31991D0144

91/144/EWG: Entscheidung der Kommission vom 2. Mai 1990 über eine Beihilfe der griechischen Regierung an einen Zementhersteller (Halkis Cement Company) (Nur der griechische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 073 vom 20/03/1991 S. 0027 - 0031


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 2 . Mai 1990 über eine Beihilfe der griechischen Regierung an einen Zementhersteller ( Halkis Cement Company ) ( Nur der griechische Text ist verbindlich ) (91/144/EWG )

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2, erster Unterabsatz,

nach Einholung der Äusserungen der Beteiligten, gemäß Artikel 93 Absatz 2 und gestützt auf diese Äusserungen,

in Erwägung nachstehender Gründe :

I

Im Sommer 1988 erschienen in der griechischen Presse Berichte, denen zufolge die griechische Regierung die Gewährung einer Beihilfe an den Zementhersteller Halkis Cement Company ( nachstehend "Halkis ") beschlossen hatte . Die Beihilfe sollte aufgrund der Entscheidung Nr . 1270 des Gouverneurs der Bank von Griechenland vom 1 . April 1988, geändert durch die Entscheidung Nr . 1330 vom 14 . Juli 1988, in Form einer Schuldumwandlung in Kapital gewährt werden .

Mit Schreiben vom 5 . August 1988 teilte die Kommission der griechischen Regierung mit, daß eine Kapitalisierung der Schulden von Halkis durch öffentliche Einrichtungen als eine staatliche Beihilfe angesehen werden könne, die gemäß Artikel 93 Absatz 3 des EWG-Vertrags nicht durchgeführt werden dürfe, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen habe .

In ihrem Antwortschreiben vom 17 . Oktober 1988 erklärte die griechische Regierung, daß die Schulden von Halkis noch nicht kapitalisiert worden seien . In Kürze solle eine Aktionärsversammlung stattfinden, von der eine Entscheidung über die Kapitalaufstockung von Halkis erwartet werde . Die griechische Regierung äusserte sich nicht dazu, ob sie mit der Kommission darin übereinstimmte, daß dieser nach Artikel 93 Absatz 3 die Schuldumwandlung von Halkis mitgeteilt werden musste .

Daraufhin wies die Kommission die griechische Regierung sowie Halkis mit ihrem Schreiben vom 28 . November 1988 auf ihre Mitteilungspflicht und auf die Gefahren einer vorschriftswidrigen Gewährung von Beihilfen hin, deren Rückzahlung gefordert werden könne .

Halkis erwiderte darauf mit Schreiben vom 16 . Dezember 1988, auf der Aktionärsversammlung vom 22 . November sei beschlossen worden, das Unternehmenskapital um 42 300 Millionen Drachmen aufzustocken; die Vorzugsrechte der Aktionäre an dieser Aktienemission liefen am 24 . Dezember 1988 aus .

Die griechische Regierung sandte weder eine Antwort noch eine Mitteilung der Beihilfe .

Aufgrund der seinerzeit vorliegenden spärlichen Angaben hat die Kommission die Auffassung vertreten, daß die Umwandlung der Schulden von Halkis - oder eines Teils derselben - in Kapital angesichts der schwierigen Finanzlage dieses Unternehmens als eine staatliche Beihilfe angesehen werden könne . Die Kommission stellte fest, daß der Nettokapitalwert von Halkis infolge der seit 1982 jährlich verzeichneten Verluste Ende 1987 auf minus 24 512 Millionen Drachmen gesunken war . Nach Auffassung der Kommission stellten auch die wachsenden Schulden von Halkis bei öffentlichen Unternehmen als solche staatliche Beihilfen dar, da diese Unternehmen gegenüber Halkis offensichtlich Nachsicht walten ließen, was nicht mehr als einem gewöhnlichen Marktverhalten entsprechend angesehen werden konnte .

Die Kommission beschloß daher am 3 . April 1989, das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten und forderte mit Schreiben vom 13 . April 1989 die griechische Regierung zur Äusserung auf .

II

Die griechische Regierung übermittelte ihre Bemerkungen im Rahmen des Verfahrens mit Schreiben vom 2 . August 1989 . Sie erklärte, daß mit Beschluß Nr . 2017 vom 5 . April 1989 die Liquidationsklausel des Gesetzes 1386/83 auf Halkis angewandt worden sei; das Unternehmen sollte voraussichtlich Ende 1989 aufgelöst werden .

Mit Schreiben vom 10 . Oktober 1989 wies die Kommission die griechische Regierung darauf hin, daß diese sich zu den in Forderungen der öffentlichen Gläubiger an Halkis vermuteten Beihilfeelementen noch nicht geäussert habe . Da die Kommission weder eine Antwort noch eine Bestätigung dafür erhalten hatte, daß Halkis, wie in dem Schreiben vom 2 . August 1988 vorgesehen, aufgelöst worden war, forderte sie mit Schreiben vom 12 . Februar 1990 alle für den Verfahrensabschluß nötigen Angaben an . Diese Angaben sollten insbesondere die Auflösung von Halkis, wie im August 1989 beschlossen, die Schulden des Unternehmens an öffentliche Unternehmen, seine Produktion und seine Ausfuhren nach anderen Mitgliedstaaten betreffen . Die griechische Regierung wurde auch gewarnt, daß eine Forderungsabschreibung seitens öffentlicher Gläubiger, etwa um die Übernahme durch andere Unternehmen zu erleichtern, als eine genehmigungspflichtige staatliche Beihilfe angesehen werden könne .

Die griechische Regierung unterließ es erneut, sich zu äussern .

Im Zusammenhang mit der Anhörung anderer Beteiligter übermittelten fünf Regierungen anderer Mitgliedstaaten, vier Verbände des Wirtschaftszweigs und sieben Zementhersteller ihre Bemerkungen, mit denen sie sämtlich dem Vorgehen der Kommission beipflichteten . Diese Bemerkungen wurden der griechischen Regierung durch Schreiben vom 10 . Oktober 1989 mit der Aufforderung übermittelt, sich zu äussern, was diese nicht tat .

III

Wenn öffentliche Dienste und Behörden bei der Eintreibung ihrer Forderungen gegenüber einem bestimmten Unternehmen ungewöhnlich Nachsicht zeigen, kann dieses Tätigwerden - oder vielmehr das Nichttätigwerden - als eine staatliche Beihilfe angesehen werden .

Aufgrund der Angaben, die von der griechischen Regierung im Rahmen eines anderen Verfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 2 über eine Beihilfe an das Unternehmen Heracles General Cement Company mitgeteilt wurden, stellt die Kommission fest, daß Halkis mehrere Jahre lang Verluste verzeichnet hatte, die sich 1985 auf 5 Milliarden Drachmen, 1986 auf 7 Milliarden Drachmen, 1987 auf 9,2 Milliarden Drachmen und 1988 auf 11,2 Milliarden Drachmen beliefen . Bei einem Umsatz von 8,4 Milliarden Drachmen im Jahr 1985 wäre das Unternehmen bei so schweren Verlusten normalerweise gezwungen gewesen, Konkurs anzumelden .

Tatsächlich konnte Halkis seine Tätigkeiten fortsetzen, weil die Gläubiger es versäumten, ihre Forderungen einzutreiben . Die lang - und kurzfristigen Schulden von Halkis, die 1985 noch 23,5 Milliarden Drachmen betragen hatten, wuchsen 1986 auf 29,4 Milliarden, 1987 auf 39 Milliarden und Ende 1988 auf 47,8 Milliarden an .

In ihrem Schreiben vom 13. April 1989, mit dem die griechische Regierung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens aufgefordert wurde, sich zu äussern, stellte die Kommission fest, daß ihr keine Aufschlüsselung der Verbindlichkeiten von Halkis vorlag . Aus den seinerzeit vorliegenden Angaben zog die Kommission den Schluß, daß die staatlichen Banken und Energieunternehmen gegenüber Halkis eine dem üblichen Marktverhalten nicht entsprechende Nachsicht übten; infolgedessen stellten die wachsenden Schulden von Halkis an öffentliche Unternehmen eine staatliche Beihilfe dar .

Obwohl an die griechische Regierung am 10 . Oktober 1989 und 12 . Februar 1990 besondere Mahnschreiben gerichtet wurden, machte diese weder Angaben zu den Schulden von Halkis noch gab sie eine Erklärung zu den von der Kommission in deren Schreiben vom 13 . April 1989 dargelegten Gründen ab .

Mangels gegenteiliger Erklärungen oder Angaben zieht die Kommission den Schluß, daß ihre in ihrem Schreiben an die griechische Regierung vom 13 . April 1989 geäusserte Annahme richtig war, d . h . daß öffentliche Unternehmen und Dienste wie Banken und Energieunternehmen gegenüber Halkis eine Nachsicht zeigten, die dem normalen Marktverhalten nicht entspricht und daß die wachsenden Schulden von Halkis an öffentliche Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstellen . Halkis ist letztlich auf Kosten der griechischen Regierung gegenüber seinen Wettbewerbern bevorteilt .

Ausserdem ist angesichts der vorstehend beschriebenen finanziellen Schwierigkeiten dieses Unternehmens auch der Plan, die Schulden von Halkis in Kapital umzuwandeln, als eine staatliche Beihilfe anzusehen .

Die Tatsache, daß mit Entscheidung Nr . 2017 vom 5 . April 1989 die Liquidationsklauseln des Gesetzes 1386/83 auf Halkis angewandt wurden, ändert an dieser Bewertung nichts, um so mehr als diese Auflösung, die nach den Vorstellungen der griechischen Regierung im August 1989 bis zum Jahresende erfolgen sollte, weiterhin aussteht .

Wegen mangelnder Anhaltspunkte kann die Kommission das Beihilfeelement der aussenstehenden und wachsenden Schulden weder berechnen noch veranschlagen . Unter diesen durch die fehlende Bereitschaft der griechischen Regierung zur Zusammenarbeit gekennzeichneten Umständen sieht sich die Kommission dennoch verpflichtet, das vorliegende Verfahren mit einer Entscheidung abzuschließen, die sie auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen erlässt ( siehe dazu das Urteil des Gerichtshofes vom 10 . Juli 1986 in der Rechtssache 234/84 Königreich Belgien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften ( 1 )).

IV

Die fraglichen Beihilfen sind mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 des EWG-Vertrags unvereinbar .

Zement ist ein Handelsgut, obwohl es sein sehr niedriges Preis-Gewichtverhältnis nur in kurzen Entfernungen von der Produktionsstätte und im Landverkehr wettbewerbsfähig macht . Infolgedessen wird praktisch der gesamte internationale Zementhandel entweder grenzueberschreitend in einem kleinen Umkreis oder im Seeverkehr auf grossen Schiffen und über sehr viel grössere Entfernungen hinweg getätigt .

In der Gemeinschaft wurden 1986 153 Millionen Tonnen Zement, 1987 155 Millionen Tonnen und 1988 165 Millionen Tonnen Zement produziert . Der Anteil der griechischen Produktion an der Gemeinschaftsproduktion in den Jahren 1986, 1987 und 1988 betrug 8,6 % bzw . 8,4 % und 7,8 %.

Griechenland führt seine Zementproduktion annähernd zur Hälfte seit jeher hauptsächlich nach den Ländern im Mittleren Osten und Nordafrika aus . Da unter anderem die lokale Produktion auf ihren herkömmlichen Ausfuhrmärkten zunimmt, haben die griechischen Zementwerke ihre Ausfuhr zunehmend nach anderen Mitgliedstaaten und nach den Vereinigten Staaten verlagert .

1986 führte Griechenland 7,3 Millionen Tonnen nach Drittländern und 5 524 Tonnen nach anderen Mitgliedstaaten aus . 1987 wurden 6 Millionen Tonnen nach Drittländern und 0,5 Millionen Tonnen nach anderen Mitgliedstaaten ausgeführt . 1988 führte Griechenland 4,5 Millionen Tonnen nach Drittländern und 1,8 Millionen Tonnen nach anderen Mitgliedstaaten aus .

Halkis steht nach den Unternehmen Heracles General Cement Company und Titan Cement Company an dritter Stelle der griechischen Zementhersteller . Auf dem griechischen Markt erzielte Halkis 1985, 1986, 1987 und 1988 Anteile von 8,8 % bzw . 9,3 %, 8,4 % und 9 %. Halkis ist an griechischen Zementausfuhren nach anderen Mitgliedstaaten beteiligt, wie aus mehreren Vorbringen anderer Beteiligter im Rahmen des Verwaltungsverfahrens hervorgeht . Da die griechische Regierung dem Auskunftsverlangen der Kommission über die Ausfuhren von Halkis nach anderen Mitgliedstaaten nicht entsprochen hat, kann die Kommission keine Angaben über die Bedeutung dieser Ausfuhren machen .

Während die finanzielle Unterstützung durch den Staat die Stellung bestimmter Unternehmen gegenüber anderen Wettbewerbern in der Gemeinschaft stärkt, ist davon auszugehen, daß sie die Stellung anderer Unternehmen beeinträchtigt .

Infolgedessen wird durch die Beihilfen, die die griechische Regierung an Halkis gewährt hat oder an dieses Unternehmen zu gewähren beabsichtigt, der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 verfälscht oder droht verfälscht zu werden .

V

Die griechische Regierung hat die Kommission von der beabsichtigten Einführung der Beihilfe nicht rechtzeitig unterrichtet und ist mithin ihren Verpflichtungen aus Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages nicht nachgekommen .

Ist die Kommission im Falle der Gewährung einer Beihilfe ohne vorherige Mitteilung der Auffassung, daß sie mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so kann sie die Mitgliedstaaten zur Wiedereinziehung dieser Beihilfen auffordern .

Da die griechische Regierung es versäumt hat, abgesehen von ihrem Beschluß, die Liquidationsklausel des Gesetzes 1386/83 auf Halkis anzuwenden, im Rahmen des Verfahrens Angaben über die Beihilfemaßnahmen oder den Begünstigten vorzulegen, hat die Kommission aufgrund der wenigen vorliegenden Angaben zu prüfen, ob eine der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 auf diese Beihilfen Anwendung finden kann .

VI

Die Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 2 des Vertrages hinsichtlich der allgemeinen Unvereinbarkeit der Beihilfen finden in diesem Fall aufgrund der Art dieser Beihilfen, die nicht auf die Erreichung der Zielsetzungen dieses Absatzes ausgerichtet ist, keine Anwendung .

In Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages werden die Beihilfen aufgezählt, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können . Die Vereinbarkeit mit dem Vertrag muß auf der Ebene der Gemeinschaft und nicht eines einzigen Mitgliedstaates geprüft werden . Um das angemessene Funktionieren des Gemeinsamen Marktes sicherzustellen und den Grundsätzen aus Artikel 3 Buchstabe f ) des Vertrages Rechnung zu tragen, müssen die in Artikel 92 Absatz 3 aufgeführten Ausnahmen zu dem Grundsatz des Artikels 92 Absatz 1 bei der Prüfung einer Beihilferegelung oder Einzelmaßnahmen eng ausgelegt werden .

Insbesondere sind diese Ausnahmebestimmungen nur dann anwendbar, wenn die Kommission feststellt, daß ohne diese Beihilfen das freie Spiel der Marktkräfte etwaige Beihilfenempfänger nicht dazu veranlassen würde, zur Erreichung eines der gewünschten Ziele beizutragen .

Werden die Ausnahmen auf Fälle angewandt, die zur Verwirklichung eines solchen Ziels nicht beitragen oder für die eine Beihilfe nicht notwendig ist, so würden Industriezweige und Unternehmen bestimmter Mitgliedstaaten ohne jede Rechtfertigung im Sinne des gemeinsamen Interesses gemäß Artikel 92 Absatz 3 Vorteile erhalten, durch die ihre Finanzlage aufgebessert, die Handelsbedingungen zwischen Mitgliedstaaten verändert und der Wettbewerb verfälscht würden .

Aus diesen Überlegungen geht hervor, daß die Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 nicht auf die zur Frage stehenden Beihilfen anwendbar sind .

Hinsichtlich der in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a ) vorgesehenen Ausnahme für "Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht" ist es richtig, daß dieser Tatbestand erfuellt ist, während der Begriff der regionalen Entwicklung, mit der diese Ausnahme verbunden ist, im wesentlichen auf der Bereitstellung von Beihilfen für Neuinvestitionen oder die Ausweitung oder Umstellung von Unternehmen einschließlich Investitionen materieller Art und der mit diesen verbundenen Kosten beruht . Weder kann davon ausgegangen werden, daß diese Ausnahmebestimmung auf Beihilfen in Form von nicht eingetriebenen Forderungen oder einer Umwandlung dieser Forderungen in Kapital ohne Umstrukturierung zur Gewährleistung des Fortbestands von Halkis Anwendung findet noch hat die griechische Regierung geltend gemacht, daß dies der Fall sein könnte .

Was die Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe b ) betrifft, sind weder die fraglichen Beihilfen zur Förderung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischen Interesse bestimmt, noch hat die griechische Regierung geltend gemacht, daß dies der Fall sein könnte .

Hinsichtlich der Anwendung des zweiten Teils von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b ) auf Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats hat die Kommission mit Entscheidung 88/167/EWG ( 2 ) festgestellt, daß angesichts der sich bis Oktober 1985 ständig verschlechternden Wirtschaftslage Griechenlands und des anschließend von der griechischen Regierung erstellten Sanierungsprogramms eine beträchtliche Störung im griechischen Wirtschaftsleben vorlag . Die Kommission erklärte, daß sie das Gesetz 1386/83 und seine Maßnahmen als zu einem solchen Programm gehörig ansehen könne . Sie nahm zur Kenntnis, daß von den 45 Unternehmen, in denen Einzelmaßnahmen getroffen worden waren, 22 aufgelöst worden waren . Bei den übrigen 23 Unternehmen befand die Kommission, daß die griechische Regierung dafür Sorge zu tragen habe, daß alle erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen getroffen werden, um das Fortbestehen der in Rede stehenden Unternehmen zu gewährleisten .

Hinsichtlich des Unternehmens Halkis, für welches das Gesetz 1386/83 erst im April 1989 zur Anwendung gelangte, nimmt die Kommission zur Kenntnis, daß die griechische Regierung weder dieses Unternehmen aufgelöst noch der Kommission irgendwelche Umstrukturierungsmaßnahmen mitgeteilt hat . Infolgedessen sind weder die Anwendungsvoraussetzungen des Gesetzes 1386/83 erfuellt noch kann davon ausgegangen werden, daß die Beihilfen an Halkis zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Griechenlands im Sinne des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe b ) beitragen .

Was die Ausnahmebestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c ) betrifft, wird durch Betriebsbeihilfen in Form von nicht eingetriebenen Forderungen öffentlicher Unternehmen oder die Umwandlung solcher Forderungen in Kapital nicht die Entwicklung bestimmter Wirtschaftstätigkeiten oder bestimmter Wirtschaftsgebiete gefördert . Im Gegenteil, indem die griechische Regierung es zulässt, daß öffentliche Unternehmen ihre Forderungen gegen Halkis nicht eintreiben, diese Forderungen sogar anwachsen lassen oder dulden, daß öffentliche Unternehmen sich dieser Forderungen ohne eine Umstrukturierung des Unternehmens entledigen, erhält die griechische Regierung den Status quo für Halkis aufrecht und ermöglicht es dem Unternehmen somit, die Anpassungen, die erforderlich wären, um mit Zementherstellern in Griechenland und in anderen Mitgliedstaaten unter gleichen Voraussetzungen in Wettbewerb zu treten, oder seine Auflösung oder den Konkurs anstehen zu lassen .

Wie in Teil IV ausgeführt, sind die griechischen Ausfuhren nach anderen Mitgliedstaaten merklich angestiegen . Im Rahmen des Verfahrens nahmen die italienischen Wettbewerber von Halkis zur Kenntnis, daß dieses Unternehmen seine Zementausfuhren nach Italien, die 1987 noch 4 000 Tonnen betrugen, 1988 auf 63 000 und 1989 auf rund 200 000 Tonnen gesteigert hatte . Diese Zahlen wurden von der griechischen Regierung nicht zurückgewiesen, da sie es unterließ, sich zu den Bemerkungen anderer Beteiligter, die ihr, wie erwähnt, mit Schreiben vom 10 . Oktober 1989 übermittelt wurden, zu äussern .

Die Kommission ist daher der Auffassung, daß Betriebsbeihilfen wie im vorliegenden Fall die Handelsbedingungen in der gemeinschaftlichen Zementindustrie in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise beeinträchtigen . Die Beihilfen erfuellen daher nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c ) und sind mithin mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar . Der Umstand, daß das zur Rede stehende Unternehmen ohne diese Beihilfen seine Tätigkeiten eingestellt hätte oder zu ihrer Einstellung gezwungen gewesen wäre, ändert daran nichts; in der Tat erwägen die griechischen Behörden die Auflösung von Halkis .

VII

Wie in Teil V dargelegt, kann die Wiedereinziehung von Beihilfen verlangt werden, sofern diese den Empfängern ohne vorherige Genehmigung durch die Kommission gewährt wurden und als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar angesehen werden . Aus den in Teil III angeführten Gründen konnte die Kommission das Beihilfeelement in den Forderungen gegenüber Halkis nicht mengenmässig bestimmen . Die griechische Regierung ist daher verpflichtet, bei der Durchführung der durch diese Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen gemäß den üblichen Geschäftsgepflogenheiten den aufzuhebenden Beihilfebetrag selbst zu bestimmen .

Der Beihilfebetrag entspricht somit dem Unterschied zwischen dem Umfang der derzeitigen Schulden von Halkis an öffentliche Unternehmen und Einrichtungen und dem Schuldenvolumen, das diese öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen normalerweise für ein Unternehmen der Grösse und Kreditwürdigkeit von Halkis als annehmbar betrachten würden . Die verabschiedeten Maßnahmen sowie die Bemessung des aufgehobenen Beihilfebetrags sind der Kommission binnen drei Monaten mitzuteilen, damit diese ihre Übereinstimmung mit dieser Entscheidung überprüfen kann -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN : Artikel 1

Die Beihilfen, die die griechische Regierung dem Unternehmen Halkis Cement Company gewährt hat, indem sie es zuließ, daß ihre öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen ihre Forderungen an dieses Unternehmen nicht eintrieben und sich diese sogar noch erhöhten, sind rechtswidrig, da sie unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag gewährt wurden . Ausserdem sind sie mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da sie die Voraussetzungen zur Anwendung einer der Ausnahmebestimmungen des Artikel 92

Absätze 2 bzw . 3 nicht erfuellen . Sie müssen daher aufgehoben werden .

Zum anderen sieht die griechische Regierung von der beabsichtigten Einführung einer Beihilfe durch die Umwandlung der Schulden dieses Unternehmens in Kapital ab . Artikel 2

Die griechische Regierung hebt die im ersten Satz von Artikel 1 genannte Beihilfe durch Wiedereinziehung auf . Artikel 3

Die griechische Regierung unterrichtet die Kommission binnen drei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung von den Maßnahmen, die sie getroffen hat, um dieser Entscheidung nachzukommen . Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Republik Griechenland gerichtet . Brüssel, den 2 . Mai 1990 Für die Kommission

Leon BRITTAN

Vizepräsident ( 1 ) Slg . 1986, S . 2263 . ( 2 ) ABl . Nr . L 76 vom 22 . 3 . 1988, S . 18 .