31984D0094

84/94/EWG: Entscheidung der Kommission vom 14. Oktober 1983 über eine von der Regierung des Vereinigten Königreichs geplante Beihilfe für eine Investition zur Steigerung der Produktionskapazität von Polypropylenfolie (Nur der englische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 051 vom 22/02/1984 S. 0017 - 0019


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ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 14. Oktober 1983

über eine von der Regierung des Vereinigten Königreichs geplante Beihilfe für eine Investition zur Steigerung der Produktionskapazität von Polypropylenfolie

(Nur der englische Text ist verbindlich)

(84/94/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN

GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 erster Unterabsatz,

nach Einholung der Äusserungen der Beteiligten gemäß den vorgenannten Vorschriften und im Hinblick auf diese Äusserungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat der Kommission am 7. März 1983 ein Beihilfevorhaben gemäß Artikel 8 des Industrial Development Act 1982 in Form eines Zuschusses in Höhe von 1,35 Millionen Pfund Sterling für ein auf 12,6 Millionen Pfund Sterling geschätztes Investitionsvorhaben mitgeteilt, mit dem eine Steigerung der Produktionskapazität für Polypropylenfolie in Swindon erreicht werden soll.

Die geplante Investition zielt darauf ab, die bestehende, 2 000 Tonnen erzielende Produktionseinheit für die Herstellung von Polypropylenfolie zu modernisieren und die Kapazität auf 9 000 Tonnen pro Jahr zu steigern.

Die Kommission hat am 20. April 1983 beschlossen, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag einzuleiten. Sie hielt die geplante Beihilfe für geeignet, die Handelsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten in einer Weise zu verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Ausserdem erschien ihr die Beihilfe nicht erforderlich, um das betreffende Unternehmen zu einem Verhalten zu veranlassen, das es der Kommission ermöglichen würde, eine der Ausnahmen vom Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt anzuwenden.

Im Rahmen des genannten Verfahrens hat die britische Regierung ihre Bemerkungen am 26. Mai 1983 übermittelt. In dieser Antwort wird die Notwendigkeit der Beihilfe mit der Begründung betont, daß das Investitionsvorhaben andernfalls ohne die Gewährung der Beihilfe wegen der unzureichenden Finanzmittel, über die das betreffende Unternehmen verfügt, nicht durchgeführt würde. Die geplante Kapazitätssteigerung sei nicht geeignet, zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber den anderen Herstellern von Polypropylenfolie in der Gemeinschaft zu führen.

Die Regierungen von zwei Mitgliedstaaten, ein Berufsverband des betreffenden Sektors sowie ein Konkurrenzunternehmen ließen wissen, daß sie die Bedenken der Kommission gegenüber den Wettbewerbsverzerrungen, die das britische Beihilfevorhaben zur Folge haben könnte, teilten.

Das britische Beihilfevorhaben ist im vorliegenden Fall geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und droht den Wettbewerb im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag dadurch zu verfälschen, daß das betreffende Unternehmen und die Herstellung von Polypropylenfolie begünstigt werden.

Die geplante Beihilfe ist geeignet, die Wettbewerbslage des betreffenden Unternehmens, das auf dem Markt für Verpackungsfolie bereits eine bedeutende Stellung einnimmt, angesichts des Ersatzes von Zellophan durch Polypropylenfolie auf diesem Markt zu verstärken. Dieser Sektor befindet sich bereits in einer Situation der unzureichenden Auslastung der bestehenden Produktionskapazitäten, die durch die Einführung zusätzlicher Kapazitäten, die durch die staatliche Beihilfe begünstigt würden, möglicherweise noch verschlimmert würde.

Nach Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages sind Beihilfen, die den darin angegebenen Kriterien entsprechen, grundsätzlich mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Die Ausnahmen von dieser Unvereinbarkeit nach Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages - die einzigen, die im vorliegenden Fall anwendbar wären - bezeichnen Ziele, die im Interesse der Gemeinschaft und nicht allein im Interesse der Beihilfebegünstigten liegen. Bei der Prüfung von Beihilfeprogrammen mit regionaler oder sektoraler Zweckbestimmung oder von Einzalanwendungsfällen, die unter die allgemeinen Beihilferegelungen fallen, sind diese Ausnahmen eng auszulegen; insbesondere sind sie nur anwendbar, wenn es der Kommission gelingt festzustellen, daß ohne die Beihilfe allein die Marktkräfte die begünstigten Unternehmen nicht dazu veranlassen würden, durch ihr Verhalten zur Verwirklichung eines der mit den Ausnahmen verfolgten Ziele beizutragen.

Würde man die erwähnten Ausnahmen ohne ein derartiges Junktim gewähren, so käme dies einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und einer Verfälschung des Wettbewerbs gleich, ohne daß dies in irgendeiner Weise durch das Gemeinschaftsinteresse gerechtfertigt wäre; gleichzeitig würde man bestimmten Mitgliedstaaten ungerechtfertigte Vorteile einräumen.

Bei der Anwendung der oben aufgezeigten Prinzipien für die Beurteilung von Beihilfen muß sich die Kommission vergewissern, daß bei den begünstigten Unternehmen ein Zielverwirklichungsbeitrag gegeben ist, der die Gewährung der Beihilfe rechtfertigt, und zwar hinsichtlich eines der in Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages genannten Ziele. Lässt sich dies nicht dartun, so steht fest, daß die Beihilfe nicht zur Verwirklichung der mit den Ausnahmen verfolgten Ziele beiträgt, sondern dazu dient, die finanzielle Lage des betreffenden Unternehmens zu verbessern.

In dem vorliegenden Fall ist ein derartiger Beitrag des begünstigten Unternehmens nicht erkennbar.

Die britische Regierung hat keinen Nachweis beibringen und die Kommission hat auch keinen solchen finden können, der belegt hätte, daß die betreffende Beihilfe die Voraussetzungen für die Anwendung einer der Ausnahmen nach Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages erfuellt.

Was die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) des Vertrages vorgesehenen Ausnahmen bezueglich der Förderung der Entwicklung gewisser Gebiete betrifft, ist davon auszugehen, daß es sich beim Gebiet von Swindon nicht um ein Gebiet mit aussergewöhnlich niedriger Lebenshaltung oder mit einer erheblichen Unterbeschäftigung im Sinne der Ausnahme nach dem genannten Buchstaben a) handelt. Das britische Beihilfevorhaben weist nicht die erforderlichen Merkmale auf, um zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete gemäß der unter dem Buchstaben c) genannten Ausnahme beizutragen.

Was die Ausnahmen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) des Vertrages betrifft, so ist bei dem fraglichen Vorhaben kein Merkmal zu erkennen, das es erlauben würde, es als ein Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse zu bezeichnen, oder das geeignet wäre, eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats zu beheben und deshalb die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung zu rechtfertigen. Die sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Vereinigten Königreichs, obwohl besorgniserregend, sind nicht schwerwiegender als in anderen zentralen Regionen der Gemeinschaft, zu denen das Vereinigte Königreich zählt, obwohl gerade dort die Gefahr übersteigerter Beihilfen besteht und jede Beihilfe den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen droht. Die zur Verfügung stehenden Angaben über die sozio-ökonomische Lage im Vereinigten Königreich lassen nicht den Schluß zu, daß eine beträchtliche Störung des Wirtschaftslebens im Vereinigten Königreich im Sinne des Vertrages vorliegt, gegen die das Beihilfevorhaben der britischen Regierung gerichtet wäre.

Was schließlich die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) des Vertrages vorgesehenen Ausnahmen zugunsten von Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige betrifft, so hat die Entwicklung des Polypropylenfolie-Sektors zu der Schlußfolgerung geführt, daß die Modernisierung und die Steigerung der Produktionskapazitäten mittels staatlicher Beihilfen wegen der Wettbewerbsverzerrungen, die sich durch die geplante Beihilfe für die anderen Hersteller von Polypropylenfolie in der Gemeinschaft ergeben könnten, nicht im gemeinsamen Interesse liegt. Diese Feststellung gilt auch dann, wenn neue Anlagen zu einer gewissen Verbesserung der Produktionstechniken führen.

Nach alledem erfuellt das fragliche Beihilfevorhaben nicht die erforderlichen Voraussetzungen für eine der Ausnahmerregelungen nach Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag - HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Regierung des Vereinigten Königreichs darf das der Kommission am 7. März 1983 gemeldete Beihilfevorhaben für ein Unternehmen des chemischen Sektors zur Modernisierung der Produktionseinheit für Polypropylenfolie und ihrer Ausweitung nicht durchführen.

Artikel 2

Das Vereinigte Königreich unterrichtet die Kommission innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung von den Maßnahmen, die es getroffen hat, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an das Vereinigte Königreich gerichtet.

Brüssel, den 14. Oktober 1983

Für die Kommission

Frans ANDRIESSEN

Mitglied der Kommission