1986R4055 — DE — 17.12.1990 — 001.001


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VERORDNUNG (EWG) Nr. 4055/86 DES RATES

vom 22. Dezember 1986

zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern

(ABl. L 378, 31.12.1986, p.1)

Geändert durch:

 

 

Amtsblatt

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Verordnung (EWG) Nr. 3573/90 des Rates vom 4. Dezember 1990

  L 353

16

17.12.1990


Berichtigt durch:

►C1

Berichtigung, ABl. L 117 vom 5.5.1988, S. 33  (4055/86)




▼B

VERORDNUNG (EWG) Nr. 4055/86 DES RATES

vom 22. Dezember 1986

zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern



DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 84 Absatz 2, nach Kenntnisnahme von dem Verordnungsentwurf der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments ( 1 ),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses ( 2 ),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die Beseitigung der Hindernisse des freien Dienstleistungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten ist gemäß Artikel 3 des Vertrages eine der Aufgaben der Gemeinschaft.

Gemäß Artikel 61 des Vertrages fällt der freie Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Seeverkehrs unter die Bestimmungen des Titels über den Verkehr.

Die Anwendung dieses Grundsatzes in der Gemeinschaft ist auch die Voraussetzung dafür, gegenüber Drittländern eine wirksame Politik zur Sicherstellung der weiteren Anwendung marktwirtschaftlicher Grundsätze im Seeverkehr zu verfolgen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 954/79 ( 3 ) sichert unter anderem innerhalb von Konferenzen den marktwirtschaftlichen Zugang zu dem Teil des Linienverkehrs, der nicht von Verpflichtungen gegenüber nationalen Reedereien von Drittländern gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über einen Verhaltenskodex für Linienkonferenzen — sofern die Mitgliedstaaten ihn ratifiziert haben — betroffen ist.

Da noch nicht alle Mitgliedstaaten den Verhaltenskodex ratifiziert haben und bestimmte Drittländer ihn wahrscheinlich nicht ratifizieren werden, wird der Kodex noch nicht auf alle Verkehre der Gemeinschaft angewandt und dürfte auf einige dieser Verkehre auch künftig nicht angewandt werden.

Der Verhaltenskodex gilt nur für Linienkonferenzen und die von ihren Mitgliedern beförderte Ladung, aber weder für unabhängige Reedereien noch für Reedereien, die auf dem Gebiet der Massengut- oder Trampschiffahrt tätig sind, auf dem die Gemeinschaft die Erhaltung eines freien und lauteren Wettbewerbs anstrebt.

Die Gemeinschaft billigt rückhaltlos die Resolution Nr. 2, die von der Bevollmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen über einen Verhaltenskodex für Linienkonferenzen angenommen wurde und in der es heißt, daß zur Gewährleistung einer gesundem Entwicklung der Liniendienste die Tätigkeit der nicht der Konferenz angehörenden Linienreedereien unbehindert sein sollte, solange sie den Grundsatz ►C1  des lauteren Wettbewerbs auf kaufmännischer Grundlage ◄ beachten.

Die Mitgliedstaaten bekräftigen ihr Festhalten am freien Wettbewerb, der eines der wesentlichen Merkmale des Massengutverkehrs mit festen oder flüssigen Waren darstellt, und geben ihrer Überzeugung Ausdruck, daß die Einführung einer Ladungsaufteilung bei diesem Verkehr zu einer wesentlichen Erhöhung der Beförderungskosten führen würde und damit ernste Folgen für die Handelsinteressen ►C1  aller Staaten ◄ hätte.

Drittländer konfrontieren die Reedereien der Gemeinschaft mit immer neuen Beschränkungen der Freiheit, Seeverkehrsleistungen für die in ihrem eigenen Land, in anderen Mitgliedstaaten oder in den betreffenden Drittländern ansässigen Verlader zu erbringen, was sich auf die gesamten Verkehre der Gemeinschaft nachteilig auswirken kann.

Einige dieser Beschränkungen sind in zweiseitigen Abkommen zwischen Drittländern und einigen Mitgliedstaaten enthalten, während andere Beschränkungen auf entsprechenden Rechtsvorschriften oder Verwaltungsmaßnahmen einiger Mitgliedstaaten beruhen.

Daher sollte der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nunmehr auf die Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten und zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern angewandt werden, damit die bestehenden Beschränkungen schrittweise aufgehoben und die Einführung neuer Beschränkungen vermieden werden kann.

Aufgrund der Struktur ►C1  der Seeschiffahrt ◄ der Gemeinschaft erscheint es angebracht, daß die Bestimmungen dieser Verordnung auch für außerhalb der Gemeinschaft ansässige Staatsangehörige der Mitgliedstaaten sowie für ►C1  Reedereien ◄ mit Sitz außerhalb der Gemeinschaft gelten, sofern diese von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten kontrolliert werden und ihre Schiffe nach den dort geltenden Rechtsvorschriften registriert sind.

Je nach der Art der entsprechenden Transporte sind Bestimmungen für einen angemessenen Übergangszeitraum festzulegen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:



Artikel 1

(1)  Der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs in der Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern gilt für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Dienstleistungsnehmers.

(2)  Diese Verordnung gilt auch für außerhalb der Gemeinschaft ansässige Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und für ►C1  Reedereien ◄ mit Sitz außerhalb der Gemeinschaft, die von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats kontrolliert werden, sofern deren Schiffe in diesem Mitgliedstaat nach den dort geltenden Rechtsvorschriften registriert sind.

(3)  Die Bestimmungen der Artikel 55 bis 58 und des Artikels 62 des Vertrages finden auf das von dieser Verordnung geregelte Sachgebiet Anwendung.

(4)  Als Dienstleistungsverkehr in der Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern im Sinne dieser Verordnung gelten die nachstehenden Dienstleistungen, wenn sie gewöhnlich gegen Entgelt erbracht werden:

▼C1

a) Innergemeinschaftlicher Seeverkehr:

die Beförderung von Personen oder Gütern auf dem Seewege zwischen einem Hafen eines Mitgliedstaats und einem Hafen oder einer Offshore-Anlage eines anderen Mitgliedstaats;

b) Seeverkehr mit Drittländern:

die Beförderung von Personen oder Gütern auf dem Seeweg zwischen den Häfen eines Mitgliedstaats und den Häfen oder Offshore-Anlagen eines Drittlandes.

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Artikel 2

Abweichend von Artikel 1 werden vor dem 1. Juli 1986 bestehende einseitige nationale Beschränkungen im Bereich der Beförderung bestimmter Güter, die ganz oder teilweise Schiffen der eigenen Flagge vorbehalten sind, spätestens gemäß folgendem Zeitplan beendet:



—  Beförderung zwischen Mitgliedstaaten mit Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats:

31. Dezember 1989

—  Beförderung zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern mit Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats:

31. Dezember 1991

—  Beförderung zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern mit anderen Schiffen:

1. Januar 1993.

Artikel 3

►C1  Ladungsaufteilungsvereinbarungen ◄ in bestehenden zweiseitigen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern werden ►C1  werden nach und nach beendet ◄ oder gemäß Artikel 4 angepaßt.

Artikel 4

(1)  Bestehende ►C1  Ladungsaufteilungsvereinbarungen ◄ , die nicht gemäß Artikel 3 beendet werden, sind gemäß den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften anzupassen; dabei gilt insbesondere folgendes:

a) Im Verkehr gemäß dem UN-Verhaltenskodex für Linienkonferenzen müssen sie mit diesem Kodex sowie mit den Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten nach der Verordnung (EWG) Nr. 954/79 in Einklang stehen;

b) Im Nichtkodex-Verkehr sind die Abkommen so bald wie möglich, auf jeden Fall aber vor dem 1. Januar 1993, so anzupassen, daß ein angemessener, freier und nicht diskriminierender Zugang aller Angehörigen der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 1 zu den Ladungsanteilen des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehen wird.

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Die von der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik geschlossenen Abkommen sind so bald wie möglich, spätestens aber bis zum 1. Januar 1995, anzupassen.

▼B

(2)  Einzelstaatliche Maßnahmen gemäß Absatz 1 werden umgehend den Mitgliedstaaten und der Kommission mitgeteilt. Das in der Entscheidung 77/587/EWG vorgesehene Konsultationsverfahren ist anwendbar.

(3)  Über Fortschritte bei den in Absatz 1 Buchstabe b) genannten Anpassungen erstatten die Mitgliedstaaten der Kommission Bericht, und zwar anfänglich alle sechs Monate und in der Folgezeit jährlich.

(4)  Treten bei der Anpassung von Abkommen gemäß Absatz 1 Buchstabe b) Schwierigkeiten auf, so setzt der betreffende Mitgliedstaat den Rat und die Kommission davon in Kenntnis. In Fällen; in denen Abkommen mit Absatz 1 Buchstabe b) unvereinbar sind, ergreift der Rat auf Vorschlag der Kommission geeignete Maßnahmen, sofern der betreffende Mitgliedstaat dies beantragt.

Artikel 5

(1)   ►C1  Ladungsaufteilungsvereinbarungen ◄ in künftigen Abkommen mit Drittländern sind untersagt, es sei denn, daß aufgrund außergewöhnlicher Umstände die Linienreedereien der Gemeinschaft ►C1  sonst keine wirksame Möglichkeit hätten, am Seeverkehr mit dem betreffenden Drittland teilzunehmen. ◄ In diesen Fällen können solche Vereinbarungen nach Maßgabe des Artikels 6 zugelassen werden.

(2)  Sucht ein Drittland beim Verkehr mit flüssigen oder festen Massengutladungen einem Mitgliedstaat gegenüber ►C1  Ladungsaufteilungsvereinbarungen ◄ zur Bedingung zu machen, so beschließt der Rat geeignete Maßnahmen nach Maßgabe der Verordnung (EWG) Nr. 4058/86 vom 22. Dezember 1986 für ein koordiniertes Vorgehen zum Schutz des freien Zugangs zu Ladungen in der Seeschiffahrt ( 4 ).

Artikel 6

(1)  Befinden sich die Staatsangehörigen oder die ►C1  Reedereien ◄ eines Mitgliedstaates im Sinne von Artikel 1 Absätze 1 und 2 in der Lage oder drohen sie in die Lage zu geraten ►C1  , daß sie keine wirksame Möglichkeit haben, am Seeverkehr mit einem bestimmten Drittland teilzunehmen, so ◄ teilt der betreffende Mitgliedstaat dies den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission so bald wie möglich mit.

(2)  Der Rat beschließt die erforderlichen Maßnahmen mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission. Diese Maßnahmen können in den in Artikel 5 Absatz 1 genannten Fällen die Aushandlung und den Abschluß von ►C1  Ladungsaufteilungsvereinbarungen ◄ einschließen.

(3)  Hat der Rat binnen sechs Monaten nach der in Absatz 1 vorgesehenen Mitteilung eines Mitgliedstaats keine Entscheidung über das erforderliche Vorgehen getroffen, so kann der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen ergreifen ►C1  , die zu diesem Zeitpunkt erforderlich erscheinen, um eine wirksame Möglichkeit zur Teilnahme am Seeverkehr gemäß Artikel 5 Absatz 1 zu gewährleisten. ◄

(4)  Alle nach Absatz 3 getroffenen Maßnahmen müssen den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften entsprechen und den Staatsangehörigen oder den ►C1  Reedereien ◄ der Gemeinschaft gemäß Artikel 1 Absätze 1 und 2 angemessenen, freien und nichtdiskriminierenden Zugang zu den betreffenden Ladungsanteilen gewährleisten.

(5)  Einzelstaatliche Maßnahmen gemäß Absatz 3 sind umgehend den Mitgliedstaaten und der Kommission mitzuteilen. Das in der Entscheidung 77/587/EWG vorgesehene Konsultationsverfahren ist anwendbar.

Artikel 7

Der Rat kann im Einklang mit den Bestimmungen des Vertrages diese Verordnung auf Staatsangehörige eines Drittlandes ausdehnen, die Seeverkehrsleistungen erbringen und in der Gemeinschaft ansässig sind.

Artikel 8

Wer Seeverkehrsleistungen erbringt, kann dazu unbeschadet der Bestimmungen des Vertrages über das Niederlassungsrecht seine Geschäftstätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem die Leistung erbracht wird, einstweilig unter denselben Bedingungen ausüben, die dieser Staat seinen eigenen Staatsangehörigen vorschreibt.

Artikel 9

Solange die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wendet jeder Mitgliedstaat solche Beschränkungen ohne Unterscheidung nach der Staatszugehörigkeit oder dem Sitz derjenigen an, die Dienstleistungen im Sinne des Artikels 1 Absätze 1 und 2 erbringen.

Artikel 10

Die Mitgliedstaaten konsultieren die Kommission, bevor sie Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Durchführung dieser Verordnung erlassen, und setzen die Kommission von allen entprechenden Maßnahmen in Kenntnis.

Artikel 11

In Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Vertrages überprüft der Rat diese Verordnung vor dem 1. Januar 1995.

Artikel 12

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblattt der Europäischen Gemeinschaft in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.



( 1 ) ABl. Nr. C 255 vom 13. 10. 1986, S. 169.

( 2 ) ABl. Nr. C 172 vom 2. 7. 1984, S. 178.

( 3 ) ABl. Nr. L 121 vom 17. 5. 1979, S. 1.

( 4 ) Siehe Seite 21 dieses Amtsblatts.