02017R1128 — DE — 30.06.2017 — 000.001


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VERORDNUNG (EU) 2017/1128 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 14. Juni 2017

zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 1)


Berichtigt durch:

►C1

Berichtigung, ABl. L 198 vom 28.7.2017, S.  42 (2017/1128)




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VERORDNUNG (EU) 2017/1128 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 14. Juni 2017

zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt

(Text von Bedeutung für den EWR)



Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)  Mit dieser Verordnung wird in der Union ein gemeinsames Konzept zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten eingeführt, indem sichergestellt wird, dass die Abonnenten von portablen Online-Inhaltediensten, die in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat rechtmäßig bereitgestellt werden, während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Wohnsitzmitgliedstaat auf diese Dienste zugreifen und sie nutzen können.

(2)  Die vorliegende Verordnung gilt nicht für den Bereich der Steuern.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1. „Abonnent“ jeden Verbraucher, der auf der Grundlage eines Vertrags mit einem Anbieter über die Bereitstellung eines Online-Inhaltedienstes gegen Zahlung eines Geldbetrags oder ohne Zahlung eines Geldbetrags berechtigt ist, im Wohnsitzmitgliedstaat auf diesen Dienst zuzugreifen und ihn zu nutzen;

2. „Verbraucher“ jede natürliche Person, die bei einem von dieser Verordnung erfassten Vertrag nicht für die Zwecke ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt;

3. „Wohnsitzmitgliedstaat“ den nach Artikel 5 bestimmten Mitgliedstaat, in dem der Abonnent seinen tatsächlichen und dauerhaften Wohnsitz hat;

4. „vorübergehender Aufenthalt in einem Mitgliedstaat“ den zeitlich begrenzten Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzmitgliedstaat;

5. „Online-Inhaltedienst“ eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 AEUV, die ein Anbieter einem Abonnenten in dessen Wohnsitzmitgliedstaat zu vereinbarten Bedingungen und online erbringt, die portabel ist und bei der es sich um Folgendes handelt:

i) einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne des Artikels 1 Buchstabe a der Richtlinie 2010/13/EU oder

ii) einen Dienst, dessen Hauptmerkmal die Bereitstellung von, der Zugang zu und die Nutzung von Werken, sonstigen Schutzgegenständen oder Übertragungen von Rundfunkveranstaltern in linearer Form oder auf Abruf ist;

6. „portabel“, dass ein Abonnent in seinem Wohnsitzmitgliedstaat auf den Online-Inhaltedienst tatsächlich zugreifen und ihn nutzen kann, ohne auf einen bestimmten Standort beschränkt zu sein.

Artikel 3

Verpflichtung zur Ermöglichung der grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten

(1)  Der Anbieter eines Online-Inhaltedienstes, der gegen Zahlung eines Geldbetrags bereitgestellt wird, ermöglicht es einem Abonnenten, der sich vorübergehend in einem Mitgliedstaat aufhält, in derselben Form wie in seinem Wohnsitzmitgliedstaat auf den Online-Inhaltedienst zuzugreifen und ihn zu nutzen, indem unter anderem der Zugriff auf dieselben Inhalte, für dieselben Arten und dieselbe Zahl von Geräten, für dieselbe Zahl von Nutzern und mit demselben Funktionsumfang gewährt wird.

(2)  Der Anbieter stellt dem Abonnenten für den Zugriff auf den Online-Inhaltedienst und dessen Nutzung nach Absatz 1 keine Zusatzkosten in Rechnung.

(3)  Die Verpflichtung nach Absatz 1 erstreckt sich nicht auf Qualitätsanforderungen an die Bereitstellung eines Online-Inhaltedienstes, denen der Anbieter unterliegt, wenn er diesen Dienst im Wohnsitzmitgliedstaat bereitstellt, es sei denn, zwischen dem Anbieter und dem Abonnenten wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart.

Der Anbieter ergreift keine Maßnahmen, um die Qualität des Online-Inhaltedienstes bei der Bereitstellung dieses Dienstes gemäß Absatz 1 zu verringern.

(4)  Der Anbieter teilt dem Abonnenten auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen mit, in welcher Qualität der Online-Inhaltedienst nach Absatz 1 bereitgestellt wird. Diese Informationen werden dem Abonnenten vor Bereitstellung des Online-Inhaltedienstes gemäß Absatz 1 auf geeignete und verhältnismäßige Weise mitgeteilt.

Artikel 4

Ort der Bereitstellung von Online-Inhaltediensten, des Zugriffs auf diese Dienste und ihrer Nutzung

Die Bereitstellung eines Online-Inhaltedienstes nach dieser Verordnung für einen Abonnenten, der sich vorübergehend in einem Mitgliedstaat aufhält, sowie der Zugriff auf diesen Dienst und seine Nutzung durch den Abonnenten gelten als ausschließlich im Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten erfolgt.

Artikel 5

Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats

(1)  Bei Abschluss und Verlängerung eines Vertrags über die Bereitstellung eines gegen Zahlung eines Geldbetrags erbrachten Online-Inhaltedienstes überprüft der Anbieter den Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten indem er auf höchstens zwei der unten aufgeführten Überprüfungsmittel zurückgreift und sicherstellt, dass die verwendeten Mittel angemessen, verhältnismäßig und wirksam sind:

a) Personalausweis, elektronische Identifizierungen, insbesondere solche, die unter die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 1 ) notifizierten elektronischen Identifizierungssystemen fallen, oder andere gültige Ausweisdokumente, die den Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten bestätigen;

b) Zahlungsinformationen wie Kontonummer oder Kredit- oder Debitkartennummer des Abonnenten;

c) Ort der Aufstellung eines Beistellgeräts (Set-Top-Box), eines Decoders oder eines ähnlichen Geräts, das für die Bereitstellung von Diensten für den Abonnenten verwendet wird;

d) Beleg für die durch den Abonnenten erfolgende Zahlung einer Lizenzgebühr für sonstige Dienste, die in einem Mitgliedstaat bereitgestellt werden, wie etwa für den öffentlichen Rundfunk;

e) einen Vertrag über die Bereitstellung eines Internetzugangs oder eines Telefondienstes oder einen anderen Vertrag ähnlicher Art, der den Abonnenten mit dem Mitgliedstaat verknüpft;

f) Eintragung in örtlichen Wählerlisten, falls die einschlägigen Informationen öffentlich sind;

g) Zahlung lokaler Steuern, falls die einschlägigen Informationen öffentlich sind;

h) Rechnung eines öffentlichen Versorgungsunternehmens, die den Abonnenten mit dem Mitgliedstaat verknüpft;

i) die Rechnungs- oder Postanschrift des Abonnenten;

j) Erklärung des Abonnenten, in der er seine Adresse im Wohnsitzmitgliedstaat bestätigt;

k) Überprüfung der Internet-Protocol (IP)-Adresse zur Ermittlung des Mitgliedstaats, in dem der Abonnent auf den Online-Inhaltedienst zugreift.

Die Überprüfungsmittel im Sinne der Buchstaben i bis k werden ausschließlich in Kombination mit einem der Überprüfungsmittel im Sinne der Buchstaben a bis h verwendet, es sei denn, die Postanschrift nach Buchstabe i ist in einem öffentlich zugänglichen Register aufgeführt.

(2)  Hat der Anbieter während der Laufzeit des Vertrags über die Bereitstellung eines Online-Inhaltedienstes begründete Zweifel am Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten, so hat er die Möglichkeit, den Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten erneut gemäß Absatz 1 zu überprüfen. In einem solchen Fall können jedoch die Überprüfungsmittel unter Buchstabe k alleine verwendet werden. Durch den Einsatz der Überprüfungsmittel unter Buchstabe k erhaltene Daten werden ausschließlich im Binärformat erhoben.

(3)  Der Anbieter ist berechtigt, vom Abonnenten die Bereitstellung der für die Bestimmung von dessen Wohnsitzmitgliedstaat erforderlichen Informationen gemäß den Absätzen 1 und 2 zu verlangen. Sollte der Abonnent diese Informationen nicht zur Verfügung stellen und der Anbieter somit nicht in der Lage sein, den Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten zu überprüfen, so darf der Anbieter dem Abonnenten nicht aufgrund dieser Verordnung Zugang zum Online-Inhaltedienst oder zur Nutzung dieses Dienstes während des vorübergehenden Aufenthalts des Abonnenten in einem Mitgliedstaat ermöglichen.

(4)  Die Inhaber von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten oder von sonstigen Rechten am Inhalt eines Online-Inhaltedienstes können die Bereitstellung von, den Zugang zu und die Nutzung ihrer Inhalte nach dieser Verordnung erlauben, ohne dass der Wohnsitzmitgliedstaat überprüft wird. In solchen Fällen reicht der Vertrag zwischen dem Anbieter und dem Abonnenten über die Bereitstellung eines Online-Inhaltedienstes aus, um den Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten zu bestimmen.

Die Inhaber von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten oder von sonstigen Rechten am Inhalt eines Online-Inhaltedienstes sind berechtigt, die gemäß Unterabsatz 1 erteilte Erlaubnis — vorbehaltlich einer rechtzeitigen Benachrichtigung des Anbieters — zurückzuziehen.

(5)  Durch den Vertrag zwischen dem Anbieter und den Inhabern von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten oder von sonstigen Rechten am Inhalt eines Online-Inhaltedienstes wird die diesen Rechtsinhabern offenstehende Möglichkeit, die in Absatz 4 genannte Erlaubnis zurückzuziehen, nicht eingeschränkt.

Artikel 6

Grenzüberschreitende Portabilität von kostenfrei bereitgestellten Online-Inhaltediensten

(1)  Der Anbieter eines Online-Inhaltedienstes, der ohne Zahlung eines Geldbetrags bereitgestellt wird, kann entscheiden, seinen Abonnenten während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem Mitgliedstaat den Zugriff auf den Online-Inhaltedienst sowie dessen Nutzung zu ermöglichen, sofern der Anbieter den Wohnsitzmitgliedstaat des Abonnenten im Einklang mit dieser Verordnung überprüft.

(2)  Der Anbieter unterrichtet seine Abonnenten, die betreffenden Inhaber des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte sowie die betreffenden Inhaber sonstiger Rechte am Inhalt eines Online-Inhaltedienstes vor der Bereitstellung des Online-Inhaltedienstes von seiner Entscheidung, den Dienst gemäß Absatz 1 zu erbringen. Diese Informationen werden auf geeignete und verhältnismäßige Weise übermittelt.

(3)  Diese Verordnung findet auf Anbieter Anwendung, die einen Online-Inhaltedienst gemäß Absatz 1 bereitstellen.

Artikel 7

Vertragsbestimmungen

(1)  Vertragsbestimmungen, auch solche, die im Verhältnis zwischen Anbietern von Online-Inhaltediensten und Inhabern von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten oder Inhabern sonstiger Rechte an Inhalten von Online-Inhaltediensten sowie solche, die zwischen diesen Anbietern und ihren Abonnenten gelten, sind nicht durchsetzbar, wenn sie gegen die vorliegende Verordnung verstoßen; hierzu zählen auch Vertragsbestimmungen, die die grenzüberschreitende Portabilität von Online-Inhaltediensten verbieten oder die Portabilität auf einen bestimmten Zeitraum beschränken.

(2)  Diese Verordnung gilt ungeachtet des Rechts, das für Verträge zwischen Anbietern von Online-Inhaltediensten und Inhabern von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten sowie Inhabern sonstiger für den Zugriff auf Inhalte im Rahmen von Online-Inhaltediensten und deren Nutzung relevanter Rechte oder für Verträge zwischen solchen Anbietern und ihren Abonnenten gilt.

Artikel 8

Schutz personenbezogener Daten

(1)  Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit dieser Verordnung, insbesondere auch für die Zwecke der Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats des Abonnenten nach Artikel 5, erfolgt im Einklang mit den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG. Insbesondere sind der Einsatz der Überprüfungsmittel im Sinne von Artikel 5 und jede Verarbeitung personenbezogener Daten nach dieser Verordnung auf das zur Erreichung ihres Zwecks erforderliche und verhältnismäßige Maß begrenzt.

(2)  Nach Artikel 5 erhobene Daten werden ausschließlich zur Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats des Abonnenten verwendet. Es erfolgt keine Mitteilung, Übertragung, Bereitstellung, Lizenzierung oder sonstige Übermittlung oder Weitergabe dieser Daten an Inhaber von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten, Inhaber sonstiger Rechte an Inhalten von Online-Inhaltediensten oder Drittpersonen.

(3)  Gemäß Artikel 5 erhobene Daten werden von Anbietern von Online-Inhaltediensten nicht länger aufbewahrt, als es für den Abschluss einer Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats des Abonnenten gemäß Artikel 5 Absatz 1 und 2 erforderlich ist. Nach Abschluss jeder Überprüfung werden die Daten unverzüglich und unwiderruflich vernichtet.

Artikel 9

Anwendung auf bestehende Verträge und erworbene Rechte

(1)  Diese Verordnung gilt auch für Verträge und Rechte, die vor ihrem Geltungsbeginn geschlossen beziehungsweise erworben wurden, sofern sie für die Bereitstellung eines Online-Inhaltedienstes, den Zugriff auf diesen Dienst und seine Nutzung im Einklang mit den Artikeln 3 und 6 nach diesem Zeitpunkt relevant sind.

(2)   ►C1  Bis zum 2. Juni 2018 ◄ führt der Anbieter eines gegen Zahlung eines Geldbetrags bereitgestellten Online-Inhaltedienstes im Einklang mit dieser Verordnung eine Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats derjenigen Abonnenten durch, die vor diesem Tag Verträge über die Bereitstellung des Online-Inhaltedienstes geschlossen haben.

Innerhalb von zwei Monaten ab dem Tag, ab dem der Anbieter eines kostenfrei bereitgestellten Online-Inhaltedienstes den Dienst zum ersten Mal nach Artikel 6 anbietet, überprüft der Anbieter gemäß der vorliegenden Verordnung den Wohnsitzmitgliedstaat derjenigen Abonnenten, die vor diesem Tag Verträge über die Bereitstellung eines Online-Inhaltedienstes geschlossen haben.

Artikel 10

Überprüfung

►C1  Bis zum 2. April 2021 ◄ und danach je nach Bedarf bewertet die Kommission die Durchführung dieser Verordnung vor dem Hintergrund rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen und erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat diesbezüglich Bericht.

Der Bericht gemäß Absatz 1 umfasst unter anderem eine Bewertung der Anwendung der zur Überprüfung des Wohnsitzmitgliedstaats gemäß Artikel 5 vorgesehenen Mittel unter Einbeziehung neu entwickelter Technologien, Industriestandards und Verfahren und überprüft erforderlichenfalls die Notwendigkeit einer Überarbeitung. In dem Bericht wird den Auswirkungen der vorliegenden Verordnung auf KMU und dem Schutz personenbezogener Daten besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Kommission fügt ihrem Bericht gegebenenfalls einen Legislativvorschlag bei.

Artikel 11

Schlussbestimmungen

(1)  Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   ►C1  Sie gilt ab dem 1. April 2018. ◄

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.



( ) Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73).