31969R2603

Verordnung (EWG) Nr. 2603/69 des Rates vom 20. Dezember 1969 zur Festlegung einer gemeinsamen Ausfuhrregelung

Amtsblatt Nr. L 324 vom 27/12/1969 S. 0025 - 0033
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 11 Band 1 S. 0037
Dänische Sonderausgabe: Reihe I Kapitel 1969(II) S. 0573
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 11 Band 1 S. 0037
Englische Sonderausgabe: Reihe I Kapitel 1969(II) S. 0590
Griechische Sonderausgabe: Kapitel 11 Band 1 S. 0101
Spanische Sonderausgabe: Kapitel 11 Band 1 S. 0060
Portugiesische Sonderausgabe: Kapitel 11 Band 1 S. 0060


VERORDNUNG (EWG) Nr. 2603/69 DES RATES vom 20. Dezember 1969 zur Festlegung einer gemeinsamen Ausfuhrregelung

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 111 und 113,

gestützt auf die Regelungen für die gemeinsamen Agrarmarktorganisationen und auf die Regelungen über die landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse nach Artikel 235 des Vertrages, insbesondere auf die Bestimmungen dieser Regelungen, die ein Abweichen von dem allgemeinen Grundsatz ermöglichen, alle mengenmässigen Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung lediglich durch die in diesen Regelungen vorgesehenen Maßnahmen zu ersetzen,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Nach Ablauf der Übergangszeit ist die gemeinsame Handelspolitik nach einheitlichen Grundsätzen zu gestalten ; dies gilt unter anderem für die Ausfuhr ; die Durchführung dieser Politik setzt ihre schrittweise Vereinheitlichung während der Übergangszeit voraus.

Daher sollte eine gemeinsame Ausfuhrregelung der EWG festgelegt werden.

In sämtlichen Mitgliedstaaten sind die Ausfuhren fast vollständig liberalisiert ; daher kann auf Gemeinschaftsebene an dem Grundsatz festgehalten werden, daß die Ausfuhren nach dritten Ländern keinen mengenmässigen Beschränkungen unterliegen, vorbehaltlich der durch diese Verordnung vorgesehenen Ausnahmen und unbeschadet der Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten gemäß dem Vertrag treffen können.

Die Kommission muß unterrichtet werden, wenn ein Mitgliedstaat auf Grund einer aussergewöhnlichen Entwicklung des Marktes der Auffassung ist, daß Schutzmaßnahmen erforderlich sein könnten.

Es ist von wesentlicher Bedeutung, insbesondere an Hand der entsprechenden Informationen auf Gemeinschaftsebene und in einem beratenden Ausschuß die Ausfuhrbedingungen, ihre Entwicklung und die verschiedenen Gesichtspunkte der Wirtschafts- und Handelslage sowie gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zu prüfen.

Es kann sich als notwendig erweisen, bestimmte Ausfuhren zu überwachen oder aus Gründen der Vorsicht vorläufige Maßnahmen gegen unerwartete Praktiken einzuführen ; das Gebot der Schnelligkeit und der Wirksamkeit rechtfertigt es, die Kommission zu ermächtigen, über diese letztgenannten Maßnahmen zu entscheiden, unbeschadet der späteren Haltung des Rates, dem es obliegt, die den Interessen der Gemeinschaft gemässe Politik festzulegen.

Die auf Grund der Interessen der Gemeinschaft erforderlichen Schutzmaßnahmen müssen unter Einhaltung der bestehenden internationalen Verpflichtungen getroffen werden.

Es scheint angebracht, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu eröffnen, unter gewissen Bedingungen vorläufige Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Es ist wünschenswert, daß in dem Zeitraum der Anwendung der Schutzmaßnahmen Konsultationen stattfinden können, damit man deren Auswirkungen feststellen und nachprüfen kann, ob die Voraussetzungen für ihre Anwendung weiterhin gegeben sind.

Es erscheint angebracht, bestimmte Waren vorläufig von der gemeinschaftlichen Liberalisierung auszuschließen, bis der Rat eine gemeinschaftliche Regelung für sie einführt.

Diese Verordnung muß alle Waren, sowohl gewerbliche als auch landwirtschaftliche, erfassen ; sie muß ergänzend zu den Regelungen für die gemeinsamen Agrarmarktorganisationen sowie zu den besonderen Regelungen für landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse nach Artikel 235 des Vertrages Anwendung finden ; es sollte jedoch vermieden werden, daß sich die Vorschriften dieser Verordnung mit den oben erwähnten Regelungen, insbesondere mit deren Schutzklauseln, überschneiden -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

TITEL I Grundsatz

Artikel 1

Die Ausfuhren der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nach dritten Ländern sind frei, d.h. keinen mengenmässigen Beschränkungen unterworfen, mit Ausnahme derjenigen, die in Übereinstimmung mit den Vorschriften dieser Verordnung Anwendung finden.

TITEL II Gemeinschaftliches Informations- und Konsultationsverfahren

Artikel 2

Ist ein Mitgliedstaat infolge einer aussergewöhnlichen Entwicklung des Marktes der Auffassung, daß Schutzmaßnahmen im Sinne von Titel III erforderlich sein könnten, so informiert er die Kommission ; diese unterrichtet die übrigen Mitgliedstaaten.

Artikel 3

(1) Konsultationen können zu jeder Zeit entweder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder auf Initiative der Kommission eingeleitet werden.

(2) Konsultationen müssen binnen 4 Werktagen stattfinden, wenn bei der Kommission die in Artikel 2 erwähnte Information eingegangen ist, auf jeden Fall aber, bevor eine Maßnahme nach Artikel 5 bis 7 getroffen wird.

Artikel 4

(1) Die Konsultationen finden in einem beratenden Ausschuß statt, im folgenden "Ausschuß" genannt ; der Ausschuß besteht aus Vertretern eines jeden Mitgliedstaats ; ein Vertreter der Kommission führt den Vorsitz.

(2) Der Ausschuß wird von seinem Vorsitzenden einberufen. Dieser übermittelt den Mitgliedstaaten binnen kürzester Frist alle zweckdienlichen Informationen.

(3) Die Konsultationen erstrecken sich insbesondere a) auf die Bedingungen und die Entwicklung der Ausfuhr sowie die Wirtschafts- und Handelslage bei der betreffenden Ware;

b) gegebenenfalls auf die erforderlichen Maßnahmen.

Artikel 5

Um die Wirtschafts- und Handelslage einer Ware zu bestimmen, kann die Kommission die Mitgliedstaaten ersuchen, ihr statistische Angaben über deren Marktlage zu machen sowie ihre Ausfuhren gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und nach von ihr angegebenen Modalitäten zu überwachen. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Vorkehrungen, um den Ersuchen der Kommission nachzukommen. Sie teilen ihr die erbetenen Angaben mit. Die Kommission unterrichtet die übrigen Mitgliedstaaten.

TITEL III Schutzmaßnahmen

Artikel 6

(1) Um einer durch einen Mangel an lebenswichtigen Gütern bedingten Krisenlage vorzubeugen oder entgegenzuwirken, kann die Kommission, auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus, sofern die Interessen der Gemeinschaft ein unverzuegliches Eingreifen erfordern, unter Berücksichtigung der Art der Erzeugnisse und der sonstigen Besonderheiten der betreffenden Transaktionen die Ausfuhr eines Erzeugnisses von der Vorlage einer Ausfuhrgenehmigung abhängig machen, die nach den Modalitäten und in den Grenzen zu gewähren sind, die sie bis zu einem späteren Beschluß des Rates auf der Grundlage von Artikel 7 festlegt.

(2) Die ergriffenen Maßnahmen werden dem Rat und den Mitgliedstaaten mitgeteilt ; sie sind sofort anwendbar.

(3) Diese Maßnahmen können auf bestimmte Bestimmungsländer und auf die Ausfuhr bestimmter Gebiete der Gemeinschaft beschränkt werden. Sie betreffen nicht die Erzeugnisse, die sich auf dem Weg zur Grenze der Gemeinschaft befinden.

(4) Ist das Eingreifen der Kommission von einem Mitgliedstaat beantragt worden, so fasst sie binnen höchstens fünf Arbeitstagen nach Eingang des Antrags einen Beschluß. Gibt die Kommission einem solchen Antrag nicht statt, so teilt sie dies dem Rat unverzueglich mit ; dieser kann mit qualifizierter Mehrheit anders beschließen.

(5) Jeder Mitgliedstaat kann den Rat mit den getroffenen Maßnahmen binnen zwölf Arbeitstagen nach dem Tag der Benachrichtigung der Mitgliedstaaten befassen. Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit eine andere Entscheidung treffen.

(6) Wird Absatz 1 angewandt, so unterbreiter die Kommission binnen zwölf Arbeitstagen nach Inkrafttreten ihrer Maßnahme dem Rat einen Vorschlag im Sinne von Artikel 7. Befindet der Rat binnen sechs Wochen nach Inkrafttreten der Maßnahme der Kommission nicht über diesen Vorschlag, so gilt die Maßnahme als aufgehoben.

Artikel 7

(1) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit und sofern es die Interessen der Gemeinschaft erfordern, geeignete Maßnahmen treffen, um: - einer durch einen Mangel lebenswichtiger Güter bedingten Krisenlage vorzubeugen oder entgegenzuwirken,

- die Erfuellung der von der Gemeinschaft oder allen Mitgliedstaaten eingegangenen internationalen Verpflichtungen, insbesondere auf dem Gebiet des Handels mit Grundstoffen, zu ermöglichen.

(2) Diese Maßnahmen können auf gewisse Bestimmungsländer und auf die Ausfuhr bestimmter Gebiete der Gemeinschaft beschränkt werden. Sie berühren nicht die Waren, die sich bereits auf dem Weg zur Grenze der Gemeinschaft befinden.

(3) Bei der Einführung mengenmässiger Beschränkungen bei der Ausfuhr wird insbesondere folgendes berücksichtigt: - der Umfang der vor Inkrafttreten einer Schutzmaßnahme im Sinne des Titels III zu normalen Bedingungen geschlossenen Verträge, die der betreffende Mitgliedstaat der Kommission gemäß seinen internen Vorschriften mitgeteilt hat,

- die Tatsache, daß die Verwirklichung des durch die Einführung mengenmässiger Beschränkungen angestrebten Ziels nicht gefährdet werden darf.

Artikel 8

(1) Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, daß eine in Artikel 6 Absatz 1 für die Gemeinschaft beschriebene Lage auf seinem Hoheitsgebiet eintritt, so kann er die Ausfuhr eines Erzeugnisses vorläufig von der Vorlage einer Ausfuhrgenehmigung abhängig machen, die nach den von ihm festzulegenden Modalitäten und zu den von ihm zu bestimmenden Grenzen erteilt wird.

(2) Der Mitgliedstaat trifft diese Maßnahme nach Kenntnisnahme von den im Ausschuß abgegebenen Stellungnahmen oder, wenn ein solches Verfahren wegen der Dringlichkeit der Maßnahmen nicht möglich ist, nach Unterrichtung der Kommission ; diese unterrichtet die übrigen Mitgliedstaaten.

(3) Die Maßnahmen werden der Kommission durch Fernschreiben notifiziert, sobald sie getroffen worden sind ; diese Notifizierung gilt als Antrag im Sinne von Artikel 6 Absatz 4. Die Maßnahmen sind nur bis zum Beginn der Anwendung des Beschlusses der Kommission anwendbar.

Beschließt die Kommission jedoch, keine Maßnahmen nach Artikel 6 zu ergreifen, so wird ihr Beschluß vom sechsten Tag nach dem Tag seines Inkrafttretens an anwendbar, sofern der Mitgliedstaat, der die Maßnahmen nach Absatz 1 getroffen hat, dem Rat diesen Beschluß nicht vorlegt ; in diesem Fall sind die einzelstaatlichen Maßnahmen bis zum Inkrafttreten des Beschlusses des Rates und höchstens während eines Monats nach Anrufung des Rates anwendbar. Der Rat beschließt vor Ablauf dieser Frist.

(4) Dieser Artikel ist bis zum 31. Dezember 1972 anwendbar. Vor diesem Zeitpunkt beschließt der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit die an diesen Bestimmungen vorzunehmenden Anpassungen.

Artikel 9

(1) In dem Zeitraum, in dem die in Artikel 6 bis 8 genannten Maßnahmen angewandt werden, finden im Ausschuß auf Antrag eines Mitgliedstaats oder auf Initiative der Kommission Konsultationen statt mit dem Ziel, a) die Auswirkungen dieser Maßnahmen zu untersuchen;

b) zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ihre Anwendung weiterhin gegeben sind.

(2) Ist die Kommission der Ansicht, daß die Maßnahmen gemäß Artikel 6 und 7 zu ändern oder aufzuheben sind, so verfährt sie wie folgt: a) sie ändert unverzueglich ihre Maßnahmen oder hebt diese auf, soweit der Rat über die Maßnahmen der Kommission nicht entschieden hat, und erstattet dem Rat darüber sofort Bericht;

b) sie schlägt dem Rat in den übrigen Fällen die Aufhebung oder die Änderung der von diesem getroffenen Maßnahmen vor. Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

TITEL IV Übergangs- und Schlußbestimmungen

Artikel 10

Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit eine gemeinsame Regelung für die im Anhang aufgeführten Waren festlegt, wird der in Artikel 1 enthaltene Grundsatz der freien Ausfuhr auf diese Waren nicht angewandt.

Artikel 11

Unbeschadet anderer Vorschriften der Gemeinschaft steht diese Verordnung der Einführung oder Anwendung mengenmässiger Ausfuhrbeschränkungen durch die Mitgliedstaaten nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind.

Artikel 12

(1) Diese Verordnung steht der Anwendung der Regelungen für die gemeinsamen Agrarmarktorganisationen und den besonderen Regelungen über landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse nach Artikel 235 des Vertrages nicht entgegen ; sie wird ergänzend angewandt.

(2) Artikel 6 und 8 gelten jedoch nicht für die unter die genannten Regelungen fallenden Erzeugnisse, bei denen die gemeinschaftliche Regelung des Handels mit Drittländern die Möglichkeit vorsieht, mengenmässige Ausfuhrbeschränkungen anzuwenden. Artikel 5 gilt nicht für die unter die genannten Regelungen fallenden Erzeugnisse, bei denen die gemeinschaftliche Regelung des Handels mit Drittländern die Vorlage einer Ausfuhrlizenz oder eines anderen Ausfuhrdokuments vorsieht.

Artikel 13

Diese Verordnung tritt am 31. Dezember 1969 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 20. Dezember 1969.

Im Namen des Rates

Der Präsident

H.J. DE KOSTER

ANHANG

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