31999D0227

1999/227/EGKS: Entscheidung der Kommission vom 29. Juli 1998 über Beihilfen des Landes Niedersachsen (Deutschland) an die Georgsmarienhütte GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 2556) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. L 083 vom 27/03/1999 S. 0072 - 0076


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 29. Juli 1998 über Beihilfen des Landes Niedersachsen (Deutschland) an die Georgsmarienhütte GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 2556) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (1999/227/EGKS)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, insbesondere auf Artikel 4 Buchstabe c),

gestützt auf die Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (1), insbesondere auf Artikel 3,

nachdem den Beteiligten gemäß Artikel 6 Absatz 5 der vorgenannten Entscheidung Gelegenheit gegeben wurde, ihre Bemerkungen vorzutragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I

Am 15. Juli 1997 beschloß die Kommission, ein Verfahren nach Artikel 6 Absatz 5 der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS wegen der Zahlung eines Betrages von 61,64 Mio. DEM des Landes Niedersachsen an die Georgsmarienhütte GmbH (nachstehend GMH) für die Beseitigung von Stahlstäuben zu gewähren.

Interessierte Dritte wurden hiervon in einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (2) in Kenntnis gesetzt. Von seiten der neuen Maxhütte Stahlwerke, der UK Steel Association und der Ständigen Vertretung des Vereinigten Königreiches bei der Europäischen Union sind Stellungnahmen eingegangen. Deutschland legte seine Stellungnahme mit Schreiben vom 13. Oktober 1997 und seine Bemerkungen zu den Stellungnahmen von Dritten mit Schreiben vom 13. März 1998 vor. Am 13. Juli 1998 hat Deutschland seine neue und endgültige Haltung in dieser Frage dargelegt.

II

GMH wurde im Wege des Management buy-out im April 1993 bei dem Verkauf der Klöckner Edelstahl GmbH, Duisburg, einer Tochtergesellschaft der Klöckner Werke AG, gegründet. Die Klöckner Werke AG hatte ein Vergleichsverfahren am 11. Dezember 1992 beantragt, das am 5. Mai 1993 eröffnet wurde. Das zuständige Gericht stimmte am 15. Juni 1993 dem endgültigen Vergleichsverfahren zu, das zu einem Schuldenabbau des Unternehmens um 40 % (entsprechend rund 1,46 Mrd. DEM) führte.

Die neue Unternehmensleitung der GMH beschloß als Teil der Umstrukturierung, den alten Hochofen und Konverter durch einen Elektro-Lichtbogenofen zu ersetzen. Im Juli 1993 meldete Deutschland ein Beihilfevorhaben einschließlich FuE-Beihilfen eines Umfangs von 32,5 Mio. DEM an. Mit dieser Beihilfe sollte ein Teil der Kosten für die Erforschung einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung alter Stäube in einem Lichtbogenofen bestritten werden. Gegenwärtig werden Hochofenstäube z.B. in aufgelassenen Bergwerken gelagert, wenn ihr Zinkanteil zu hoch ist, um sie wieder in die Sinteranlagen (Hochofenherstellungsvorgang) einblasen zu können.

Im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 6 Absatz 4 der Entscheidung Nr. 3855/91/EGKS der Kommission vom 27. November 1991 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (3), das im November 1993 eingeleitet wurde (4), wurde von der Kommission mit der Entscheidung 95/437/EGKS (5) ein Beihilfebetrag von 15,243 Mio. DEM im Februar 1995 genehmigt. In der genannten Entscheidung stellte die Kommission fest, daß die Kosten für den Bau des Elektro-Lichtbogenofens und der Entstaubungsanlage von 62,7 Mio. DEM nicht zu den förderbaren Kosten zählten.

III

GMH stellt Stahlerzeugnisse einschließlich Spezial- und Qualitätsstähle her. Bis September 1994 wurde Rohstahl in einer Hochofen-/Konverteranlage erzeugt. Die Eisen, Zink, Kohle und verschiedene Schwermetalle enthaltenden Filterstäube wurden aus der Konverterabluft herausgefiltert. Seit September 1994 erzeugt das Werk Stahl mit einem Elektro-Lichtbogenofen.

Nachdem das Unternehmen Ende 1992 ein Vergleichsverfahren beantragt hatte, übernahm das Land Niedersachsen die Verpflichtung, für eine angemessene Entsorgung der am Standort von GMH gelagerten Filterstäube zu sorgen. Die neuen Anteilseigner von GMH wollten die Hochofen-Stahlerzeugung durch einen Elektro-Lichtbogenofen ersetzen. In einem Elektro-Lichtbogenofen der gegenwärtigen Technik kann Konverter-Filterstaub nicht wirtschaftlich verwertet werden.

Das Land Niedersachsen beauftragte daraufhin die Niedersächsische Landesentwicklungsgesellschaft mbH (nachstehend NILEG), die sich vollständig in Landesbesitz befindet, die angemessene Verwertung bzw. Entsorgung der Filterstäube zu übernehmen, und bezahlte dafür einen Betrag von 69,14 Mio. DEM. Im Februar 1994 unterzeichnete die NILEG einen Vertrag mit GMH und beauftragte diese, als ursprünglicher Erzeuger und Eigentümer der Stäube, für die Entsorgung und Verwertung anhand einer neuen Technik, die im Rahmen des vorgenannten FuE-Vorhabens erforscht wurde, zu sorgen. Hierfür zahlte NILEG einen Betrag von 61,46 Mio. DEM an GMH in folgenden drei Raten:

- März 1994: 21,82 Mio. DEM,

- November 1994: 18 Mio. DEM,

- Februar 1995: 21,82 Mio. DEM.

Gleichzeitig verkaufte GMH im Februar 1994 verschiedene Immobilien an NILEG einschließlich des Grundstücks Westerkamp, auf dem die Stäube gelagert sind, für einen Gesamtbetrag von 14,5 Mio. DEM. Der Gesamtbuchwert der Immobilien wurde mit 38,996 Mio. DEM angesetzt, woraus zu folgern ist, daß das Grundstück Westerkamp zu einem Verlustpreis von 24,496 Mio. DEM veräußert worden ist. Der Wert der veräußerten Immobilien, mit Ausnahme des Grundstücks Westerkamp, wurde durch ein im Juni 1998 im Auftrag Deutschlands erstelltes Gutachten bestätigt.

IV

Im Rahmen des Verfahrens haben die Neue Maxhütte Stahlwerke GmbH, die UK Steel Association und die Ständige Vertretung des Vereinigten Königreiches bei der Europäischen Union ihre Bemerkungen vorgetragen. Sie vertraten ausnahmslos die Auffassung, daß die Freistellung von der Pflicht zur Entsorgung/Verwertung der Filterstäube eine staatliche Beihilfe an GMH darstelle, die von ihnen als eine mit dem Stahlbeihilfenkodex verbotene Betriebsbeihilfe angesehen wurde.

Nach Auffassung der britischen Vertretung liegt der Grund für diese Zahlung darin, das Unternehmen für einen interessierten Käufer attraktiver zu machen. Die Neue Maxhütte Stahlwerke GmbH bezog sich in ihren Bemerkungen auf einen Vertrag zwischen GMH und dem Unternehmen Relux, an das GMH einen Betrag von 108 DEM je Tonne für die Beseitigung der Filterstäube zahlt. Nach einem Vergleich des insgesamt an Relux zu zahlenden Preises für 150 000 Tonnen Stäube kam die Neue Maxhütte Stahlwerke GmbH zu dem Ergebnis, daß die NILEG 43,8 Mio. DEM zu viel an GMH gezahlt habe.

V

In einem vorangehenden Briefwechsel machte Deutschland geltend, daß der Betrag von 61,64 Mio. DEM von der NILEG an GMH im Rahmen eines üblichen Dienstleistungsvertrages für eine mögliche Verwertung der Stäube auf dem Standort Westerkamp gezahlt worden sei, weshalb diese Zahlung keinen Beihilfebestandteil enthalte.

Nach Aussage Deutschlands war die GMH rechtlich nicht zur Verwertung der Stäube verpflichtet (diese können auf dem Grundstück Westerkamp verbleiben oder in Bergwerken gelagert werden), und der Wunsch auf Verwertung der Stäube aus Umweltschutzgründen ist auf die NILEG zurückzuführen, dem öffentlichen Unternehmen und Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Stäube gelagert sind.

Der von NILEG an GMH im Rahmen dieses Vertrages gezahlte Betrag ist sogar niedriger als die GMH aufgrund ihrer Bereitschaft, sich an dem Vorhaben zu beteiligen, entstehenden Kosten, da für den Lichtbogenofen ein höherer Preis gezahlt wurde, um die Stäube verwerten zu können, und auch die laufenden Kosten dieses Spezialofens vor allem für den Stromverbrauch wesentlich höher sind als bei einem herkömmlichen Hochofen. Auch müßte das Unternehmen höhere Ausgaben gewärtigen, falls es den vorhandenen Hochofen an die normalen Produktionsanforderungen wieder anpassen müßte.

Der von NILEG gezahlte Betrag von 61,64 Mio. DEM wurde zur Bestreitung der Zusatzkosten für den Lichtbogenofen von 17 Mio. DEM und der bis 1996 aufgelaufenen Verwertungskosten von 55 Mio. DEM verwendet. In der Zwischenzeit hatte GMH die NILEG davon in Kenntnis gesetzt, daß die Verwertungskosten nicht spürbar unter 400 DEM je Tonne gesenkt werden könnten, und daraufhin die Verwertung eingestellt. Außerdem bat es die NILEG, den ursprünglich vereinbarten Vertragspreis zu erhöhen; diesem Ersuchen wurde jedoch aus Geldmangel nicht stattgegeben. Schließlich machte GMH geltend, daß ihr in der ersten Hälfte des Jahres 1997 aufgrund der Besonderheiten des Lichtbogenofens zusätzliche Betriebskosten von 2,5 Mio. DEM bei ihrer eigenen Produktionstätigkeit entstanden seien.

Mit Schreiben vom 26. Juni 1998 machte Deutschland geltend, daß GMH einen Betrag in Höhe der ihr entstandenen Zusatzkosten sollte einbehalten können, da es sich hierbei nicht um Beihilfen handele, und gelangte zu einem Betrag von 38,586 Mio. DEM, der als die an GMH gezahlten Beihilfen anzusehen wäre. Auch von diesem Betrag müßte der negative Verkaufspreis nach der Annullierung des Verkaufs des Grundstückes Westerkamp abgezogen werden.

Angesichts der Stellungnahmen von dritter Seite bestand Deutschland auf seiner Auffassung, daß GMH zur Verwertung der Stäube rechtlich nicht verpflichtet sei, weshalb es sich bei den betreffenden Beträgen auch nicht um Beihilfen handele. Hinsichtlich der Ausführung der britischen Vertretung bei der Europäischen Union betreffend den "Anreiz für einen interessierten Käufer" erinnerte Deutschland daran, daß GMH im April 1993 gegründet und der fragliche Betrag im Rahmen eines Vertrages gezahlt worden sei, der mit dem neuen Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt ausgehandelt wurde. Zu den Ausführungen von Neue Maxhütte Stahlhütte GmbH betreffend den Vertrag mit Relux bemerkte Deutschland, daß die diesen Ausführungen zugrundeliegenden Daten nicht zuträfen, weil sich der Relux-Vertrag nur auf die bei GMH neu anfallenden Stäube beziehe, die Beförderungskosten nicht im Vertragspreis enthalten seien, sondern zu Lasten von GMH gingen und die Staubmenge nicht 150 000 t sondern 300 000 t betrage.

Mit Fernkopien vom 10. und 13. Juli 1998 hat Deutschland der Kommission jedoch mitgeteilt, daß der Verkauf des Grundstücks Westerkamp an NILEG annulliert würde und GMH den von NILEG empfangenen Betrag von 61,64 Mio. DEM zurückzahlen würde, wovon jedoch der negative Verkaufspreis für den Westerkamp von rund 37 Mio. DEM abgezogen würde. Das in dem Schreiben angegebene Datum vom 26. Juni sei als null und nichtig anzusehen. Außerdem teilte Deutschland mit, daß die Verpflichtung für die umweltgerechte Entsorgung/Verwertung der alten Stäube bei GMH verbleiben würde.

VI

GMH ist ein Unternehmen im Sinne von Artikel 80 EGKS-Vertrag, das Erzeugnisse gemäß dessen Anlage I herstellt, so daß die Bestimmungen dieses Vertrages und der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS anwendbar sind.

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 der genannten Entscheidung ist die Kommission so rechtzeitig über jegliche Pläne zur Gewährung von Beihilfen an ein EGKS-Stahlunternehmen zu informieren, daß sie sich dazu äußern kann. Der Begriff "Beihilfe" erstreckt sich auch auf Transfer staatlicher Ressourcen der Mitgliedstaaten oder ihrer Gebietskörperschaften oder sonstigen Einrichtungen an Unternehmen in Form des Erwerbs von Anteilen oder der Bereitstellung von Kapital oder ähnliche Finanzierungen (z.B. Wandelanleihen oder nicht marktübliche Darlehen, deren Zinsen oder Rückzahlung wenigstens teilweise von den Finanzergebnissen des Unternehmens abhängig gemacht werden sowie Lohnbürgschaften und Immobilienübertragungen), die nicht als die Bereitstellung von Risikokapital gemäß der üblichen Investitionspraxis in einer Marktwirtschaft angesehen werden können.

Gemäß dem im Gemeinschaftsrecht und im deutschen Recht geltenden Verursacherprinzip ist der Verursacher und/oder der Eigentümer von Abfall dafür verantwortlich, für eine umweltgerechte Entsorgung oder Verwertung der Abfälle zu sorgen. Die Verantwortung des Verursachers besteht grundsätzlich in der Verpflichtung zu handeln und nicht nur zu zahlen. Der Verursacher kann natürlich eine geeignete Person beauftragen, die erforderliche Entsorgung in seinem Auftrag vorzunehmen und diese für die erbrachten Dienstleistungen bezahlen. Die Verpflichtung des Verursachers besteht unabhängig von seiner Finanzlage. Auch wenn er sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet und ein Vergleichsverfahren beantragt hat, um einen Teilverzicht seiner Gläubiger auszuhandeln, ist er dennoch verpflichtet, den von ihm erzeugten Abfall sachgerecht zu entsorgen.

Sollte ein Verursacher dieser Verpflichtung nicht nachkommen, können die zuständigen Behörden eine entsprechende Beseitigungsverfügung erlassen. Wird diese Verfügung nicht befolgt, kann der Staat beschließen, den Abfall zu entsorgen, und dem Verusacher die entstandenen Ausgaben in Rechnung stellen. Das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit wird im vorliegenden Falle zwar vom Staat getragen, die Tatsache, daß eine Person nicht in der Lage sein könnte, ihre Schulden an den Staat zurückzuzahlen, bedeutet jedoch nicht, daß der Staat eine "subsidiäre Haftung" für diese Verpflichtungen übernehmen müßte. Da GMH im Rahmen eines Vergleichsverfahrens gegründet wurde, verbleibt die Verantwortlichkeit des alten Unternehmens für Umweltschäden bei der neuen Gesellschaft. Die Befreiung von GMH von seinen diesbezüglichen Verpflichtungen stellt somit eine staatliche Beihilfe dar.

Die Freistellung eines Unternehmens von der allgemeinen Verpflichtung, für die angemessene Entsorgung oder Verwertung industrieller Stäube zu sorgen, stellt eine staatliche Beihilfe dar. Ein Wettbewerber wird dadurch von Produktionskosten befreit. Eine solche Befreiung entspricht einer Betriebsbeihilfe im Sinne von Nummer 1.5.3 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen. Der Betrag der mit dieser Befreiung verbundenen Beihilfe ist grundsätzlich anhand der für die Entsorgung oder Verwertung des betreffenden Abfalls üblicherweise entstehenden Kosten zu ermitteln.

Im vorliegenden Fall hat das Land Niedersachsen die Verantwortung für die Entsorgung der Stäube übernommen, die mit den Stahlerzeugungstätigkeiten von GMH entstanden sind. Das Unternehmen wurde damit von den Kosten für die angemessene Verwertung dieser Stäube befreit. Außerdem zahlte das Land über die NILEG einen Betrag von 61,64 Mio. DEM an GMH für die Verwertung derjenigen Stäube, die von dem Unternehmen selbst verursacht wurden und die unter normalen Umständen von dem Unternehmen auf eigene Rechnung angemessen entsorgt oder verarbeitet werden müssen.

Die Tatsache, daß GMH das Grundstück, auf dem der Staub gelagert wird, an NILEG für den Verlustpreis von 24,496 Mio. DEM veräußert hat, könnte nur dann als eine Weitergabe der Umweltschutzverpflichtungen von GMH angesehen werden, wenn der gezahlte Negativpreis die Gesamtkosten der Einhaltung der Umweltschutzverpflichtungen gedeckt hätte. Es kann der Auffassung Deutschlands nicht zugestimmt werden, wonach das Grundstück, auf dem der Staub gelagert wird, einem öffentlichen Unternehmen gehört und dieses für die Entsorgung zuständig sei, weshalb jegliche Zahlungen für diese Entsorgung keine Beihilfen darstellen.

Nachdem sie das Grundstück zu einem Negativpreis von 24,496 Mio. DEM bewertet hatte, was als der für die Sanierung erforderliche Betrag angesehen werden könnte, erhielt GMH einen Betrag von 61,64 Mio. DEM von NILEG, um die von ihr erzeugten Stäube mittels der neuen Technik zu verwerten, für deren Erforschung sie ebenfalls Beihilfen empfangen hat.

Die Freistellung von den Kosten für die angemessene Entsorgung der Filterstäube durch den Staat stellt eine staatliche Beihilfe dar. Der genaue Betrag der anzunehmenden Beihilfe ist nicht bekannt, da eine Entsorgung nicht vorgenommen wurde und deshalb die Gesamtkosten einer Entsorgung nicht bekannt sind. Bisher wurden 61,64 Mio. DEM für dieses Vorhaben gezahlt.

Wie jedoch von Deutschland mit Fernkopie vom 10. Juli 1998 mitgeteilt, soll der Verkauf des Westerkamp annulliert werden, weshalb die Verpflichtung für die Verwertung der Stäube und Sanierung des Grundstücks bei GMH liegt. Nach einer förmlichen Bestätigung der Annullierung des Landverkaufs wird das mit der Freistellung von den Umweltschutzverpflichtungen verbundene Beihilfeelement wegfallen.

Der von der NILEG gezahlte Betrag von 61,64 Mio. DEM kann nicht als Beihilfe gemäß dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen angesehen werden (eine Verbesserung des Umweltschutzes ist nicht erfolgt), da GMH die Stäube nicht verwertet hat und dies auch nicht tun wird, weil sich eine Verwertung nicht als wirtschaftlich erwiesen hat. Eine Anwendung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen kommt ebensowenig in Betracht, da die Kommission mit der Entscheidung Nr. 95/437/EGKS bereits den für ein solches Vorhaben zulässigen Hoechstbetrag genehmigt hatte.

Deutschland hat der Kommission nunmehr mitgeteilt, daß GMH und NILEG den Verkaufsvertrag für Westerkamp annullieren werden, und daß sie darin einwilligen, daß die Verantwortung für die Sanierung des Geländes bei GMH liegt. Sollte die Annullierung tatsächlich erfolgen, kann der Negativpreis, zu dem GMH den Westerkamp an NILEG verkauft hat (24,496 Mio. DEM), auf den Betrag von 61,64 Mio. DEM angerechnet werden. Wäre das Grundstück Westerkamp nicht in den Verkauf der Immobilien einbezogen worden, hätte GMH für den Verkauf der sonstigen Vermögenswerte einen um 24,496 Mio. DEM höheren Betrag erzielen können. Auch wurde der Marktwert dieser Vermögenswerte von unabhängigen Gutachtern im Auftrag Deutschlands im Juni 1998 bestätigt. Dies bedeutet, daß nach der Annullierung des Verkaufs des Grundstückes Westerkamp GMH unrechtmäßige Beihilfen in Höhe von 37,144 Mio. DEM erhalten hat.

Diese Beihilfe ist eine von der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS nicht erfaßte Betriebsbeihilfe. Betriebsbeihilfen an EGKS-Stahlunternehmen können nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden. GMH muß deshalb diese Beihilfen zuzüglich Zinsen zurückzahlen, um die normalen vor der Auszahlung dieser Beihilfe herrschenden Marktbedingungen wiederherzustellen.

VII

Es ergibt sich somit ein Nettobetrag von 37,144 Mio. DEM staatliche Beihilfen, die GMH im Rahmen des Vertrages mit NILEG nach Abzug des Negativpreises des Verkaufs des Grundstücks Westerkamp erhalten hat, sofern dieser Verkauf annulliert wird. In Anbetracht der mit dieser Beihilfe finanzierten Art von Kosten handelt es sich hierbei um Betriebsbeihilfen, die weder mit der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS, noch mit dem EGKS-Vertrag zu vereinbaren sind. Die betreffende Beihilfe muß somit aufgehoben und von dem begünstigten Unternehmen zurückgezahlt werden.

Die Rückzahlung hat gemäß den nationalen Verfahren und Rechtsvorschriften zu erfolgen, wobei Zinsen ab dem Datum der Auszahlung der Beihilfen zu einem Satz fällig werden, der dem bei der Ermittlung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen angewandten Bezugssatz entspricht. Diese Maßnahme ist erforderlich, um die Sachlage vor der Auszahlung der Beihilfe wiederherzustellen und sämtliche finanziellen Vorteile, die das Unternehmen in Anspruch genommen hat, rückgängig zu machen -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die von Deutschland über die Niedersächsische Landesentwicklungsgesellschaft mbH der Georgsmarienhütte GmbH gewährte Beihilfe in Höhe von 61,64 Mio. DEM wurde ohne vorherige Unterrichtung der Kommission gemäß Artikel 6 der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS unrechtmäßig ausgezahlt. Diese Beihilfe ist weder mit dem EGKS-Vertrag noch mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbaren, da sie keine der Voraussetzungen der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS für eine Ausnahme von Artikel 4 EGKS-Vertrag erfuellt.

Artikel 2

Deutschland hat die in Artikel 1 genannte Beihilfe aufzuheben und ihre Rückzahlung binnen zwei Monaten von der Zustellung dieser Entscheidung an zu verlangen.

Sofern die Veräußerung des Grundstückes Westerkamp, wie in dem letzten Schreiben Deutschlands angekündigt, annulliert wird, verringert sich der Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe um 24,496 Mio. DEM auf 37,144 Mio. DEM.

Die Rückzahlung hat im Einklang mit den deutschen Verfahren und Rechtsvorschriften zu erfolgen, wobei Zinsen ab dem Datum der Auszahlung der Beihilfen zu einem Satz fällig werden, der dem bei der Ermittlung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen zum Zeitpunkt der Auszahlung geltenden Bezugszinssatz entspricht.

Artikel 3

Deutschland hat der Kommission binnen zwei Monaten von der Zustellung dieser Entscheidung an die zu ihrer Befolgung getroffenen Maßnahmen mitzuteilen und den Nachweis zu erbringen, daß die Veräußerung des Grundstücks Westerkamp an die Niedersächsische Landesentwicklungsgesellschaft mbH annulliert wurde, damit dieser Bestandteil bei dem Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe berücksichtigt werden kann.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 29. Juli 1998

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. L 338 vom 28. 12. 1996, S. 42.

(2) ABl. C 323 vom 24. 10. 1997, S. 4.

(3) ABl. L 362 vom 31. 12. 1991, S. 57.

(4) ABl. C 71 vom 9. 3. 1994, S. 5.

(5) ABl. L 257 vom 27. 10. 1995, S. 37.