31999Q0529

Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, durch die es dem Gericht ermöglicht werden soll, als Einzelrichter zu entscheiden vom 17. Mai 1999

Amtsblatt Nr. L 135 vom 29/05/1999 S. 0092 - 0094


Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften

ÄNDERUNG DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTS ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN, DURCH DIE ES DEM GERICHT ERMÖGLICHT WERDEN SOLL, ALS EINZELRICHTER ZU ENTSCHEIDEN

vom 17. Mai 1999

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

aufgrund des Artikels 225 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

aufgrund des Artikels 32d des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl,

aufgrund des Artikels 140a des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft,

aufgrund des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft,

aufgrund des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl,

aufgrund des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Atomgemeinschaft,

aufgrund des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften(1), der Beitrittsakte von 1994 sowie des Beschlusses 1999/291/EG, EGKS, Euratom des Rates vom 26. April 1999(2),

im Einvernehmen mit dem Rechnungshof,

nach einstimmiger Genehmigung des Rates, die am 26. April 1999 erteilt worden ist,

in der Erwägung, daß Artikel 2 Absatz 4 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988, in der Fassung des Beschlusses 1999/291/EG, EGKS, Euratom des Rates vom 26. April 1999, vorsieht, daß das Gericht in bestimmten, in der Verfahrensordnung festgelegten Fällen als Einzelrichter tagen kann,

in der Erwägung, daß von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen ist und daß in der Verfahrensordnung des Gerichts die Fälle, in denen ein Einzelrichter zur Entscheidung über eine Rechtssache berufen sein kann, und die Modalitäten festzulegen sind, nach denen eine Rechtssache von einem Einzelrichter entschieden werden kann -

ERLÄSST FOLGENDE ÄNDERUNGEN SElNER VERFAHRENSORDNUNG:

Artikel 1

Die Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Mai 1991(3), geändert am 15. September 1994(4), am 17. Februar 1995(5), am 6. Juli 1995(6) und am 12. März 1997(7) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 11 wird wie folgt geändert:

a) Dem § 1 wird folgender Absatz hinzugefügt: "Die Rechtssachen können von einem Einzelrichter entschieden werden, wenn sie diesem nach Maßgabe der Artikel 14 und 51 zur Entscheidung übertragen oder nach den Artikeln 124, 127 § 1 oder 129 § 2 zugewiesen worden sind."

b) Dem Artikel 11 § 2 wird folgender Satz hinzugefügt: "Für die Rechtssachen, für deren Entscheidung ein Einzelrichter zuständig ist, bezeichnet der Begriff 'Gericht' in dieser Verfahrensordnung auch diesen Richter."

2. Artikel 14 wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Absatz 1 wird § 1; Absatz 2 wird gestrichen;

b) folgende §§ 2 und 3 werden hinzugefügt: "§ 2

(1) Die nachstehenden Rechtssachen, die einer Kammer mit drei Richtern zugewiesen sind, können vom Berichterstatter als Einzelrichter entschieden werden, sofern sie sich wegen fehlender Schwierigkeit der aufgeworfenen Tatsachen- und Rechtsfragen, begrenzter Bedeutung der Rechtssache und des Fehlens anderer besonderer Umstände dazu eignen und nach Maßgabe des Artikels 51 übertragen worden sind:

a) Rechtssachen, die aufgrund des Artikels 236 EG-Vertrag und des Artikels 152 EAG-Vertrag anhängig gemacht worden sind;

b) Rechtssachen, die aufgrund des Artikels 230 Absatz 4, des Artikels 232 Absatz 3 und des Artikels 235 EG-Vertrag, des Artikels 33 Absatz 2, des Artikels 35 und des Artikels 40 Absätze 1 und 2 EGKS-Vertrag und des Artikels 146 Absatz 4, des Artikels 148 Absatz 3 und des Artikels 151 EAG-Vertrag anhängig gemacht worden sind und die nur Fragen aufwerfen, die bereits durch eine gesicherte Rechtsprechung geklärt sind, oder zu einer Serie von Rechtssachen gehören, die den gleichen Gegenstand haben und von denen eine bereits rechtskräftig entschieden ist;

c) Rechtssachen, die aufgrund des Artikels 238 EG-Vertrag, des Artikels 42 EGKS-Vertrag und des Artikels 153 EAG-Vertrag anhängig gemacht worden sind.

(2) Die Übertragung auf einen Einzelrichter ist ausgeschlossen

a) bei Rechtssachen, die Fragen der Rechtmäßigkeit von Handlungen mit allgemeiner Geltung aufwerfen;

b) bei Rechtssachen betreffend die Durchführung

- der Wettbewerbsregeln oder der Vorschriften über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen,

- der Vorschriften über staatliche Beihilfen,

- der Vorschriften über handelspolitische Schutzmaßnahmen,

- der Vorschriften über die gemeinsamen Agrarmarktorganisationen mit Ausnahme von Rechtssachen, die zu einer Serie von Rechtssachen gehören, die den gleichen Gegenstand haben und von denen eine bereits rechtskräftig entschieden ist;

c) bei den in Artikel 130 § 1 bezeichneten Rechtssachen.

(3) Der Einzelrichter verweist die Rechtssache an die Kammer zurück, wenn er die Voraussetzungen für diese Übertragung nicht mehr für erfuellt hält.

§3

Die in den §§ 1 und 2 vorgesehenen Verweisungs- und Übertragungsentscheidungen ergehen nach Maßgabe des Artikels 51."

3. Dem Artikel 16 wird folgender Absatz hinzugefügt: "In den Rechtssachen, die einem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen oder zugewiesen worden sind, übt dieser die Befugnisse des Präsidenten, mit Ausnahme der in den Artikeln 105 und 106 bezeichneten Befugnisse, aus."

4. Dem Artikel 32 wird folgender § 5 hinzugefügt: "§ 5 Ist der Einzelrichter, dem die Rechtssache zur Entscheidung übertragen oder zugewiesen ist, abwesend oder verhindert, so bestimmt der Präsident des Gerichts einen anderen Richter, der ihn ersetzt."

5. Artikel 51 erhält folgende Fassung: "Artikel 51

§ 1

In den Fällen nach Artikel 14 § 1 kann die mit der Rechtssache befaßte Kammer in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei dem Plenum des Gerichts vorschlagen, die Rechtssache an das Plenum oder eine Kammer mit einer anderen Richterzahl zu verweisen. Das Plenum beschließt nach Anhörung der Parteien und des Generalanwalts über die Verweisung.

Eine Kammer mit fünf Richtern bleibt mit der Rechtssache befaßt oder diese wird an eine solche Kammer verwiesen, wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes Organ der Europäischen Gemeinschaften dies beantragt.

§ 2

Die Entscheidung über die Übertragung einer Rechtssache auf den Einzelrichter in den Fällen des Artikels 14 § 2 trifft die Kammer mit drei Richtern, bei der die Rechtssache anhängig ist, einstimmig nach Anhörung der Parteien.

Wenn ein am Verfahren beteiligter Mitgliedstaat oder ein am Verfahren beteiligtes Organ der Europäischen Gemeinschaften der Entscheidung der Rechtssache durch einen Einzelrichter widerspricht, bleibt die Kammer, der der Berichterstatter angehört, mit der Rechtssache befaßt, oder die Rechtssache wird an diese Kammer verwiesen."

6. Artikel 118 wird wie folgt geändert:

a) Folgender § 2a wird eingefügt: "§ 2a

Hebt der Gerichtshof ein Urteil oder einen Beschluß eines Einzelrichters auf, so weist der Präsident des Gerichts die Sache einer Kammer mit drei Richtern zu, der dieser Richter nicht angehört."

b) In § 3 werden die Worte "§§ 1 und 2" durch die Worte "§§ 1, 2 und 2a", die Worte "Artikel 13 § 2, Artikel 14" durch die Worte "Artikel 13 § 2, Artikel 14 § 1" ersetzt.

7. Dem Artikel 124 wird folgender Satz hinzugefügt: "Ist das Urteil von einem Einzelrichter erlassen worden, so wird der Drittwiderspruch diesem Richter zugewiesen."

8. Dem Artikel 127 § 1 wird folgender Satz 2 hinzugefügt: "Ist das Urteil von einem Einzelrichter erlassen worden, so wird der Antrag diesem Richter zugewiesen."

9. Dem Artikel 129 § 2 wird folgender Satz hinzugefügt: "Ist das Urteil von einem Einzelrichter erlassen worden, so wird der Antrag diesem Richter zugewiesen."

Artikel 2

Diese Änderungen der Verfahrensordnung sind in den in Artikel 35 § 1 der Verfahrensordnung genannten Sprachen verbindlich und werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Sie treten am ersten Tag des zweiten Monats nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Geschehen zu Luxemburg am 17. Mai 1999.

Der Kanzler

H. JUNG

Der Präsident

B. VESTERDORF

(1) ABl. L 319 vom 25.11.1988, S. 1. Geändert durch den Beschluß 93/350/Euratom, EGKS, EWG (ABl. L 144 vom 16.6.1993, S. 21) und den Beschluß 94/149/EGKS, EG des Rates (ABl. L 66 vom 10.3.1994, S. 29).

(2) ABl. L 114 vom 1.5.1999, S. 52.

(3) ABl. L 136 vom 30.5.1991, S. 1.

(4) ABl. L 249 vom 24.9.1994, S. 17.

(5) ABl. L 44 vom 28.2.1995, S. 64.

(6) ABl. L 172 vom 22.7.1995, S. 3.

(7) ABl. L 103 vom 19.4.1997, S. 6, mit Berichtigung im ABl. L 351 vom 23.12.1997, S. 12.