5.7.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 197/25


Aufforderung zur Abgabe von Stellungnahmen gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs in Bezug auf mögliche staatliche Beihilfen für AS Oslo Sporveier und AS Sporveisbussene in Norwegen

2012/C 197/07

Mit Beschluss Nr. 123/12/KOL vom 28. März 2012, der im Anschluss an diese Zusammenfassung in der verbindlichen Sprachfassung wiedergegeben wird, hat die EFTA-Überwachungsbehörde ein Verfahren gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs eingeleitet. Die norwegischen Behörden wurden durch Übersendung einer Kopie von dem Beschluss unterrichtet.

Die EFTA-Überwachungsbehörde fordert hiermit die EFTA-Staaten, die EU-Mitgliedstaaten und alle Beteiligten auf, ihre Stellungnahmen zu der betreffenden Maßnahme innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung dieser Bekanntmachung an folgende Anschrift zu richten:

EFTA-Überwachungsbehörde

Registratur

Rue Belliard/Belliardstraat 35

1040 Bruxelles/Brussel

BELGIQUE/BELGIË

Die Stellungnahmen werden den norwegischen Behörden übermittelt. Beteiligte, die eine Stellungnahme abgeben, können unter Angabe von Gründen schriftlich beantragen, dass ihre Identität nicht bekannt gegeben wird.

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund

In Norwegen ist der örtliche Busverkehrssektor durch das Gesetz über die gewerbliche Beförderung (Commercial Transport Act) von 2002 (nachstehend „CTA“) sowie die Verordnung über die gewerbliche Beförderung (Commercial Transport Regulation) von 2003 (nachstehend „CTR“) geregelt. Sowohl das CTA als auch die CTR ersetzten bestehende Rechtsvorschriften mit im Wesentlichen gleichem Inhalt. Dieser Rechtsrahmen sieht unter anderem die Vergabe von Konzessionen vor, die Unternehmen benötigen, damit sie mit der Durchführung öffentlicher Busverkehrsdienstleistungen beauftragt werden können. Ferner legt er fest, dass Bezirke, wie die Stadtverwaltung Oslo, Unternehmen einen Ausgleich gewähren können, die auf nicht rentablen Strecken Beförderungsdienstleistungen durchführen. Ein solcher Ausgleich kann erfolgen, um die Differenz zwischen den Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf und den anfallenden Kosten für die Erbringung der Beförderungsdienstleistung abzudecken.

In Oslo wurde bereits vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens im Rahmen des Haushaltsverfahrens der Stadt eine jährliche Ausgleichszahlung für Konzessionäre auf nicht rentablen Strecken geleistet. Der Ausgleich wurde in Form eines jährlichen Pauschalbetrags gewährt, der anhand der Kosten der Vorjahre und unter Berücksichtigung mehrerer Korrekturfaktoren errechnet wurde. Seit 2008 werden alle Dienstleistungsaufträge für fahrplanmäßige Linienbusleistungen im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung vergeben. Von diesem Zeitpunkt an hat AS Oslo Sporveier die oben beschriebenen Ausgleichszahlungen für fahrplanmäßige Linienbusleistungen nicht mehr erhalten.

AS Oslo Sporveier und später seine Tochtergesellschaft, AS Sporveisbussene, wurden bereits lange vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens mit der Erbringung von fahrplanmäßigen Linienbusleistungen in Oslo beauftragt und stellten diese Dienstleistungen zu den oben kurz erläuterten Bedingungen bis 2008 zur Verfügung.

Seit 1994 wurden bei AS Oslo Sporveier zahlreiche Umstrukturierungen durchgeführt. 1997 wurden beispielsweise sämtliche Beförderungsdienstleistungen — dazu gehört neben dem fahrplanmäßigen Linienbusverkehr in Oslo auch der gewerbliche Reisebusverkehr — in die Tochtergesellschaft AS Sporveisbussene ausgelagert. Daraufhin schlossen AS Oslo Sporveier und AS Sporveisbussene einen sogenannten Beförderungsvertrag, so dass AS Sporveisbussene als tatsächlicher Empfänger den jährlichen Ausgleich in Anspruch nehmen konnte. Nach dem Beförderungsvertrag wurde die Ausgleichszahlung für fahrplanmäßige Linienbusleistungen entsprechend den oben beschriebenen Bedingungen gewährt. Die norwegischen Behörden machen geltend, dass im gesamten untersuchten Zeitraum — 1994 bis 2008 — in der Oslo Sporveier-Gruppe eine separate Rechnungsführung für gewerbliche und öffentliche Dienstleistungen erfolgte und dass ausnahmslos Marktpreise in Rechnung gestellt wurden, wenn für die gewerbliche Tätigkeit Leistungen aus dem Bereich der öffentlichen Dienstleistungen in Anspruch genommen wurden.

2004 stellte die Stadtverwaltung Oslo — die zu diesem Zeitpunkt zu 98,8 % an AS Oslo Sporveier beteiligt war — einen Betrag von 111 760 000 NOK zur Verfügung, um die Unterfinanzierung des Pensionsfonds von AS Sporveisbussene auszugleichen. Die Unterfinanzierung war in den Jahren vor 1997 entstanden und betraf die Pensionsverpflichtungen der Beschäftigten von AS Oslo Sporveier sowohl in der Sparte für öffentliche Dienstleistungen als auch in der Sparte für Reisebusleistungen. AS Oslo Sporveier war verpflichtet, Maßnahmen zur Beseitigung der Unterfinanzierung zu treffen. Die Kapitalzuführung wurde von der Stadtverwaltung Oslo in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin als die kostengünstigste Lösung erachtet.

Beihilferechtliche Würdigung der Maßnahme

Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

Die Behörde vertritt die Auffassung, dass sowohl die Kapitalzuführung als auch die jährlichen Ausgleichszahlungen staatliche Beihilfen beinhalten.

Was die Kapitalzuführung zum Ausgleich der Unterfinanzierung der Pensionsrücklagen der gewerblichen Sparte anbelangt, kann die Behörde zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass diese AS Oslo Sporveier einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffte. Es wurden keine Angaben übermittelt, die belegen, dass diese Kapitalzuführung im Einklang mit dem Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers steht.

Außerdem vertritt die Behörde vorläufig die Ansicht, dass sowohl die jährliche Ausgleichszahlung als auch die Kapitalzuführung zur Deckung der Unterfinanzierung der Pensionsrücklagen in der Sparte der öffentlichen Dienstleistungen (die im Zusammenhang mit Kosten steht, die ebenfalls die Grundlage für die jährliche Ausgleichszahlung bilden könnten) nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge bestimmt wurden und nicht den Kosten entsprechen, die in einem durchschnittlichen, gut geführten und angemessen ausgestatteten Unternehmen entstanden wären. Somit wird das vierte Kriterium des Altmark-Urteils nicht erfüllt und daher stellen beide Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens dar.

Art der Beihilfe

Die Behörde kann derzeit keine Aussage darüber treffen, ob die Beihilfe im Rahmen einer bestehenden Beihilferegelung auf der Grundlage des CTA und der CTR gewährt wurde, die in Oslo bereits vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens angewandt wurde. Es wird darauf hingewiesen, dass seit 2008 keine Beihilfen nach der oben beschriebenen Regelung mehr gewährt wurden. Ausgehend von der Annahme, dass seit 1994 eine Beihilferegelung bestand, kann die Behörde derzeit nicht feststellen, auf welche Bereiche sich diese Regelung genau bezog und ob alle Beihilfen auf der Basis dieser Regelung gewährt wurden. Ferner kann die Behörde nicht ausschließen, dass die Maßnahmen, zumindest in geringem Umfang, vor allem bei den Pensionsverpflichtungen im Bereich der gewerblichen Tätigkeiten, eine rechtswidrige und unvereinbare Beihilfe darstellen.

Vereinbarkeit der Beihilfe

Nach derzeitigem Stand geht die Behörde davon aus, dass es sich bei den Zahlungen, die bis zum Auslaufen der direkt vergebenen Konzessionen im Jahr 2008 gewährt wurden, sowie bei der Kapitalzuführung im Jahr 2004 zur Beseitigung der Unterfinanzierung des Pensionsfonds zumindest größtenteils um vereinbare Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Sinne von Artikel 49 des EWR-Abkommens handeln könnte. Die Vereinbarkeitsprüfung in der endgültigen Entscheidung wird sich daher insbesondere auf die Frage konzentrieren, ob eine Überkompensierung vorliegt. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass die Beihilfe, zumindest in Teilen, mit Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens vereinbar ist.

Schlussfolgerung

Aus den genannten Gründen hat die Behörde beschlossen, das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 1 Absatz 2 des EWR-Abkommens einzuleiten. Die Beteiligten werden aufgefordert, ihre Stellungnahmen innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung dieses Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union zu übermitteln.