31987R3975

Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 des Rates vom 14. Dezember 1987 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen

Amtsblatt Nr. L 374 vom 31/12/1987 S. 0001 - 0008


VERORDNUNG (EWG) Nr. 3975/87 DES RATES vom 14. Dezember 1987 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 87,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die Wettbewerbsregeln sind Bestandteil der allgemeinen Vertragsbestimmungen, die auch für den Luftverkehr gelten. Die Einzelheiten der Anwendung dieser Bestimmungen sind im Kapitel über die Wettbewerbsregeln enthalten oder müssen nach den darin vorgesehenen Verfahren festgelegt werden.

Gemäß der Verordnung Nr. 141 des Rates(4) ist die Verordnung Nr. 17 des Rates(5) im Verkehrssektor nicht anwendbar. Die Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates(6) findet nur auf den Binnenverkehr Anwendung. Die Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates(7) findet nur auf die Seeschiffahrt Anwendung. Der Kommission stehen somit zur Zeit keine Mittel zur Verfügung, um unmittelbar solche Fälle zu untersuchen, in denen im Bereich des Luftverkehrs ein Verstoß gegen die Artikel 85 und 86 des Vertrages vermutet wird. Sie verfügt überdies nicht über eigene Befugnisse, um Entscheidungen oder Zwangsmaßnahmen zu verhängen, die zur Abstellung der von ihr festgestellten Verstöße notwendig sind.

Der Luftverkehr weist Besonderheiten auf, die für diesen Bereich kennzeichnend sind. Für den internationalen Luftverkehr gibt es eine Reihe bilateraler Abkommen zwischen Staaten darüber, unter welchen Bedingungen von den Vertragsparteien benannte Luftfahrtunternehmen Strecken zwischen den Hoheitsgebieten der Vertragsparteien befliegen dürfen.

Verhaltensweisen, die sich auf den Wettbewerb im Luftverkehr auswirken, können den Handel zwischen den Mitgliedstaaten erheblich beeinflussen. Daher ist es wünschenswert, daß Vorschriften festgelegt werden, nach denen die Kommission in enger und ständiger Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen für die Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den internationalen Luftverkehr zwischen Flughäfen der Gemeinschaft treffen kann.

In einer solchen Regelung müssen die Verfahren, die Entscheidungsbefugnisse und die zur Durchsetzung der Verbote des Artikels 85 Absatz 1 und des Artikels 86 notwendigen Zwangsmaßnahmen vorgesehen werden. In diesem Zusammenhang sind die für den Binnenverkehr geltenden Verfahrensbestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 zu berücksichtigen, in der bestimmten, für das Verkehrswesen insgesamt typischen Merkmalen Rechnung getragen wird.

Den betroffenen Unternehmen muß das Recht gewährt werden, von der Kommission angehört zu werden. Dritten Personen, deren Interessen durch eine Entscheidung betroffen werden können, muß vorher Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, und es muß eine weite Veröffentlichung der getroffenen Entscheidungen sichergestellt werden.

Alle Entscheidungen, welche die Kommission in Anwendung dieser Verordnung erläßt, unterliegen unter den im Vertrag bestimmten Voraussetzungen der Überprüfung durch den Gerichtshof. Darüber hinaus ist es angebracht, dem Gerichtshof nach Artikel 172 des Vertrages eine Zuständigkeit zu übertragen, welche die Befugnis zu uneingeschränkter Nachprüfung bei Entscheidungen umfaßt, durch welche die Kommission Geldbußen oder Zwangsgelder auferlegt.

Bestimmte Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltsweisen sollten vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages ausgenommen werden, sofern sie allein technische Verbesserungen oder die technische Zusammenarbeit bezwecken oder bewirken.

Angesichts der Besonderheiten des Luftverkehrs müssen in erster Linie die Unternehmen selbst darauf achten, daß ihre Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen mit den Wettbewerbsregeln übereinstimmen. Es ist daher nicht erforderlich, sie dazu zu verpflichten, diese der Kommission mitzuteilen.

In bestimmten Fällen können sich die Unternehmen jedoch veranlaßt sehen, bei der Kommission die Gewißheit zu erlangen, daß ihre Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen mit den betreffenden Vorschriften in Einklang stehen. Zu diesem Zweck sollte ein vereinfachtes Verfahren eingeführt werden.

Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung des Artikels 90 des Vertrages -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung regelt die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Luftverkehr.

(2) Sie gilt nur für den internationalen Luftverkehr zwischen Flughäfen der Gemeinschaft.

Artikel 2

Freistellungen für technische Vereinbarungen

(1) Das in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages niedergelegte Verbot gilt nicht für die im Anhang aufgeführten Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, sofern sie ausschließlich technische Verbesserungen oder technische Zusammenarbeit bezwecken oder bewirken. Das betreffende Verzeichnis ist nicht erschöpfend.

(2) Die Kommission unterbreitet dem Rat erforderlichenfalls Vorschläge zur Änderung des Verzeichnisses im Anhang.

Artikel 3

Verfahren auf Beschwerde oder von Amts wegen

(1) Die Kommission leitet Verfahren zur Abstellung von Zuwiderhandlungen gegen die Verbote der Artikel 85 Absatz 1 oder 86 des Vertrages aufgrund von Beschwerden oder von Amts wegen ein.

Zur Einlegung einer Beschwerde sind berechtigt:

a) Mitgliedstaaten,

b) Personen und Personenvereinigungen, die ein berechtigtes Interesse darlegen.

(2) Die Kommission kann auf Antrag der beteiligten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen feststellen, daß nach den ihr bekannten Tatsachen für sie kein Anlaß besteht, gegen eine Vereinbarung, einen Beschluß oder eine abgestimmte Verhaltensweise aufgrund von Artikel 85 Absatz 1 oder von Artikel 86 des Vertrages einzuschreiten.

Artikel 4

Abschluß der Verfahren aufgrund von Beschwerden oder von Amts wegen

(1) Stellt die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 oder Artikel 86 des Vertrages fest, so kann sie von den beteiligten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verlangen, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen.

Unbeschadet der sonstigen Vorschriften dieser Verordnung kann die Kommission, bevor sie eine Entscheidung nach Unterabsatz 1 erläßt, Empfehlungen zur Abstellung der Zuwiderhandlung an die beteiligten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen richten.

(2) Kommt die Kommission zu dem Ergebnis, daß nach den ihr bekannten Tatsachen kein Anlaß besteht, gegen eine Vereinbarung, einen Beschluß oder eine abgestimmte Verhaltensweise aufgrund von Artikel 85 Absatz 1 oder Artikel 86 des Vertrages einzuschreiten, so weist sie, wenn es sich um ein Verfahren aufgrund einer Beschwerde handelt, die Beschwerde durch Entscheidung als unbegründet zurück.

(3) Kommt die Kommission nach einem aufgrund einer Beschwerde oder von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zu dem Ergebnis, daß eine Vereinbarung, ein Beschluß oder eine abgestimmte Verhaltensweise die Voraussetzungen des Artikels 85 Absätze 1 und 3 des Vertrages erfuellen, so erläßt sie eine Entscheidung nach Artikel 85 Absatz 3. In der Entscheidung wird der Zeitpunkt angegeben, zu dem sie wirksam wird. Dieser Zeitpunkt kann vor dem Tag liegen, an dem die Entscheidung ergeht.

Artikel 5

Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages Widerspruchsverfahren

(1) Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, welche für Vereinbarungen, Beschlüse oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen der in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages bezeichneten Art, an denen sie beteiligt sind, Artikel 85 Absatz 3 in Anspruch nehmen wollen, stellen bei der Kommission einen entsprechenden Antrag.

(2) Ist die Kommission im Besitz aller Unterlagen und hält sie den Antrag für zulässig, so veröffentlicht sie den wesentlichen Teil des Antrags mit der Aufforderung an alle betroffenen Dritten und die Mitgliedstaaten, ihr innerhalb einer Frist von dreißig Tagen Bemerkungen mitzuteilen, so bald wie möglich im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, sofern hinsichtlich der Vereinbarung, des Beschlusses oder der abgestimmten Verhaltensweise nicht bereits ein Verfahren aufgrund von Artikel 3 eingeleitet ist. Die Veröffentlichung muß den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung tragen.

(3) Teilt die Kommission nicht innerhalb einer Frist von neunzig Tagen, beginnend mit dem Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, den Antragstellern mit, daß hinsichtlich der Anwendbarkeit des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages erhebliche Zweifel bestehen, so gelten die Vereinbarung, der Beschluß oder die abgestimmte Verhaltensweise in den Grenzen der im Antrag enthaltenen Angaben für die zurückliegende Zeit und für längstens sechs Jahre nach dem Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften als von dem Verbot freigestellt.

Stellt die Kommission nach Ablauf der Frist von neunzig Tagen, jedoch vor Ablauf der Sechsjahresfrist fest, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages nicht gegeben sind, so erklärt sie das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 durch Entscheidung für anwendbar. Diese Entscheidung kann mit rückwirkender Kraft ergehen, wenn die Beteiligten unrichtige Angaben gemacht haben, eine Freistellung von Artikel 85 Absatz 1 mißbrauchen oder gegen Artikel 86 verstoßen haben.

(4) Die Kommission kann an die Antragsteller eine Mitteilung nach Absatz 3 Unterabsatz 1 richten; sie muß dies tun, wenn ein Mitgliedstaat innerhalb von 45 Tagen nach der gemäß Artikel 8 Absatz 2 erfolgenden Übermittlung des Antrags an diesen Mitgliedstaat darum ersucht. Dieses Ersuchen muß durch Erwägungen begründet werden, die sich auf die Wettbewerbsregeln des Vertrages beziehen.

Stellt die Kommission fest, daß die Voraussetzungen des Artikels 85 Absätze 1 und 3 des Vertrages gegeben sind, so erläßt sie eine Entscheidung nach Artikel 85 Absatz 3. In der Entscheidung wird der Zeitpunkt angegeben, zu dem sie wirksam wird. Dieser Zeitpunkt kann vor dem Tag der Antragstellung liegen.

Artikel 6

Gültigkeitsdauer und Widerruf von Entscheidungen nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages

(1) In der gemäß Artikel 4 oder Artikel 5 erlassenen Entscheidung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages ist anzugeben, für welchen Zeitraum sie gilt; dieser Zeitraum beträgt in der Regel mindestens sechs Jahre. Die Entscheidung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden.

(2) Die Entscheidung kann erneuert werden, wenn die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages weiterhin erfuellt sind.

(3) Die Kommission kann die Entscheidung widerrufen oder ändern oder den Beteiligten bestimmte Handlungen untersagen,

a) wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt geändert haben oder

b) wenn die Beteiligten einer mit der Entscheidung verbundenen Auflage zuwiderhandeln oder

c) wenn die Entscheidung auf unrichtigen Angaben beruht oder arglistig herbeigeführt worden ist oder

d) wenn die Beteiligten die durch die Entscheidung erlangte Freistellung nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages mißbrauchen.

In den Fällen der Buchstaben b), c) und d) kann die Entscheidung mit rückwirkender Kraft widerrufen werden.

Artikel 7

Zuständigkeit

Vorbehaltlich der Nachprüfung der Entscheidung durch den Gerichtshof ist die Kommission ausschließlich zuständig, Entscheidungen nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages zu erlassen.

Die Behörden der Mitgliedstaaten behalten die Zuständigkeit zur Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 1 oder des Artikels 86 des Vertrages erfuellt sind, solange die Kommission weder ein Verfahren zum Erlaß einer Entscheidung im Einzelfall eingeleitet noch die in Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 1 dieser Verordnung vorgesehene Mitteilung übersandt hat.

Artikel 8

Verbindung mit den Behörden der Mitgliedstaaten

(1) Die Kommission führt die in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren in enger und stetiger Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durch; diese sind berechtigt, zu diesen Verfahren Stellung zu nehmen.

(2) Die Kommission übermittelt den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unverzüglich eine Abschrift der Beschwerden und Anträge sowie der wichtigsten Schriftstücke, die im Rahmen dieser Verfahren bei ihr eingereicht oder von ihr übermittelt werden.

(3) Ein Beratender Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen auf dem Gebiet des Luftverkehrs ist vor jeder Entscheidung, die ein in Artikel 3 genanntes Verfahren abschließt, sowie vor Entscheidungen nach Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 2 oder Absatz 4 Unterabsatz 2 oder nach Artikel 6 anzuhören. Er ist ferner vor dem Erlaß von Durchführungsbestimmungen nach Artikel 19 anzuhören.

(4) Der Beratende Ausschuß setzt sich aus Beamten zusammen, die auf dem Gebiet des Luftverkehrs sowie in Kartell- und Monopolfragen zuständig sind. Jeder Mitgliedstaat bestimmt als seine Vertreter zwei Beamte, die im Falle der Verhinderung durch jeweils einen anderen Beamten ersetzt werden können.

(5) Die Anhörung erfolgt in einer gemeinsamen Sitzung, zu der die Kommission einlädt; diese Sitzung findet frühestens vierzehn Tage nach Absendung der Einladung statt. Der Einladung sind für jeden zu behandelnden Fall eine Darstellung des Sachverhalts unter Angabe der wichtigsten Schriftstücke sowie ein Vorentwurf einer Entscheidung beizufügen.

(6) Der Beratende Ausschuß kann seine Stellungnahme abgeben, auch wenn Mitglieder des Ausschusses oder ihre Vertreter nicht anwesend sind. Ein Bericht über das Ergebnis des Anhörungsverfahrens wird dem Entscheidungsentwurf beigefügt. Er wird nicht veröffentlicht.

Artikel 9

Auskunftsverlangen

(1) Die Kommission kann zur Erfuellung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben von den Regierungen und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte einholen.

(2) Richtet die Kommission ein Auskunftsverlangen an ein Unternehmen oder an eine Unternehmensvereinigung, so übermittelt sie der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich der Hauptsitz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung befindet, gleichzeitig eine Abschrift dieses Verlangens.

(3) In ihrem Verlangen weist die Kommission auf die Rechtsgrundlage und den Zweck des Verlangens sowie auf die in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b) für den Fall der Erteilung einer unrichtigen Auskunft vorgesehenen Zwangsmaßnahmen hin.

(4) Zur Erteilung der Auskunft sind die Inhaber der Unternehmen oder deren Vertreter, bei juristischen Personen, Gesellschaften und nicht rechtsfähigen Vereinen die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung berufenen Personen verpflichtet.

(5) Wird eine von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verlangte Auskunft innerhalb einer von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so fordert die Kommission die Auskunft durch Entscheidung an. Die Entscheidung bezeichnet die geforderten Auskünfte, bestimmt eine angemessene Frist zur Erteilung der Auskünfte und weist auf die in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b) und Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe c) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof gegen die Entscheidung Klage zu erheben.

(6) Die Kommission übermittelt der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich der Hauptsitz des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung befindet, gleichzeitig eine Abschrift der Entscheidung.

Artikel 10

Nachprüfung durch Behörden der Mitgliedstaaten

(1) Auf Ersuchen der Kommission nehmen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Nachprüfungen vor, welche die Kommission aufgrund von Artikel 11 Absatz 1 für angezeigt hält oder in einer Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 3 angeordnet hat. Die mit der Durchführung der Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten üben ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Prüfungsauftrags der zuständigen Behörde desjenigen Mitgliedstaats aus, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll. In dem Prüfungsauftrag sind der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung zu bezeichnen.

(2) Bedienstete der Kommission können auf Antrag der oder auf Antrag der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, die Bediensteten der zuständigen Behörde bei der Erfuellung ihrer Aufgaben unterstützen.

Artikel 11

Nachprüfungsbefugnisse der Kommission

(1) Die Kommission kann zur Erfuellung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.

Zu diesem Zweck sind die beauftragten Bediensteten der Kommission befugt,

a) die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen zu prüfen;

b) Abschriften oder Auszüge aus Büchern und Geschäftsunterlagen anzufertigen;

c) mündliche Erklärungen an Ort und Stelle anzufordern;

d) alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel, die Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen benutzen, zu betreten.

(2) Die beauftragten Bediensteten der Kommission üben ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Prüfungsauftrags aus, in dem der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung bezeichnet sind und in dem auf die in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen für den Fall hingewiesen wird, daß die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorgelegt werden. Die Kommission unterrichtet die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, rechtzeitig vor der Nachprüfung über den Prüfungsauftrag und die Person des beauftragten Bediensteten.

(3) Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, welche die Kommission in einer Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c) und Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe d) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof gegen die Entscheidung Klage zu erheben.

(4) Die Kommission erläßt die in Absatz 3 bezeichneten Entscheidungen nach Anhörung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll.

(5) Bedienstete der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, können auf Antrag dieser Behörde oder auf Antrag der Kommission die Bediensteten der Kommission bei der Erfuellung ihrer Aufgaben unterstützen.

(6) Widersetzt sich ein Unternehmen einer aufgrund dieses Artikels angeordneten Nachprüfung, so gewährt der betreffende Mitgliedstaat den beauftragten Bediensteten der Kommission die erforderliche Unterstützung, damit diese ihre Nachprüfungen durchführen können. Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten spätestens am 31. Juli 1989 nach Anhörung der Kommission die erforderlichen Maßnahmen.

Artikel 12

Geldbußen

(1) Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von einhundert bis fünftausend ECU festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a) in einem Antrag nach Artikel 3 Absatz 2 oder Artikel 5 unrichtige oder entstellte Angaben machen oder

b) eine nach Artikel 9 Absatz 3 oder 5 verlangte Auskunft unrichtig oder nicht innerhalb der in einer Entscheidung nach Artikel 9 Absatz 5 festgesetzten Frist erteilen oder

c) bei Nachprüfungen nach Artikel 10 oder 11 die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorlegen oder die in einer Entscheidung aufgrund von Artikel 11 Absatz 3 angeordnete Nachprüfung nicht dulden.

(2) Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis eine Million ECU oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a) gegen Artikel 85 Absatz 1 oder Artikel 86 des Vertrages verstoßen oder

b) einer nach Artikel 6 Absatz 1 erteilten Auflage zuwiderhandeln.

Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

(3) Artikel 8 findet Anwendung.

(4) Die Entscheidungen aufgrund der Absätze 1 und 2 sind nicht strafrechtlicher Art.

(5) Die in Absatz 2 Buchstabe a) vorgesehene Geldbuße darf nicht für Handlungen festgesetzt werden, die nach der bei der Kommission vorgenommenen Anmeldung und vor der Entscheidung der Kommission über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages begangen werden, soweit sie in den Grenzen der in der Anmeldung dargelegten Tätigkeit liegen.

Diese Bestimmung findet jedoch keine Anwendung, sobald die Kommission den betreffenden Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen mitgeteilt hat, daß sie aufgrund vorläufiger Prüfung der Auffassung ist, daß die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages vorliegen und eine Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 nicht gerechtfertigt ist.

Artikel 13

Zwangsgelder

(1) Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Zwangsgelder in Höhe von fünfzig bis eintausend ECU für jeden Tag des Verzuges von dem in der Entscheidung bestimmten Zeitpunkt an festsetzten, um sie anzuhalten,

a) eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 oder 86 des Vertrages zu unterlassen, deren Abstellung in einer Entscheidung nach Artikel 4 angeordnet worden ist,

b) eine nach Artikel 6 Absatz 3 untersagte Handlung zu unterlassen,

c) eine Auskunft vollständig und richtig zu erteilen, die in einer Entscheidung nach Artikel 9 Absatz 5 angefordert worden ist,

d) eine Nachprüfung zu dulden, die in einer Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 3 angeordnet worden ist.

(2) Sind die Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen der Verpflichtung nachgekommen, zu deren Erfuellung das Zwangsgeld festgesetzt worden war, so kann die Kommission die endgültige Höhe des Zwangsgeldes auf einen Betrag festsetzen, der unter dem Betrag liegt, der sich aus der ursprünglichen Entscheidung ergeben würde.

(3) Artikel 8 findet Anwendung.

Artikel 14

Nachprüfung durch den Gerichtshof

Bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, in denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt ist, hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung im Sinne von Artikel 172 des Vertrages; er kann die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.

Artikel 15

Rechnungseinheit

Für die Anwendung der Artikel 12, 13 und 14 ist die für die Aufstellung des Haushaltsplans der Gemeinschaft nach den Artikeln 207 und 209 des Vertrages vorgesehene Rechnungseinheit die ECU.

Artikel 16

Anhörung Beteiligter und Dritter

(1) Vor einer Zurückweisung der Feststellung nach Artikel 3 Absatz 2 oder vor Entscheidungen aufgrund von Artikel 4, Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 2 und Absatz 4, Artikel 6 Absatz 3 sowie Artikel 12 und 13 gibt die Kommission den beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Gelegenheit, sich zu den Beschwerdepunkten zu äußern, die von der Kommission in Betracht gezogen werden oder in Betracht gezogen worden sind.

(2) Wenn die Kommission oder die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten es für erforderlich halten, können sie auch andere Personen oder Personenvereinigungen anhören. Beantragen Personen oder Personenvereinigungen, gehört zu werden, so ist diesem Antrag stattzugeben, wenn sie ein ausreichendes Interesse glaubhaft machen.

(3) Will die Kommission eine Entscheidung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages erlassen, so veröffentlicht sie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften den wesentlichen Inhalt der betreffenden Vereinbarungen, Beschlüsse oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen mit der Aufforderung an alle betroffenen Dritten, ihr innerhalb einer von ihr auf mindestens einen Monat festzusetzenden Frist Bemerkungen mitzuteilen. Die Veröffentlichung muß den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung tragen.

Artikel 17

Berufsgeheimnis

(1) Die bei der Anwendung der Artikel 9, 10 und 11 erlangten Kenntnisse dürfen nur zu dem mit der Auskunft oder Nachprüfung verfolgten Zweck verwertet werden.

(2) Die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie ihre Beamten und sonstigen Bediensteten sind verpflichtet, Kenntnisse nicht preiszugeben, die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen und die sie bei Anwendung dieser Verordnung erlangt haben; die Artikel 16 und 18 bleiben unberührt.

(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 stehen der Veröffentlichung von Übersichten oder Zusammenfassungen, die keine Angaben über einzelne Unternehmen und Unternehmensvereinigungen enthalten, nicht entgegen.

Artikel 18

Veröffentlichung von Entscheidungen

(1) Die Kommission veröffentlicht die Entscheidungen, die sie nach Artikel 3 Absatz 2, Artikel 4, Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 2 und Absatz 4 sowie Artikel 6 Absatz 3 erläßt.

(2) Die Veröffentlichung erfolgt unter Angabe der Beteiligten und des wesentlichen Inhalts der Entscheidung; sie muß den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung tragen.

Artikel 19

Durchführungsbestimmungen

Die Kommission ist ermächtigt, Durchführungsbestimmungen über Form, Inhalt und andere Einzelheiten der Beschwerden nach Artikel 3, der Anträge nach Artikel 3 Absatz 2 und Artikel 5 sowie über die Anhörung nach Artikel 16 Absätze 1 und 2 zu erlassen.

Artikel 20

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1988 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 14. Dezember 1987.

Im Namen des Rates

Der Präsident

U. ELLEMANN-JENSEN

(1) ABl. Nr. C 182 vom 9. 7. 1984, S. 2.

(2) ABl. Nr. C 182 vom 19. 7. 1982, S. 120, und ABl. Nr. C 345 vom 21. 12. 1987.

(3) ABl. Nr. C 77 vom 21. 3. 1983, S. 20.

(4) ABl. Nr. 124 vom 28. 11. 1962, S. 2751/62.

(5) ABl. Nr. 13 vom 21. 2. 1962, S. 204/62.

(6) ABl. Nr. L 175 vom 23. 7. 1968, S. 1.

(7) ABl. Nr. L 378 vom 31. 12. 1986, S. 4.

ANHANG

Verzeichnis nach Artikel 2

a) Die Einführung oder einheitliche Anwendung zwingend vorgeschriebener oder empfohlener technischer Normen für Luftfahrzeuge, Luftfahrzeugersatzteile, Ausrüstungsteile und Betriebsmittel, sofern es sich hierbei um Normen einer allgemein anerkannten internationalen Organisation oder eines Luftfahrzeug- oder Ausrüstungsherstellers handelt;

b) die Einführung oder einheitliche Anwendung technischer Normen für ortsfeste Luftfahrzeugeinrichtungen, sofern es sich hierbei um die Normen einer allgemein anerkannten internationalen Organisation handelt;

c) der Austausch, die Vermietung, die gemeinsame Verwendung oder die Wartung von Luftfahrzeugen, Luftfahrzeugersatzteilen, Ausrüstungsteilen oder festen Einrichtungen zum Betreiben von Flugdiensten sowie die gemeinsame Anschaffung von Luftfahrzeugersatzteilen, sofern diese Vereinbarungen auf einer nichtdiskriminierenden Grundlage getroffen werden;

d) die Einführung, Benutzung und Verwendung technischer Kommunikationsnetze, sofern diese Vereinbarungen auf einer nichtdiskriminierenden Grundlage getroffen werden;

e) der Austausch, die gemeinsame Verwendung oder die Ausbildung von Personal für technische oder betriebliche Zwecke;

f) bei einem Ausfall oder einer Verspätung von Flugzeugen die Regelung und Durchführung von Ersatzbeförderungen für Fluggäste, Post und Gepäck mit einem Charterflugzeug oder durch Bereitstellung eines Ersatzflugzeugs aufgrund vertraglicher Vereinbarungen;

g) die Regelung und Durchführung von Anschluß- oder Zusatzbeförderungen in der Luft sowie die Aufstellung und Anwendung von Pauschalpreisen und Pauschalbedingungen für diese Beförderungen;

h) die Zusammenfassung von Einzelladungen;

i) die Aufstellung oder Anwendung einheitlicher Regeln für die Struktur der Beförderungstarife und die Bedingungen für deren Anwendung, soweit dadurch nicht direkt oder indirekt die Entgelte und Beförderungsbedingungen festgelegt werden;

j) Vereinbarungen über den Verkauf, die Bestätigung und die Anerkennung von Flugscheinen zwischen Luftverkehrsunternehmen (Interlining) sowie die damit verbundene Erstattung, Aufteilung und buchmäßige Erfassung der Einnahmen;

k) die Verrechnung und den Kontenausgleich zwischen Luftfahrtunternehmen mit Hilfe einer Verrechnungsstelle mit den dafür notwendigen oder zusammenhängenden Leistungen; die Abrechnung und der Ausgleich zwischen Luftfahrtunternehmen und ihren Vertretern durch ein zentralisiertes und automatisiertes Ausgleichsverfahren oder -system, mit den dafür notwendigen oder zusammenhängenden Leistungen.