21994A1223(08)

Die multilaterale Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986- 1994) - Anhang 1 - Anhang 1A - Übereinkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (WTO-GATT 1994) WTO-"GATT 1994"

Amtsblatt Nr. L 336 vom 23/12/1994 S. 0100 - 0102
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 11 Band 38 S. 0102
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 11 Band 38 S. 0102


ÜBEREINKOMMEN ÜBER HANDELSBEZOGENE INVESTITIONSMASSNAHMEN

DIE MITGLIEDER -

in der Erwägung, daß die Minister in der Erklärung von Punta del Este darin übereinstimmten, daß "nach einer Untersuchung des Funktionierens der GATT-Artikel betreffend die Handelsbeschränkungen und handelsverzerrenden Auswirkungen von Investitionsmaßnahmen (. . .) in den Verhandlungen gegebenenfalls weitere Bestimmungen ausgearbeitet [werden], die erforderlich sein können, um derartige nachteilige Auswirkungen auf den Handel zu verhüten";

in dem Wunsch, die Ausweitung und allmähliche Liberalisierung des Welthandels zu fördern und Investitionen über die internationalen Grenzen hinweg zu erleichtern, um so das Wirtschaftswachstum aller Handelspartner, insbesondere der Entwicklungsland-Mitglieder, zu steigern und gleichzeitig den freien Wettbewerb zu gewährleisten;

unter Berücksichtigung der besonderen Handels- und Entwicklungserfordernisse sowie der besonderen finanziellen Erfordernisse der Entwicklungsland-Mitglieder, insbesondere der am wenigsten entwickelten unter ihnen;

in der Erkenntnis, daß bestimmte Investitionsmaßnahmen handelsbeschränkende und handelsverzerrende Auswirkungen haben können -

KOMMEN WIE FOLGT ÜBEREIN:

Artikel 1

Erfasste Maßnahmen

Dieses Übereinkommen gilt nur für handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (in diesem Übereinkommen "TRIMs" genannt).

Artikel 2

Inländerbehandlung und mengenmässige Beschränkungen

1. Unbeschadet anderer Rechte und Pflichten nach dem GATT 1994 wendet kein Mitglied TRIMs an, die mit Artikel III oder Artikel XI des GATT 1994 unvereinbar sind.

2. Eine nicht erschöpfende Liste von TRIMs, die mit der Verpflichtung zur Inländerbehandlung gemäß Artikel III Absatz 4 des GATT 1994 und der Verpflichtung zur allgemeinen Beseitigung mengenmässiger Beschränkungen gemäß Artikel XI Absatz I des GATT 1994 unvereinbar sind, ist diesem Übereinkommen im Anhang beigefügt.

Artikel 3

Ausnahmen

Alle Ausnahmen aufgrund des GATT 1994 gelten gegebenenfalls für dieses Übereinkommen.

Artikel 4

Entwicklungsland-Mitglieder

Einem Entwicklungsland-Mitglied steht es frei, von Artikel 2 zeitweilig so weit und in der Weise abzuweichen, wie Artikel XVIII des GATT 1994, die Vereinbarung über Zahlungsbilanzbestimmungen des GATT 1994 und die Erklärung betreffend Handelsmaßnahmen aus Zahlungsbilanzgründen vom 28. November 1979 (BISD 26S/205-209) dem Mitglied gestatten, von den Artikeln III und XI des GATT 1994 abzuweichen.

Artikel 5

Notifikation und Übergangsregelungen

1. Innerhalb von 90 Tagen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Abkommens notifizieren die Mitglieder dem Rat für Warenverkehr alle TRIMs, die sie anwenden und die nicht mit diesem Übereinkommen übereinstimmen. Solche allgemein oder in besonderen Fällen geltenden TRIMs werden zusammen mit ihren Hauptmerkmalen notifiziert (1).

2. Jedes Mitglied beseitigt alle nach Absatz 1 notifizierten TRIMs innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Abkommens, soweit es sich um ein Industrieland-Mitglied handelt, innerhalb von fünf Jahren, soweit es sich um ein Entwicklungsland-Mitglied handelt, und innerhalb von sieben Jahren, soweit es sich um ein zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehörendes Mitglied handelt.

3. Auf Antrag kann der Rat für Warenverkehr die Übergangszeit für die Beseitigung der nach Absatz 1 notifizierten TRIMs für ein Entwicklungsland-Mitglied sowie ein zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehörendes Mitglied, das besondere Schwierigkeiten bei der Durchführung dieses Übereinkommens nachweist, verlängern. Bei der Prüfung des Antrags berücksichtigt der Rat für Warenverkehr die besonderen Entwicklungs-, Finanz- und Handelserfordernisse des betreffenden Mitglieds.

4. Während der Übergangszeit ändert ein Mitglied die Bedingungen für von ihm nach Absatz 1 notifizierte TRIMs gegenüber den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Abkommens geltenden Bedingungen nicht dergestalt, daß der Grad der Unvereinbarkeit mit Artikel 2 erhöht wird. Für TRIMs, die später als 180 Tage vor dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens eingeführt werden, gelten die Übergangsregelungen nach Absatz 2 nicht.

5. Unbeschadet des Artikels 2 kann ein Mitglied, um bestehende Unternehmen, für die eine nach Absatz 1 notifizierte TRIM gilt, nicht zu benachteiligen, während der Übergangszeit die gleiche TRIM auf ein neues Unternehmen anwenden, i) wenn es sich bei den Erzeugnissen des betreffenden Unternehmens und denen der bestehenden Unternehmen um gleichartige Erzeugnisse handelt und ii) wenn dies notwendig ist, um eine Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen zwischen dem neuen Unternehmen und den bestehenden Unternehmen zu verhindern. Alle solchen für neue Unternehmen geltenden TRIMs werden dem Rat für Warenverkehr notifiziert. Die Bedingungen für solche TRIMs müssen in ihren Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit den für die bestehenden Unternehmen geltenden Bedingungen entsprechen und zur gleichen Zeit auslaufen.

Artikel 6

Transparenz

1. Die Mitglieder bekräftigen bezueglich der TRIMs, daß sie zu ihren Verpflichtungen betreffend Transparenz und Notifikation nach Artikel X des GATT 1994, nach der in der Vereinbarung über Notifizierungen, Konsultationen, Streitbeilegung und Überwachung vom 28. November 1979 enthaltenen Übereinkunft über "Notifizierung" sowie nach dem Ministerbeschluß zu Notifikationsverfahren vom 15. April 1994 stehen.

2. Jedes Mitglied notifiziert dem Sekretariat die Bekanntmachungen, die möglicherweise TRIMs umfassen, einschließlich der von Behörden auf regionaler und kommunaler Ebene in deren Gebieten angewendeten TRIMs.

3. Jedes Mitglied prüft Auskunftsersuchen wohlwollend und gibt in angemessenem Umfang Gelegenheit zu Konsultationen über alle von einem anderen Mitglied zur Sprache gebrachten Fragen, die sich aus diesem Übereinkommen ergeben. Gemäß Artikel X des GATT 1994 ist kein Mitglied zur Preisgabe von Informationen verpflichtet, deren Veröffentlichung die Durchführung der Rechtsvorschriften behindern oder sonst dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen oder die berechtigten Wirtschaftsinteressen bestimmter öffentlicher oder privater Unternehmen schädigen würde.

Artikel 7

Ausschuß für handelsbezogene Investitionsmaßnahmen

1. Es wird ein Ausschuß für handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (in diesem Übereinkommen "Ausschuß" genannt) eingesetzt, in dem alle Mitglieder vertreten sein können. Der Ausschuß wählt seinen Vorsitzenden und seinen stellvertretenden Vorsitzenden und tagt mindestens einmal im Jahr oder auf Antrag eines Mitglieds.

2. Der Ausschuß nimmt die ihm vom Rat für Warenverkehr übertragenen Aufgaben wahr und gibt den Mitgliedern Gelegenheit, sich über alle Fragen im Zusammenhang mit dem Funktionieren und der Durchführung dieses Übereinkommens zu beraten.

3. Der Ausschuß überwacht das Funktionieren und die Durchführung dieses Übereinkommens und erstattet dem Rat für Warenverkehr jährlich darüber Bericht.

Artikel 8

Konsultationen und Streitbeilegung

Die gemäß der Streitbeilegungsvereinbarung ergänzten und angewendeten Artikel XXII und XXIII des GATT 1994 gelten für die Konsultationen und Streitbeilegungen im Rahmen dieses Übereinkommens.

Artikel 9

Überprüfung durch den Rat für Warenverkehr

Spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTO-Abkommens überprüft der Rat für Warenverkehr das Funktionieren dieses Übereinkommens und schlägt der Ministerkonferenz gegebenenfalls Änderungen im Wortlaut vor. Bei dieser Überprüfung erwägt der Rat für Warenverkehr, ob das Übereinkommen durch Bestimmungen über Investitionspolitik und Wettbewerbspolitik ergänzt werden sollte.

ANHANG

NICHT ERSCHÖPFENDE LISTE

1. Unvereinbar mit der Verpflichtung zur Inländerbehandlung gemäß Artikel III Absatz 4 des GATT 1994 sind unter anderen diejenigen TRIMs, die aufgrund inländischer Rechtsvorschriften oder aufgrund von Verwaltungsentscheidungen zwingend vorgeschrieben oder durchsetzbar sind oder deren Einhaltung zur Erlangung eines Vorteils notwendig ist und denen zufolge

a) ein Unternehmen Waren inländischen Ursprungs oder inländischer Herkunft kaufen oder verwenden muß, wobei bestimmte Waren, eine Warenmenge oder ein Warenwert oder ein Anteil an der Menge oder am Wert seiner einheimischen Produktion vorgeschrieben sein können;

oder

b) die Käufe oder die Verwendung eingeführter Waren durch ein Unternehmen auf einen Umfang beschränkt werden, der sich nach der Menge oder dem Wert einheimischer Waren, die das Unternehmen ausführt, richtet.

2. Unvereinbar mit der Verpflichtung zur allgemeinen Beseitigung mengenmässiger Beschränkungen gemäß Artikel XI Absatz 1 des GATT 1994 sind unter anderen diejenigen TRIMs, die aufgrund inländischer Rechtsvorschriften oder aufgrund von Verwaltungsentscheidungen zwingend vorgeschrieben oder durchsetzbar sind oder deren Einhaltung zur Erlangung eines Vorteils notwendig ist und durch die beschränkt werden:

a) die Einfuhr von Waren durch ein Unternehmen, die bei dessen einheimischer Produktion verwendet werden oder diese Produktion betreffen, sei es generell oder auf einen Umfang, der sich nach der Menge oder dem Wert der von dem Unternehmen ausgeführten einheimischen Produktion richtet;

b) die Einfuhr von Waren durch ein Unternehmen, die bei dessen einheimischer Produktion verwendet werden oder diese Produktion betreffen, durch Beschränkung des Zugangs zu Devisen auf eine Menge, die sich nach den dem Unternehmen anzurechnenden Devisenzufluessen richtet;

oder

c) die Ausfuhr oder den Verkauf zur Ausfuhr von Waren durch ein Unternehmen, wobei bestimmte Waren, eine Warenmenge oder ein Warenwert oder ein Anteil an der Menge oder am Wert seiner einheimischen Produktion vorgeschrieben sein können.

(1) Werden TRIMs nach freiem Ermessen angewendet, so wird jede einzelne Anwendung notifiziert. Informationen, durch die die berechtigten Geschäftsinteressen einzelner Unternehmen geschädigt würden, brauchen nicht preisgegeben zu werden.