31982D0123

82/123/EWG: Entscheidung der Kommission vom 25. November 1981 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG- Vertrags (IV/428-VBBB/VBVB) (Nur der niederländische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 054 vom 25/02/1982 S. 0036 - 0050


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ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 25. November 1981

betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags

(IV/428 - VBBB/VBVB)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(82/123/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN

GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 85,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 (1), insbesondere auf Artikel 3,

im Hinblick auf die von der Vereeniging ter Bevordering van de Belangen des Bökhandels, Amsterdam/Niederlande, und die von der Vereeniging ter Bevordering van het Vlaamsche Bökwezen, Antwerp/Belgien, am 30. Oktober 1962, bzw. 3. November 1962 gemäß Artikel 5 der Verordnung Nr. 17 vorgenommene Anmeldung von Artikel 2 Absätze 2, 4, 6 und 7 (Bestimmungen über die gegenseitige Übertragung von Alleinvertriebsrechten) der zwischen diesen beiden Vereinigungen geschlossenen Vereinbarung,

im Hinblick auf den von diesen Vereinigungen bei der Anmeldung gestellten Antrag auf Erteilung eines Negativattests für diese Vereinbarung,

im Hinblick auf den Beschluß der Kommission vom 7. Dezember 1977 zur Einleitung eines Verfahrens,

im Hinblick auf den von Maxis B.V., Muiden/Niederlande, am 8. Juni 1978 bei der Kommission gestellten Antrag nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b) der Verordnung Nr. 17,

nach Anhörung der beteiligten Unternehmensvereinigungen am 15. und 16. März 1978 sowie am 18. Oktober 1979 gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 99/63 der Kommission (2),

im Hinblick auf die vom Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen am 20. Mai 1981 gemäß Artikel 10 der Verordnung Nr. 17 abgegebene Stellungnahme -

in Erwägung nachstehender Gründe:

I

SACHVERHALT

1. Gegenstand des Verfahrens

(1) Das vorliegende Verfahren betrifft eine Vereinbarung zwischen der Vereeniging ter Bevordering van de Belangen des Bökhandels (im folgenden »VBBB" genannt) und der Vereeniging ter Bevordering van het Vlaamsche Bökwezen (im folgenden »VBVB" genannt), die am 21. Januar 1949 zwischen diesen beiden Vereinigungen geschlossen und am 2. Juli 1958 geändert wurde und die sich auf den Buchhandel zwischen den Niederlanden und Flandern/Belgien bezieht. Diese Vereinbarung wurde am 30. Oktober 1962 von der VBBB und am 3. November 1962 von der VBVB aufgrund der Verordnung Nr. 17 bei der Kommission angemeldet. Das Verfahren betrifft nicht die niederländischen und flämischen Systeme der kollektiven vertikalen Preisbindung.

2. Die an der Vereinbarung beteiligten Parteien

a) VBBB

(2) Die VBBB ist eine Vereinigung, in der sich in den Niederlanden ansässige Verleger, Buchgroßhändler, Buchhändler, Buchimporteure und Buchclub-Unternehmen zusammengeschlossen haben. Innerhalb dieser Vereinigung wird unterschieden zwischen Anerkannten und Eingetragenen. Als »Anerkannte" gelten jene, die gemäß dem »Reglement voor het Handelsverkeer van Böken in Nederland" (Bestimmungen über den Buchhandel in den Niederlanden) als Verleger, Buchhändler, Buchgroßhändler, Buchimporteur oder Buchclub-Unternehmer anerkannt sind. Als »Eigentragene" gelten jene, die gemäß dem »Reglement voor het Handelsverkeer van Böken in Nederland" als Bucheinzelhändler eingetragen sind. Die Anerkannten und Eingetragenen sind verpflichtet, das »Reglement voor het Handelsverkeer van Böken in Nederland" zu beachten. Daneben haben die Anerkannten die Möglichkeit, auf Wunsch Mitglied der Vereinigung zu werden.

Es ist Aufgabe der VBBB, die gemeinsamen Interessen des Buchhandels und des Verlagswesens zu vertreten und die Zusammenarbeit im Buchwesen im weitesten Sinne zu fördern (Artikel 1 des Algemeen Reglement). Sie erfuellt diese Aufgabe durch:

a) Festlegung und Durchsetzung von Regelungen für das Buchwesen;

b) Errichtung, Erhaltung und Verwaltung von Einrichtungen und Fonds zur Förderung des Buchwesens;

c) organisatorische Beratung im Interesse des Buchwesens;

d) Förderung der Schiedsgerichtsbarkeit und des Beitritts zu Schiedsklauseln;

und ausserdem durch Ergreifen aller Maßnahmen, die ihr zur Erfuellung ihrer Aufgabe nützlich und notwendig erscheinen (Artikel 2 des Algemeen Reglement).

(3) Die VBBB ist berechtigt, mit Organisationen in den Niederlanden oder im Ausland Vereinbarungen über das Buchwesen zu treffen (Artikel 24 Buchstabe c) 1 des Algemeen Reglement). Die Mitglieder sind aufgrund von Artikel 14 Buchstabe a) 3 des Algemeen Reglement verpflichtet, sich an diese Vereinbarungen zu halten. Dieselbe Verpflichtung gilt nach Artikel 3 Buchstabe e) des »Reglement Handelsverkeer" für Anerkannte und Eingetragene.

Das »Reglement Handelsverkeer", das von der VBBB aufgrund von Artikel 2 Absatz 1 des »Algemeen Reglement" eingeführt wurde, hat den Zweck, die Regeln und Gepflogenheiten festzulegen, die für den Buchhandel in den Niederlanden gelten, sowie deren Beachtung und Anwendung zu fördern.

b) VBVB

(4) Der VBVB gehörten bis 1971 die Buchhändler und Verleger aus dem niederländisch sprechenden Teil Belgiens sowie die Angehörigen von Berufszweigen an, die mit dem Buchwesen in Verbindung stehen. Seit 1971 ist die VBVB eine Dachorganisation von Verbänden und Vereinigungen mit Rechtspersönlichkeiten, denen Verleger, Buchhändler, Alleinvertreter in- oder ausländischer Verlage und Angehörige von mit dem Buchwesen verwandten Berufszweigen angehören. Ihre derzeitigen Mitglieder sind die Vereniging van Uitgevers van Nederlandstalige Böken (Vereinigung von Verlegern niederländischsprachiger Bücher), der Algemene Vlaamse Bökverkopersbond (Gesamtverband der flämischen Buchhändler) und der Bond van Alleenverkopers van Nederlandstalige Böken (Verband der Alleinvertriebshändler von niederländischsprachigen Büchern).

Ziel der VBVB ist es, die Interessen des Buchwesens im weitesten Sinne zu vertreten. Ihr Aufgabenbereich umfasst daher insbesondere:

a) die Herstellung von Kontakten mit amtlichen Stellen, wenn die Interessen der Vereinigung oder des Buchwesens dies erfordern;

b) die Herstellung von Kontakten mit gleichartigen Vereinigungen im In- und Ausland, um die beiderseitigen Interessen zu vertreten und mit ihnen gegebenenfalls Vereinbarungen zu schließen oder Mitglied dieser Vereinigungen zu werden;

c) die Förderung der Schiedsgerichtsbarkeit im Buchwesen;

d) die Förderung verbindlicher Absprachen über den Buchhandel und die Überwachung ihrer Einhaltung, nach Ausschöpfung aller Schlichtungsversuche;

e) den Ausbau eines Hilfsdienstes für das Buchwesen;

f) die Schaffung eines Organs zur gemeinsamen Werbung für das Buch, das Lesen und das Buchwesen;

und weiter alles, was zur Erfuellung ihrer Aufgabe für nützlich und erforderlich erachtet wird (Artikel 2 der seit dem 1. Januar 1971 gültigen Satzung).

(5) Bis 1972 gab es in der VBVB ausserdem ein »Verkoopreglement voor het Vlaamse Bökbedrijf", in dem die wichtigsten Gebräuche und Gepflogenheiten im flämischen Buchwesen festgelegt waren und das die Regelung des Buchhandels zum Zweck hatte. Artikel 18 Buchstabe b) dieser Verkaufsregelung sieht vor, daß die von VBVB anerkannten Buchhändler, Alleinvertriebshändler und Großhändler sich verpflichten, nur diejenigen belgischen oder niederländischen Bücher für den Verkauf vorrätig zu halten, die durch von der VBVB oder von der VBBB anerkannte Verleger herausgegeben wurden.

(6) Im Jahre 1975 wurde eine »Overeenkomst tussen de Bonden" (Vereinbarung zwischen den Verbänden), d. h. zwischen den der VBVB beigetretenen Verbänden und Vereinigungen abgeschlossen, die vor allem die Anwendung des vom Verleger festgelegten Einzelhandelspreises (1) bezweckt. Diese Vereinbarung enthält keine Bestimmungen über die Beachtung der zwischen der VBBB und der VBVB geschlossenen Vereinbarung. Sie löste das seit 1929 gültige »Verkoopreglement voor het Vlaamse Bökbedrijf" ab, von dem es sich inhaltlich grundsätzlich nicht unterschied.

(7) Die Vereinbarung zwischen den Verbänden wurde im April 1979 durch ein neues »Reglement Handelsverkeer" ersetzt. Darin wird zwischen der VBVB und den drei Mitgliedsverbänden bzw. -vereinigungen vereinbart, daß die Mitglieder dieser Verbände bzw. Vereinigungen verpflichtet sind, die Vereinbarungen zu beachten, die von der VBVB oder den Mitgliedsverbänden bzw. -vereinigungen mit in- oder ausländischen Organisationen abgeschlossen werden.

3. Die wichtigsten Bestimmungen der Vereinbarung

(8) Die zwischen der VBBB und der VBVB am 21. Januar 1949 geschlossene Vereinbarung regelt den Buchhandel zwischen Belgien und den Niederlanden.

(9) Seit der Änderung vom 2. Juli 1958 enthält die Vereinbarung unter anderem die folgenden Bestimmungen:

a) Verleger und/oder Buchhändler, die in einem der beiden Länder Mitglied der Vereinigung dieses Landes sind, können auf Antrag Mitglied der Vereinigung im anderen Land werden, mit den gleichen Rechten und Pflichten wie die Verleger und Buchhändler, die im anderen Land Mitglied der Vereinigung sind.

Verleger und/oder Buchhändler, die im einen Land Mitglied der Vereinigung sind und auch im anderen Land als solche tätig sind, ohne von der Vereinigung dieses Landes anerkannt zu sein, können dort nicht als Mitglied aufgenommen werden (Artikel 1).

b) Die Verlagserzeugnisse dürfen in Belgien bzw. in den Niederlanden nicht zu einem niedrigeren Preis verkauft oder zum Kauf angeboten werden als zu dem von den niederländischen bzw. belgischen Verlegern festgelegten Einzelhandelspreis, umgerechnet auf der Grundlage der von der flämischen und der niederländischen Vereinigung festgelegten Umrechnungsfaktoren. Ein Preisnachlaß darf nur jenen Buchhändlern und Großhändlern eingeräumt werden, die als solche von den Vereinigungen in beiden Ländern anerkannt worden sind.

Es ist nicht erlaubt, Verlagserzeugnisse, die im einen Land erschienen sind, zu kaufen, vorrätig zu halten oder auf irgendeine Weise den Verkauf dieser Ausgaben im anderen Land zu fördern, wenn sie nicht von Verlegern herausgegeben wurde, die als solche im Land des Vertragspartners anerkannt sind.

Schließlich ist es nicht gestattet, jemand als Alleinvertreter oder Lagerhalter im anderen Land zu bestellen, der dort systematisch oder gelegentlich - auch wenn es sich nur um eine einzige Ausgabe handelt - gegenüber der Öffentlichkeit als Verleger, Buchhändler oder Importeur auftritt, ohne als solcher von der Vereinigung in diesem Land anerkannt zu sein (Artikel 2).

c) In den Artikeln 3 und 4 der Vereinbarung ist niedergelegt, welche Bestimmungen die im einen Land anerkannten Verleger und Buchhändler beachten müssen, wenn sie im anderen Land am Buchhandel teilnehmen. So müssen die in Belgien anerkannten Verleger und Buchhändler die folgenden Bestimmungen beachten, wenn sie sich am Buchhandel in den Niederlanden beteiligen möchten:

- Der Verleger ist verpflichtet, einen einzigen Einzelpreis für gleichartige Exemplare seiner jeweiligen Ausgaben festzulegen.

- Er ist berechtigt, neben diesem Einzelhandelspreis einen niedrigeren Preis für die Lieferung in den in der Vereinbarung aufgeführten Sonderfällen festzulegen. Diese Ausgaben müssen zu diesem niedrigeren Preis auch über den Buchhandel bezogen werden können. Dieser niedrigere Preis darf aber niemals als Nachlaß auf den Einzelpreis dargestellt werden.

- Der Verleger ist berechtigt, unter den in der Vereinbarung genannten Bedingungen den Einzelhandelspreis für eine oder mehrere seiner Ausgaben herabzusetzen.

- In der Vereinbarung wird auch angegeben, was als Lieferung unter dem vom Verleger festgelegten Einzelpreis angesehen wird.

- Die Verleger sind verpflichtet, stets deutlich anzugeben, daß die in den Rundschreiben, Prospekten, Katalogen und Anzeigen angekündigten Ausgaben

über den Buchhandel bezogen werden können.

- Es ist nicht gestattet, in den für die Öffentlichkeit bestimmten Anzeigen den Eindruck zu erwecken, daß der Einzelhandelspreis unterschritten wird.

- Ausserdem ist es untersagt, für den Buchvertrieb Personen einzustellen oder zu entlohnen, die nicht von Berufswegen Sortimenter sind.

- Die in Artikel 3 Buchstabe a) des »Nederlands Verkeersreglement" genannten Ausgaben dürfen nur bei einer Zweigniederlassung oder bei einer damit gleichgestellten Verkaufsstelle im Sinne des genannten Reglements bestellt oder gekauft werden (Artikel 3).

d) Die in den Niederlanden anerkannten Verleger und Buchhändler müssen die folgenden Bestimmungen beachten, wenn sie am Handelsverkehr in Belgien teilnehmen:

- Der Verleger ist verpflichtet, den Einzelverkaufspreis für seine jeweiligen Ausgaben bei Erscheinen festzulegen, ebenso etwaige Serienpreise, Prämien und etwaige Vergünstigungen für den Einzelabnehmer.

- Er darf diesen Einzelverkaufspreis unter den in der Vereinbarung genannten Bedingungen herabsetzen.

- Es ist untersagt, auf irgendeine Weise den Eindruck zu erwecken, daß Lieferungen zu einem niedrigeren als dem Einzelverkaufspreis erfolgen.

- Die Bücher, die zur Gruppe der »Preisbücher" gehören, dürfen von den Buchhändlern und Verlegern nur in dem in der Vereinbarung angegebenen Zeitraum und mit dem darin festgelegten Preisnachlaß an Schulen und öffentliche Einrichtungen angeboten werden.

- Die Verleger sind berechtigt, die von ihnen für Rechnung des Staates bzw. für Rechnung von Gesellschaften oder Vereinigungen in den Handel gebrachten Ausgaben zu einem ermässigten Preis unmittelbar an die dafür in Betracht kommenden Gruppen von Interessenten zu liefern, sofern sie dies beim Angebot und in der im Organ der flämischen Vereinigung veröffentlichten Anzeige angeben.

- Die Verleger sind verpflichtet, deutlich anzugeben, daß die Ausgaben beim anerkannten Buchhandel erhältlich sind.

- Nimmt der Verleger, Alleinvertriebshändler, Großhändler oder Buchhändler die Dienste eines Maklers oder Sortimenters in Anspruch, so ist er im Hinblick auf die Regelungen der flämischen Vereinigung für die Handlungen dieser Personen verantwortlich (Artikel 4).

4. Der Vertrieb und das System der Preisfestsetzung bei niederländischsprachigen Büchern in den Niederlanden

4.1. Der Vertrieb

(10) Der Buchmarkt in den Niederlanden verzeichnete in der Zeit von Ende der vierziger Jahre bis Mitte der siebziger Jahre eine jährliche Steigerung von 6-7 %. Seither stagniert der Buchmarkt, insbesondere bezueglich der Unterhaltungsliteratur (1). Insgesamt gibt es in den Niederlanden etwa 65 000 verfügbare niederländische Bücher. Jährlich kommen 8 000-8 500 Neuerscheinungen und 5 000 Wiederauflagen auf den Markt.

Der Buchhandel in den Niederlanden liegt hauptsächlich in Händen der von der VBBB anerkannten Verleger, Großhändler, Buchhändler, Importeure und Buchclub-Unternehmen oder der von dieser Vereinigung eingetragenen Einzelhändler.

(11) Insgesamt gibt es in den Niederlanden etwa 1 000 Betriebe, die sich fast ausschließlich mit dem Verlegen von Büchern befassen. Hiervon sind etwa 500 von der VBBB anerkannt, und sie vereinigen etwa 72 % der insgesamt in den Niederlanden verkauften Bücher auf sich.

Von den anerkannten Verlagshäusern gehören etwa 100 den grossen Verlagsgruppen wie De Bör, Combo, Elsevier, ICV, Kluwer und VNU an. Der Marktanteil dieser Gruppen für Unterhaltungsliteratur beträgt 50 %. Die anderen unabhängigen Verleger kommen für die andere Hälfte auf. Trotz dieser Konzentration scheinen noch gute Chancen für kleine unabhängige Verleger zu bestehen, sich auf dem Markt zu halten oder als Neue in den Markt einzudringen, vor allem in spezifischen kleinen Sektoren. Das kommt vor allem daher, daß sich in den letzten Jahren die Anzahl der von der VBBB anerkannten Verlagshäuser erhöht hat. Ausserdem verhindert die Konzentration nicht, daß die übernommenen Verlage unter ihrem eigenen Namen ihre Tätigkeiten als Objektunternehmen fortsetzen. Eine Anzahl von grossen Unternehmen haben Beteiligungen an Buchhandlungen und Buchclubs erworben.

(12) Rund 80 % der Großhändler sind von der VBBB anerkannt, wobei zu berücksichtigen ist, daß der einzige Großhändler, dessen Tätigkeit sich auf das ganze Land erstreckt, ausschließlich an anerkannte Buchhändler liefert.

Der Verteilungsweg, der die grösste Wachstumsrate verzeichnet, sind die Buchclubs, von denen es in den Niederlanden etwa 10 gibt. Ihr Marktanteil hat sich in vier Jahren um 50 % erhöht; 1979 wurden 24 % der Unterhaltungsliteratur über diese Clubs verkauft. Die fünf grössten sind ECI, NBC (beide haben auch Mitglieder in Flandern), NLK - Bök en Plaat, VCL und Silhoütte. Die Buchclubs haben 25 bis 30 Verkaufsstellen, wo der Verkauf zu Preisen mit Nachlässen bis zu 50 % ausschließlich an Mitglieder reserviert ist. Eine gewisse Anzahl von grossen Verlagen hat grosse Beteiligung an diesen Buchclubs.

Von den rund 10 000 Bücherverkaufsstellen sind etwa 1 900 von der VBBB als Buchhändler anerkannt. Diese setzen etwa 55 % der in den Niederlanden verkauften Bücher der Unterhaltungsliteratur ab. Die Bruttoverkaufsmarge der Buchhandlungen beträgt 30 %. 300 bis 500 Buchhandlungen verfügen über ein grosses Sortiment.

4.2. Das Preisfestsetzungssystem

(13) Das »Reglement Handelsverkeer" verpflichtet die anerkannten Verleger, für jedes ihrer Bücher einen einzigen Einzelpreis festzulegen, mit Ausnahme einiger genau festgelegter Sonderfälle (Artikel 5 und 6). Unter diesem Preis dürfen keine Bücher verkauft oder zum Verkauf angeboten werden. Ein Preisnachlaß darf nur bei Lieferung an Anerkannte und Eingetragene und im Handelsregister der »Kamer van Koophandel" ausschließlich als Einzelhändler für bestimmte Artikel eingetragene Firmen eingeräumt werden, sofern der Inhalt dieser Bücher in engem Zusammenhang zu dem von diesen Händlern im Rahmen ihres Betriebs verkauften Artikel steht, sowie bei Lieferung von Büchern von allgemeinem Interesse unterhalb der Preisgrenze von 35 hfl an im »Handelsregister der Handelskammer" eingetragene Klein- und Großhändler (Artikel 12 und 13).

5. Der Vertrieb und das System der Preisfestsetzung bei niederländischsprachigen Büchern in Belgien

5.1. Der Vertrieb

(14) Im Jahre 1977 wurden auf dem flämischen Büchermarkt, bei einem Sprachgebiet von 6 Millionen niederländischsprachigen Einwohnern, Bücher im Werte von rund 96 Millionen ECU verkauft. Der Bücherkonsum je Kopf der Bevölkerung ist niedriger als in den Niederlanden. Ungefähr 25 % der Gesamtzahl der Bücher, die sich im niederländischsprachigen Teil Belgiens und im zweisprachigen Gebiet von Brüssel im Handel befinden, werden von flämischen Verlegern herausgegeben. Die Zahl der verfügbaren Titel steigt jährlich um etwa 2,5 %. Die Zahl der neuen Titel liegt bei rund 5 000, wovon ungefähr ein Drittel von flämischen Verlagen stammt und zwei Drittel aus den Niederlanden eingeführt werden.

Rund 140 Verleger (d. h. rund 80 % der Gesamtzahl der Verleger im niederländischsprachigen Teil Belgiens), darunter alle grösseren Verleger, gehören der »Vereniging van Uitgevers van Nederlandstalige Böken" an. Viele der in Flandern ansässigen Verlage gingen in das Eigentum niederländischer Konzerne über. Die übrigen flämischen Verlage sind im allgemeinen klein.

(15) Etwa die Hälfte der im niederländischsprachigen Teil Belgiens und im zweisprachigen Gebiet von Brüssel tätigen Großhändler sind Mitglied des »Algemene Vlaamse Bökverkopersbond". In der Praxis gibt es nur 13 Großhändler, von denen die drei grössten rund 80 % des Marktes auf sich vereinigen. Die kleineren haben vor allem regionale Bedeutung.

(16) Von allen echten Buchhändlern (d. h. Händler, die den Buchhandel als Hauptttätigkeit ausüben) gehören etwa 700 (d. h. rund 90 %) dem »Algemene Vlaamse Bökverkopersbond" and. Daneben gibt es im flämischen Landesteil etwa 2 250 Zeitungsverkaufsstellen, die auch Buchhandel betreiben. Rund 45 % aller Buchverkäufe werden von den echten Buchhandlungen getätigt.

5.2. Das Preisfestsetzungssystem

(17) Das »Reglement Handelsverkeer" verpflichtet die Verleger oder die Alleinvertriebshändler, einen einzigen Einzelpreis für jedes ihrer Bücher festzulegen, ausgenommen in einigen genau definierten Sonderfällen (Artikel 3 und 4). Unter diesem Preis dürfen Bücher nicht verkauft oder zum Verkauf angeboten werden. Preisnachlässe dürfen nur bei Lieferung an Wiederverkäufer eingeräumt werden. Für den Fall der Lieferung an nicht angeschlossene Wiederverkäufer enthalten die Verkaufsbedingungen die Verpflichtung zur Anwendung der festgelegten Einzelhandelspreise sowie die Verpflichtung zur Auferlegung derselben Verpflichtung im Falle der Lieferung zum Wiederverkauf bis zum Endverbraucher/Verwender.

(1) ABl. Nr. 13 vom 21. 2. 1962, S. 204/62.

(2) ABl. Nr. 127 vom 20. 8. 1963, S. 2268/63.

(1) Die Ausdrücke »Einzelhandelspreis", »Ladenpreis" und »Einzelpreis" haben in dieser Entscheidung die gleiche Bedeutung und werden in den verschiedenen Vereinbarungen benutzt.

(1) Nach Angaben in den »Struktuuronderzök Böken" stellen die Unterhaltungsbücher 60 %, die Lehrbücher 20 % und die wissenschaftlichen Bücher 14 % der Gesamtauflage dar.

6. Der Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen den Niederlanden und dem niederländischsprachigen Teil Belgiens

6.1. Die Einfuhr von niederländischsprachigen Büchern nach den Niederlanden

(18) Die genaue Zahl der Importeure in den Niederlanden ist nicht bekannt. Von den Importeuren, die sich berufsmässig mit der Einfuhr von Büchern befassen, sind aber zehn von der VBBB anerkannt.

In den Niederlanden gibt es ausserdem verschiedene Auslieferungslager ausländischer Verleger. Letztere beliefern den niederländischen Markt von diesen Lagern oder Niederlassungen aus. Die Lagerhalter führen den Import nicht auf eigene Rechnung und Gefahr durch.

Ferner führen eine Reihe niederländischer Verleger bestimmte ausländische Verlagswerke, für die sie die Alleinvertretung haben, auf eigene Rechnung und Gefahr ein.

Neben den Händlern, die sich ausschließlich mit der Einfuhr von Büchern befassen, gibt es noch ungefähr 44 sogenannte wissenschaftliche Buchhändler, bei denen die Einfuhr von vor allem wissenschaftlichen ausländischen Werken, die sie selbst vornehmen, einen wichtigen Teil ihrer Tätigkeiten ausmacht. Diese Buchhändler sind alle bis auf eine einzige Ausnahme anerkannt.

Der Anteil der im Ausland verlegten Bücher am niederländischen Markt beträgt ungefähr 7 %.

Der Wert der aus Belgien nach den Niederlanden eingeführten Bücher wächst alljährlich um etwa 7 % und belief sich im Jahre 1979 auf rund 18 Millionen ECU. Etwa die Hälfte davon besteht aus Comics.

6.2. Die Einfuhr niederländischsprachiger Bücher nach dem niederländischsprachigen Teil Belgiens

(19) Von der Gesamtzahl der Bücher, die sich im niederländischsprachigen Teil Belgiens und im zweisprachigen Gebiet von Brüssel im Handel befinden, werden rund 80 % aus den Niederlanden (im Jahre 1977 im Werte von 36 Millionen ECU) und 5 % aus anderen Ländern eingeführt. Von den zehn in den flämischen Provinzen und in Brüssel ansässigen Importeuren niederländischsprachiger Bücher gehören neun dem »Bond van Alleenverkopers van Nederlandstalige Böken" an. Rund 90 % der aus den Niederlanden eingeführten Bücher laufen über diese Importeure, die das ausschließliche Recht zur Einfuhr der Bücher eines niederländischen Verlegers für den belgischen Markt besitzen.

7. Das System der Preisfestsetzung für die nach den Niederlanden und nach dem niederländischsprachigen Teil Belgiens eingeführten niederländischsprachigen Bücher

7.1. Das Preisfestsetzungssystem für die nach den Niederlanden eingeführten Bücher

(20) In Ergänzung zu den Ausführungen unter Ziffer 13 ist zu sagen, daß als Preis für ausländische Ausgaben der vom Verleger festgelegte Einzelpreis gilt, umgerechnet nach dem Kurs, der von der Leitung der VBBB in regelmässigen Abständen nach Stellungnahme der »Commissie voor de Omrekeningsfactoren" (Umrechnungskommission) festgelegt wird. Seit 1978 veröffentlicht die Regierung die Umrechnungskurse im Erlaß über die Preise importierter Bücher. Diese Kurse bilden einen Berechnungsfaktor für die Hoechstpreise, die nach dem Erlaß über die Preise importierter Bücher (ausgenommen Taschenbücher) in Rechnung gestellt werden dürfen.

Der Preis ausländischer Taschenbücher kann vom Importeur festgelegt werden, sofern er Alleinvertreter ist und seinen Abnehmern ein Rückgaberecht einräumt. Der Erlaß über die Preise von importierten Büchern verpflichtet ihn, einen bestimmten Hoechstpreis nicht zu überschreiten.

7.2. Das Preisfestsetzungssystem für die nach dem niederländischsprachigen Teil Belgiens eingeführten Bücher

(21) In Ergänzung zu den Ausführungen unter Ziffer 17 ist zu sagen, daß als Preis für ausländische Werke der vom Verleger festgelegte Einzelpreis gilt, umgerechnet nach dem Kurs, der von der Preiskommission des Wirtschaftsministeriums auf der Grundlage des Ministerialerlasses vom 13. Juli 1974 festgelegt wird. Nach diesem Ministerialerlaß bildet der festgelegte Umrechnungskurs einen Berechnungsfaktor für den Hoechstpreis, der in Rechnung gestellt werden darf.

8. Verlauf des Verfahrens in dieser Sache, neue Vorschläge der Beteiligten und Verfahren vor den nationalen Gerichten

8.1. Verlauf des Verfahrens in dieser Sache

(22) Die Kommission stellte in dieser Sache VBBB am 19. Dezember 1977 und VBVB am 12. Januar 1978 ihre Beschwerdepunkte zu, in denen sie erklärte, daß sie beabsichtigt festzustellen, daß die Vereinbarung, die Gegenstand dieser Entscheidung ist, gegen Artikel 85 Absatz 1 verstosse und daß eine Freistellung aufgrund von Artikel 85 Absatz 3 nicht ins Auge gefasst werden könne. In ihren schriftlichen Bemerkungen und in ihren mündlichen Erläuterungen zu diesen Beschwerdepunkten erklärten die beteiligten Vereinigungen, daß die Vereinbarung nur noch theoretisch bestehe. (23) Am 8. Juni 1978 dehnte das Unternehmen Maxis B.V., ein Selbstbedienungswarenhaus in Muiden (NL), die Beschwerde, die es bei der Kommission gemäß der Verordnung Nr. 17 des Rates gegen das »Reglement Handelsverkeer" der VBBB und der VBVB aus. Da die Firma Maxis Buchausgaben aus Belgien nach den Niederlanden einführt, hat sie das in Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b) der Verordnung Nr. 17 geforderte berechtigte Interesse an dieser Sache. Dennoch stützt sich die Kommission in dieser Entscheidung nicht auf die von der Klägerin vorgebrachten Argumente.

8.2. Neue Vorschläge der Beteiligten

(24) Nach der vorerwähnten Anhörung vom 15. und 16. März 1978 wurden zwischen den Beteiligten und den Vertretern der Kommission im Rahmen dieser Sache eine Reihe von Gesprächen geführt. Mit Schreiben vom 22. September 1978 wurde der Kommission ein Vorschlag (1) für eine neue Vereinbarung übermittelt. Die wichtigsten Punkte dieses Vorschlages sind:

a) Beide Vereinigungen verpflichten sich gegenseitig, den gebundenen Ladenpreis für aus dem Nachbarland eingeführte Bücher anzuwenden.

b) Beide Vereinigungen tragen dafür Sorge, daß die Verleger ihres Landes nicht nur einen Ladenpreis für ihr eigenes Land festlegen, sondern auch einen Ladenpreis für das Nachbarland. Der Preis für das Nachbarland darf - abgesehen von den Unterschieden in der Mehrwertsteuer - nicht niedriger sein als der Preis im eigenen Land.

c) Beide Vereinigungen verpflichten sich, im Nachbarland zu einem gebundenen Ladenpreis herausgegebene Bücher im eigenen Land nicht zu einem Preis zu verkaufen, der unter den im Nachbarland festgelegten Ladenpreis liegt.

d) Die Mitglieder der drei flämischen Berufsvereinigungen und die in den Niederlanden durch das »Reglement voor het Handelsverkeer" gebundenen Personen sind für den Fall, daß sie am Handelsverkehr im anderen Land teilnehmen, verpflichtet, die Bestimmungen des dort geltenden »Reglement Handelsverkeer" - vor allem die Bestimmungen über die Sonderpreise und Preisnachlässe sowie über die Erhöhung oder Ausserkraftsetzung von Preisen - zu beachten.

e) Die beiden Vereinigungen tragen dafür Sorge, daß die Preise in den beiden Ländern tatsächlich von den Verlegern bzw. Importeuren festgelegt werden.

f) Bei der Wiedereinfuhr von Büchern aus den Niederlanden und Belgien gilt wieder der ursprünglich festgelegte Ladenpreis. Die Vereinigungen tragen dafür Sorge, daß die an die nationalen Regelungen für den Handelsverkehr gebundenen Verleger oder Wiederverkäufer bei der Wiederausfuhr die gebundenen Preise auch tatsächlich anwenden.

(25) Nach einer weiteren Untersuchung dieser Sache durch die Kommissionsdienststellen wurde den Beteiligten mit Schreiben vom 9. August 1979 mitgeteilt, daß die Kommission gegen die neuen Vorschläge für eine Vereinbarung dieselben Einwände hat wie gegen die vorherige angemeldete Vereinbarung. Ausserdem wurden die Beteiligten aufgefordert, ihren Standpunkt schriftlich und mündlich darzulegen. Diese Anhörung fand am 18. Oktober 1979 statt.

(26) Danach unterbreiteten die beteiligten Vereinigungen Vorschläge, um das kollektive System der Preisbindung für niederländische Bücher durch weniger zwingende Regelungen zu ersetzen. Mit Schreiben vom 15. Februar 1980 wurden der Kommission unter anderem die folgenden Vorschläge (2) vorgelegt:

a) Die kollektive vertikale Preisbindung gilt nur für ein Jahr nach dem ersten Erscheinen eines Titels.

b) Der unter a) genannte Preis verfällt nach einem Jahr, es sei denn, daß der Verleger individuell und frei an der Preisbindung für die einzelnen Bücher festhält.

c) Die unter a) und b) genannten Regelungen gelten auf jeden Fall für allgemeine Bücher und vorzugsweise auch für Schulbücher und wisseschaftliche Bücher, nicht aber für eine Reihe von Sonderfällen.

d) Die Einführung einer Preisbindung für das erste Jahr erfolgt nach dem »Reglement Handelsverkeer". Entscheidet sich der Verleger nach dem ersten Jahr für eine Beibehaltung der Preisbindung, so geschieht dies auf die gleiche Weise.

e) Die Anwendung des Ladenpreises auch jenseits der Grenze soll durch die Freistellung der Vereinbarung zwischen der VBBB und der VBVB durch die Kommission ermöglicht werden. Die Bindung für Bücher aus dem Nachbarland soll für die Angeschlossenen über das »Reglement Handelsverkeer" und für die übrigen über die Lieferbedingungen bei der Einfuhr erfolgen.

(27) Im September/Oktober 1980 wurden der Kommission nochmals neue Vorschläge (2) unterbreitet. Damit beabsichtigten die Beteiligten, den auf einem Anerkennungssystem aufgebauten ausschließlichen Handelsverkehr aufzuheben und eine kollektive Verpflichtung im Buchhandel zwischen Belgien und den Niederlanden abzuschaffen. Diese Vorschläge lassen sich wie folgt zusammenfassen:

(28) 1. Lieferbedingungen für niederländischsprachige allgemeine Bücher mit einem festgelegten Einzelpreis in Belgien und den Niederlanden:

a) Ein Verleger oder Alleinvertriebshändler von allgemeinen Büchern in niederländischer Sprache kann - ohne hierzu verpflichtet zu sein (1) - für jedes seiner Bücher eine Preisbindung einführen, die beim Verkauf an den Endverbraucher/Verwender gilt.

Jeder Abnehmer von Büchern, für die ein Einzelverkaufspreis gilt, ist verpflichtet, beim Verkauf an Händler diesen die Verpflichtung aufzuerlegen, den jeweils gebundenen Einzelverkaufspreis anzuwenden.

b) Ein Einzelverkaufspreis im Sinne von Buchstabe a) darf vor Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Erscheinen des Werkes nicht aufgehoben werden.

c) In einer Reihe von Fällen kann für einen begrenzten Zeitraum eine Abweichung vom Einzelpreis zugestanden werden (beispielsweise Subskriptionspreis, Mitgliedspreis, Serienpreis, Kombinationspreis, Kreditpreis und Gutscheinpreis).

d) Bei der Lieferung von Büchern mit einem gebundenen Ladenpreis an Händler müssen die einheitlichen allgemeinen Lieferbedingungen auf der Auftragsbestätigung und/oder Rechnung aufgeführt werden. Durch die Bestellung nehmen die Händler diese Bedingungen an und sind an sie gebunden.

e) Bei der Lieferung von Büchern aus den Niederlanden (Belgien) an einen Händler in Belgien (Niederlande) wird diesem die Anwendung des gebundenen Preises vorgeschrieben und die Verpflichtung zur Anwendung dieses Preises im Falle einer Wiedereinfuhr nach den Niederlanden (Belgien) auferlegt. Diese Verpflichtungen müssen beim Weiterverkauf an Händler weitergegeben werden.

f) Der Einzelpreis gilt nicht für Buchclubs, die eine Reihe von Bedingungen erfuellen.

(29) 2. Vereinbarung zwischen der VBBB und VBVB:

Nach der Reglung über den gebundenen Ladenpreis für niederländischsprachige Bücher tragen die Verleger oder Alleinvertriebshändler in beiden Ländern dafür Sorge, daß diese Bücher bei der Ausfuhr und beim Wiederverkauf von Büchern mit einem gebundenen Preis auch im anderen Land gemäß der dort geltenden Regelung über den gebundenen Ladenpreis verkauft werden. Die gleiche Regelung gilt für den Fall einer Wiedereinfuhr von Büchern.

(30) Am 13. November 1980 teilte die Kommission den beteiligten Parteien mit, daß sie keine Freistellung für die neu eingebrachten Vorschläge erteilen können. Die geltend gemachten Gründe bezueglich der Bedingung der Anwendung der Preisbindung in zwei Mitgliedstaaten seien solcher Art, daß die Kommission eine Freistellung nicht gewähren könne, selbst wenn die Preise individuell festgesetzt werden.

(31) Nach einer Besprechung am 19. März 1981 zwischen den Vertretern der beteiligten Parteien und der Kommission wurde ihnen mit Schreiben vom 27. März 1981 mitgeteilt, daß die Kommission ihre Einwände zu der angemeldeten Vereinbarung aufrechterhält. Im selben Brief wurde bestätigt, daß weder die angemeldete Vereinbarung noch die nachträglich ergangenen Vorschläge freigestellt werden könnten. Den Parteien wurden bei verschiedenen Anlässen die Gründe dargelegt, warum eine Freistellung für eine Vereinbarung nicht gewährt werden kann, die als Inhalt die Anwendung einer Preisbindung für den Verkauf einer Ware hat, in diesem Falle Bücher, und die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Die Parteien wurden aufgefordert, innerhalb eines Monats die Anwendung der angemeldeten Vereinbarung zu unterbinden und der Kommission die getroffenen Maßnahmen zur endgültigen Aufhebung dieser Vereinbarungen mitzuteilen. Die Parteien sind dieser Aufforderung nicht nachgekommen.

8.3. Verfahren vor den nationalen Gerichten

(32) a) N i e d e r l a n d e

Die Vereinbarung, auf die sich diese Entscheidung bezieht, war Gegenstand des Urteils des Präsidenten des Bezirksgerichts Amsterdam vom 26. Mai 1977 in einem Rechtsstreit zwischen der VBBB und mehreren Verlegern einerseits und Maxis B. V. andererseits. In diesem Urteil heisst es, daß in den Niederlanden herausgegebene Bücher, die nachweislich im Ausland gekauft worden sind, in den Niederlanden unter dem vom Verleger festgelegten Einzelhandelspreis verkauft werden dürfen. Dieses Urteil wurde durch das Urteil des Gerichtshofes Amsterdam vom 28. Dezember 1977 in seinen Grundzuegen bestätigt. Das Revisionsurteil des Obersten Gerichtshofs der Niederlande (Hoge Raad) brachte im Hinblick auf den Sachverhalt im vorliegenden Fall nichts Neues.

(33) b) Belgien

Mit Urteil des Präsidenten des Handelsgerichts Brüssel vom 18. Juni 1979 (in einem Rechtsstreit zwischen dem Warenhaus GB/INNO/BM, Klägerin, einerseits und der VBVB und einigen Verlegern, Beklagte, andererseits) wurde den Beklagten aufgegeben, die Verpflichtungen aufzuheben, »den Verkauf von niederländischsprachigen Büchern an die Klägerin davon abhängig zu machen, daß diese sich verpflichtet, die von den Lieferanten festgesetzten Preise für

den Verbraucher anzuwenden". Damit stellte der Präsident fest, daß das »Reglement Handelsverkeer" gegen Artikel 85 Absatz 1 des EWG-Vertrages verstösst und nicht bewiesen wurde, daß die Kommission aller Wahrscheinlichkeit nach von der Möglichkeit gemäß Artikel 85 Absatz 3 Gebrauch macht. Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt.

II.

ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 85

ABSATZ 1

(34) Nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festlegung der An- oder Verkaufspreise oder sonstigen Geschäftsbedingungen.

A. VEREINBARUNGEN ZWISCHEN UNTERNEHMEN

(35) Die Vereinbarung zwischen der VBBB und der VBVB, die Gegenstand dieser Entscheidung ist, ist formell als eine Vereinbarung zwischen Unternehmensvereinigungen anzusehen, in denen Verleger, Buchclub-Unternehmer, Importeure, Alleinvertriebshändler, Großhändler und Buchhändler zusammengeschlossen sind. Diese Mitglieder oder Angeschlossenen sind Unternehmen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1, da sie wirtschaftliche oder Handelstätigkeiten ausüben.

(36) Die von VBBB Anerkannten und Eingetragenen sind aufgrund von Artikel 14 des »Algemeen Reglement" und Artikel 3 des »Reglement Handelsverkeer" (siehe Ziffer 3) verpflichtet, die vom VBBB mit Organisationen in den Niederlanden oder im Ausland geschlossenen Vereinbarungen über das Buchwesen zu beachten. Die Mitglieder der Mitgliedsverbände bzw. -vereinigungen in Flandern sind aufgrund des zwischen der VBVB und den Mitgliedsverbänden bzw. -vereinigungen geschlossenen »Reglement Handelsverkeer" (siehe Ziffer 7) verpflichtet, die von der VBVB mit Organisation im In- oder Ausland geschlossenen Vereinbarungen zu beachten.

(37) Die zwischen der VBBB und der VBVB geschlossene Vereinbarung, um die es in dieser Entscheidung geht, ist eine Vereinbarung, die von den vorerwähnten Mitgliedern der VBBB und der VBVB und von den ihnen Angeschlossenen so beachtet werden muß, als ginge es um eine zwischen diesen Mitgliedern oder Angeschlossenen getroffene Vereinbarung, die in der Praxis als eine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 angesehen werden kann (1).

(38) An dieser Schlußfolgerung vermag die Tatsache, daß die Beteiligten der Kommission gegenüber erklärt haben, daß die Vereinbarung nur noch theoretisch bestehe und daß die Bestimmungen über das kollektive Ausschließlichkeitssystem auf jeden Fall in einer Neufassung der Vereinbarung gestrichen würden, nichts zu ändern. Die betreffende Vereinbarung ist nämlich noch immer Gegenstand der in Ziffer 1 genannten Anmeldung und wurde von den Beteiligten nicht gekündigt. Die Vorschläge, die die Beteiligten der Kommission vorgelegt haben (siehe Ziffern 28 und 29), führten nicht zur Aufhebung der ursprünglichen Vereinbarung und lassen daher das Verfahren betreffend die ursprüngliche Vereinbarung unberührt.

B. EINSCHRÄNKUNG DES WETTBEWERBS INNERHALB DES GEMEINSAMEN MARKTES

1. Das kollektive Ausschließlichkeitssystem

(39) Artikel 2 der Vereinbarung bestimmt, daß nur bei einer Lieferung an Anerkannte ein Nachlaß auf den Einzelhandelpreis eingeräumt werden darf. Ausserdem ist es nicht gestattet, Bücher, die im einen Land bei einem nicht anerkannten Verleger erschienen sind, im anderen Land zu verkaufen bzw. vorrätig zu halten oder ihren Verkauf zu fördern. Schließlich wird in diesem Artikel festgelegt, daß nur anerkannte Verleger, Buchhändler oder Importeure im anderen Land zum Alleinvertreter oder Lagerhalter bestellt werden können.

(40) Diese Bestimmungen bezwecken, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes einzuschränken. Sie bewirken, daß der grösste Teil des Buchhandels zwischen Belgien und den Niederlanden auf die Unternehmen beschränkt wird, die in beiden Ländern oder in einem davon von der betreffenden Vereinigung anerkannt worden sind. Diese Verpflichtung hindert anerkannte Verleger und Händler daran, mit nicht anerkannten Verlegern und Händlern im anderen Land Handel zu treiben. Ausserdem werden Unternehmen, die nicht anerkannt sind (da sie die Anerkennungskriterien nicht erfuellen oder nicht erfuellen wollen), in ihren Einkaufs- und Verkaufsmöglichkeiten eingeschränkt. Sie können Buchausgaben nicht an Anerkannte im anderen Land verkaufen oder von ihnen beziehen.

2. Die kollektive vertikale Preisbindung

(41) Die Vereinbarung enthält eine Reihe von Bestimmungen, die verhindern sollen, daß in einem Land herausgegebene Bücher im anderen Land zu einem Einzelhandelspreis verkauft werden, der von dem vom Verleger im ursprünglichen Land festgelegten Preis abweicht. Wer Bücher verkauft oder zum Kauf anbietet, ist gemäß Artikel 2 verpflichtet, die von den niederländischen oder den belgischen Verlegern vorgeschriebenen (und anhand der festgelegten Umrechnungskurse umgerechneten) Preise zu beachten. Ein Verleger oder Buchhändler im einen Land, der sich am Handel im anderen Land beteiligen möchte, muß hinsichtlich der Preisfestsetzung für die Bücher eine Reihe von Verpflichtungen auf sich nehmen. Die wichtigste davon ist jene, die dem Verleger vorschreibt, für jede seiner Ausgaben einen einheitlichen Einzelpreis festzulegen.

(42) Dieses System der kollektiven vertikalen Preisbindung über die nationale Grenze bezweckt und bewirkt eine Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes. Es schließt Initiativen zu einem Preiswettbewerb bei einem Titel zwischen Buchhändlern in beiden Ländern aus. Diese Regelung führt dazu, daß die Händler daran gehindert werden, ihre Marktanteile durch eigene autonome Wettbewerbsanstrengungen, d. h. durch den Weiterverkauf von Büchern zu Preisen, die unter den von den Verlegern festgelegten Preisen liegen, zu vergrössern und die durch Rationalisierungsmaßnahmen erlangten Vorteile an die Verbraucher weiterzugeben. Ausserdem engt dieses System die Handlungsfreiheit der Verleger und Importeure ein. Diese können den Absatz von Büchern, die im einen Land erschienen sind, im anderen Land nicht durch eine zeitweise oder ständige Preisermässigung fördern oder etwaige von ihnen erzielte Kosteneinsparungen an die Verbraucher im anderen Land weitergeben.

3. Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung

(43) Das durch die Vereinbarung eingeführte kollektive Ausschließlichkeitssystem und die kollektive vertikale Preisbindung schränken den Wettbewerb spürbar ein. Die Mehrzahl der im belgischen Flandern und in den Niederlanden im Buchsektor tätigen Unternehmen (Verleger, Buchclub-Unternehmer, Alleinvertriebshändler, Großhändler, Buchhändler) sind von beiden Vereinigungen anerkannt oder ihnen beigetreten. Die Bestimmungen der Vereinbarung sind für sie verbindlich. Für den Fall der Nichtbeachtung sind Sanktionen vorgesehen. Nicht anerkannte oder nichtangeschlossene Unternehmen haben daher in Belgien und in den Niederlanden nur geringe Einkaufs- und Absatzmöglichkeiten. Bei den Verlegern ist es so, daß die anerkannten Verleger in den Niederlanden einen Marktanteil von mehr als 70 % auf sich vereinigen und daß in Flandern 80 % aller Verleger der VBVB angehören. Dies zeigt, daß höchstwahrscheinlich auch ein sehr grosser Teil der aus den Niederlanden nach Flandern und der aus Flandern nach den Niederlanden eingeführten Buchausgaben von den anrkannten oder angeschlossenen Verlegern stammt und daher dem in der Vereinbarung festgelegten kollektiven Ausschließlichkeitssystem und der kollektiven vertikalen Preisbindung unterliegt. Die Buchhändler werden daher daran gehindert, bei einem Grossteil der von ihnen vertriebenen Bücher in einen Preiswettbewerb mit anderen Händlern einzutreten.

C. BEEINTRÄCHTIGUNG DES HANDELS ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN

(44) Die Vereinbarung betrifft den Buchhandel zwischen Belgien und den Niederlanden. Sie bezweckt, für diesen Handel bestimmte Regeln aufzustellen, die dazu führen, daß die Verleger und Händler im einen Land über ihre Einkaufsquellen und Absatzkanäle im anderen Land und über die Bedingungen, unter denen dieser Einkauf und Absatz erfolgt, nicht mehr frei entscheiden können. Daher ist die Vereinbarung geeignet, auf den freien Handel zwischen den Mitgliedstaaten derart einzuwirken, daß ein freier Wettbewerb zwischen Buchhändlern nicht möglich ist, und dazu angetan, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

(45) Das (am 9. September 1980 unterzeichnete, aber noch nicht ratifizierte) Abkommen zwischen dem Königreich Belgien und dem Königreich der Niederlande über die niederländische Sprachunion, das die Integration der Niederlande und der niederländischen Gemeinschaft in Belgien auf dem Gebiet der niederländischen Sprache und Literatur bezweckt und unter anderem in gewissem Umfang die Herausgabe und die Verbreitung von Büchern betrifft, lässt die Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 von dem Augenblick an unberührt, in dem der Handel zwischen Mitgliedstaaten - im vorliegenden Fall zwischen Belgien und den Niederlanden - beeinträchtigt wird.

(46) Die Beeinträchtigung ist auch spürbar. Der Buchhandel zwischen den Niederlanden und Belgien ist sehr umfangreich. Rund 80 % der in Flandern verkauften Bücher stammen aus den Niederlanden. Sie entsprachen im Jahre 1977 einem Wert von rund 36 Millionen ECU. Der Marktanteil der in Flandern herausgegebenen Bücher in den Niederlanden ist zwar erheblich niedriger, stellte aber 1979 doch noch einen Wert von rund 18 Millionen ECU dar. Wie

(1) Dieser Vorschlag war nicht Gegenstand einer Anmeldung im Sinne der Verordnung Nr. 17 des Rates.

(2) Diese Vorschläge waren nicht Gegenstand einer Anmeldung im Sinne der Verordnung Nr. 17 des Rates.

(1) Bei Schulbüchern und wissenschaftlichen Büchern ist der Verleger verpflichtet, einen Einzelpreis für jedes seiner Bücher festzulegen. Diese Verpflichtung beruht aber nicht auf den Bestimmungen der Vereinbarung zwischen der VBBB und der VBVB, sondern auf den Regeln, die von den beiden Vereinigungen als auf den Vertrieb im eigenen Land anwendbar erklärt worden sind.

(1) Siehe Entscheidung der Kommission vom 25. Juli 1974 in der Sache Nr. IV/26.602 Frubo, (ABl. Nr. L 237 vom 29. 8. 1974, Seite 16), bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Mai 1975 in der Rechtssache Nr. 71/74.

bereits weiter oben unter Ziffer 43 ausgeführt, wird ein sehr grosser Teil der eingeführten Bücher höchstwahrscheinlich von den anerkannten oder angeschlossenen Verlegern herausgegeben. Deshalb unterliegt ein sehr grosser Teil des Buchhandels zwischen beiden Ländern den Bestimmungen der Vereinbarung.

III

ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 85

ABSATZ 3

(47) Nach Artikel 85 Absatz 3 können die Bestimmungen des Artikels 85 Absatz 1 für nicht anwendbar erklärt werden auf Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne daß den betreffenden Unternehmen

a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerläßlich sind, oder

b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

(48) Bezueglich des kollektiven Ausschließlichkeitssystems muß festgestellt werden, daß die Beteiligten weder in ihren schriftlichen noch in ihren mündlichen Bemerkungen Argumente vorgebracht haben, die eine Freistellung dieses Teils der infragestehenden Vereinbarung rechtfertigen. Ausserdem haben die Beteiligten erklärt, daß dieses System in eine neue Vereinbarung nicht wieder aufgenommen werden sollte. Im Hinblick darauf ist die Kommission der Auffassung, daß das kollektive Ausschließlichkeitssystem nicht dazu beiträgt, die Erzeugung oder Verteilung der infragestehenden Waren, d. h. Bücher, zu verbessern, da das System zum Zweck und Ziel hat, ein Schutzsystem zugunsten der Verleger und Verkäufer, die an die betreffenden Vereinigungen gebunden sind, zu errichten, das spürbar die Ein- und Verkaufsmöglichkeiten der nicht anerkannten oder nicht eingetragenen Unternehmen im Buchsektor eines Landes im anderen Land begrenzt und die freie Entwicklung anderer Formen des Vertriebs und der Verkaufsmethoden einschränkt oder verhindert.

Was die kollektive vertikale Preisbindung im Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen den Niederlanden und Belgien betrifft, so hält es die Kommission für zweckmässig, die von den Beteiligten vorgebrachten Argumente sorgfältig im Hinblick auf jede der vier Kriterien des Artikels 85 Absatz 3 zu prüfen, obwohl sich dies im Prinzip grundsätzlich erübrigt, wenn die Vereinbarung bereits eines dieser Kriterien nicht erfuellt. In ihrer Gegenargumentation hat die Kommission ihren Standpunkt bekanntgegeben bezueglich des Teils der Vereinbarung, die Gegenstand dieser Entscheidung ist.

Die Kommission möchte ausserdem darauf aufmerksam machen, daß sie in dieser Entscheidung einige Aspekte der kollektiven vertikalen Preisbindung im allgemeinen behandelt, da die Würdigung der Vereinbarung, die die Preisbindung für Bücher im Handel zwischen Mitgliedstaaten betrifft, nicht vollständig von den generellen Aspekten getrennt gesehen werden kann.

A. BEITRAG ZUR VERBESSERUNG DER WARENERZEUGUNG ODER -VERTEILUNG

(49) Das in der Vereinbarung festgelegte System der kollektiven vertikalen Preisbindung im Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen Belgien und den Niederlanden trägt weder zur Verbesserung der Produktion der betreffenden Erzeugnisse - im vorliegenden Fall der Herausgabe niederländischsprachiger Bücher - noch zur Verbesserung des Vertriebs dieser Bücher bei.

(50) Die Beteiligten machten geltend, daß die in der Vereinbarung festgelegte vertikale Preisbindung zur Verbesserung der Produktion und der Verteilung der betreffenden Erzeugnisse beitrage, da der gebundene Preis für niederländischsprachige Bücher auch jenseits der Grenze es den Verlegern durch ein System des internen Ausgleichs zwischen Büchern mit grosser Auflage und schnellem Umsatz und Büchern mit kleiner Auflage und niedrigem Umsatz ermöglichen solle, ein breites Sortiment von Titeln auf den Markt zu bringen. Der gebundene Preis solle den Verlegern bei ihren Entscheidungen zur Herausgabe eines Buchs jene Sicherheit geben, die erforderlich sei, um ein breites Sortiment zu gewährleisten. Der Verleger könne bei einer Preisbindung sicher sein, daß der organisierte Buchhandel bereit sein werde, auch Bücher mit niedrigem Umsatz vorrätig zu halten und ihren Verkauf zu fördern. Der gebundene Preis solle ausserdem kleineren und mittelgrossen Verlegern, die sich häufig auf kommerziell wenig interessante Bücher spezialisiert hätten, helfen, sich auf dem Markt zu behaupten. Beim Vertrieb bedeute der gebundene Preis für den Buchhändler, daß er in seinem Laden ein breites und aufgefächertes Sortiment von Büchern vorrätig halten könne, da die Kosten für schlecht gehende Bücher durch den Gewinn aus gut gehenden Titeln ausgeglichen würden. Dieser Gewinn solle es ihm ermöglichen, die Kundschaft gut zu bedienen und für Einzelkunden Sonderbestellungen aufzugeben.

(51) Die zusammengefassten Ausführungen der Beteiligten stützen sich auf die Verbindung zwischen dem Grundsatz des internen Ausgleichs für den Hersteller (Verleger) wie auch für den Verteiler (Buchhändler), einerseits und dem System der kollektiven vertikalen Preisbindung andererseits. Die Kommission kann diesen Ausführungen nicht zustimmen, da der interne Ausgleich - soweit er im vorliegenden Fall ein brauchbares wirtschaftliches Argument darstellt - nicht zwangsläufig von einem System der kollektiven vertikalen Preisbindung abhängig ist. Die Entscheidung eines Verlegers, zwischen den Kosten von wirtschaftlich wenig interessanten Werken und den Kosten von Werken mit hoher Auflage einen gewissen Ausgleich vorzunehmen, ist im allgemeinen eine individuelle, selbständige Entscheidung jedes einzelnen Verlegers bei der Festsetzung seines Verkaufspreises gegenüber dem Wiederverkäufer. Um das vom Verleger gesteckte Ziel zu erreichen, ist ein System, wonach für jedes Buch der Wiederverkaufspreis bis zum Endverbraucher vom Verleger festgelegt wird und dieser Preis danach von allen Anerkannten, Eingetragenen oder Angeschlossenen im anderen Land angewandt werden muß, nicht erforderlich. Für die Verleger müsste es nämlich genügen, eine Reihe von gut verkäuflichen Büchern auf den Markt zu bringen, von denen sie eine ausreichend hohe Auflage verkaufen können, um in der Lage zu sein, mit den relativ hohen Einnahmen hieraus die Herausgabe schwieriger absetzbarer Titel zu finanzieren. Daß hiermit eine vertikale Preisbindung verbunden ist, kann vor allem deswegen nicht hingenommen werden, weil die Verleger von Unterhaltungsliteratur in der Praxis oft davon absehen, Bücher mit begrenzter Auflage - beispielsweise Fachbücher oder weniger populäre Literatur - herauszugeben. Genausowenig kann die Kommission dem von den Beteiligten in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argument hinsichtlich der Buchhändler beipflichten. Trotz des Systems der kollektiven Preisbindung ist nämlich die Zahl der allgemeinen Buchhandlungen unter anderem wegen des Erfolgs von Buchhandlungen ohne Kaufzwang, in denen fast ausschließlich Unterhaltungsliteratur und Zeitschriften angeboten werden, sowie wegen des relativ starken Wachstums des Umsatzes von Buchclubs, die im allgemeinen ein eher begrenztes Sortiment von Büchern anbieten, in den Niederlanden bereits stark zurückgegangen.

(52) Ferner kommt es bei der Entscheidung der Frage, ob bestimmte Wettbewerbsbeschränkungen aufgrund von Artikel 85 Absatz 3 vom Kartellverbot freigestellt werden können, nur darauf an, ob die Beschränkungen - objektiv gesehen - im Vergleich zu der Lage, die ohne diese Beschränkungen bestehen würde, eine Verbesserung herbeizuführen. Folglich ist nicht entscheidend, ob das System der kollektiven vertikalen Preisbindung über die Grenze hinaus für bestimmte Marktteilnehmer gewisse Vorteile mit sich bringt. Vielmehr muß nachgewiesen werden, daß individuelle Entscheidungen, wirtschaftlich wenig interessante Ausgaben über gut gehende Bücher zu fördern, aus industrieller und geschäftlicher Sicht kaum möglich sind oder kaum erwartet werden können. Dazu muß glaubhaft gemacht werden, daß die Existenz von kleineren und mittelgrossen Fachverlagen in einem System des freien Handels und der freien Preisfestsetzung ernsthaft gefährdet ist, was bisher noch nicht nachgewiesen wurde.

(53) Die Kommission ist denn auch der Auffassung, daß die etwaigen objektiven Vorteile, die sich aus der vorliegenden Vereinbarung ergeben, die damit verbundenen Wettbewerbsnachteile nicht aufwiegen. Die Kommission weist darauf hin, daß sich die Vereinbarung, die Gegenstand dieser Entscheidung ist, auf die Buchverteilung eher nachteilig als günstig auswirkt, da das System der kollektiven vertikalen Preisbindung die Ausschaltung jeglichen Preiswettbewerbs bei ein und demselben Verlagswerk auf der Vertriebsstufe zur Folge hat. Dies ist um so schwerwiegender, als bei Fehlen eines spürbaren Wettbewerbs zwischen unterschiedlichen Titeln der Preiswettbewerb zwischen den Vertriebskanälen bei ein und demselben Titel ein wichtiges Mittel zur Rationalisierung und Verbesserung des Vertriebsapparates bildet.

B. ANGEMESSENE BETEILIGUNG DER VERBRAUCHER

(54) Die Parteien brachten vor, daß das System der kollektiven vertikalen Preisbindung im Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen Belgien und den Niederlanden die Verbraucher in angemessener Weise an dem Gewinn beteilige, der sich daraus auf Ebene der Produktion und des Vertriebs von Büchern ergebe. Auf Ebene der Produktion oder der Herausgabe von Büchern gebe es ein breiteres Angebot von Titeln als im Falle eines Verzichts auf eine kollektive vertikale Preisbindung. Schon deswegen, weil ein Verleger häufig nicht gleichzeitig Unterhaltungsliteratur und spezialisierte Bücher herausgibt, sondern sich vielmehr auf die Herausgabe der einen oder anderen Buchart beschränkt, gilt diese Bedingung als nicht erfuellt. Das Argument, daß der Buchhandel nur dann bereit und imstande sei, seine Dienste in der Form anzubieten, daß er gut berate und Einzelbestellungen entgegennehme, wenn es ein System der kollektiven vertikalen Preisbindung gebe, kann nicht ohne weiteres anerkannt werden. Es ist nämlich nicht einzusehen, warum ein Buchhändler ohne ein System der vertikalen Preisbindung keine normalen Handelstätigkeiten ausüben könnte, wenn er für die von ihm geleisteten Dienste eine angemessene Vergütung enthält. Ausserdem wird dem Verbraucher dadurch die Möglicheit genommen, selbst darüber zu entscheiden, ob er Bücher zu einem Preis zu kaufen wünscht, der eine Vergütung für Serviceleistungen enthält, oder sich an Buchhändler wenden will, die keine derartigen Leistungen anbieten und bei denen er seine Bücher billiger kaufen kann. Der Abnehmer zahlt daher ungeachtet seiner Wünsche bei den Serviceleistungen überall denselben Preis für ein im anderen Land herausgegebenes niederländischsprachiges Buch und ist verpflichtet, eine Vergütung für Serviceleistungen zu zahlen, auch wenn er derartige Leistungen nicht in Anspruch nehmen will, was häufig der Fall zu sein scheint.

(55) Auch wenn ein breites Titelangebot und die Möglichkeit von Serviceleistungen an den Abnehmer als günstig beurteilt werden können, kommen mögliche Rationalisierungsvorteile für den Buchhandel letzterem aber im allgemeinen nicht zugute. Ein Buchhändler ist nämlich nicht berechtigt, einem guten Kunden Preisnachlässe zu gewähren. Da der Preis für ein Erzeugnis - dies gilt auch beim Kauf von Büchern - für viele Abnehmer einen wichtigen Faktor bei ihren Kaufentscheidungen darstellt, ist die Kommission der Auffassung, daß die Verbraucher nicht in angemessener Weise an etwaigen Vorteilen aus der von dieser Entscheidung erfassten Vereinbarung beteiligt werden.

(56) Die Anwendung des Systems der kollektiven vertikalen Preisbindung für niederländischsprachige Bücher bewirkt, daß die grösste Gruppe der Abnehmer, die mehr populäre Bücher vorzieht, an den Kosten für die Herausgabe von Büchern mit einer begrenzten Auflage beteiligt wird, die in der Regel für einen kapitalkräftigeren Teil der Bevölkerung bestimmt sind. Beim Abwägen der möglichen Vor- und Nachteile aus einer Vereinbarung von der vorliegenden Art kann dem Argument nicht zugestimmt werden, daß die Nachteile, die sich daraus für die Mehrheit der Abnehmer ergeben, die Vorteile für eine Minderheit der Bevölkerung aufwiegen.

C. UNERLÄSSLICHKEIT DER WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN AUFGRUND DER VEREINBARUNG

(57) Im Hinblick auf die dritte Bedingung des Artikels 85 Absatz 3 erklärten die Beteiligten, daß das System der kollektiven vertikalen Preisbindung im Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen den Niederlanden und Belgien für eine Verbesserung der Produktion und des Vertriebs von Büchern unerläßlich sei. Ohne dieses System würden gewerbliche Buchhändler den grössten Teil ihrer Verkäufe von Unterhaltungsliteratur an »cash and carry"-Betriebe verlieren, was zur Folge habe, daß sie die Vorratshaltung von weniger gut gehenden Titel und Serviceleistungen an den Abnehmer nicht mehr mit dem Gewinn aus dem Verkauf von Erfolgsbüchern finanzieren könnten. Der Buchhandel müsste dann die Zahl der vorrätig gehaltenen schlecht gehenden Titel drastisch verringern. Die Folge davon wäre, daß der Verleger nicht mehr die Sicherheit hätte, diese Werke über den Buchhandel absetzen zu können. Er wäre daher weniger geneigt, Minderheitenwerke herauszugeben. Diese Entwicklung würde zum Verschwinden der kleinen und mittelgrossen Fachverlage führen.

(58) Die Kommission ist der Auffassung, daß ein System der kollektiven vertikalen Preisbindung für eine etwaige Verbesserung der Produktion und des Vertriebs niederländischsprachiger Bücher durch gewerbliche Buchhändler nicht unerläßlich ist. Vor allem ist es hierzu nicht erforderlich, im Handel zwischen Belgien und den Niederlanden Wettbewerbsbeschränkungen von der Art aufzuerlegen, wie sie in der von dieser Entscheidung erfassten Vereinbarung vorgesehen ist. Wenn die Produktion oder der Vertrieb niederländischsprachiger Bücher in den letzten Jahren zurückgegangen ist, so ist dies nicht unbedingt auf die Anwendung oder Nichtanwendung eines Systems der kollektiven vertikalen Preisbindung über die Grenze hinaus zurückzuführen, sondern kann genausogut das Ergebnis einer allgemeinen Verschlechterung des wirtschaftlichen Klimas sein. Nach Ansicht der Kommission verfügen die Beteiligten über weniger einschränkende Mittel, um die Verbesserung der Produktion und den Vertrieb niederländischsprachiger Bücher zu erreichen.

(59) Die Kommission erkennt die wichtige Aufgabe des Buchs als Kulturträger neben anderen Kulturträgern wie beispielsweise dem Theater, der Musik, dem Film und der Malerei an. Sie ist mit den Beteiligten gegen eine Entwicklung, die dahin führt, daß kulturell wertvolle Bücher nicht mehr herausgegeben werden können; sie steht jedoch auf dem Standpunkt, daß ein kollektives System der vertikalen Preisbindung für alle Buchkategorien im Handel zwischen zwei Mitgliedstaaten dazu nicht notwendig ist. Andere Lösungen, die die Stellung des Buches als Kulturträger nicht antasten, mit den Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrags aber im Einklang stehen, sollten hier möglich sein.

(60) Um zu zeigen, warum es unerläßlich ist, das von den niederländischen Verlegern angewandte System der vertikalen Preisbindung auf Flandern auszudehnen, wobei die durch das »Reglement" der VBBB angeblich erreichten Verbesserungen des Vertriebs nur auf dem niederländischen Hoheitsgebiet wirksam sind, was im Hinblick auf die Niederlande umgekehrt auch für das »Reglement" der VBVB gilt, führten die Beteiligten ferner an, daß die Niederlande und Flandern aufgrund ihrer kulturellen Einheit einen einzigen Markt für niederländischsprachige Bücher bildeten. Um die Einheit dieses Marktes zu erhalten und die Entwicklung der niederländischen Kultur zu ermöglichen, müssten die vom Herausgeber festgelegten Preise nicht nur in jedem der betreffenden Länder beachtet werden, sondern auch im Handelsverkehr zwischen ihnen. Ohne ein solches System würde die kulturelle Einheit des niederländischen Sprachgebiets gefährdet.

Nach Auffassung der Kommission gefährdet die Aufhebung des kollektiven Systems der vertikalen Preisbindung im Handel zwischen Belgien und den Niederlanden nicht die kulturelle Einheit des niederländischen Sprachgebiets. Abgesehen von der Tatsache, daß das niederländischsprachige Buch nur eines der Elemente dieser kulturellen Einheit ist, betrifft die Vereinbarung, um die es in dieser Entscheidung geht, nur eine der Formen, in denen die kulturelle Einheit beim niederländischsprachigen Buch ihren Ausdruck findet. Das Hauptgewicht muß vielmehr auf die Methoden der Zusammenarbeit gelegt werden, die unter Wahrung der Freiheit der Meinungsäusserung der Schriftsteller allen Gruppen von Lesern zum Vorteil gereichen und den an der Organisation des Buchvertriebs beteiligten Wirtschaftssubjekten die grösstmögliche Freiheit lassen.

Die Kommission ist der Auffassung, daß es nicht Sache der Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen ist, Kulturabkommen zu schließen, für die der Staat in ganz besonderem Masse zuständig ist. Jedoch erkennt sie an, daß auch Unternehmen einen wertvollen Beitrag zur Ausbreitung des Kulturgutes leisten können. Die Kommission ist davon überzeugt, daß die betreffenden Mitgliedstaaten für den Fall, daß Maßnahmen zum Schutz bestimmter kultureller Werte erforderlich werden sollten, sicherlich alle erforderlichen Schritte unternehmen. In diesem Zusammenhang verweist die Kommission unter anderem auf das zwischen dem Königreich Belgien und dem Königreich der Niederlande geschlossene Übereinkommen über die niederländische Sprachunion, das eine Integration auf dem Gebiet der niederländischen Sprache und Literatur im weitesten Sinne herbeiführen soll und das vorsieht, daß Initiativen auf dem Gebiet der Herausgabe und der Verteilung von Büchern ergriffen werden können.

D. AUSSCHALTUNG DES WETTBEWERBS

FÜR EINEN WESENTLICHEN TEIL

DER BETREFFENDEN WAREN

(61) Schließlich führten die Parteien aus, daß das kollektive System der vertikalen Preisbindung im Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen Belgien und den Niederlanden nicht für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb ausschalte. Zunächst gebe es eine Gruppe nicht anerkannter Verleger, die sich an dem kollektiven System nicht beteiligten. Sodann stuenden die anerkannten Verleger bei derselben Gruppe von Büchern miteinander im Wettbewerb. Schließlich könnten die Buchhändler bei der Vorratshaltung, der Spezialisierung, den Serviceleistungen und den Bestellmöglichkeiten mit anderen Händlern in Wettbewerb treten.

(62) Auch wenn es zutrifft, daß es bei Ausgaben nicht anerkannter Verleger einen Preiswettbewerb zwischen den Buchhändlern geben kann, so ist doch zu bemerken, daß der Anteil der nicht anerkannten Verleger am Gesamtverkauf von Büchern im Vergleich zum Anteil der anerkannten Verleger gering ist. Der überwiegende Teil der in einem Land verkauften, aber im anderen Land herausgegebenen Bücher fällt unter das System der kollektiven vertikalen Preisbindung. Der Preiswettbewerb zwischen Buchhändlern ist bei allen diesen Ausgaben ausgeschaltet. Die restlichen Wettbewerbsmöglichkeiten bei der Vorratshaltung, der Spezialisierung, den Serviceleistungen und den Bestellmöglichkeiten können aus der Sicht des Abnehmers, der an sehr spezialisierten Büchern häufig kein besonders grosses Interesse hat, im Vergleich zum Preiswettbewerb jedenfalls nur untergeordnete Bedeutung haben. Auf Ebene des Bucheinzelhandels wird der Wettbewerb daher für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren ausgeschaltet.

An dieser Schlußfolgerung vermag die Tatsache, daß zwischen den Verlegern ein gewisser Preiswettbewerb besteht, nichts zu ändern. Dieser Wettbewerb ist ausserdem auf eine geringe Zahl von Titeln oder Serien beschränkt. Die meisten Bücher sind grundsätzlich in vollem Umfang Originalleistungen, die vom Verfasser geschrieben werden, wie es ihm die Inspiration des Augenblicks eingibt. Diese Bücher können daher nicht miteinander verglichen werden. Bei einigen Ausgaben steht gleichwohl nicht die subjektive schöpferische Leistung des Verfassers im Vordergrund, sondern die in seinem Werk enthaltene objektive Information. In diesem Fall sind Bücher, die die gleiche objektive Information enthalten, bis zu einem gewissen Grad austauschbar und können daher zum selben Markt gehören. Diese Werke machen aber nur einen geringen Teil der Gesamtzahl der auf dem Markt befindlichen Bücher aus.

(63) Da die vier Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 nicht erfuellt sind, kann die angemeldete Vereinbarung nicht vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 freigestellt werden. IV

ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 3 DER VERORDNUNG NR. 17

(64) Stellt die Kommission auf Antrag oder von Amts wegen eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 des EWG-Vertrags fest, so kann sie gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 die beteiligten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen.

Wie vorstehend ausgeführt, stellt die angemeldete Vereinbarung zwischen der VBBB und der VBVB eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 dar. Die beteiligten Unternehmensvereinigungen müssen daher verpflichtet werden, die Zuwiderhandlung unverzueglich und auf formelle Weise abzustellen.

(65) Damit alle Unternehmen des Buchhandels eindeutig darüber informiert werden, daß die mit der Vereinbarung zwischen der VBBB und der VBVB eingeführten Wettbewerbsbeschränkungen im Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen Belgien und Niederlanden tatsächlich beendet wurden, müssen die beteiligten Unternehmensvereinigungen ver- pflichtet werden, den Mitgliedern, Angeschlossenen, Anerkannten und Eingetragenen schriftlich mitzuteilen, daß die in der Vereinbarung enthaltenen Wettbewerbsbeschränkungen aufgehoben worden sind und welche praktischen Folgen sich daraus für den Buchhandel zwischen Belgien und den Niederlanden ergeben. Innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung ist der Kommission daher ein Entwurf für eine solche Mitteilung vorzulegen -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die am 21. Januar 1949 zwischen der »Vereeniging ter Bevordering van de Belangen des Bökhandels" und der »Vereeniging ter Bevordering van het Vlaamsche Bökwezen" geschlossene und am 2. Juli 1958 geänderte Vereinbarung über ein kollektives Alleinvertriebssystem und eine kollektive vertikale Preisbindung im Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen Belgien und den Niederlanden stellt eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dar.

Artikel 2

Der Antrag auf Abgabe einer Freistellungserklärung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wird abgelehnt.

Artikel 3

Die in Artikel 5 genannten Unternehmensvereinigungen haben die in Artikel 1 festgestellte Zuwiderhandlung unverzueglich abzustellen.

Artikel 4

Die in Artikel 5 genannten Unternehmensvereinigungen haben ihre Mitglieder, die ihnen Angeschlossenen sowie die von ihnen Anerkannten und Eingetragenen schriftlich von dieser Entscheidung zu unterrichten und ihnen mitzuteilen, daß die mit der in Artikel 1 genannten Vereinbarung eingeführten Wettbewerbsbeschränkungen aufgehoben worden sind und welche praktischen Folgen sich daraus für den Handel mit niederländischsprachigen Büchern zwischen Belgien und den Niederlanden ergeben. Innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung haben sie der Kommission einen Entwurf für diese Mitteilung vorzulegen.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an die folgenden Unternehmensvereinigungen gerichtet:

1. Vereeniging ter Bevordering van de Belangen des Bökhandels,

Postbus 5475

NL-1007 AL Amsterdam

2. Vereeniging ter Bevordering van het Vlaamsche Bökwezen,

Frankrijklei 93, bus 3

B-2000 Antwerpen

Brüssel, den 25. November 1981

Für die Kommission

Frans ANDRIESSEN

Mitglied der Kommission