31999L0085

Richtlinie 1999/85/EG des Rates vom 22. Oktober 1999 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich der Möglichkeit, auf arbeitsintensive Dienstleistungen versuchsweise einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden

Amtsblatt Nr. L 277 vom 28/10/1999 S. 0034 - 0036


RICHTLINIE 1999/85/EG DES RATES

vom 22. Oktober 1999

zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich der Möglichkeit, auf arbeitsintensive Dienstleistungen versuchsweise einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Gemäß Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe a) der Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(4) können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden, die nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG genannten Kategorien anwendbar sind.

(2) In Anbetracht der hohen Arbeitslosigkeit ist den Mitgliedstaaten, die dies wünschen, jedoch die Möglichkeit einzuräumen, versuchsweise festzustellen, wie sich eine Ermäßigung der Mehrwertsteuer für derzeit nicht in Anhang H verzeichnete arbeitsintensive Dienstleistungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen auswirkt.

(3) Ein solcher ermäßigter Mehrwertsteuersatz könnte für die Unternehmen auch den Anreiz mindern, sich in der Schattenwirtschaft zu betätigen oder zu verbleiben.

(4) Eine derartige gezielte Ermäßigung des Steuersatzes könnte allerdings das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Steuerneutralität gefährden. Daher ist ein Verfahren zur Erteilung von Ermächtigungen für einen genau festgelegten Zeitraum von vollen drei Jahren vorzusehen; ferner ist der Anwendungsbereich einer solchen Maßnahme strengen Bedingungen zu unterwerfen, um zu gewährleisten, daß sie überprüfbar und begrenzt ist.

(5) In Anbetracht des Versuchscharakters der Maßnahme sollten die diese Maßnahme anwendenden Mitgliedstaaten und die Kommission eine eingehende Untersuchung ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung und ihrer Effizienz durchführen.

(6) Die Maßnahme ist streng zu befristen und darf nicht länger als bis zum 31. Dezember 2002 gelten.

(7) Die Durchführung der vorliegenden Richtlinie ist nicht mit einer Änderung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verbunden -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 77/388/EWG wird wie folgt geändert:

1. Nach Artikel 28 wird folgender Absatz angefügt: "(6) Der Rat kann einen Mitgliedstaat einstimmig auf Vorschlag der Kommission ermächtigen, für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2002 die ermäßigten Sätze des Artikels 12 Absatz 3 Buchstabe a) Unterabsatz 3 auf maximal zwei der in Anhang K aufgeführten Kategorien von Dienstleistungen anzuwenden. In Ausnahmefällen kann ein Mitgliedstaat auch ermächtigt werden, den ermäßigten Satz auf drei der genannten Kategorien von Dienstleistungen anzuwenden.

Die betreffenden Dienstleistungen müssen folgende Bedingungen erfuellen:

a) sie müssen arbeitsintensiv sein;

b) sie müssen in weitgehendem Maße direkt an Endverbraucher erbracht werden;

c) sie müssen überwiegend lokalen Charakter aufweisen und dürfen nicht geeignet sein, Wettbewerbsverzerrungen hervorzurufen;

d) es muß ein enger Zusammenhang zwischen den durch die Ermäßigung des MwSt-Satzes bedingten Preissenkungen und der absehbaren Zunahme der Nachfrage und der Beschäftigung bestehen.

Durch die Anwendung des ermäßigten Satzes darf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes nicht gefährdet werden.

Ein Mitgliedstaat, der die in Unterabsatz 1 vorgesehene Maßnahme einzuführen beabsichtigt, teilt dies der Kommission vor dem 1. November 1999 mit und übermittelt vor diesem Zeitpunkt sämtliche zur Beurteilung erforderlichen Angaben. Hierzu zählen insbesondere:

a) Anwendungsbereich der Maßnahme und genaue Beschreibung der betroffenen Dienstleistungen;

b) Angaben, die belegen, daß die in den Unterabsätzen 2 und 3 genannten Bedingungen erfuellt sind;

c) Angaben zu der haushaltsmäßigen Belastung durch die beabsichtigte Maßnahme.

Die zur Anwendung des in Unterabsatz 1 bezeichneten ermäßigten Satzes ermächtigten Mitgliedstaaten legen vor dem 1. Oktober 2002 einen Bericht mit einer detaillierten Gesamtbeurteilung der Wirksamkeit der Regelung, insbesondere in bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und ihre Effizienz, vor.

Vor dem 31. Dezember 2002 legt die Kommission dem Rat und dem Parlament einen globalen Bewertungsbericht vor, nötigenfalls zusammen mit einem Vorschlag für geeignete Maßnahmen im Hinblick auf eine endgültige Entscheidung über den auf arbeitsintensive Dienstleistungen anwendbaren MwSt-Satz."

2. Es wird ein neuer Anhang K aufgenommen, der dieser Richtlinie beigefügt ist.

Artikel 2

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Artikel 3

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 22. Oktober 1999.

Im Namen des Rates

Der Präsident

S. MÖNKÄRE

(1) ABl. C 102 vom 13.4.1999, S. 10.

(2) ABl. C 279 vom 1.10.1999, S. 105.

(3) ABl. C 209 vom 22.7.1999, S. 20.

(4) ABl. L 145 vom 13.6.1977, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 1999/59/EG (ABl. L 162 vom 26.6.1999, S. 63).

ANHANG

"ANHANG K

Liste der Dienstleistungen gemäß Artikel 28 Absatz 6

1. Kleine Reparaturdienstleistungen betreffend

- Fahrräder,

- Schuhe und Lederwaren,

- Kleidung und Haushaltswäsche (einschließlich Ausbesserung und Änderung).

2. Renovierung und Reparatur von Privatwohnungen, mit Ausnahme von Materialien, die einen bedeutenden Teil des Wertes der Dienstleistung ausmachen.

3. Reinigung von Fenstern und Reinigung in privaten Haushalten.

4. Häusliche Pflegedienste (z. B. Haushaltshilfe und Betreuung von Kindern sowie älteren, kranken oder behinderten Personen).

5. Friseurdienste."