31995R1475

Verordnung (EG) Nr. 1475/95 der Kommission vom 28. Juni 1995 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge

Amtsblatt Nr. L 145 vom 29/06/1995 S. 0025 - 0034


VERORDNUNG (EG) Nr. 1475/95 DER KOMMISSION vom 28. Juni 1995 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung Nr. 19/65/EWG des Rates vom 2. März 1965 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen (1), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, insbesondere auf Artikel 1,

nach Veröffentlichung des Verordnungsentwurfs (2),

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Nach der Verordnung Nr. 19/65/EWG ist die Kommission ermächtigt, durch Verordnung Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf bestimmte unter Artikel 85 Absatz 1 fallende Gruppen von zweiseitigen Vereinbarungen anzuwenden, in denen sich ein Vertragspartner dem anderen gegenüber verpflichtet, zum Zweck des Weiterverkaufs innerhalb eines abgegrenzten Gebietes des Gemeinsamen Marktes bestimmte Waren nur an ihn zu liefern. Aufgrund der mit der Bearbeitung von zahlreichen Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen des Kraftfahrzeugsektors gewonnenen Erfahrungen läßt sich eine Gruppe von Vereinbarungen bestimmen, für die die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 im allgemeinen als erfuellt angesehen werden können. Es handelt sich um Vereinbarungen von bestimmter oder unbestimmter Dauer, in denen der liefernde den weiterverkaufenden Vertragspartner damit betraut, Vertrieb und Kundendienst für bestimmte Waren des Kraftfahrzeugsektors in einem bestimmten Gebiet zu fördern, und in denen der Lieferant sich gegenüber dem Händler verpflichtet, im Vertragsgebiet außer ihn nur eine begrenzte Anzahl von Unternehmen des Vertriebsnetzes mit Vertragswaren zum Zwecke des Weiterverkaufs zu beliefern.

Um die Anwendung dieser Verordnung zu erleichtern, ist in Artikel 10 eine Reihe von Begriffen definiert.

(2) Die in den Artikeln 1 bis 3 genannten Verpflichtungen bezwecken oder bewirken Verhinderungen, Einschränkungen oder Verfälschungen des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes und sind geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen; gleichwohl kann das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages auf diese Verpflichtungen - unter einschränkenden Voraussetzungen - nach Artikel 85 Absatz 3 für nicht anwendbar erklärt werden.

(3) Die Anwendbarkeit des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages auf Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen des Kraftfahrzeugsektors ergibt sich daraus, daß die in den Artikeln 1 bis 4 dieser Verordnung genannten Wettbewerbsbeschränkungen und Verpflichtungen im Rahmen des Vertriebssystems eines Herstellers in der Regel für den gesamten Gemeinsamen Markt in gleicher oder ähnlicher Form vereinbart werden. Die Kraftfahrzeughersteller erfassen den gesamten Gemeinsamen Markt oder wesentliche Teile desselben durch ein Netz von Vereinbarungen mit gleichartigen Wettbewerbsbeschränkungen und beeinträchtigen auf diese Weise nicht nur den Vertrieb und Kundendienst innerhalb der Mitgliedstaaten, sondern auch den Handel zwischen ihnen.

(4) Die Regelungen über ausschließlichen und selektiven Vertrieb können im Kraftfahrzeugsektor als rationalisierend und unerläßlich angesehen werden, weil Kraftfahrzeuge längerlebige bewegliche Verbrauchsgüter sind, die regelmäßig oder zu unvorhersehbaren Zeitpunkten und nicht immer an demselben Ort fachkundiger Wartung und Instandsetzung bedürfen. Die Kraftfahrzeughersteller arbeiten mit ausgewählten Händlern und Werkstätten zusammen, um einen auf das jeweilige Produkt zugeschnittenen Kundendienst zu gewährleisten. Eine so gestaltete Zusammenarbeit kann schon aus Gründen der Kapazität und Wirtschaftlichkeit nicht auf eine unbegrenzte Zahl von Händlern und Werkstätten ausgedehnt werden. Die Verknüpfung von Kundendienst und Vertrieb ist als wirtschaftlicher anzusehen als die Trennung in eine Vertriebsorganisation für Neufahrzeuge einerseits und eine Kundendienstorganisation mit Ersatzteilvertrieb andererseits, zumal der Auslieferung des an den Verbraucher verkauften Neufahrzeugs eine gemäß den Anweisungen des Herstellers durchgeführte technische Überprüfung durch das Unternehmen des Vertriebsnetzes vorausgehen muß.

(5) Vertriebsbindungen sind für einen wirtschaftlichen Vertrieb nicht in jeder Beziehung unerläßlich. Es ist deshalb vorzusehen, daß die Lieferung von Vertragswaren an Wiederverkäufer dann nicht untersagt werden kann, wenn sie

- dem gleichen Vertriebsnetz angehören (Artikel 3 Nummer 10 Buchstabe a)) oder

- Ersatzteile kaufen, um sie bei Reparaturen oder Wartungsarbeiten selbst zu benutzen (Artikel 3 Nummer 10 Buchstabe b)).

Einer Freistellung nach dieser Verordnung stehen Maßnahmen des Herstellers und der Unternehmen seines Vertriebsnetzes nicht entgegen, die den Schutz des selektiven Vertriebssystems bezwecken. Das gilt insbesondere für die Verpflichtung des Händlers, Endverbrauchern, die einen Vermittler eingeschaltet haben, Fahrzeuge nur zu verkaufen, wenn sie den Vermittler bevollmächtigt haben (Artikel 3 Nummer 11).

(6) Großhändler, die außerhalb des Vertriebsnetzes stehen, müssen vom Weiterverkauf der vom Kraftfahrzeughersteller stammenden Teile ausgeschlossen werden können. Es ist anzunehmen, daß dieses für den Verbraucher günstige System, das eine schnelle Verfügbarkeit von Ersatzteilen des gesamten Vertragsprogramms und damit auch der sich nur langsam umsetzenden Teile gewährleistet, ohne die Vertriebsbindung nicht aufrechterhalten werden könnte.

(7) Das Wettbewerbsverbot kann insoweit freigestellt werden, als es den Vertragshändler nicht daran hindert, Kraftfahrzeuge anderer Marken in einer Weise zu vertreiben, die jede Verwechslung der Marken ausschließt (Artikel 3 Nummer 3). Die Verpflichtung, den Verkauf von Erzeugnissen anderer Hersteller nur in getrennten Verkaufslokalen unter getrennter Geschäftsführung zu betreiben, in Verbindung mit der allgemeinen Verpflichtung, eine Verwechslung der Marken zu vermeiden, wahrt die Markenausschließlichkeit in jedem Verkaufslokal. Die letztgenannte Verpflichtung hat der Händler nach Treu und Glauben in der Weise zu erfuellen, daß eine Täuschung der Verbraucher sowie unlautere Wettbewerbshandlungen des Händlers gegenüber den Lieferanten von Erzeugnissen konkurrierender Marken in den Bereichen der Werbung, des Verkaufs und des Kundendienstes unterbleiben. Um die Wettbewerbskraft konkurrierender Erzeugnisse zu erhalten, muß sich die getrennte Geschäftsführung der verschiedenen Verkaufslokale in einer getrennten Rechtspersönlichkeit äußern. Eine solche Verpflichtung stärkt die Bemühungen des Händlers um den Absatz und Kundendienst von Vertragswaren und fördert damit auch den Wettbewerb zwischen diesen Vertragswaren und den Konkurrenzerzeugnissen. Diese Bestimmungen hindern den Vertragshändler nicht daran, in derselben Werkstatt Kundendienst- und Reparaturleistungen für Kraftfahrzeuge konkurrierender Marken anzubieten und auszuführen; dieser kann jedoch verpflichtet werden, dafür zu sorgen, daß kein Dritter unberechtigt Nutzen aus Investitionen ziehen kann, die von dem Lieferanten erbracht wurden (Artikel 3 Nummer 4).

(8) Wettbewerbsverbote können nicht in jeder Hinsicht als für einen wirtschaftlichen Vertrieb unerläßlich angesehen werden. Die Händler müssen die Freiheit haben, Teile, die den vom Lieferanten angebotenen qualitativ entsprechen, bei Dritten zu beziehen, zu verwenden und weiterzuvertreiben. Es ist davon auszugehen, daß alle derselben Fertigung entstammenden Teile gleichwertig und gleichen Ursprungs sind; nötigenfalls haben die Hersteller, die den Vertriebshändlern Ersatzteile anbieten, zu bestätigen, daß diese den Teilen entsprechen, die dem Fahrzeughersteller geliefert werden. Die Händler müssen auch weiterhin die für die Kraftfahrzeuge des Vertragsprogramms verwendbaren Teile, die den geforderten Qualitätsstandard erreichen oder übertreffen, frei auswählen können. Durch diese Begrenzung des Wettbewerbsverbots wird dem Interesse sowohl an der Sicherheit der Fahrzeuge als auch an der Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs Rechnung getragen (Artikel 3 Nummer 5 und Artikel 4 Absatz 1 Nummern 6 und 7).

(9) Die Beschränkungen, denen der Händler außerhalb des Vertragsgebiets unterliegt, führen zu verstärkten Vertriebs- und Kundendienstbemühungen in einem überschaubaren Vertragsgebiet, zu verbrauchernaher Marktkenntnis und einem bedarfsgemäßen Angebot (Artikel 3 Nummern 8 und 9). Die Nachfrage nach Vertragswaren soll aber beweglich bleiben und nicht regional begrenzt werden können. Die Händler sollen nicht nur die im Vertragsgebiet bestehende Nachfrage nach Vertragswaren befriedigen dürfen, sondern auch diejenige, welche von Personen und Unternehmen in anderen Gebieten des Gemeinsamen Marktes ausgeht. Der Händler darf nicht daran gehindert werden, sich mit Hilfe der Werbung an Nachfrager außerhalb des Vertragsgebiets zu wenden, weil dadurch seine Verpflichtung zu besserer Absatzförderung im Vertragsgebiet nicht beeinträchtigt wird. Zu den zulässigen Werbemitteln zählt jedoch nicht der direkte, persönliche Kontakt mit dem Kunden, sei es in Form von Hausbesuchen, Telefonanrufen, Mitteilungen über sonstige Informationssysteme oder individuellen Schreiben.

(10) Im Interesse der Rechtssicherheit der Unternehmen ist es angezeigt, einige Verpflichtungen des Händlers aufzuführen, die einer Freistellung nicht entgegenstehen; sie betreffen die Einhaltung von Mindestanforderungen für Vertrieb und Kundendienst (Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1), die Regelmäßigkeit der Bestellungen (Artikel 4 Absatz 1 Nummer 2), die Erfuellung der von den Vertragspartnern vereinbarten oder bei fehlendem Einvernehmen durch einen sachverständigen Dritten festgesetzten Mengenvorgaben für Verkauf und Lagerhaltung (Artikel 4 Absatz 1 Nummern 3 bis 5) und die Einzelheiten des Kundendienstes (Artikel 4 Absatz 1 Nummern 6 bis 9). Diese Verpflichtungen stehen in einem sachlichen Zusammenhang mit den in den Artikeln 1 bis 3 aufgeführten Verpflichtungen und beeinflussen deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen. Sie können deshalb aus denselben Gründen wie letztere freigestellt werden, wenn sie in einem Einzelfall vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages erfaßt werden (Artikel 4 Absatz 2).

(11) Gemäß der Verordnung Nr. 19/65/EWG sind die Voraussetzungen zu bestimmen, die erfuellt sein müssen, damit die Nichtanwendbarkeitserklärung nach dieser Verordnung wirksam werden kann.

(12) Nach Artikel 5 Absatz 1 Nummer 1 Buchstaben a) und b) ist Voraussetzung für die Freistellung, daß die Unternehmen des Vertriebsnetzes Gewähr, unentgeltlichen Kundendienst und Kundendienst im Rahmen von Rückrufaktionen sowie Instandsetzung und -haltung zum sicheren und zuverlässigen Funktionieren des Kraftfahrzeugs unabhängig davon leisten, wo das Fahrzeug im Gemeinsamen Markt gekauft wurde. Dadurch soll verhindert werden, daß die Freiheit der Verbraucher beeinträchtigt wird, überall im Gemeinsamen Markt einkaufen zu können.

(13) Artikel 5 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a) zielt darauf ab, einerseits dem Hersteller den Aufbau eines koordinierten Vertriebssystems zu ermöglichen und andererseits die Begründung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Händler und Unterhändler nicht zu beeinträchtigen. Deshalb soll sich der Lieferant für den Fall der Einsetzung von Unterhändlern durch den Händler seine Zustimmung vorbehalten, sie aber nicht willkürlich versagen können.

(14) Nach Artikel 5 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b) obliegt es dem Lieferanten, keine Anforderungen nach Artikel 4 Absatz 1 zu stellen, durch die ein Händler des Vertriebsnetzes diskriminiert oder unbillig behandelt würde.

(15) Artikel 5 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c) bezweckt, der Konzentration der Nachfrage des Händlers auf den Lieferanten entgegenzuwirken, soweit sie auf der Gewährung kumulativer Rabatte beruht. Dadurch soll die Chancengleichheit der Anbieter von Ersatzteilen erhalten werden, deren Angebot nicht so breit wie das des Herstellers ist.

(16) Artikel 5 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d) setzt für die Gewährung der Freistellung voraus, daß der Händler in großen Serien gefertigte Personenkraftfahrzeuge für Endverbraucher im Gemeinsamen Markt mit der für ihren Wohnsitz oder den Ort der Zulassung erforderlichen Ausstattung beim Lieferanten bestellen kann, wenn der Hersteller ein dem Vertragsprogramm des Händlers entsprechendes Modell über die örtlichen Unternehmen des Vertriebsnetzes ebenfalls anbietet (Artikel 10 Nummer 10). Damit soll der Gefahr vorgebeugt werden, daß innerhalb des Gemeinsamen Marktes fortbestehende Produktunterschiede vom Hersteller oder von Unternehmen des Vertriebsnetzes zu Marktabschottungen ausgenutzt werden.

(17) Artikel 5 Absatz 2 macht die Freistellung von bestimmten Mindestvoraussetzungen abhängig. Dadurch soll verhindert werden, daß der Händler wegen der ihm auferlegten Verpflichtungen in zu große wirtschaftliche Abhängigkeit vom Lieferanten gerät und Wettbewerbshandlungen, die ihm an sich freistuenden, von vorneherein unterläßt, weil sie den Interessen des Herstellers oder anderer Unternehmen des Vertriebsnetzes zuwiderliefen.

(18) Nach Artikel 5 Absatz 2 Nummer 1 kann sich der Händler aus sachlich gerechtfertigten Gründen der Erfuellung von zu weitreichenden Verpflichtungen nach Artikel 3 Nummer 3 widersetzen.

(19) In Artikel 5 Absatz 2 Nummern 2 und 3 und Absatz 3 sind für die Freistellung Mindestvoraussetzungen hinsichtlich der Dauer und Beendigung der Vertriebs- und Kundendienstvereinbarung festgelegt, weil sich die Abhängigkeit des Händlers vom Lieferanten bei kurzfristigen Vereinbarungen oder kurzfristig beendbaren Vereinbarungen erheblich erhöht, wenn er Investitionen zur Verbesserung der Struktur des Vertriebs und Kundendienstes von Vertragswaren vornimmt. Um jedoch die Entwicklung anpassungs- und leistungsfähiger Strukturen nicht zu hemmen, ist dem Lieferanten ein außerordentliches Recht auf Beendigung der Vereinbarung zuzuerkennen, falls es sich als erforderlich erweist, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzugestalten. Im Interesse einer zügigen Beilegung von Streitfällen ist die Inanspruchnahme eines sachverständigen Dritten oder Schiedsrichters vorzusehen, unbeschadet des Rechts der Vertragspartner, das nach nationalem Recht zuständige Gericht anzurufen.

(20) Gemäß der Verordnung Nr. 19/65/EWG sind die Beschränkungen oder Bestimmungen festzulegen, die in den Vereinbarungen nicht enthalten sein dürfen, damit die Erklärung über die Nichtanwendbarkeit des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages gemäß dieser Verordnung wirksam werden kann (Artikel 6 Absatz 1 Nummern 1 bis 5). Außerdem sind die Handlungen von Vertragspartnern zu bestimmen, die ohne weiteres zum Verlust des Rechtsvorteils der Freistellung führen, wenn sie planmäßig oder wiederholt begangen werden (Artikel 6 Absatz 1 Nummern 6 bis 12).

(21) Wegen erheblicher Beeinträchtigung des Wettbewerbs sind Vereinbarungen, durch die sich die Kraftfahrzeughersteller untereinander mit dem Vertrieb ihrer Waren betrauen, von der Gruppenfreistellung auszuschließen (Artikel 6 Absatz 1 Nummer 1).

(22) Um zu gewährleisten, daß die Vertragsparteien die Grenzen der Anwendbarkeit dieser Verordnung beachten, sind von der Freistellung auch diejenigen Vereinbarungen auszuschließen, deren Zweck über den Bereich der Waren oder Dienstleistungen nach Artikel 1 hinausgeht oder welche mit dieser Verordnung nicht freigestellte Wettbewerbsbeschränkungen vorsehen (Artikel 6 Absatz 1 Nummern 2 und 3).

(23) Die Freistellung wird auch dann nicht wirksam, wenn zwischen den Vertragspartnern für von dieser Verordnung erfaßte Waren Verpflichtungen vereinbart werden, die zwar nach den Verordnungen (EWG) Nr. 1983/83 (3) und (EWG) Nr. 1984/83 (4) der Kommission, zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarungen bzw. von Alleinbezugsvereinbarungen in der dort freigestellten Kombination von Verpflichtungen zulässig wären, die aber über den Umfang der in dieser Verordnung freigestellten Verpflichtungen hinausgehen (Artikel 6 Absatz 1 Nummer 4).

(24) Um die Investitionen des Händlers zu schützen und das Umgehen der Bestimmungen über die Kündigung der Verträge durch den Lieferanten zu verhindern, ist es angebracht zu bekräftigen, daß die Freistellung nicht gilt, wenn sich der Lieferant das Recht vorbehält, während der Laufzeit eines Vertrages dessen Bestimmungen über die dem Händler eingeräumte Gebietsausschließlichkeit einseitig zu ändern (Artikel 6 Absatz 1 Nummer 5).

(25) Zur Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf der Vertriebsstufe ist es erforderlich, vorzusehen, daß der Hersteller oder Lieferant den Vorteil der Freistellung verliert, wenn er die Freiheit des Händlers einschränkt, seine Verkaufspreise selbst festzusetzen (Artikel 6 Absatz 1 Nummer 6).

(26) In einem Binnenmarkt müssen die Verbraucher Kraftfahrzeuge an den Orten mit den günstigsten Preisen und Bedingungen kaufen und auch weiterverkaufen können, vorausgesetzt daß dieser Weiterverkauf nicht gewerbsmäßig durchgeführt wird. Die Vorteile dieser Verordnung dürfen deshalb nicht Herstellern oder Lieferanten gewährt werden, die Paralleleinfuhren durch Maßnahmen gegenüber Verbrauchern, bevollmächtigten Vermittlern oder Unternehmen des Vertriebsnetzes behindern (Artikel 6 Absatz 1 Nummern 7 und 8).

(27) Um im Interesse der Verbraucher einen wirksamen Wettbewerb auf den Märkten der Wartungs- und Reparaturdienste zu gewährleisten, muß denjenigen Herstellern und Lieferanten die Freistellung verweigert werden, die den Marktzutritt der unabhängigen Hersteller und Händler von Ersatzteilen behindern oder welche die Freiheit der dem Vertriebsnetz angehörenden oder der unabhängigen Wiederverkäufer oder Reparaturunternehmen beschränken, Teile zu kaufen oder zu verwenden, welche den Qualitätsstandard der Originalteile erreichen. Das Recht des Händlers, Ersatzteile einer entsprechenden Qualität von dritten Unternehmen seiner Wahl zu beziehen, wie auch umgekehrt das Recht dieser Unternehmen, die erwähnten Erzeugnisse an Wiederverkäufer ihrer Wahl zu liefern, sowie ihre Freiheit, ihr eigenes Firmen- oder Warenzeichen anzubringen, sind unter dem Vorbehalt und im Einklang mit den gewerblichen Schutzrechten auszuüben, die an den Ersatzteilen bestehen (Artikel 6 Absatz 1 Nummern 9, 10 und 11).

(28) Um den Verbrauchern echte Möglichkeiten der Wahl zwischen netzangehörigen und nicht dem Netz angehörigen Reparaturwerkstätten zu gewähren, müssen die Hersteller verpflichtet werden, nicht dem Vertriebsnetz angeschlossenen Reparaturunternehmen die zur Instandsetzung und -haltung von Kraftfahrzeugen ihrer Marke erforderlichen technischen Informationen zur Verfügung zu stellen; hierbei ist dem berechtigten Interesse des Herstellers Rechnung zu tragen, bei der Lizenzvergabe an Dritte selbst über die Art und Weise der Verwertung seiner geistigen Eigentumsrechte oder seines wesentlichen und geheimen und in einer geeigneten Form identifizierten technischen Wissens zu entscheiden. Allerdings darf die Ausübung dieser Rechte weder diskriminierend noch sonst mißbräuchlich sein (Artikel 6 Absatz 1 Nummer 12).

(29) Aus Gründen der Klarheit sind die Rechtsfolgen zu beschreiben, die sich aus der Nichtanwendbarkeit der Freistellung in den in dieser Verordnung vorgesehenen Fällen ergeben (Artikel 6 Absätze 2 und 3).

(30) Die Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen können nach Maßgabe der Artikel 5 und 6 freigestellt werden, solange die Verpflichtungen gemäß den Artikeln 1 bis 4 zu einer Verbesserung von Vertrieb und Kundendienst für den Verbraucher führen und sowohl zwischen als auch bis zu einem gewissen Grad innerhalb der Vertriebsnetze der Hersteller im Gemeinsamen Markt wirksamer Wettbewerb fortbesteht. Für die von Artikel 1 erfaßten Gruppen von Erzeugnissen ist zur Zeit davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für wirksamen Wettbewerb auch im Handel zwischen Mitgliedstaaten gegeben sind, so daß die europäischen Verbraucher die Vorteile dieses Wettbewerbs nutzen können.

(31) Für die zum Zeitpunkt der Anwendbarkeit dieser Verordnung bestehenden Vereinbarungen, welche die Voraussetzungen der Verordnung (EWG) Nr. 123/85 der Kommission vom 12. Dezember 1984 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (5), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, für eine Freistellung erfuellen, ist eine Übergangsregelung vorzusehen (Artikel 7). Es ist ferner angebracht, die Befugnis der Kommission, im Einzelfall den Vorteil der Freistellung zu entziehen oder ihre Tragweite zu ändern, näher zu erläutern und dafür einige wichtige Fallgruppen als Beispiele anzuführen (Artikel 8). Sollte die Kommission von ihrer in Artikel 8 Nummer 2 vorgesehenen Befugnis zum Entzug der Freistellung Gebrauch machen, so hat sie die Preisunterschiede zu bewerten, die nicht vorwiegend durch die einzelstaatliche Steuergesetzgebung oder durch Schwankungen der Währungsparitäten zwischen den Mitgliedstaaten verursacht werden.

(32) Gemäß der Verordnung Nr. 19/65/EWG muß die Freistellung für einen bestimmten Zeitraum gewährt werden. Eine Laufzeit von sieben Jahren ist angemessen, um den Besonderheiten des Kraftfahrzeugsektors ebenso wie der voraussichtlichen Entwicklung der Wettbewerbsbedingungen in diesem Wirtschaftszweig Rechnung zu tragen. Die Kommission wird jedoch die Anwendung dieser Verordnung regelmäßig überprüfen und vor dem 31. Dezember 2000 einen Bericht über deren Funktionsweise erstellen (Artikel 11 und 13).

(33) Vereinbarungen, welche die Voraussetzungen der Freistellung nach dieser Verordnung erfuellen, brauchen nicht angemeldet zu werden. In Zweifelsfällen können die Unternehmen jedoch ihre Vereinbarungen gemäß der Verordnung Nr. 17 des Rates (6), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, bei der Kommission anmelden.

(34) Die auf die Besonderheiten eines Wirtschaftszweigs zugeschnittene Gruppenfreistellung für Vertriebsvereinbarungen über Kraftfahrzeuge schließt grundsätzlich die Anwendbarkeit der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnungen für Vertriebsvereinbarungen aus. Es ist angezeigt, diese Ausschlußwirkung im Hinblick auf die Verordnung (EWG) Nr. 4087/88 der Kommission vom 30. November 1988 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrags auf Franchisevereinbarungen (7), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, zu bestätigen; das Recht der Unternehmen, nach der Verordnung Nr. 17 eine Einzelfreistellung zu beantragen, bleibt davon unberührt. Die Verordnungen (EWG) Nr. 1983/83 und (EWG) Nr. 1984/83 ziehen der Freistellung dagegen engere Grenzen; ihre Anwendung steht den Unternehmen deshalb frei. Die Verordnungen (EWG) Nr. 417/85 (8) und (EWG) Nr. 418/85 (9) der Kommission, zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, die die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen und Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung betreffen, haben einen anderen Schwerpunkt als den Vertrieb; ihre Anwendbarkeit bleibt daher unberührt.

(35) Diese Verordnung greift der Anwendung von Artikel 86 des Vertrages nicht vor -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages wird gemäß Artikel 85 Absatz 3 unter den in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen auf Vereinbarungen für nicht anwendbar erklärt, an denen nur zwei Unternehmen beteiligt sind und in denen sich ein Vertragspartner dem anderen gegenüber verpflichtet, zum Zwecke des Weiterverkaufs bestimmte zur Benutzung auf öffentlichen Wegen vorgesehene neue drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge sowie in Verbindung damit deren Ersatzteile innerhalb eines abgegrenzten Gebietes des Gemeinsamen Marktes

1. nur an ihn oder

2. nur an ihn und eine bestimmte Anzahl von Unternehmen des Vertriebsnetzes

zu liefern.

Artikel 2

Die Freistellung gilt auch, wenn die in Artikel 1 genannte Verpflichtung mit der Verpflichtung des Lieferanten verbunden ist, innerhalb des Vertragsgebiets keine Vertragswaren an Endverbraucher zu vertreiben und dafür keinen Kundendienst zu leisten.

Artikel 3

Die Freistellung gilt auch, wenn die in Artikel 1 genannte Verpflichtung mit der Verpflichtung des Händlers verbunden ist,

1. ohne Zustimmung des Lieferanten Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren nicht zu verändern, es sei denn, die Änderung erfolgt im Auftrag eines Endverbrauchers und betrifft ein von diesem gekauftes Kraftfahrzeug des Vertragsprogramms;

2. mit Vertragswaren im Wettbewerb stehende Waren nicht herzustellen;

3. von anderen als dem Hersteller angebotene Neufahrzeuge nur in räumlich getrennten Verkaufslokalen unter getrennter Geschäftsführung mit eigener Rechtspersönlichkeit und in einer Weise zu vertreiben, die eine Verwechslung der Marken ausschließt;

4. bei Arbeiten im Rahmen des Kundendienstes, die in einer gemeinsamen Werkstatt ausgeführt werden, dafür zu sorgen, daß kein Dritter unberechtigt Nutzen aus Investitionen zieht, die von dem Lieferanten insbesondere bezüglich der Ausstattung der Werkstatt oder der Ausbildung des Personals erbracht wurden;

5. Ersatzteile, die mit Vertragswaren im Wettbewerb stehen und den Qualitätsstand der Vertragswaren nicht erreichen, weder zu vertreiben noch bei der Instandsetzung oder -haltung von Vertragswaren oder ihnen entsprechenden Waren zu verwenden;

6. ohne Zustimmung des Lieferanten mit innerhalb des Vertragsgebiets tätigen Unternehmen keine Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren zu schließen und getroffene Vereinbarungen dieser Art nicht zu ändern oder zu beenden;

7. Unternehmen, mit denen er Vereinbarungen gemäß Nummer 6 getroffen hat, Verpflichtungen der gleichen Art aufzuerlegen, die er gegenüber dem Lieferanten übernommen hat und die den Artikeln 1 bis 4 entsprechen sowie mit den Artikeln 5 und 6 in Einklang stehen;

8. außerhalb des Vertragsgebiets

a) für den Vertrieb von Vertragswaren und ihnen entsprechenden Waren keine Niederlassungen oder Auslieferungslager zu unterhalten,

b) sich um Kunden für Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren nicht mit Mitteln einer personalisierten Werbung zu bemühen;

9. Dritte nicht damit zu betrauen, außerhalb des Vertragsgebiets Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren zu vertreiben oder Kundendienst für sie leisten;

10. an einen Wiederverkäufer

a) Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren nur zu liefern, wenn dieser ein Unternehmen des Vertriebsnetzes ist oder

b) Ersatzteile des Vertragsprogramms nur zu liefern, soweit dieser sie bei der Instandsetzung oder -haltung eines Kraftfahrzeugs verwendet;

11. Kraftfahrzeuge des Vertragsprogramms oder ihnen entsprechende Waren Endverbrauchern, die einen Vermittler eingeschaltet haben, nur zu verkaufen, wenn der Vermittler vorher schriftlich zum Kauf eines bestimmten Kraftfahrzeugs und bei Abholung durch diesen auch zur Abnahme bevollmächtigt wurde.

Artikel 4

(1) Der Freistellung stehen die Verpflichtungen des Händlers nicht entgegen,

1. Mindestanforderungen an Vertrieb und Kundendienst zu beachten, die insbesondere betreffen:

a) die Ausstattung des Geschäftsbereichs und die technischen Einrichtungen für den Kundendienst;

b) die fachliche und technische Ausbildung des Personals;

c) die Werbung;

d) die Übernahme, Lagerung und Auslieferung von Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren sowie den Kundendienst für sie;

e) die Instandsetzung und -haltung von Vertragswaren und ihnen entsprechenden Waren, insbesondere in bezug auf das sichere und zuverlässige Funktionieren des Kraftfahrzeugs;

2. Vertragswaren beim Lieferanten nur zu bestimmten Zeitpunkten oder innerhalb bestimmter Zeiträume zu bestellen, sofern der Abstand zwischen den Bestellterminen nicht mehr als drei Monate beträgt;

3. sich zu bemühen, in einem bestimmten Zeitraum innerhalb des Vertragsgebiets Vertragswaren mindestens in dem Umfang abzusetzen, der von den Vertragspartnern einvernehmlich oder bei fehlendem Einvernehmen über die jährliche Mindestmenge der zu verkaufenden Vertragswaren durch einen sachverständigen Dritten anhand der im Vertragsgebiet bisher erzielten Verkäufe und der Vorausschätzungen für zukünftige Verkäufe in diesem Gebiet und in dem betreffenden Mitgliedstaat festgesetzt worden ist;

4. Vertragswaren in einem Umfang zu bevorraten, der nach dem Verfahren in Nummer 3 festzulegen ist;

5. bestimmte Vorführwagen des Vertragsprogramms oder eine bestimmte Anzahl derselben vorzuhalten, die nach dem Verfahren in Nummer 3 festzulegen ist;

6. für Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren Gewähr, unentgeltlichen Kundendienst und Kundendienst im Rahmen von Rückrufaktionen zu leisten;

7. im Rahmen von Gewährleistung, unentgeltlichem Kundendienst und Rückrufaktionen für Vertragswaren oder ihnen entsprechende Waren nur Ersatzteile des Vertragsprogramms oder ihnen entsprechende Ersatzteile zu verwenden;

8. Endverbraucher in allgemeiner Form darauf hinzuweisen, daß bei der Instandsetzung oder -haltung von Vertragswaren oder ihnen entsprechenden Waren auch Ersatzteile Dritter verwendet werden;

9. Endverbraucher darauf hinzuweisen, daß bei der Instandsetzung oder -haltung von Vertragswaren oder ihnen entsprechenden Waren Ersatzteile Dritter verwendet worden sind.

(2) Die Freistellung gilt auch für die in Absatz 1 genannten Verpflichtungen, falls diese im Einzelfall vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 erfaßt werden.

Artikel 5

(1) Die Freistellung gilt in jedem Fall nur unter der Voraussetzung,

1. daß sich der Händler verpflichtet,

a) für Kraftfahrzeuge des Vertragsprogramms oder ihnen entsprechende Fahrzeuge, die von einem anderen Unternehmen des Vertriebsnetzes im Gemeinsamen Markt verkauft wurden,

- Gewähr, unentgeltlichen Kundendienst und Kundendienst im Rahmen von Rückrufaktionen in Erfuellung der Verpflichtung nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 6 zu leisten;

- die Instandsetzung und -haltung nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe e) zu gewährleisten;

b) den innerhalb des Vertragsgebiets tätigen Unternehmen, mit denen er nach Artikel 3 Nummer 6 Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen geschlossen hat, die Verpflichtung aufzuerlegen, Gewähr, unentgeltlichen Kundendienst und Kundendienst im Rahmen von Rückrufaktionen mindestens in dem ihm selbst auferlegten Umfang zu leisten;

2. daß der Lieferant

a) seine Zustimmung zu Abschluß, Änderung oder Beendigung von Unterverträgen nach Artikel 3 Nummer 6 ohne sachlich gerechtfertigte Gründe nicht versagt;

b) im Rahmen der Verpflichtungen des Händlers nach Artikel 4 Absatz 1 keine Mindestanforderungen stellt und keine Merkmale für Vorausschätzungen anwendet, durch die der Händler unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigte Gründe unterschiedlich behandelt würde;

c) im Rahmen von Preisnachlaßsystemen das Zusammenrechnen von Mengen oder Umsätzen von Waren, die der Händler binnen bestimmter Zeiträume bei ihm und bei mit ihm verbundenen Unternehmen bezogen hat, mindestens hinsichtlich der Bezüge von

- Kraftfahrzeugen des Vertragsprogramms,

- Ersatzteilen des Vertragsprogramms, bei denen der Händler auf Angebote der Unternehmen des Vertriebsnetzes angewiesen ist, und

- sonstigen Waren

getrennt vornimmt;

d) dem Händler zum Zwecke der Erfuellung eines vom Händler mit einem Endverbraucher geschlossenen Kaufvertrags auch ein Personenkraftfahrzeug liefert, das einem Modell des Vertragsprogramms entspricht, sofern es vom Hersteller oder mit dessen Zustimmung in dem Mitgliedstaat angeboten wird, in dem das Fahrzeug zugelassen werden soll.

(2) Sofern der Händler nach Artikel 4 Absatz 1 Verpflichtungen zur Verbesserung der Strukturen von Vertrieb und Kundendienst übernommen hat, gilt die Freistellung unter der Voraussetzung,

1. daß der Lieferant darin einwilligt, den Händler von Verpflichtungen nach Artikel 3 Nummer 3 zu entbinden, falls der Händler nachweist, daß sachlich gerechtfertigte Gründe dafür vorliegen;

2. daß die Dauer der Vereinbarung mindestens fünf Jahre oder die Frist für die ordentliche Kündigung einer auf unbestimmte Dauer geschlossenen Vereinbarung für beide Vertragspartner mindestens zwei Jahre beträgt; diese Frist verkürzt sich auf mindestens ein Jahr,

- wenn der Lieferant kraft Gesetzes oder aufgrund besonderer Absprache bei Beendigung der Vereinbarung eine angemessene Entschädigung zu zahlen hat, oder

- wenn es sich um den Beitritt des Händlers zum Vertriebsnetz und die erste vereinbarte Vertragsdauer oder Möglichkeit zu ordentlicher Kündigung handelt;

3. daß jeder Vertragspartner sich verpflichtet, den anderen mindestens sechs Monate vor Beendigung der Vereinbarung davon zu unterrichten, daß er eine auf bestimmte Dauer geschlossene Vereinbarung nicht verlängern will.

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Voraussetzungen für die Freistellung berühren nicht

- das Recht des Lieferanten, die Vereinbarung innerhalb einer Frist von mindestens einem Jahr zu kündigen, falls sich die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren,

- das Recht eines Vertragspartners zur außerordentlichen Kündigung, wenn die andere Vertragspartei eine der ihr obliegenden wesentlichen Verpflichtungen nicht erfuellt.

In jedem dieser Fälle müssen die Vertragspartner bei fehlendem Einvernehmen einem zügigen Verfahren zur Beilegung der streitigen Angelegenheit durch Inanspruchnahme eines sachverständigen Dritten oder eines Schiedsrichters zustimmen; das Recht der Vertragspartner, das nach nationalem Recht zuständige Gericht anzurufen, bleibt unberührt.

Artikel 6

(1) Die Freistellung gilt nicht,

1. wenn beide Vertragspartner oder mit ihnen verbundene Unternehmen Kraftfahrzeuge herstellen, oder

2. wenn die Vertragspartner ihre Vereinbarung mit Bestimmungen verknüpfen, die von dieser Verordnung nicht erfaßte Waren oder Dienstleistungen betreffen oder ihre Vereinbarung auf derartige Waren oder Dienstleistungen anwenden, oder

3. wenn die Vertragspartner in bezug auf drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge, deren Ersatzteile oder Dienstleistungen Wettbewerbsbeschränkungen vereinbaren, die in dieser Verordnung nicht ausdrücklich freigestellt sind, oder

4. wenn die Vertragspartner in bezug auf drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge oder deren Ersatzteile Vereinbarungen treffen oder Verhaltensweisen abstimmen, für die die Nichtanwendung des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages nach den Verordnungen (EWG) Nr. 1983/83 oder (EWG) Nr. 1984/83 in einem Umfang erklärt wurde, der über die vorliegende Verordnung hinausgeht, oder

5. wenn die Vertragspartner zugunsten des Lieferanten den Vorbehalt vereinbaren, mit bestimmten anderen ihre Tätigkeit innerhalb des Vertragsgebiets ausübenden Unternehmen Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Vertragswaren zu schließen oder das Vertragsgebiet zu verändern, oder

6. wenn der Hersteller, der Lieferant oder ein anderes Unternehmen des Vertriebsnetzes unmittelbar die Freiheit des Händlers einschränkt, beim Weiterverkauf von Vertragswaren oder ihnen entsprechenden Waren Preise und Preisnachlässe selbst festzulegen, oder

7. wenn der Hersteller, der Lieferant oder ein anderes Unternehmen des Vertriebsnetzes unmittelbar oder mittelbar die Freiheit der Endverbraucher, der bevollmächtigten Vermittler oder der Vertragshändler einschränkt, innerhalb des Gemeinsamen Markts bei einem Unternehmen des Vertriebsnetzes ihrer Wahl Vertragswaren oder ihnen entsprechende Waren zu erwerben und Kundendienst dafür in Anspruch zu nehmen, oder die Freiheit der Endverbraucher einschränkt, Vertragswaren oder ihnen entsprechende Waren weiterzuverkaufen, vorausgesetzt daß dieser Verkauf nicht zu kommerziellen Zwecken durchgeführt wird, oder

8. wenn der Lieferant den Händlern Entgelte gewährt, die ohne sachlich gerechtfertigten Grund nach Maßgabe des Bestimmungsortes der weiterverkauften Kraftfahrzeuge oder des Wohnsitzes des Käufers berechnet werden, oder

9. wenn der Lieferant unmittelbar oder mittelbar die Freiheit des Händlers einschränkt gemäß Artikel 3 Nummer 5 bei einem dritten Unternehmen seiner Wahl Ersatzteile zu beziehen, die mit den Vertragswaren in Wettbewerb stehen und deren Qualitätsstandard erreichen, oder

10. wenn der Hersteller unmittelbar oder mittelbar die Freiheit der Anbieter von Ersatzteilen einschränkt, diese Waren an Wiederverkäufer ihrer Wahl einschließlich der Unternehmen des Vertriebsnetzes zu liefern, sofern diese Ersatzteile den Qualitätsstandard der Vertragswaren erreichen, oder

11. wenn der Hersteller unmittelbar oder mittelbar die Freiheit der Teilehersteller einschränkt, an den für den Ersteinbau oder die Instandsetzung oder -haltung von Vertragswaren oder ihnen entsprechenden Waren gelieferten Teilen ihr Firmen- oder Markenzeichen an leicht erkennbarer Stelle fest anzubringen, oder

12. wenn der Hersteller sich weigert, nicht dem Vertriebsnetz angehörigen Reparaturunternehmen die für die Instandsetzung und -haltung von Vertragswaren oder diesen entsprechenden Erzeugnissen oder für die Durchführung von Bestimmungen zum Umweltschutz erforderlichen technischen Informationen, gegebenenfalls gegen Entgelt, zur Verfügung zu stellen, es sei denn, diese Informationen sind Gegenstand geistiger Eigentumsrechte oder stellen wesentliches, geheimes und in einer geeigneten Form identifiziertes technisches Wissen dar; in diesem Fall dürfen die notwendigen technischen Informationen nicht in mißbräuchlicher Weise verweigert werden.

(2) Unbeschadet der Folgen für die übrigen Klauseln der Vereinbarung entfällt in den unter Absatz 1 Nummern 1 bis 5 aufgeführten Fällen die Freistellung für sämtliche wettbewerbsbeschränkenden Bestimmungen der betroffenen Vereinbarung; in den unter Absatz 1 Nummern 6 bis 12 aufgeführten Fällen entfällt die Freistellung nur für diejenigen wettbewerbsbeschränkenden Bestimmungen, die zugunsten des Herstellers, des Lieferanten oder eines anderen Unternehmens des Vertriebsnetzes, das an einer beanstandeten Verhaltensweise beteiligt war, vereinbart wurden.

(3) Unbeschadet der Folgen für die übrigen Klauseln der Vereinbarung entfällt in den unter Absatz 1 Nummern 6 bis 12 aufgeführten Fällen die Freistellung nur für die zugunsten des Herstellers, des Lieferanten oder eines anderen Unternehmens des Vertriebsnetzes vereinbarten wettbewerbsbeschränkenden Bestimmungen in denjenigen Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen, die für das Gebiet innerhalb des Gemeinsamen Marktes gelten, in welchem der Wettbewerb durch die beanstandete Verhaltensweise verfälscht wird; die Freistellung entfällt nur solange, wie die beanstandete Verhaltensweise andauert.

Artikel 7

Das Verbot von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages gilt nicht zwischen dem 1. Oktober 1995 und dem 30. September 1996 für Vereinbarungen, die am 1. Oktober 1995 bereits bestanden und die Voraussetzungen für eine Freistellung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 123/85 erfuellten.

Artikel 8

Die Kommission kann den Vorteil der Anwendung dieser Verordnung gemäß Artikel 7 der Verordnung Nr. 19/65/EWG entziehen, wenn sie in einem Einzelfall feststellt, daß eine nach dieser Verordnung freigestellte Vereinbarung gleichwohl Wirkungen zeitigt, die mit den in Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages genannten Voraussetzungen unvereinbar sind, insbesondere

1. wenn Vertragswaren oder ihnen entsprechende Waren im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben nicht mit Waren in Wettbewerb stehen, die vom Verbraucher aufgrund ihrer Eigenschaften, ihres Verwendungszwecks und ihres Preises als gleichartig angesehen werden;

2. wenn für Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren dauernd Preise oder Bedingungen angewendet werden, die im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten erheblich voneinander abweichen, und die erheblichen Unterschiede überwiegend auf Verpflichtungen beruhen, die nach dieser Verordnung freigestellt sind;

3. wenn der Hersteller oder ein Unternehmen des Vertriebsnetzes bei der Belieferung von Händlern mit Vertragswaren oder ihnen entsprechenden Waren ohne sachlich gerechtfertigte Gründe unterschiedliche Preise oder Verkaufsbedingungen anwendet.

Artikel 9

Die Vorschriften dieser Verordnung finden entsprechende Anwendung auf aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen der in dieser Verordnung genannten Art.

Artikel 10

Für die Anwendung dieser Verwendung werden nachstehende Begriffe wie folgt definiert:

1. "Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen" sind Rahmenvereinbarungen von bestimmter oder unbestimmter Dauer zwischen zwei Unternehmen, in denen das Waren liefernde Unternehmen das andere Unternehmen mit Vertrieb und Kundendienst für diese Waren betraut;

2. "Vertragspartner" sind die an einer Vereinbarung im Sinne des Artikels 1 beteiligten Unternehmen: das Vertragswaren liefernde Unternehmen ist "der Lieferant"; und das mit dem Vertrieb und Kundendienst für Vertragswaren betraute Unternehmen ist "der Händler";

3. "Vertragsgebiet" ist das abgegrenzte Gebiet des Gemeinsamen Marktes, auf das sich die ausschließliche Lieferverpflichtung im Sinne des Artikels 1 bezieht;

4. "Vertragswaren" sind die zur Benutzung auf öffentlichen Wegen bestimmten neuen drei- oder mehrrädrigen Kraftfahrzeuge sowie deren Ersatzteile, die Gegenstand einer Vereinbarung im Sinne des Artikels 1 sind;

5. "Vertragsprogramm" ist die Gesamtheit der Vertragswaren;

6. "Ersatzteile" sind Teile, die in ein Kraftfahrzeug eingebaut oder daran angebracht werden, um Bestandteile des Fahrzeugs zu ersetzen. Für die Abgrenzung gegenüber anderen Teilen und Zubehör ist die Verkehrsauffassung maßgebend;

7. "der Hersteller" ist das Unternehmen,

a) das die Kraftfahrzeuge des Vertragsprogramms herstellt oder herstellen läßt, oder

b) das mit Unternehmen im Sinne von Buchstabe a) verbunden ist;

8. "verbundene Unternehmen" sind

a) Unternehmen, von denen eines unmittelbar oder mittelbar

- mehr als die Hälfte des Kapitals oder Betriebsvermögens des anderen Unternehmens besitzt, oder

- über mehr als die Hälfte der Stimmrechte bei dem anderen Unternehmen verfügt, oder

- mehr als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats oder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe des anderen Unternehmens bestellen kann, oder

- das Recht hat, die Geschäfte des anderen Unternehmens zu führen;

b) Unternehmen, bei denen ein drittes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die unter Buchstabe a) bezeichneten Rechte oder Befugnisse hat;

9. "Unternehmen des Vertriebsnetzes" sind, außer den Vertragspartnern, der Hersteller und die Unternehmen, die von ihm oder mit seiner Zustimmung damit betraut sind, Vertragswaren oder ihnen entsprechende Waren zu vertreiben oder Kundendienst für sie zu leisten;

10. "Personenkraftfahrzeuge, die einem Modell des Vertragsprogramms entsprechen", sind solche,

- die der Hersteller in Serie fertigt oder zusammenbaut und

- deren Karosserie die gleiche Form hat und die das gleiche Trieb- und Fahrwerk sowie einen Motor des gleichen Typs haben wie die Personenkraftfahrzeuge des Vertragsprogramms;

11. "entsprechende Waren oder Kraftfahrzeuge oder Ersatzteile" sind solche, die von gleicher Art wie die zum Vertragsprogramm gehörenden sind, vom Hersteller oder mit seiner Zustimmung vertrieben werden und Gegenstand einer mit einem Unternehmen des Vertriebsnetzes getroffenen Vertriebs- oder Kundendienstvereinbarung sind;

12. "Weiterverkauf" ist ungeachtet seiner zivilrechtlichen Zuordnung und der Einzelheiten seiner Durchführung jedes Geschäft, aufgrund dessen eine natürliche oder juristische Person - der "Wiederverkäufer" - ein im eigenen Namen und für eigene Rechnung erworbenes Kraftfahrzeug im Neuzustand veräußert. Dem Weiterverkauf steht jeder Leasingvertrag gleich, der den Übergang des Eigentums oder ein Recht auf Eigentumserwerb vor Ablauf der Vertragsdauer vorsieht;

13. "vertreiben" und "verkaufen" umfaßt auch andere Formen des Absatzes durch den Händler wie zum Beispiel das Leasing.

Artikel 11

(1) Die Kommission überprüft regelmäßig die Anwendung dieser Verordnung, wobei sie insbesondere den Einfluß des freigestellten Vertriebssystems auf die Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei den betreffenden Erzeugnissen sowie auf die Qualität der den Endverbrauchern erbrachten Dienstleistungen würdigt.

(2) Die Kommission holt die Stellungnahmen der Verbände sowie von Sachverständigen der verschiedenen betroffenen Wirtschaftskreise, insbesondere der Verbraucherverbände, ein.

(3) Die Kommission erstellt vor dem 31. Dezember 2000 einen Bericht über die Funktionsweise dieser Verordnung unter besonderer Berücksichtigung der in Absatz 1 bezeichneten Kriterien.

Artikel 12

Auf Vereinbarungen über die in dieser Verordnung genannten Erzeugnisse oder Dienstleistungen ist die Verordnung (EWG) Nr. 4087/88 nicht anwendbar.

Artikel 13

Diese Verordnung tritt am 1. Juli 1995 in Kraft. Sie ist ab dem 1. Oktober 1995 bis 30. September 2002 anwendbar.

Die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 123/85 bleiben bis zum 30. September 1995 anwendbar.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 28. Juni 1995

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. Nr. 36 vom 6. 3. 1965, S. 533/65.

(2) ABl. Nr. C 379 vom 31. 12. 1994, S. 16.

(3) ABl. Nr. L 173 vom 30. 6. 1983, S. 1.

(4) ABl. Nr. L 173 vom 30. 6. 1983, S. 5.

(5) ABl. Nr. L 15 vom 18. 1. 1985, S. 16.

(6) ABl. Nr. 13 vom 21. 2. 1962, S. 204/62.

(7) ABl. Nr. L 359 vom 28. 12. 1988, S. 46.

(8) ABl. Nr. L 53 vom 22. 2. 1985, S. 1.

(9) ABl. Nr. L 53 vom 22. 2. 1985, S. 5.