31994Y1223(02)

Mitteilung der Kommission - Leitlinien für die Beurteilung von Staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten

Amtsblatt Nr. C 368 vom 23/12/1994 S. 0012 - 0020


LEITLINIEN FÜR DIE BEURTEILUNG VON STAATLICHEN BEIHILFEN ZUR RETTUNG UND UMSTRUKTURIERUNG VON UNTERNEHMEN IN SCHWIERIGKEITEN (94/C 368/05)

(Text von Bedeutung für den EWR)

1. EINLEITUNG

1.1. Die Notwendigkeit, daß staatliche Beihilfen in der Europäischen Gemeinschaft umfassend und streng kontrolliert werden, ist in den vergangenen Jahren in zunehmendem Masse anerkannt worden. Die wettbewerbsverfälschende Wirkung staatlicher Beihilfen nimmt nämlich in dem Umfange zu, wie durch andere staatliche Maßnahmen bewirkte Verzerrungen abgebaut werden und die Märkte sich öffnen und integrieren. Deswegen ist eine strenge Überwachung der staatlichen Beihilfen im vollendeten Binnenmarkt wichtiger denn je.

Der Binnenmarkt dürfte mittelfristig zu einer beachtlichen Zunahme des Wirtschaftswachstums führen, wenngleich dieses Wachstum aufgrund der Rezession gegenwärtig stagniert. Das stärkere Wirtschaftswachstum, das der Binnenmarkt schließlich bewirken soll, wird in erheblichem Masse durch die durch ihn ausgelösten umfassenden strukturellen Veränderungen in den Mitgliedstaaten entstehen. Strukturelle Veränderungen sind zwar leichter zu verwirklichen, wenn die Wirtschaft gedeiht, aber auch in der Rezession sollten die Mitgliedstaaten den strukturellen Anpassungsprozeß nicht durch Subventionen an Unternehmen, die in der neuen Marktsituation aus dem Markt ausscheiden oder sich umstellen müssten, verhindern oder allzusehr verzögern. Durch derartige Beihilfen würde die Last des Strukturwandels auf leistungsfähigere Unternehmen überwälzt und ein Subventionswettlauf gefördert. Beihilfen verhindern nicht nur, daß der Binnenmarkt seinen vollen Nutzeffekt für die gesamte Gemeinschaft entfaltet, sondern belasten darüber hinaus auch die Staatshaushalte und beeinträchtigen auf diese Weise die wirtschaftliche Konvergenz.

1.2. Andererseits gibt es Fälle, in denen staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten gerechtfertigt sein können. Für die Gewährung staatlicher Beihilfen können beispielsweise sozial- oder regionalpolitische Erwägungen sprechen, die Aufrechterhaltung einer wettbewerbsfähigen Marktstruktur, wenn etwa das Verschwinden von Unternehmen zu einer Monopol- oder einer engen Oligopolsituation führen könnte, und die besonderen Bedürfnisse sowie volkswirtschaftliche Bedeutung des Mittelstandes.

1.3. Die Kommission hat ihre Politik im Bereich der staatlichen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zuletzt in ihrem Achten Bericht über die Wettbewerbspolitik im Jahr 1979 dargelegt (1). Der Europäische Gerichtshof hat diese Politik wiederholt gutgeheissen (2).

Aus den in Absatz 1.1 genannten Gründen muß diese Politik nun aber angesichts der Vollendung des Binnenmarktes revidiert und aktualisiert werden. Ausserdem muß sie so angepasst werden, daß das Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (3) sowie die Entwicklungen in der Beurteilung von staatlichen Kapitalzuführungen (4), Finanztransfers an öffentliche Unternehmen (5) und Beihilfen für KMU (6) Berücksichtigung finden.

2. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND ANWENDUNGSBEREICH DER LEITLINIEN

2.1. Bestimmung der Begriffe Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe

Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen können nicht getrennt behandelt werden, weil der Staat in beiden Fällen Unternehmen in Schwierigkeiten gegenübersteht, die sich nicht aus eigener Kraft oder mit Mitteln der Anteilseigner oder mit Fremdkapital erholen können, und weil Rettung und Umstrukturierung häufig zwei - wenn auch klar voneinander unterscheidbare - Teile ein und desselben Vorgangs sind. Die finanzielle Schwäche eines Unternehmens, das der Staat rettet oder dem er bei der Umstrukturierung hilft, ist üblicherweise auf eine unzureichende Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit und ungünstige Zukunftsaussichten zurückzuführen. Zu den typischen Symptomen einer solchen Situation gehören eine rückläufige Rentabilität oder zunehmende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lager, Überkapazitäten, vermindertes Cash-flow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie ein niedriger Nettobuchwert. In akuten Fällen ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig oder hat Konkurs angemeldet.

Zwar lassen sich keine präzisen und allgemeingültigen Finanzparameter aufstellen, nach denen eine Beihilfe als Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe einzustufen wäre. Dennoch weisen die beiden Fallgestaltungen grundlegende Unterschiede auf.

Durch eine Rettungsmaßnahme wird ein Unternehmen, dessen finanzielle Situation sich soweit verschlechtert hat, daß es sich in einer akuten Liquiditätskrise oder technischer Insolvenz befindet, vorübergehend am Leben erhalten, während die Situation, die zu seinen Schwierigkeiten geführt hat, analysiert und ein Sanierungsplan konzipiert wird. Mit Rettungsbeihilfen erhält das Unternehmen also eine kurze Atempause, im allgemeinen nicht länger als sechs Monate, während der eine langfristige Lösung seiner finanziellen Probleme ausgearbeitet werden kann.

Die Umstrukturierung ist hingegen Bestandteil eines realistischen, zusammenhängenden und weitreichenden Plans zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität eines Unternehmens. Zu ihr gehören gewöhnlich eines oder mehrere der folgenden Elemente: Neuordnung und Rationalisierung der Tätigkeiten des Unternehmens auf einer effizienteren Grundlage, was normalerweise den Rückzug aus Tätigkeitsbereichen bedeutet, die nicht mehr rentabel sind oder bereits Verluste verursachen, Umstrukturierung derjenigen Tätigkeitsbereiche, die wieder wettbewerbsfähig werden können, und möglicherweise Ausbau von oder Diversifizierung zu neuen rentablen Aktivitäten. Die physische Umstrukturierung muß in der Regel mit einer finanziellen Umstrukturierung (Kapitalzuführungen, Schuldenabbau) einhergehen. Umstrukturierungspläne berücksichtigen unter anderem die Umstände, die den Schwierigkeiten des Unternehmens zugrunde liegen, Angebot und Nachfrage auf dem Markt der betreffenden Erzeugnisse sowie deren voraussichtliche Entwicklung, und die besonderen Stärken und Schwächen des Unternehmens. Sie ermöglichen einen planmässigen Übergang des Unternehmens zu einer langfristig tragfähigen neuen Struktur, die das Unternehmen in die Lage versetzt, aus eigener Kraft ohne weitere staatliche Unterstützung fortzubestehen.

2.2. Sektoraler Anwendungsbereich

Die Kommission prüft Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen in sämtlichen Sektoren nach den allgemeinen Grundsätzen, die in den vorliegenden Leitlinien dargelegt werden. In Sektoren aber, in denen gegenwärtig besondere Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen gelten, finden die vorliegenden Leitlinien nur soweit Anwendung, wie sie mit den spezifischen Vorschriften übereinstimmen. Gegenwärtig bestehen besondere Vorschriften für staatliche Beihilfen in der Landwirtschaft, in der Fischerei, im Stahlsektor, im Schiffbau, in der Textil- und Bekleidungsindustrie, im Kunstfasersektor, in der Kraftfahrzeugindustrie, im Verkehr und in der Kohleindustrie. Für den Landwirtschaftsbereich steht es im Ermessen der Mitgliedstaaten, alternativ zu diesen Leitlinien weiterhin die besonderen Vorschriften der Kommission für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zugunsten einzelner Beihilfenempfänger in diesem Sektor anzuwenden.

2.3. Anwendbarkeit des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag

Aus den in Absatz 1.1 dargelegten Gründen sind staatliche Beihilfen zur Rettung oder Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten dazu geeignet, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Sie fallen daher grundsätzlich unter das Verbot des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag und bedürfen der Freistellung.

Von dem vorerwähnten Verbot sind generell allein Beihilfen ausgenommen, die sich aufgrund ihres geringen Betrags nicht wesentlich auf den innergemeinschaftlichen Handel auswirken können. Dieser "De-minimis"-Betrag ist auf einen Beihilfewert von insgesamt 50 000 ECU für jede der beiden grossen Ausgabenkategorien Investitionen und sonstige Ausgaben während eines Zeitraums von drei Jahren begrenzt (7). Die "De-minimis"-Fazilität gilt nicht für Sektoren, die besonderen Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen unterliegen (8).

Umstrukturierungsbeihilfen können in vielfältigen Formen gewährt werden, z. B. als Kapitalzuführungen, Schuldenerlaß, Kredite, Zinszuschüsse, Befreiungen von Steuern oder Sozialbeiträgen und Bürgschaften. Rettungsbeihilfen sollten aber auf Darlehen zum Marktzinssatz oder Bürgschaften beschränkt sein (siehe Absatz 3.1). Die Beihilfen können vom Staat auf zentraler, regionaler oder lokaler Ebene und von "öffentlichen Unternehmen" laut Definition in Artikel 2 der Richtlinie von 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen stammen (9). Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen können demnach auch aus Mitteln staatlicher Holdinggesellschaften oder öffentlicher Beteiligungsgesellschaften gewährt werden (10).

Die Methode, die die Kommission anwendet, um festzustellen, ob staatliche Kapitalzuführungen an Unternehmen, die dem Staat bereits gehören oder infolge der Maßnahme ganz oder teilweise in öffentliche Hände übergehen, Beihilfen enthalten, wurde 1984 in einer Mitteilung (11) beschrieben und 1993 in der Mitteilung über öffentliche Unternehmen (12) aktualisiert und auf andere Beihilfeformen ausgedehnt. Die Beurteilungsmethode stützt sich auf den Grundsatz des privaten Kapitalgebers. Demzufolge enthalten Kredite oder Bürgschaften an ein Unternehmen keine Beihilfe, wenn ein vernünftiger privater Kapitalgeber in einer Marktwirtschaft unter denselben Umständen die entsprechenden Mittel auch bereitgestellt hätte.

Stellt der Staat jedoch einem Unternehmen, das sich in Schwierigkeiten befindet, Finanzmittel oder Kreditbürgschaften zur Verfügung, so besteht die Vermutung, daß die finanziellen Transfers staatliche Beihilfen enthalten. Deswegen müssen derartige Transaktionen der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 vorher mitgeteilt werden (13). Die Vermutung einer Beihilfe drängt sich auf, wenn sich der gesamte Wirtschaftszweig in Schwierigkeiten befindet oder unter strukturellen Überkapazitäten leidet.

Die Beurteilung von Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen wird nicht durch einen Wechsel des Eigentümers des geförderten Unternehmens beeinflusst. Somit besteht keine Möglichkeit, sich durch Übertragung des Geschäfts auf eine andere Rechtspersönlichkeit oder einen anderen Eigentümer der Kontrolle zu entziehen.

2.4. Rechtsgrundlage der Freistellung

Artikel 92 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag sehen die Möglichkeit der Freistellung einer Beihilfe vor, die unter das Verbot des Artikels 92 Absatz 1 fällt. Abgesehen von Fällen, welche als Folge von Naturkatastrophen oder anderen aussergewöhnlichen Ereignissen entstehen und die gemäß Artikel 92 Absatz 2 Buchstabe b) freigestellt und von den vorliegenden Leitlinien nicht erfasst werden, sowie von Beihilfen in Deutschland, die - soweit diese Vorschrift noch anwendbar ist, - eventuell durch Artikel 92 Absatz 2 Buchstabe c) gedeckt werden könnten, bildet Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) die einzige Grundlage zur Freistellung von Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten. Gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) kann die Kommission "Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige . . ., soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft", genehmigen.

Nach Auffassung der Kommission können Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zur Entwicklung von Wirtschaftszweigen beitragen, ohne die Handelsbedingungen in einer Weise zu verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wenn die in Absatz 3 beschriebenen Voraussetzungen erfuellt sind. Unter diesen Voraussetzungen wird sie daher derartige Beihilfen genehmigen. Befinden sich die Unternehmen, die gerettet oder umstrukturiert werden sollen, in Fördergebieten, so wird die Kommission gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) regionalen Erwägungen Rechnung tragen (siehe Absatz 3.2.3).

2.5. Bestehende Beihilferegelungen

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Leitlinien bereits genehmigte Beihilferegelungen für die Rettung oder Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten werden durch die Leitlinien nicht berührt. Die Kommission wird jedoch diese Regelungen bis 31. Dezember 1995 nach Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag einer Prüfung unterziehen.

Ebensowenig wirken sich diese Leitlinien auf die Anwendung der für andere Zwecke als für Rettungs- oder Umstrukturierungsmaßnahmen genehmigten Regelungen aus, wie Beihilferegelungen für die Regionalentwicklung oder die Förderung von KMU, sofern die aufgrund dieser Regelungen gewährten Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen die von der Kommission für die betreffenden Regelungen genehmigten Bedingungen erfuellen.

3. ALLGEMEINE VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE

GENEHMIGUNG VON RETTUNGS- UND

UMSTRUKTURIERUNGSBEIHILFEN

3.1. Rettungsbeihilfen

Um für die Genehmigung durch die Kommission in Betracht zu kommen, müssen Rettungsbeihilfen, wie oben definiert, weiterhin die Bedingungen erfuellen, die die Kommission 1979 niedergelegt hat (14):

- Es muß sich um Liquiditätsbeihilfen in Form von Kreditbürgschaften oder von rückzahlbaren Krediten zum Marktzinssatz handeln;

- ihre Höhe muß auf den für die Weiterführung des Unternehmens notwendigen Betrag begrenzt sein (z. B. Deckung der Lohnkosten, der laufenden Versorgung);

- sie dürfen nur für den Zeitraum gezahlt werden (in der Regel höchstens sechs Monate) (15), der erforderlich ist, um den notwendigen und durchführbaren Sanierungsplan zu konzipieren;

- sie müssen durch akute soziale Gründe gerechtfertigt sein, und die durch sie ermöglichte Weiterführung des Unternehmens darf die Lage des Wirtschaftszweigs in den anderen Mitgliedstaaten nicht in unvertretbarer Weise aus dem Gleichgewicht bringen.

Als weitere Bedingung kommt hinzu, daß die Rettung grundsätzlich in einem Zuge durchgeführt werden sollte. Wiederholte Rettungsmaßnahmen, die den Status quo lediglich aufrechterhalten, das unvermeidbare Ende hinausschieben und in der Zwischenzeit die damit zusammenhängenden industriellen und sozialen Probleme auf leistungsfähigere Hersteller und andere Mitgliedstaaten abwälzen, sind selbstverständlich unannehmbar. Die Gewährung von Rettungsbeihilfen sollte daher in der Regel im Rahmen eines einmaligen zeitlich begrenzten Vorgangs, während dessen die Zukunft des Unternehmens eingeschätzt werden kann, erfolgen.

Allerdings besteht keine Notwendigkeit, daß Rettungsbeihilfen auf einmal ausgezahlt werden. Es kann durchaus angezeigt sein, die Beihilfe in mehreren Raten zu zahlen, deren Auszahlung von getrennten Bewertungen abhängig gemacht wird, um so schnell sich wandelnden betriebsexternen Bedingungen Rechnung zu tragen oder um das Unternehmen zu den notwendigen Korrekturmaßnahmen zu bewegen.

Bei der Anwendung dieser Bedingungen auf KMU wird die Kommission den besonderen Merkmalen von Unternehmen dieser Grössenordnung Rechnung tragen.

Die Genehmigung von Rettungsbeihilfen präjudiziert in keiner Weise die nachfolgende Genehmigung von Beihilfen im Rahmen eines Umstrukturierungsplans, der als solcher beurteilt werden muß.

3.2. Umstrukturierungsbeihilfen

3.2.1. Grundsätzlicher Ansatz

Umstrukturierungsbeihilfen sind wettbewerblich besonders problematisch, weil sie einen ungerechten Anteil der strukturellen Anpassungslast und die mit ihr einhergehenden sozialen und sektoralen Probleme auf andere Hersteller, die ohne Beihilfen auskommen, und auf andere Mitgliedstaaten abwälzen können. Deswegen sollten Umstrukturierungsbeihilfen grundsätzlich nur unter solchen Umständen genehmigt werden, unter denen nachgewiesen werden kann, daß ihre Genehmigung im Gemeinschaftsinteresse liegt. Dies ist nur dann möglich, wenn strenge Kriterien erfuellt werden und den möglichen wettbewerbsverfälschenden Wirkungen der Beihilfen in vollem Umfange Rechnung getragen wird.

3.2.2. Allgemeine Bedingungen

Vorbehaltlich der weiter unten ausgeführten Sonderbestimmungen für Fördergebiete und KMU kommen Umstrukturierungsbeihilfen für eine Genehmigung durch die Kommission nur dann in Betracht, wenn das Umstrukturierungsvorhaben alle nachstehenden Voraussetzungen erfuellt:

i) Wiederherstellung der Rentabilität

Unbedingte Voraussetzung jedes Umstrukturierungsplans muß sein, daß er die langfristige Rentabilität und Lebensfähigkeit des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen wiederherstellt. Umstrukturierungsbeihilfen müssen also an ein tragfähiges Umstrukturierungs-/Sanierungsprogramm geknüpft sein, das der Kommission im nötigen Detail vorgelegt wird. Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens muß innerhalb eines angemessenen Zeitraums wiederhergestellt werden. Die Verbesserung seiner Wirtschaftlichkeit muß vor allem durch entsprechende unternehmensinterne Maßnahmen herbeigeführt werden. Externe Faktoren wie höhere Preise und grössere Nachfrage, auf die das Unternehmen keinen wesentlichen Einfluß hat, dürfen nur berücksichtigt werden, wenn die betreffenden Marktprognosen allgemein anerkannt werden. Eine erfolgreiche Umstrukturierung sollte die Aufgabe strukturell defizitärer Tätigkeitsbereiche beinhalten.

Zur Erfuellung des langfristigen Rentabilitätskriteriums muß der Umstrukturierungsplan geeignet sein, das Unternehmen in die Lage zu versetzen, alle anfallenden Kosten, einschließlich Abschreibungen und Finanzierungskosten, selbst zu tragen und eine Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals zu erwirtschaften, so daß es nach Abschluß der Umstrukturierung keine weiteren staatlichen Beihilfen benötigt und aus eigener Kraft am Markt konkurrieren kann. Wie Rettungsbeihilfen sollten auch Umstrukturierungsbeihilfen deswegen normalerweise nur einmal gewährt werden müssen.

ii) Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen durch die Beihilfe

Eine weitere Voraussetzung für Umstrukturierungsbeihilfen besteht darin, daß Maßnahmen ergriffen werden, um nachteilige Auswirkungen auf Konkurrenten nach Möglichkeit auszugleichen. Die Beihilfen würden nämlich sonst dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufen und könnten nicht gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) freigestellt werden.

Zeigt eine objektive Beurteilung der Nachfrage- und Angebotsbedingungen, daß strukturelle Überkapazitäten auf einem relevanten Markt innerhalb der Europäischen Gemeinschaft bestehen, auf dem der Beihilfeempfänger tätig ist, so muß der Umstrukturierungsplan einen im Verhältnis zur Beihilfe stehenden Beitrag zur Umstrukturierung des betreffenden Wirtschaftszweigs durch eine endgültige Reduzierung oder Stillegung von Kapazitäten leisten. Eine Kapazitätsreduzierung oder Stillegung gilt als endgültig, wenn die betreffenden Produktionsanlagen entweder verschrottet oder auf Dauer so angepasst werden, daß sie nicht mehr im früheren Umfang produzieren können, oder endgültig zu einem anderen Zweck umgestellt werden. Die Veräusserung der betreffenden Produktionskapazitäten an Wettbewerber reicht nicht aus, es sei denn, die Produktionsanlagen werden zur Verwendung in einen Weltteil verkauft, wo von ihrem weiteren Betrieb keine wesentlichen Auswirkungen auf die Wettbewerbslage in der Gemeinschaft zu erwarten sind.

Eine flexiblere Anwendung des Grundsatzes einer proportional zur Beihilfe stehenden Kapazitätsherabsetzung ist in den Fällen möglich, wo eine derartige Herabsetzung zu einer deutlichen Verschlechterung der Marktstruktur, z. B. durch Schaffung einer Monopol- oder engen Oligopolsituation, führen würde.

Bestehen jedoch keine strukturellen Überkapazitäten in einem bestimmten Markt innerhalb der Gemeinschaft, auf dem der Beihilfeempfänger tätig ist, so wird die Kommission normalerweise keinen Kapazitätsabbau als Gegenleistung für die Beihilfe verlangen. Sie muß jedoch die Gewißheit haben, daß die Beihilfe ausschließlich zur Wiederherstellung der Rentabilität verwendet und dem Beihilfeempfänger nicht ermöglichen wird, während der Durchführung des Umstrukturierungsplans seine Produktionskapazitäten auszuweiten, es sei denn in dem für die Wiederherstellung der Rentabilität notwendigen Ausmaß ohne ungebührliche Wettbewerbsverfälschung. Um zu gewährleisten, daß die Beihilfe den Wettbewerb nicht in einer Weise verfälscht, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, kann die Kommission an die Genehmigung der Beihilfe alle dazu notwendigen Auflagen knüpfen.

iii) Verhältnis zu den Kosten und Nutzen der Umstrukturierung

Umfang und Intensität der Beihilfe müssen sich auf das für die Umstrukturierung notwendige Mindestmaß beschränken und in einem Verhältnis zu dem aus Gemeinschaftssicht erwarteten Nutzen stehen. Deswegen wird von den Beihilfeempfängern normalerweise ein erheblicher Beitrag zum Umstrukturierungsplan aus eigenen Mitteln oder durch Fremdfinanzierung verlangt. Zur Verringerung ihrer wettbewerbsverfälschenden Auswirkungen muß die Beihilfe in einer solchen Form gewährt werden, daß dem Unternehmen keine überschüssige Liquidität zufließt, die es zu einem aggressiven und marktverzerrenden Verhalten in Geschäftsbereichen verwenden könnte, die von dem Umstrukturierungsprozeß nicht betroffen sind. Ausserdem darf die Beihilfe nicht dazu dienen, Neuinvestitionen zu finanzieren, die für die Umstrukturierung nicht erforderlich sind. Beihilfen für die finanzielle Umstrukturierung sollten die finanziellen Lasten des Unternehmens nicht übermässig herabsetzen.

Wird die Beihilfe zur Begleichung von Schulden aus in der Vergangenheit entstandenen Verlusten verwendet, so müssen etwaige, in Verbindung mit den Verlusten bestehende Steuergutschriften gelöscht werden; sie dürfen weder beibehalten werden, um sie gegen künftige Gewinne zu verrechnen, noch an Dritte veräussert oder übertragen werden, da das Unternehmen sonst zweimal die Beihilfe erhalten würde.

iv) Vollständige Durchführung des Umstrukturierungsplans und Einhaltung der Auflagen

Das Unternehmen muß den der Kommission vorgelegten und von ihr genehmigten Umstrukturierungsplan vollständig durchführen und alle in der diesbezueglichen Kommissionsentscheidung niedergelegten Auflagen erfuellen. Andernfalls wird die Kommission Maßnahmen zur Rückforderung der Beihilfe ergreifen, sofern sie ihre ursprüngliche Entscheidung aufgrund einer erneuten Notifizierung des betreffenden Mitgliedstaats nicht ändert.

v) Kontrolle und Jahresbericht

Die Durchführung des Umstrukturierungsplans wird in ihren einzelnen Abschnitten und Ergebnissen anhand eines der Kommission jährlich vorzulegenden ausführlichen Berichts kontrolliert. Der Jahresbericht muß alle sachdienlichen Informationen enthalten, damit die Kommission die Durchführung des vereinbarten Umstrukturierungsplans, die Auszahlung der Beihilfe an das Unternehmen sowie dessen finanzielle Lage und die Erfuellung der in der Genehmigungsentscheidung niedergelegten Auflagen kontrollieren kann. Müssen bestimmte Schlüsselinformationen wie Schließungen, Kapazitätsherabsetzungen usw. rechtzeitig bestätigt werden, so kann die Kommission häufigere Berichte verlangen.

3.2.3. Voraussetzungen für Umstrukturierungsbeihilfen in Fördergebieten

Da der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt gemäß Artikel 130a EG-Vertrag ein vorrangiges Ziel der Gemeinschaft darstellt und andere Politiken gemäß Artikel 130b zu dessen Verwirklichung beitragen sollen (16), muß die Kommission bei der Beurteilung von Umstrukturierungsbeihilfen in Fördergebieten regionale Entwicklungserfordernisse berücksichtigen. Hat ein Unternehmen in Schwierigkeiten seinen Standort in einem Fördergebiet, so ist dies jedoch kein Grund für eine völlige Freigabe des Zugangs zu Umstrukturierungsbeihilfen. Einer Region ist mittel- bis langfristig nicht damit geholfen, daß Unternehmen, die aus strukturellen und anderen Gründen letztendlich zum Untergang verurteilt sind, künstlich am Leben erhalten werden.

Ausserdem liegt es wegen der beschränkten gemeinschaftlichen und nationalen Mittel, die für die Regionalförderung zur Verfügung stehen, im Interesse der Regionen, diese knappen Ressourcen für die baldmögliche Entwicklung alternativer Tätigkeiten zu verwenden, die auf Dauer wirtschaftlich sind. Schließlich müssen auch bei Beihilfen an Unternehmen in Fördergebieten die von ihnen ausgehenden Wettbewerbsverfälschungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

Die in Absatz 3.2.2 erwähnten Kriterien gelten also auch unter Berücksichtigung von Entwicklungserfordernissen für regionale Fördergebiete. Insbesondere muß das Ergebnis des Umstrukturierungsplans ein rentables Unternehmen sein, das zur tatsächlichen Entwicklung der Region beitragen wird, ohne fortgesetzter staatlicher Unterstützung zu bedürfen. Wiederholte Beihilfen werden also in Fördergebieten nicht mit grösserer Nachsicht als in Nichtfördergebieten beurteilt. Desgleichen müssen die Umstrukturierungspläne vollständig durchgeführt und kontrolliert werden. Um übermässige Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, müssen die Beihilfen ebenfalls in einem Verhältnis zu den Kosten und dem Nutzen der Umstrukturierungsmaßnahmen stehen. Was jedoch das Erfordernis einer Kapazitätsherabsetzung auf Märkten mit strukturellen Überkapazitäten betrifft, so ist in Fördergebieten etwas mehr Flexibilität möglich. Wenn es die Regionalentwicklung rechtfertigt, wird die Kommission eine geringere Reduzierung der Kapazität in Fördergebieten als in Nichtfördergebieten verlangen und dabei zwischen Gebieten unterscheiden, die aufgrund von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag Regionalbeihilfen erhalten können, und Gebieten, die in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag fallen, um den grösseren regionalen Problemen der zuerst genannten Gebiete Rechnung zu tragen.

Beihilfen für Neuinvestitionen, die für die Umstrukturierung nicht erforderlich sind, dürfen die von der Kommission genehmigten Grenzen für Regionalbeihilfen nicht überschreiten.

3.2.4. Umstrukturierungsbeihilfen für kleine und mittlere Unternehmen

Sofern bestimmte Beihilfeintensitäten nicht überschritten werden, verändern Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen in der Regel die Handelsbedingungen in geringerem Umfang als Beihilfen an grosse Unternehmen. Ausserdem wird der Schaden, der dem Wettbewerb zugefügt wird, eher durch wirtschaftliche Nutzeffekte aufgewogen (17). Dies gilt auch für Umstrukturierungsbeihilfen. Daher kann die Kommission gegenüber Umstrukturierungsbeihilfen, die an KMU gewährt werden, eine weniger restriktive Haltung einnehmen.

Die Kommission hat im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) (18) einheitliche Begriffsbestimmungen zum Zwecke der Beihilfenkontrolle festgelegt.

Demnach ist ein KMU ein Unternehmen

- mit höchstens 250 Arbeitskräften und

- entweder einem Jahresumsatz von nicht mehr als 20 Millionen ECU

- oder einer Bilanzsumme von nicht mehr als 10 Millionen ECU

- und das sich zu höchstens 25 % im Besitz eines oder mehrerer, diese Definitionen nicht erfuellenden Unternehmen befindet (Ausnahme: öffentliche Beteiligungsgesellschaften, Risikokapitalgesellschaften und - soweit keine Kontrolle ausgeuebt wird - institutionelle Anleger).

Die Kommission wird an Umstrukturierungsbeihilfen für KMU insbesondere in bezug auf Kapazitätsherabsetzungen und Berichterstattung nicht dieselben strengen Anforderungen wie an Umstrukturierungsbeihilfen für grosse Unternehmen stellen.

3.2.5. Beihilfen für die Sozialkosten von Umstrukturierungen

Umstrukturierungen gehen gewöhnlich mit einer Beschneidung oder der Aufgabe der in Schwierigkeiten geratenen Tätigkeitsbereiche einher. Ganz abgesehen von Kapazitätsherabsetzungen, die als Gegenleistung für die Gewährung von Beihilfen gefordert werden können, wenn in dem betreffenden Wirtschaftszweig strukturelle Überkapazitäten bestehen, ist eine Einschränkung der Tätigkeiten des Unternehmens häufig schon aus Rationalisierungs- und Effizienzgründen notwendig. Unabhängig von den Gründen werden diese Maßnahmen im allgemeinen zu einer Verringerung der Beschäftigung des Unternehmens führen.

Das Arbeitsrecht der Mitgliedstaaten kann allgemeine Systeme der sozialen Sicherheit beinhalten, die die direkte Zahlung von Entlassungsabfindungen und Vorruhestandsgehältern an die entlassenen Arbeitnehmer vorsehen. Diese Regelungen sind nicht als staatliche Beihilfen anzusehen, die in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 1 fallen, hierbei handelt es sich um unmittelbare Beziehungen zwischen Staat und Arbeitnehmern ohne Beteiligung der Unternehmen.

Abgesehen von den direkten Entlassungs- und Vorruhestandszahlungen sind allgemeine flankierende Sozialregelungen verbreitet, in deren Rahmen der Staat für Leistungen aufkommt, die das Unternehmen über seine gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen hinaus an seine entlassenen Arbeitnehmer zahlt. Gelten diese Regelungen generell ohne sektorale Beschränkung für alle Arbeitnehmer, die vorher festgelegte, automatisch anwendbare Voraussetzungen erfuellen, so liegen keine Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 an Unternehmen vor, die eine Umstrukturierung durchführen. Werden die betreffenden Regelungen aber zur Unterstützung der Umstrukturierung in bestimmten Industriezweigen verwendet, so können sie wegen dieser selektiven Verwendung durchaus Beihilfen beinhalten.

Die Verpflichtungen zu Entlassungs- und/oder Vorruhestandszahlungen, die den Unternehmen aufgrund des nationalen Arbeitsrechts oder der mit den Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge obliegen, verursachen Kosten, die normalerweise aus den Eigenmitteln der Unternehmen zu decken sind. Deswegen muß jeder staatliche Beitrag zu diesen Kosten, ob dieser direkt an das Unternehmen oder über eine staatliche Stelle an die Arbeitnehmer gezahlt wird, als Beihilfe angesehen werden.

Die Kommission steht derartigen Beihilfen positiv gegenüber, weil sie über das Interesse des Unternehmens hinausgehende wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, indem sie den strukturellen Wandel erleichtern, die Not mindern und in vielen Fällen lediglich die Unterschiede zwischen den durch nationales Recht auferlegten Verpflichtungen der Unternehmen ausgleichen.

Ausser für Entlassungs- und Vorruhestandszahlungen werden Beihilfen in Umstrukturierungsfällen auch häufig für Schulung, Beratung und praktische Hilfe bei der Arbeitssuche, für Standortwechsel sowie berufliche Bildung und Beratung für künftige Existenzgründer gewährt. Die Kommission hat solchen Beihilfen immer positiv gegenüber gestanden.

Beihilfen für Sozialmaßnahmen, die ausschließlich den wegen einer Umstrukturierung entlassenen Arbeitnehmern zugute kommen, bleiben bei der Berechnung des zu fordernden Kapazitätsabbaus aufgrund von Absatz 3.2.2 Ziffer ii) unberücksichtigt.

4. NOTIFIZIERUNGSERFORDERNISSE SOWIE

GELTUNGSDAUER UND ÜBERPRÜFUNG DER

LEITLINIEN

4.1. Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilferegelungen zugunsten von KMU

Für KMU, die der Definition in Absatz 3.2.4 entsprechen, ist die Kommission bereit, Beihilfeprogramme zum Zwecke der Rettung oder Umstrukturierung zu genehmigen. Sie wird ihre Entscheidung innerhalb der üblichen Frist von zwei Monaten nach Eingang vollständiger Informationen treffen, es sei denn, das beschleunigte Genehmigungsverfahren kann angewandt werden, wonach die Kommission innerhalb von 20 Arbeitstagen entscheiden muß (19). Die Regelungen müssen klar und deutlich angeben, welche Unternehmen förderfähig sind und unter welchen Umständen und bis zu welchem Hoechstbetrag die Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen gewährt werden können. Die Vorlage eines Jahresberichts über die Durchführung der Regelung mit den von der Kommission in ihrer Mitteilung über standardisierte Jahresberichte (20) geforderten Informationen wird eine Voraussetzung für die Genehmigung sein. Die Berichte müssen auch alle geförderten Unternehmen auflisten unter Angabe von: Name des Unternehmens, sektoraler Kode - in Übereinstimmung mit der zweistelligen sektoralen NACE-Klassifikation (21) - Zahl der Beschäftigten, Jahresumsatz, Höhe der im Berichtsjahr gewährten Beihilfe, ob Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen in den beiden Vorjahren erhalten wurden, und gegebenenfalls der Gesamtbetrag der bisher gewährten Beihilfen.

Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen, die ausserhalb einer genehmigten Regelung an KMU gewährt werden, müssen der Kommission ebenso wie Beihilfen dieser Art an grosse Unternehmen einzeln notifiziert werden.

Beihilfen oder Beihilferegelungen für die Rettung oder Umstrukturierung von Unternehmen, die unter die "De-minimis"-Regelung fallen (siehe Absatz 2.3), brauchen nicht notifiziert zu werden.

4.2. Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen für grosse Unternehmen

Für alle Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen an grosse Unternehmen, die also nicht unter die Begriffsbestimmung der KMU fallen, besteht eine Einzelfallnotifizierungspflicht. Da die Zeit - insbesondere in Rettungsfällen - gewöhnlich gegen die Unternehmen arbeitet, wird sich die Kommission um rasche Entscheidungen bemühen. Bei Notifizierungen einzelner Beihilfevorhaben ausserhalb genehmigter Regelungen muß die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Eingang sämtlicher Informationen entscheiden.

Die Mitgliedstaaten können viel dazu beitragen, daß unnötige Verzögerungen vermieden werden, indem sie

- rechtzeitig ihre Absicht mitteilen, Beihilfen zu gewähren. Auch wenn der Mitgliedstaat wegen der landesüblichen Verwaltungsverfahren nicht alle Einzelheiten einer geplanten Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe sofort mitteilen kann, ist es nützlich, der Kommission alle bereits beschlossenen Punkte mitzuteilen, damit sie sich mit dem Vorgang vertraut machen kann und mögliche Auskunftsverlangen im Anschluß an eine später eingehende unvollständige Notifizierung vermindert oder vermieden werden können;

- vollständige Notifizierungen senden. In den Notifizierungen sollte insbesondere klar zwischen Beihilfen, die als Rettungsbeihilfen einzustufen sind, und solchen, die unter den Begriff von Umstrukturierungsbeihilfen fallen, unterschieden werden. Ferner sollte sich die Notifizierung unmittelbar und deutlich mit all den obengenannten allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gemäß diesen Leitlinien auseinandersetzen. Andernfalls ist die Notifizierung unvollständig und die Genehmigung verzögert sich. Ausserdem sollten die Mitgliedstaaten die Kommission in der Notifizierung über alle anderen an das betreffende Unternehmen gewährten Beihilfen unterrichten, die mit dem gegenwärtigen Vorhaben in keiner unmittelbaren Beziehung stehen, so daß sie das gesamte Umfeld des betreffenden Falls kennt.

4.3. Nicht notifizierte Beihilfen

Notifizierung und vorherige Genehmigung einer Beihilfe vor ihrer Gewährung sind strenge Verpflichtungen. Die Mitgliedstaaten werden an die Risiken erinnert, die der unrechtmässigen Beihilfengewährung insofern anhaften, als die Kommission die Erstattung unzulässiger Beihilfen verlangen kann (22).

4.4. Geltungsdauer und Überprüfung der Leitlinien

Die Kommission wird bei der Beurteilung von Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten diese Leitlinien vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung an für die Dauer von drei Jahren anwenden. Sie wird die Anwendung der Leitlinien vor Ablauf dieser Geltungsdauer überprüfen.

(1) Ziffer 227 und 228 und Ziffer 177.

(2) Insbesondere EuGH 14. Februar 1990, Rechtssache C-301/87, Frankreich gegen Kommission, Slg. 1990, S. I-307 (Boussac); EuGH 21. März 1990, Rechtssache C-142/87, Belgien gegen Kommission, Slg. 1990, S. I-959 (Tubemeuse); EuGH 21. März 1991, Rechtssache C-303/88, Italien gegen Kommission, Slg. 1991, S. I-1433 (ENI-Lanerossi); EuGH 21. März 1991, Rechtssache C-305/89, Italien gegen Kommission, Slg. 1991, S. I-1603 (Alfa Romeo). Siehe auch EuGH 14. November 1984, Rechtssache 323/82, Intermills gegen Kommission, Slg. 1984, S. 3809; EuGH 13. März 1985, Rechtssachen 296 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek gegen Kommission, Slg. 1985, S. 809; EuGH 10. Juli 1986, Rechtssache 234/84, Belgien gegen Kommission, Slg. 1986, S. 2263 (Meura).

(3) Artikel 130a EG-Vertrag. Artikel 130b, der aufgrund des Vertrags über die Europäische Union in den EG-Vertrag aufgenommen wurde, bestimmt, daß die anderen Politiken zu diesem Ziel beitragen müssen: "Die Festlegung und Durchführung der Politiken und Aktionen der Gemeinschaft sowie die Errichtung des Binnenmarkts berücksichtigen die Ziele des Artikels 130a und tragen zu deren Verwirklichung bei."

(4) Bull. EG 9-1984, Ziffer 3.5.1.

(5) ABl. Nr. C 307 vom 13. 11. 1993, S. 3.

(6) ABl. Nr. C 213 vom 19. 8. 1992, S. 2.

(7) Siehe Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen, Fußnote 6, Absatz 3.2, und Leitfaden für die Anwendung der "De-minimis"-Fazilität im Schreiben vom 23. März 1993, Ref. IV (93) D/06878.

(8) Siehe Absatz 2.2.

(9) ABl. Nr. L 195 vom 29. 7. 1980, S. 35, geändert durch ABl. Nr. L 254 vom 12. 10. 1993, S. 16.

(10) EuGH 22. März 1977, Rechtssache 78/76, Steinike und Weinlig gegen Deutschland, Slg. 1977, S. 595; Crédit-Lyonnais gegen Usinor Sacilor, Pressemitteilung der Kommission IP(91) 1045.

(11) Siehe Fußnote 4.

(12) Siehe Fußnote 5.

(13) Siehe Ziffer 27 der Mitteilung über öffentliche Unternehmen, Fußnote 5.

(14) Achter Bericht über die Wettbewerbspolitik, Ziffer 228.

(15) Läuft die Zeit, für die Rettungsbeihilfen genehmigt wurden, ab und hat die Kommission die Prüfung des Umstrukturierungsplans noch nicht abgeschlossen, so wird sie die Verlängerung der Rettungsbeihilfe bis zum Abschluß der Prüfung des Umstrukturierungsplans wohlwollend prüfen (siehe XXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Ziffer 527).

(16) Siehe Fußnote 3.

(17) Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. Nr. C 213 vom 19. 8. 1992, S. 2, Ziffer 3.3).

(18) Ebenda, Ziffer 2.2.

(19) ABl. Nr. C 213 vom 19. 8. 1992, S. 10.

(20) Siehe Schreiben an die Mitgliedstaaten vom 22. Februar 1994.

(21) Vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichte Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft.

(22) Mitteilung der Kommission über unrechtmässig gewährte Beihilfen, ABl. Nr. C 318 vom 24. 11. 1983, S. 3. Die Kommission verweist auch auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache 301/87 (Boussac), siehe Fußnote 2, und ihre Schlußfolgerungen aus diesem Urteil bei der Behandlung derartiger Fälle, siehe diesbezuegliches Schreiben an die Mitgliedstaaten vom 4. März 1991.