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Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten

Amtsblatt Nr. 022 vom 09/02/1965 S. 0369 - 0373
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 13 Band 1 S. 0067
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 13 Band 1 S. 0067
Dänische Sonderausgabe: Reihe I Kapitel 1965-1966 S. 0017
Englische Sonderausgabe: Reihe I Kapitel 1965-1966 S. 0024
Griechische Sonderausgabe: Kapitel 13 Band 1 S. 0025
Spanische Sonderausgabe: Kapitel 13 Band 1 S. 0018
Portugiesische Sonderausgabe: Kapitel 13 Band 1 S. 0018


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RICHTLINIE DES RATES

vom 26 . Januar 1965

zur Angleichung der Rechts - und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten

( 65/65/EWG )

DER RAT DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft , insbesondere auf Artikel 100 .

auf Vorschlag der Kommission .

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments ( 1 ) .

nach Stellungnahme des Wirtschafts - und Sozialausschusses ( 2 ) .

in Erwägung nachstehender Gründe :

Alle Rechts - und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Arzneispezialitäten müssen in erster Linie dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienen .

Dieses Ziel muß jedoch mit Mitteln erreicht werden , die die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie und den Handel mit pharmazeutischen Erzeugnissen innerhalb der Gemeinschaft nicht hemmen können .

Die Unterschiede zwischen einigen einzelstaatlichen Vorschriften , namentlich zwischen den Vorschriften über Arzneimittel - mit Ausnahme solcher Stoffe und Stoffzusammensetzungen , die Lebensmittel , Futtermittel oder Körperpflegemittel sind - , behindern den Handel mit Arzneispezialitäten innerhalb der Gemeinschaft und wirken sich somit unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes aus .

Diese Hindernisse müssen folglich beseitigt werden ; zu diesem Zweck ist eine Angleichung der einschlägigen Rechtsvorschriften erforderlich .

Diese Angleichung kann jedoch nur schrittweise erfolgen ; zunächst müssen diejenigen Unterschiede beseitigt werden , die das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes am stärksten beeinträchtigen können -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN :

Kapitel I

Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

Artikel 1

Für die Durchführung dieser Richtlinie sind :

1 . Arzneispezialitäten

alle Arzneimittel , die im voraus hergestellt und unter einer besonderen Bezeichnung und in einer besonderen Aufmachung in den Verkehr gebracht werden .

2 . Arzneimittel

alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen , die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet werden :

alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen , die dazu bestimmt sind , im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung , Besserung oder Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden .

3 . Stoffe

alle Stoffe jeglicher Herkunft , und zwar

menschlicher Herkunft , wie z.B . :

menschliches Blut und daraus gewonnene Erzeugnisse ;

tierischer Herkunft , wie z.B . :

Mikroorganismen , ganze Tiere , Teile von Organen , tierische Sekrete , Toxine , durch Extraktion gewonnene Stoffe , aus Blut gewonnene Erzeugnisse usw . :

pflanzlicher Herkunft , wie z.B . :

Mikroorganismen , Pflanzen , Teile vor , Pflanzen , Pflanzensekrete , durch Extraktion gewonnene Stoffe usw . ;

chemischer Herkunft , wie z.B . :

chemische Elemente , natürliche chemische Stoffe und durch Umsetzung oder auf synthetischem Wege gewonnene chemische Verbindungen .

Artikel 2

Die Bestimmungen der Kapitel II bis V gelten nur für solche Arzneispezialitäten , die zur Anwendung beim Menschen in den Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht werden sollen .

Kapitel II

Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneispezialitäten

Artikel 3

Eine Arzneispezialität darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden , wenn die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats die Genehmigung dafür erteilt hat .

Artikel 4

Die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 ist von der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Person bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats zu beantragen .

Dem Antrag sind folgende Angaben und Unterlagen beizufügen :

1 . Name oder Firma und Anschrift der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Person und gegebenenfalls des Herstellers .

2 . Bezeichnung der Arzneispezialität ( entweder Phantasiebezeichnung oder gebräuchliche Bezeichnung in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Herstellers oder wissenschaftliche Bezeichnung in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Herstellers ) .

3 . Zusammensetzung nach Art und Menge aller Bestandteile der Arzneispezialität in gebräuchlichen Bezeichnungen ohne Verwendung chemischer Summenformeln und mit der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen internationalen Bezeichnung , falls eine solche besteht .

4 . Kurzgefasste Angaben über die Zubereitungsweise .

5 . Heilanzeigen , Gegenanzeigen und Nebenwirkungen .

6 . Dosierung , Darreichungsform , Art und Form der Anwendung und mutmaßliche Dauer der Haltbarkeit , falls diese weniger als drei Jahre beträgt .

7 . Vom Hersteller angewandte Kontrollmethoden ( Analyse und Massanalyse der Bestandteile und des Fertigerzeugnisses , Sonderproben , z.B . Prüfung auf Keim - und Pyrogenfreiheit . Untersuchungen des Gehalts an Schwermetallen , Haltbarkeitsproben , biologische Untersuchungen und Prüfung auf Giftigkeit ) .

8 . Ergebnisse von Versuchen

- physikalisch-chemischer , biologischer oder mikrobiologischer Art ;

- pharmakologischer und toxikologischer Art ;

- ärztlicher oder klinischer Art .

a ) Es können jedoch anstatt der Ergebnisse der einschlägigen Versuche bibliographische Unterlagen über pharmakologische , toxikologische und ärztliche oder klinische Versuche angegeben werden , wenn es sich handelt um :

i ) eine bereits ausgewertete Arzneispezialität , die am Menschen hinreichend erprobt worden ist , so daß ihre Wirkungen , einschließlich der Nebenwirkungen , bereits bekannt und aus den bibliographischen Unterlagen ersichtlich sind ;

ii ) eine neue Arzneispezialität , deren Zusammensetzung an wirksamen Bestandteilen die gleiche ist wie die Zusammensetzung einer bereits bekannten und ausgewerteten Arzneispezialität ;

iii ) eine neue Arzneispezialität , die lediglich aus bekannten Bestandteilen besteht , welche in hinreichend erprobten und bereits ausgewerteten Arzneimitteln bereits in vergleichbarem Verhältnis miteinander in Verbindung gebracht worden sind .

b ) Desgleichen können , wenn es sich um eine neue Arzneispezialität handelt , die aus bekannten Bestandteilen besteht , welche bisher zu therapeutischen Zwecken noch nicht miteinander in Verbindung gebracht worden sind , über diese Bestandteile bibliographische Unterlagen angegeben werden , anstatt daß Versuche über diese Bestandteile durchgeführt werden .

9 . Ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle der Arzneispezialität sowie eine Packungsbeilage , falls ihr eine Packungsbeilage beigefügt werden soll .

10 . Ein Nachweis darüber , daß der Hersteller in seinem Land die Genehmigung zur Herstellung von Arzneispezialitäten besitzt .

11 . Die Genehmigung für das Inverkehrbringen der Arzneispezialität in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem dritten Land , sofern eine derartige Genehmigung erteilt worden ist .

Artikel 5

Die Genehmigung nach Artikel 3 wird versagt , wenn sich nach Prüfung der in Artikel 4 aufgeführten Angaben und Unterlagen ergibt , entweder daß die Arzneispezialität bei bestimmungsgemässem Gebrauch schädlich ist oder daß ihre therapeutische Wirksamkeit fehlt oder vom Antragsteller unzureichend begründet ist oder daß die Arzneispezialität nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist .

Die Genehmigung wird auch dann versagt , wenn die Angaben und Unterlagen zur Stützung des Antrags nicht den Bestimmungen des Artikels 4 entsprechen .

Artikel 6

Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten können die Genehmigung für das Inverkehrbringen einer empfängnisverhütenden Arzneispezialität insoweit versagen , als die einschlägigen Rechtsvorschriften den Vertrieb von Arzneispezialitäten untersagen , die im wesentlichen der Empfängnisverhütung dienen .

Artikel 7

Die Mitgliedstaaten treffen alle zweckdienlichen Maßnahmen , um zu verhindern , daß die Dauer des Verfahrens zur Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen eine Frist von 120 Tagen nach der Antragstellung überschreitet .

In Ausnahmefällen kann diese Frist um 90 Tage verlängert werden . Der Antragsteller ist hiervon vor Fristablauf in Kenntnis zu setzen .

Artikel 8

Die Mitgliedstaaten treffen alle zweckdienlichen Maßnahmen , um zu erreichen , daß der Inhaber der Genehmigung den Nachweis erbringt , daß die Kontrollen des Fertigerzeugnisses unter Beachtung der gemäß Artikel 4 Absatz 2 Ziffer 7 vom Antragsteller angegebenen Kontrollmethoden durchgeführt worden sind .

Artikel 9

Die Genehmigung lässt die zivil - und strafrechtliche Haftung des Herstellers und gegebenenfalls der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Person unberührt .

Artikel 10

Die Genehmigung ist fünf Jahre gültig ; sie wird auf Antrag des Inhabers innerhalb von drei Monaten vor ihrem Erlöschen für jeweils weitere fünf Jahre verlängert .

Kapitel III

Aussetzung und Widerruf der Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneispezialitäten

Artikel 11

Die Zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten setzen die Genehmigung für das Inverkehrbringen einer Arzneispezialität aus oder widerrufen sie , wenn sich herausstellt , entweder daß die Arzneispezialität schädlich ist oder daß ihre therapeutische Wirksamkeit fehlt oder daß die Arzneispezialität nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist . Die therapeutische Wirksamkeit fehlt , wenn feststeht , daß sich mit der Arzneispezialität keine therapeutischen Ergebnisse erzielen lassen .

Die Genehmigung wird auch dann ausgesetzt oder widerrufen , wenn sich herausstellt , daß die gemäß Artikel 4 in den Akten enthaltenen Angaben unrichtig sind , oder wenn die in Artikel 8 genannten Kontrollen des Fertigerzeugnisses nicht durchgeführt worden sind .

Artikel 12

Die auf Grund der Artikel 5 , 6 und 11 ergangenen Entscheidungen müssen eingehend begründet werden . Sie sind den Betroffenen unter Angabe der vorgesehenen Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zuzustellen .

Jeder Mitgliedstaat veröffentlicht die Genehmigungen für das Inverkehrbringen und die Entscheidungen über den Widerruf in den einschlägigen amtlichen Publikationsorganen .

Kapitel IV

Etikettierung der Arzneispezialitäten

Artikel 13

Die Behältnisse und äusseren Umhüllungen der Arzneispezialitäten müssen folgende Angaben aufweisen :

1 . Bezeichnung der Arzneispezialität ; dies kann entweder eine Phantasiebezeichnung oder eine gebräuchliche Bezeichnung in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Herstellers oder eine wissenschaftliche Bezeichnung in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Herstellers sein .

2 . Unmittelbar bei der Bezeichnung der Arzneispezialität die nach Art und Menge anzugebende Zusammensetzung an wirksamen Bestandteilen , je nach Darreichungsform in Masseinheit oder Prozentsatz ausgedrückt .

Bestehen von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene internationale Bezeichnungen , so sind diese zu verwenden .

3 . Die Kontrollnummer als Identitätsnachweis der Produktionscharge ( Betriebskontrollnummer ) .

4 . Die Nummer der Genehmigung für das Inverkehrbringen .

5 . Name oder Firma und Anschrift der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Person und gegebenenfalls des Herstellers .

6 . Art der Anwendung .

7 . Das Verfalldatum bei Arzneispezialitäten , deren Dauer der Haltbarkeit weniger als drei Jahre beträgt .

8 . Gegebenenfalls besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung .

Die Darreichungsform und der Inhalt nach Gewicht . Volumen oder Masseinheit brauchen nur auf der äusseren Umhüllung angegeben zu werden .

Artikel 14

Bei Ampullen sind die in Artikel 13 Absatz 1 genannten Angaben auf der äusseren Umhüllung aufzuführen . Auf dem Behältnis sind lediglich folgende Angaben erforderlich :

- Bezeichnung der Arzneispezialität ,

- Menge der wirksamen Bestandteile ,

- Art der Anwendung ,

- Verfalldatum .

Artikel 15

Bei solchen anderen kleinen Behältnissen als Ampullen , die nur eine einzige Gebrauchseinheit enthalten und auf denen die in Artikel 14 genannten Angaben nicht aufgeführt werden können , gilt Artikel 13 lediglich in bezug auf die äussere Umhüllung .

Artikel 16

Bei Betäubungsmitteln muß auf der äusseren Umhüllung und auf dem Behältnis ausser den in Artikel 13 genannten Angaben ein besonderes Kennzeichen in Form eines doppelten roten Striches angebracht werden .

Artikel 17

Ist eine äussere Umhüllung nicht vorhanden , so müssen sämtliche in den vorstehenden Artikeln für die Umhüllung vorgeschriebenen Angaben auf dem Behältnis aufgeführt werden .

Artikel 18

Die Angaben nach Artikel 13 Absatz 1 , Ziffern 6 , 7 und 8 müssen auf der äusseren Umhüllung und auf dem Behältnis in der Sprache bzw . den Sprachen des Landes abgefasst sein , in dem die Arzneispezialitat in Verkehr gebracht wird .

Artikel 19

Unbeschadet der Vorschriften dieses Kapitels können auf den äusseren Umhüllungen oder auf den Behältnissen Angaben auf Grund solcher Vorschriften aufgeführt werden , die von dieser Richtlinie nicht berührt werden .

Artikel 20

Werden die Vorschriften dieses Kapitels verletzt , so können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach erfolgloser Aufforderung an den Betroffenen die Genehmigung für das Inverkehrbringen aussetzen oder widerrufen .

Die auf Grund des Absatzes 1 ergangenen Entscheidungen müssen eingehend begründet werden . Sie sind den Betroffenen unter Angabe der vorgesehenen Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zuzustellen .

Kapitel V

Allgemeine und Schlußbestimmungen

Artikel 21

Die Genehmigung für das Inverkehrbringen darf nur aus den in dieser Richtlinie aufgeführten Gründen versagt , ausgesetzt oder widerrufen werden .

Artikel 22

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen , um dieser Richtlinie binnen achtzehn Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen , und setzen die Kommission hiervon unverzueglich in Kenntnis .

Artikel 23

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge , daß der Kommission der Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften übermittelt wird , die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen .

Artikel 24

Die in dieser Richtlinie vorgesehene Regelung wird auf Arzneispezialitäten , für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen auf Grund früherer Vorschriften erteilt worden ist , binnen fünf Jahren nach der in Artikel 22 genannten Bekanntgabe schrittweise angewandt .

Artikel 25

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet .

Geschehen zu Brüssel am 26 . Januar 1965 .

Im Namen des Rates

Der Präsident

M . COUVE DE MURVILLE

( 1 ) AB Nr . 84 vom 4 . 6 . 1963 , S . 1571/63 .

( 2 ) AB Nr . 158 vom 16 . 10 . 1964 , S . 2508/64 .