gemäß Anhang I Abschnitt 7.4 Unterabsatz 2 ist das wissenschaftliche Gutachten der EMEA der Dokumentation über das Produkt beizufügen. Bei ihrer Entscheidung berücksichtigt die benannte Stelle gebührend das Gutachten der EMEA. Die benannte Stelle darf die Bescheinigung nicht ausstellen, wenn das wissenschaftliche Gutachten der EMEA negativ ist. Sie teilt der EMEA ihre endgültige Entscheidung mit."

5. In Anhang IV wird folgender Abschnitt angefügt:

"9. Anwendung auf Produkte gemäß Artikel 1 Absatz 4a

Im Falle des Abschnitts 5 unterrichtet der Hersteller nach der Beendigung der Herstellung jeder Charge des Produkts gemäß Artikel 1 Absatz 4a und im Falle der Überprüfung nach Abschnitt 6 die benannte Stelle über die Freigabe dieser Charge des Produkts und übermittelt ihr die von einem staatlichen oder einem zu diesem Zweck von einem Mitgliedstaat benannten Laboratorium gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 89/381/EWG ausgestellte amtliche Bescheinigung über die Freigabe der Charge des in diesem Produkt verwendeten Derivats aus menschlichem Blut."

6. In Anhang V wird folgender Abschnitt angefügt:

"7. Anwendung auf Produkte gemäß Artikel 1 Absatz 4a

Nach Beendigung der Herstellung jeder Charge des Produkts gemäß Artikel 1 Absatz 4a unterrichtet der Hersteller die benannte Stelle über die Freigabe dieser Charge des Produkts und übermittelt ihr die von einem staatlichen oder einem zu diesem Zweck von einem Mitgliedstaat benannten Laboratorium gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 89/381/EWG ausgestellte amtliche Bescheinigung über die Freigabe der Charge des in diesem Produkt verwendeten Derivats aus menschlichem Blut."

7. In Anhang IX Teil III Abschnitt 4.1 wird folgender Unterabsatz hinzugefügt:

"Alle Produkte, die als Bestandteil ein Derivat aus menschlichem Blut enthalten, gehören zur Klasse III."

Artikel 2

Durchführung, Übergangsbestimmungen

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen vor dem 13. Dezember 2001 (die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Die Mitgliedstaaten wenden diese Vorschriften ab dem. 13. Juni 2002 an.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten einzelstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

(3) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die benannten Stellen, die gemäß Artikel 16 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates mit der Konformitätsbewertung befasst sind, allen einschlägigen Angaben über Merkmale und Leistungen dieser Produkte, insbesondere den Ergebnissen aller einschlägigen Prüfungen und Kontrollen, die gemäß den geltenden einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften für diese Produkte bereits durchgeführt wurden, Rechnung tragen.

(4) Die Mitgliedstaaten gestatten für einen Zeitraum von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie das Inverkehrbringen von Produkten, die den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie in ihrem Hoheitsgebiet geltenden Rechtsvorschriften entsprechen. Ferner gestatten sie für weitere zwei Jahre die Inbetriebnahme dieser Produkte.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 16. November 2000.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

N. Fontaine

Im Namen des Rates

Der Präsident

R. Schwartzenberg

(1) ABl. C 172 vom 7.7.1995, S. 21, und

ABl. C 87 vom 18.3.1997, S. 9.

(2) ABl. C 18 vom 22.1.1996, S. 12.

(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 12. März 1996 (ABl. C 96 vom 1.4.1996, S. 31). Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 29. Juni 2000 (ABl. C 245 vom 25.8.2000, S. 19) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 24. Oktober 2000.

(4) ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1).

(5) Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1).

(6) Richtlinie 89/381/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten und zur Festlegung besonderer Vorschriften für Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma (ABl. L 181 vom 28.6.1989, S. 44).

(7) Richtlinie 75/318/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die analytischen, toxikologisch-pharmakologischen und ärztlichen oder klinischen Vorschriften und Nachweise über Versuche mit Arzneimitteln (ABl. L 147 vom 9.6.1975, S. 1). Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 1999/83/EG der Kommission (ABl. L 243 vom 15.9.1999, S. 9).

(8) Richtlinie 89/381/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 zur Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinien 65/65/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten und zur Festlegung besonderer Vorschriften für Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma (ABl. L 181 vom 28.6.1989, S. 44)