28.4.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 107/28


ENTSCHEIDUNG DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 305/04/KOL

vom 1. Dezember 2004

über die dreiundvierzigste Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Einfügung eines neuen Kapitels 16 „Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten“ und Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen

DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE —

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1), insbesondere auf die Artikel 61 bis 63 und das Protokoll 26 zu diesem Abkommen,

gestützt auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (2), insbesondere auf Artikel 24, Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b, Artikel 1 in Teil I des Protokolls 3 und die Artikel 18 und 19 in Teil II des Protokolls 3 zu diesem Abkommen (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Nach Artikel 24 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens setzt die EFTA-Überwachungsbehörde die Vorschriften des EWR-Abkommens über staatliche Beihilfen durch.

Nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b des Überwachungs- und Gerichtsabkommens gibt die EFTA-Überwachungsbehörde Mitteilungen und Leitlinien zu den im EWR-Abkommen geregelten Materien heraus, soweit letzteres Abkommen oder das Überwachungs- und Gerichtsabkommen dies ausdrücklich vorsehen oder die EFTA-Überwachungsbehörde dies für notwendig erachtet.

Die EFTA-Überwachungsbehörde hat am 19. Januar 1994 verfahrens- und materiellrechtliche Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen (4) erlassen.

Die Europäische Kommission hat am 1. Oktober 2004 eine neue Mitteilung betreffend die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten und den Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen gemäß Artikel 88 Absatz 1 EG-Vertrag (5) veröffentlicht.

Diese Mitteilung ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum.

Die EWR-Regeln für staatliche Beihilfen sind im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum einheitlich anzuwenden.

Gemäß Ziffer II unter der Überschrift „ALLGEMEINES“ am Ende des Anhangs XV zum EWR-Abkommen erlässt die EFTA-Überwachungsbehörde nach Konsultation mit der Europäischen Kommission Rechtsakte, die den von der Europäischen Kommission erlassenen Rechtsakten entsprechen, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.

Die Europäische Kommission wurde konsultiert.

Die EFTA-Überwachungsbehörde hat die EFTA-Staaten auf einer multilateralen Tagung vom 3. Februar 2004 in dieser Angelegenheit konsultiert —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

1.

Kapitel 16 der Leitlinien für staatliche Beihilfen wird durch Ersatz des gegenwärtigen Kapitels 16 durch den Wortlaut im Anhang zu dieser Entscheidung geändert. Die im Anhang zu dieser Entscheidung aufgeführten zweckdienlichen Maßnahmen werden vorgeschlagen.

2.

Die EFTA-Staaten werden hiervon schriftlich und unter Beifügung einer Kopie dieser Entscheidung und seines Anhangs in Kenntnis gesetzt. Die EFTA-Staaten werden ersucht, ihre Zustimmung zu den vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen binnen eines Monats ab Erhalt dieses Schreibens zu erteilen. Die EFTA-Staaten kommen den neuen Leitlinien bis spätestens 1. Juni 2005 nach.

3.

Die Europäische Kommission wird gemäß Buchstabe d des Protokolls 27 zum EWR-Abkommen durch Übersendung einer Kopie dieser Entscheidung einschließlich des Anhangs hiervon in Kenntnis gesetzt.

4.

Diese Entscheidung einschließlich des Anhangs wird im EWR-Teil des Amtsblatts der Europäischen Union und in der EWR-Beilage zu diesem Amtsblatt veröffentlicht.

5.

Im Falle der Zustimmung der EFTA-Staaten zu dem Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen wird eine zusammenfassende Bekanntmachung im EWR-Teil des Amtsblatts der Europäischen Union und in der EWR-Beilage zu diesem Amtsblatt veröffentlicht.

6.

Diese Entscheidung ist in der englischen Sprachfassung verbindlich.

7.

Die Entscheidung ist an Norwegen, Island und Liechtenstein gerichtet.

Brüssel, den 1. Dezember 2004

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Hannes HAFSTEIN

Präsident

Einar M. BULL

Mitglied des Kollegiums


(1)  Nachstehend als „EWR-Abkommen“ bezeichnet.

(2)  Nachstehend als „Überwachungs- und Gerichtsabkommen“ bezeichnet.

(3)  Protokoll 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens in der von den EFTA-Staaten am 10. Dezember 2001 verabschiedeten Fassung. Mit diesen Änderungen wurde auch die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von [ex-] Artikel 93 des EG-Vertrags in das Protokoll 3 aufgenommen. Die Änderungen traten am 28. August 2003 in Kraft.

(4)  Leitfaden für die Anwendung und Auslegung der Artikel 61 und 62 des EWR-Abkommens und des Artikels 1 des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten vom 19. Januar 1994 zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs, veröffentlicht im ABl. L 231 vom 3.9.1994, S. 1 und in der EWR-Beilage Nr. 32, zuletzt geändert durch Beschluss der Überwachungsbehörde Nr. 195/04/KOL vom 14. Juli 2004, noch nicht veröffentlicht; nachstehend als „Leitfaden für staatliche Beihilfen“ bezeichnet.

(5)  Mitteilung der Kommission zu den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).


ANHANG

„16.   BEIHILFEN ZUR RETTUNG UND UMSTRUKTURIERUNG VON UNTERNEHMEN IN SCHWIERIGKEITEN (1)

16.1   Einleitung

(1)

Die EFTA-Überwachungsbehörde (nachstehend: die Überwachungsbehörde) nahm 1994 die ersten Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (2) an. 1999 wurde eine neue Fassung der Leitlinien angenommen (3).

(2)

Mit den vorliegenden Leitlinien, deren Wortlaut sich an die früheren Leitlinien anlehnt, möchte die Überwachungsbehörde gewisse Änderungen und Klarstellungen vornehmen, die ihr aus verschiedenen Gründen angezeigt erscheinen (4).

(3)

Das Ausscheiden leistungsschwacher Unternehmen ist ein normaler Vorgang am Markt. Es darf nicht zur Regel werden, dass ein Unternehmen, das in Schwierigkeiten geraten ist, vom Staat gerettet wird. Die umstrittensten Beihilfefälle der Vergangenheit betrafen Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, die zu den Beihilfearten zählen, die den Wettbewerb am stärksten verzerren. Das allgemeine Beihilfeverbot des EWR-Abkommens sollte somit die Regel bleiben und Ausnahmen nur begrenzt zugelassen werden.

(4)

Der Grundsatz der einmaligen Gewährung wird weiter gestärkt, damit Unternehmen nicht mittels wiederholter Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen künstlich am Leben erhalten werden.

(5)

In den Leitlinien von 1999 wird zwischen Rettungsbeihilfen und Umstrukturierungsbeihilfen unterschieden: Rettungsbeihilfen haben danach vorübergehenden Charakter und sollen die Weiterführung eines Unternehmens in Schwierigkeiten so lange ermöglichen, wie dies zur Aufstellung eines Umstrukturierungs- und/oder Liquidationsplans notwendig ist. In dieser Phase darf normalerweise keine durch staatliche Beihilfen finanzierte Umstrukturierung vorgenommen werden. Diese strenge Trennung von Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen ist jedoch nicht unproblematisch. Unternehmen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, sind unter Umständen bereits in der Rettungsphase gezwungen, rasch strukturelle Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verschlechterung der Finanzlage zu verhindern oder zumindest zu begrenzen. Deshalb wird der Begriff der ‚Rettungsbeihilfe‘ in den vorliegenden Leitlinien erweitert, um es dem Begünstigten zu ermöglichen, Sofortmaßnahmen — auch struktureller Art — zu ergreifen, wie die sofortige Schließung einer Zweigniederlassung oder den Rückzug aus defizitären Tätigkeitsbereichen in anderer Form. Angesichts der Dringlichkeit solcher Beihilfen sollen die EFTA-Staaten die Genehmigung dieser Beihilfen in einem vereinfachten Verfahren erwirken können.

(6)

Was Umstrukturierungsbeihilfen anbelangt, so wird in den Leitlinien von 1999 wie in denen von 1994 weiterhin ein substanzieller Beitrag des Beihilfeempfängers zur Umstrukturierung gefordert. Die Überarbeitung dieser Leitlinien soll zum Anlass genommen werden, noch deutlicher als bisher herauszustellen, dass diese Eigenleistung konkret sein muss und kein Beihilfeelement enthalten darf. Die Eigenleistung des Beihilfeempfängers dient einem doppelten Zweck: zum einen wird daran sichtbar, dass die Märkte (Gesellschafter, Gläubiger) davon überzeugt sind, dass sich die Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist wiederherstellen lässt; zum anderen wird auf diese Weise sichergestellt, dass sich die Umstrukturierungsbeihilfe auf das zur Wiederherstellung der Rentabilität erforderliche Minimum beschränkt, und Wettbewerbsverzerrungen in Grenzen gehalten werden. Hierzu verlangt die Überwachungsbehörde überdies von allen Begünstigten einer Umstrukturierungsbeihilfe eine Gegenleistung in Form von Ausgleichsmaßnahmen.

(7)

Staatliche Rettungsbeihilfen oder Umstrukturierungsbeihilfen zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten können nur unter bestimmten Voraussetzungen als gerechtfertigt betrachtet werden: z. B. aus sozial- oder regionalpolitischen Gründen oder weil die positive Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für die Volkswirtschaft zu berücksichtigen ist oder in Ausnahmefällen, weil eine wettbewerbsfähige Marktstruktur erhalten bleiben soll und das Verschwinden von Unternehmen zu einer Monopolsituation oder zu einem Oligopol führen könnte. Nicht gerechtfertigt wäre es hingegen, ein Unternehmen in einem Sektor mit langfristigen strukturellen Überkapazitäten künstlich am Leben zu erhalten, oder wenn es nur mit Hilfe wiederholter staatlicher Intervention überleben könnte.

16.2   Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich der Leitlinien sowie Bezug zu anderen Vorschriften für staatliche Beihilfen

16.2.1   Begriff des ‚Unternehmens in Schwierigkeiten‘

(8)

Es gibt keine EWR-Bestimmung des Begriffs ‚Unternehmen in Schwierigkeiten‘. Gleichwohl geht die Überwachungsbehörde davon aus, dass sich ein Unternehmen im Sinne dieser Leitlinien in Schwierigkeiten befindet, wenn es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift.

(9)

Im Sinne dieser Leitlinien befindet sich ein Unternehmen unabhängig von der Größe insbesondere in folgenden Fällen in Schwierigkeiten:

a)

wenn bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (5) mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden (6) und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren gegangen sind;

b)

wenn bei Gesellschaften, in denen mindestens einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften (7), mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel verschwunden und mehr als ein Viertel dieser Mittel während der letzten zwölf Monate verloren gegangen sind;

c)

wenn unabhängig von der Unternehmensform die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt sind.

(10)

Selbst wenn keine der in Randnummer 9 genannten Voraussetzungen erfüllt ist, kann ein Unternehmen als in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, wie steigende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts. Schlimmstenfalls ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig oder es wurde bereits ein Insolvenzverfahren nach innerstaatlichem Recht eingeleitet. Die vorliegenden Leitlinien finden auch auf Beihilfen Anwendung, die im Rahmen eines solchen Verfahrens zur Weiterführung des Unternehmens gewährt werden. Ein Unternehmen in Schwierigkeiten kommt jedenfalls nur dann für eine Beihilfe in Betracht, wenn es nachweislich nicht in der Lage ist, sich aus eigener Kraft oder mit Mitteln seiner Eigentümer/Anteilseigner oder Fremdmitteln zu sanieren.

(11)

Im Rahmen der vorliegenden Leitlinien kann für neu gegründete Unternehmen keine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe gewährt werden, und zwar auch dann nicht, wenn ihre anfängliche Finanzsituation prekär ist. Dies gilt insbesondere für neue Unternehmen, die aus der Abwicklung oder der Übernahme der Vermögenswerte eines anderen Unternehmens hervorgegangen sind. Ein Unternehmen gilt in den drei Jahren nach Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit als neu gegründet. Erst danach kommt es unter folgenden Voraussetzungen für eine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe in Frage:

a)

es handelt sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne dieser Leitlinien;

b)

es gehört nicht zu einer größeren Unternehmensgruppe (8), ausgenommen unter den unter Randnummer 12 dargelegten Voraussetzungen.

(12)

Ein Unternehmen, das einer größeren Unternehmensgruppe angehört oder im Begrifft ist, von einer Unternehmensgruppe übernommen zu werden, kommt für Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen grundsätzlich nur dann in Frage, wenn es sich nachweislich um Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens selbst handelt und diese nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen und außerdem zu gravierend sind, um von der Gruppe selbst bewältigt werden zu können. Wo ein Unternehmen in Schwierigkeiten eine Tochtergesellschaft gründet, wird diese zusammen mit dem Unternehmen in Schwierigkeiten, unter dessen Kontrolle die Tochtergesellschaft steht, als eine Gruppe betrachtet. Beihilfen können nur unter den in dieser Randnummer festgelegten Voraussetzungen gewährt werden.

16.2.2   Bestimmung der Begriffe ‚Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe‘

(13)

Für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gelten dieselben Leitlinien, da der Staat es in beiden Fällen mit Unternehmen in Schwierigkeiten zu tun hat und die Rettung und Umstrukturierung häufig zwei, wenn auch klar voneinander unterscheidbare Phasen ein und desselben Vorgangs sind.

(14)

Eine Rettungsbeihilfe ist ihrem Wesen nach eine vorübergehende, reversible Unterstützungsmaßnahme. Sie soll das Unternehmen so lange über Wasser halten, bis ein Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan erstellt worden ist. Einer Rettungsbeihilfe liegt das allgemeine Prinzip zugrunde, dass sie die vorübergehende Stützung eines Unternehmens ermöglicht, das mit einer erheblichen Verschlechterung seiner Finanzlage beispielsweise durch akute Liquiditätsprobleme oder technische Insolvenz konfrontiert ist. Eine solche vorübergehende Unterstützung soll dem Unternehmen die nötige Zeit verschaffen, um die Umstände, die zu den Schwierigkeiten führten, eingehend prüfen zu können und einen angemessenen Plan zur Überwindung dieser Schwierigkeiten auszuarbeiten. Die Rettungsbeihilfe darf nicht über das erforderliche Minimum hinausgehen. Eine Rettungsbeihilfe verschafft einem Unternehmen, das sich in Schwierigkeiten befindet, somit eine Atempause von höchstens sechs Monaten. Die Beihilfe muss aus einer reversiblen Finanzhilfe in Form einer Darlehensbürgschaft oder eines Darlehens zu einem Zinssatz bestehen, der mindestens den Zinssätzen vergleichbar ist, die für Darlehen an gesunde Unternehmen zu beobachten sind, insbesondere den von der Überwachungsbehörde festgelegten Referenzzinssätzen. Maßnahmen struktureller Art, die kein sofortiges Tätigwerden erfordern, wie die spontane, unwiderrufliche Beteiligung des Staates am Gesellschaftskapital, können nicht mit einer Rettungsbeihilfe finanziert werden.

(15)

Sobald ein Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan, für den eine Beihilfe beantragt worden ist, erstellt ist und durchgeführt wird, gilt jede weitere Beihilfe als Umstrukturierungsbeihilfe. Maßnahmen auch struktureller Art, die umgehend durchgeführt werden müssen, um Verluste aufzufangen (z. B. sofortiger Rückzug aus defizitären Geschäftsbereichen), können mit Rettungsbeihilfen finanziert werden, sofern die unter Abschnitt 16.3.1 für Einzelbeihilfen und unter Abschnitt 16.4.3 für Beihilferegelungen aufgeführten Voraussetzungen gegeben sind. Machen die EFTA-Staaten nicht von dem vereinfachten Verfahren (siehe Abschnitt 16.3.1.2) Gebrauch, müssen sie nachweisen, dass diese strukturellen Maßnahmen umgehend durchgeführt werden müssen. Für eine finanzielle Umstrukturierung dürfen Rettungsbeihilfen normalerweise nicht gewährt werden.

(16)

Eine Umstrukturierung stützt sich dagegen auf einen realistischen, kohärenten und weit reichenden Plan zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität eines Unternehmens. Sie umfasst normalerweise eines oder mehrere der folgenden Elemente: die Reorganisation und Rationalisierung der Tätigkeiten des Unternehmens auf einer effizienteren Grundlage, was im Allgemeinen den Rückzug aus defizitären Geschäftsbereichen bedeutet, die Umstrukturierung von Geschäftsbereichen, die wieder wettbewerbsfähig werden können, oder in manchen Fällen eine Diversifizierung durch Aufnahme neuer rentabler Tätigkeiten. Die betriebliche Umstrukturierung muss in der Regel mit einer finanziellen Umstrukturierung (Kapitalzuführung, Schuldenabbau) einhergehen. Umgekehrt darf sich eine Umstrukturierung im Sinne dieser Leitlinien nicht nur auf finanzielle Eingriffe zur Deckung früherer Verluste beschränken, ohne nach den Ursachen der Verlustquellen zu suchen.

16.2.3   Anwendungsbereich

(17)

Die Leitlinien gelten für alle Unternehmen unabhängig vom jeweiligen Wirtschaftszweig, die unter das EWR-Abkommen fallen und der Überwachung durch die Überwachungsbehörde gemäß Artikel 62 des EWR-Abkommens unterliegen, sektorale Regelungen für Unternehmen in Schwierigkeiten bleiben davon unberührt (9).

16.2.4   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(18)

Beihilfen, die unter Artikel 61 Absatz 1 fallen, können nach Artikel 61 Absätze 2 und 3 EWR-Abkommen trotzdem mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein. Abgesehen von Beihilfen im Sinne von Artikel 61 Absatz 2, insbesondere solchen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind und die von den vorliegenden Leitlinien nicht erfasst werden, bildet Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c die einzige Rechtsgrundlage, auf der Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden können. Danach kann die Überwachungsbehörde ‚Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige […], soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft‘, genehmigen. Das gilt insbesondere, wenn die Beihilfe erforderlich ist, um durch ein Versagen des Marktes verursachte Ungleichgewichte zu korrigieren oder den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten.

(19)

Da es in seiner Existenz bedroht ist, kann ein Unternehmen in Schwierigkeiten nicht als geeignetes Mittel zur Verwirklichung anderer politischer Ziele dienen, bis seine Rentabilität gewährleistet ist. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde können Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten deswegen nur dann zur Entwicklung von Wirtschaftszweigen beitragen, ohne den Handel so weit zu beeinträchtigen, dass dies dem EWR-Interesse zuwiderläuft, wenn die in den vorliegenden Leitlinien beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Befinden sich die Unternehmen, die Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen erhalten sollen, in Fördergebieten, so wird die Überwachungsbehörde gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c EWR-Abkommen regionalen Erwägungen Rechnung tragen (siehe Einzelheiten unter Rdnrn. 54—55).

(20)

Die Überwachungsbehörde wird besonders darauf achten, dass diese Leitlinien nicht dazu benutzt werden, bestehende Gemeinschaftsrahmen oder Leitlinien zu umgehen.

(21)

Änderungen in den Eigentumsverhältnissen des begünstigten Unternehmens sind für die Beurteilung von Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen unerheblich.

16.2.5   Empfänger früherer rechtswidriger Beihilfen

(22)

Wurde einem Unternehmen in Schwierigkeiten eine Beihilfe gewährt, wegen der die Kommission eine Rückforderungsentscheidung erlassen hat, so muss, wenn die Rückforderung gemäß Artikel 14 in Teil II von Protokoll 3 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes (nachstehend: Überwachungs- und Gerichtsabkommen) (10) nicht erfolgt ist, die Beurteilung einer Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe, die demselben Unternehmen gewährt werden soll, einerseits den kumulativen Effekt der alten und neuen Beihilfe wie auch zweitens die Tatsache, dass die alte Beihilfe nicht zurückgezahlt worden ist, berücksichtigen (11).

16.3   Allgemeine Voraussetzungen für die Genehmigung einzeln angemeldeter Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen

(23)

Dieses Kapitel betrifft allein Beihilfen, die einzeln bei der Überwachungsbehörde angemeldet werden. Die Überwachungsbehörde kann unter bestimmten Voraussetzungen auch Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilferegelungen genehmigen. Die Voraussetzungen für die Genehmigung solcher Regelungen sind im Abschnitt 16.4 aufgeführt.

16.3.1   Rettungsbeihilfe

16.3.1.1   Genehmigungsvoraussetzungen

(24)

Rettungsbeihilfen im Sinne von Randnummer 14 können nur dann von der Überwachungsbehörde genehmigt werden, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

a)

Es muss sich um Liquiditätsbeihilfen in Form von Darlehensbürgschaften oder Darlehen handeln (12). In beiden Fällen muss für das Darlehen ein Zinssatz verlangt werden, der mindestens den Zinssätzen vergleichbar ist, die für Darlehen an gesunde Unternehmen zu beobachten sind, insbesondere den von der Überwachungsbehörde festgelegten Referenzzinssätzen. Für die Rückzahlung von Darlehen und die Laufzeit von Bürgschaften gilt eine höchstens sechsmonatige Frist ab Auszahlung der ersten Rate an das Unternehmen.

b)

Sie müssen aus akuten sozialen Gründen gerechtfertigt sein und dürfen keine unverhältnismäßig gravierenden Ausstrahlungseffekte in anderen Vertragsparteien des EWR-Abkommens haben.

c)

Bei der Anmeldung muss sich der EFTA-Staat verpflichten, der Überwachungsbehörde innerhalb von sechs Monaten nach Genehmigung der Rettungsbeihilfe entweder einen Umstrukturierungsplan oder einen Liquidationsplan vorzulegen oder aber den Nachweis zu erbringen, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt und/oder die Bürgschaft ausgelaufen ist; im Falle nicht angemeldeter Umstrukturierungsbeihilfen muss der EFTA-Staat innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Anwendung der Maßnahme entweder einen Umstrukturierungsplan oder einen Liquidationsplan vorlegen oder aber den Nachweis erbringen, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt und/oder die Bürgschaft ausgelaufen ist.

d)

Ihre Höhe muss auf den Betrag begrenzt sein, der für die Weiterführung des Unternehmens während des Zeitraums, für den die Beihilfe genehmigt wird, erforderlich ist. In diesem Betrag kann eine Beihilfe für dringende Strukturmaßnahmen, wie in Randnummer 15 ausgeführt, enthalten sein. Der erforderliche Betrag sollte sich am verlustbedingten Liquiditätsbedarf des Unternehmens orientieren. Zu seiner Bestimmung wird die Formel im Anhang herangezogen. Rettungsbeihilfen, die über den anhand der Formel errechneten Betrag hinausgehen, müssen eingehend begründet werden.

e)

Sie müssen dem in Abschnitt 16.3.3 dargelegten Grundsatz der einmaligen Beihilfe entsprechen (Grundsatz der ‚einmaligen‘ Beihilfe).

(25)

Falls der EFTA-Staat innerhalb von sechs Monaten ab Genehmigung der Beihilfe oder — im Falle nicht angemeldeter Beihilfen — nach der erstmaligen Anwendung der Maßnahme einen Umstrukturierungsplan vorgelegt hat, verlängert sich die sechsmonatige Frist für die Rückzahlung des Darlehens oder das Auslaufen der Bürgschaft, bis die Überwachungsbehörde über diesen Plan entscheidet, sofern die Überwachungsbehörde nicht entscheidet, dass eine solche Verlängerung nicht gerechtfertigt ist.

(26)

Unbeschadet von Artikel 23 in Teil II des Protokolls 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens und der Möglichkeit, nach Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 in Teil I des Protokolls 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens den EFTA-Gerichtshof anzurufen, wird die Überwachungsbehörde das Verfahren nach Artikel 1 Absatz 2 in Teil II des Protokolls 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens einleiten, wenn der EFTA-Staat:

a)

keinen plausiblen, fundierten Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan vorgelegt hat;

b)

nicht nachgewiesen hat, dass das Darlehen vor Ablauf der Sechsmonatsfrist vollständig getilgt bzw. die Bürgschaft innerhalb dieser Frist ausgelaufen ist.

(27)

Die Überwachungsbehörde wird unbeschadet von Artikel 23 in Teil II des Protokolls 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens und unbeschadet der Möglichkeit, gemäß Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 in Teil I des Protokolls 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens den EFTA-Gerichtshof anzurufen, das Verfahren nach Artikel 1 Absatz 2 in Teil I des Protokolls 3 des Überwachungs- und Gerichtsabkommens einleiten, wenn sie der Auffassung ist, dass das Darlehen oder die Bürgschaft missbräuchlich verwendet worden ist, oder wenn nach Ablauf der Sechsmonatsfrist ihrer Ansicht nach kein Grund mehr besteht, die Beihilfe nicht zurückzuzahlen.

(28)

Die Genehmigung einer Rettungsbeihilfe besagt noch nicht, dass anschließend auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans vergebene Beihilfen ohne Weiteres genehmigt werden. Diese Beihilfen müssen einzeln geprüft werden.

16.3.1.2   Vereinfachtes Verfahren

(29)

Die Überwachungsbehörde wird nach Möglichkeit innerhalb eines Monats über Rettungsbeihilfen entscheiden, die alle in Abschnitt 16.3.1.1 genannten Voraussetzungen erfüllen und darüber hinaus allen nachstehenden Anforderungen genügen:

a)

Das betreffende Unternehmen erfüllt mindestens eines der unter Randnummer 9 genannten Kriterien;

b)

die Rettungsbeihilfe ist auf den Betrag begrenzt, der sich aus der Anwendung der Formel im Anhang ergibt, und ist nicht höher als 10 Mio. EUR.

16.3.2   Umstrukturierungsbeihilfen

16.3.2.1   Grundprinzip

(30)

Umstrukturierungsbeihilfen sind unter Wettbewerbsaspekten besonders problematisch, weil sie dazu führen können, dass ein unangemessener Anteil der Strukturanpassungslasten und der damit einhergehenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme auf andere Hersteller, die ohne Beihilfen auskommen, und auf andere Vertragsparteien des EWR-Abkommens abgewälzt wird. Daher sollen Umstrukturierungsbeihilfen grundsätzlich nur dann genehmigt werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass sie dem EWR-Interesse nicht zuwiderlaufen. Dies ist nur möglich, wenn die Beihilfen strengen Anforderungen genügen und die Überwachungsbehörde die Gewissheit hat, dass etwaige Wettbewerbsverzerrungen durch die mit der Weiterführung des Unternehmens verbundenen Vorteile aufgewogen werden (dies ist u. a. dann der Fall, wenn der Nettoeffekt der durch den Untergang des Unternehmens verursachten Entlassungen und die Auswirkungen auf die Zulieferer die Beschäftigungsprobleme nachweislich verschärfen oder in Ausnahmefällen, wenn der Marktaustritt des Unternehmens zu einer Monopol- bzw. Oligopolsituation führen würde), und prinzipiell wenn den Wettbewerbern ein angemessener Ausgleich geboten wird.

16.3.2.2   Genehmigungsvoraussetzungen

(31)

Vorbehaltlich der Sonderbestimmungen für Fördergebiete, kleine und mittlere Unternehmen (vgl. Rdnrn. 54, 55, 56, und 58) genehmigt die Überwachungsbehörde eine Beihilfe nur dann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

Förderungswürdigkeit des Unternehmens

(32)

Das Unternehmen muss als in Schwierigkeiten befindlich im Sinne dieser Leitlinien (vgl. Rdnrn. 8—12) betrachtet werden können.

Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität

(33)

Eine Beihilfe kann nur gewährt werden, wenn sie von der Durchführung eines Umstrukturierungsplans abhängig gemacht wird, der im Falle von Einzelbeihilfen zuvor von der Überwachungsbehörde gebilligt werden muss; KMU sind gemäß Abschnitt 16.3.2.5 hiervon ausgenommen.

(34)

Der Umstrukturierungsplan, dessen Laufzeit so kurz wie möglich zu bemessen ist, muss die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen erlauben. Umstrukturierungsbeihilfen müssen demnach mit einem tragfähigen Umstrukturierungsplan verknüpft sein, für den sich der betreffende EFTA-Staat verbürgt. Dieser Plan ist der Überwachungsbehörde mit allen erforderlichen Angaben, u. a. einer Marktstudie, vorzulegen. Die Verbesserung der Rentabilität muss vor allem durch unternehmensinterne Maßnahmen herbeigeführt werden, die in dem Umstrukturierungsplan vorgesehen sind. Externe Faktoren wie Preis- oder Nachfrageschwankungen, auf die das Unternehmen kaum Einfluss hat, dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn die betreffenden Marktprognosen allgemein anerkannt werden. Eine erfolgreiche Umstrukturierung muss die Aufgabe von Tätigkeitsbereichen einschließen, die auch nach der Umstrukturierung strukturell defizitär wären.

(35)

Der Umstrukturierungsplan muss die Umstände beschreiben, die zu den Schwierigkeiten des Unternehmens geführt haben, damit beurteilt werden kann, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen angemessen sind. Er muss u. a. die jetzige Situation und voraussichtliche Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf den relevanten Produktmärkten mit verschiedenen Szenarien, die einer optimistischen, einer pessimistischen und einer mittleren Hypothese entsprechen, sowie die besonderen Stärken und Schwächen des Unternehmens berücksichtigen. Er muss dem Unternehmen den Übergang zu einer neuen Struktur ermöglichen, die langfristige Rentabilität und den Erhalt des Unternehmens aus eigener Kraft verspricht.

(36)

Der Umstrukturierungsplan muss eine Umstellung des Unternehmens in der Weise vorsehen, dass es nach Abschluss der Umstrukturierung alle seine Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzierungskosten decken kann. Die erwartete Kapitalrendite des umstrukturierten Unternehmens sollte ausreichen, um aus eigener Kraft im Wettbewerb bestehen zu können. Sind die Schwierigkeiten des Unternehmens auf ein unzulängliches System der Unternehmensführung zurückzuführen, müssen geeignete Anpassungen vorgenommen werden.

Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen

(37)

Damit nachteilige Auswirkungen der Beihilfe auf die Handelsbedingungen so weit wie möglich abgeschwächt werden, so dass die angestrebten positiven Folgen die nachteiligen überwiegen, sind Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Andernfalls müsste geschlossen werden, dass die Beihilfe ‚dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft‘ und daher nicht mit dem EWR-Abkommen vereinbar ist. Die Überwachungsbehörde wird das Ziel der Wiederherstellung der langfristigen Überlebensfähigkeit des Unternehmens für die Beurteilung der Angemessenheit der Ausgleichsmaßnahmen heranziehen.

(38)

In Betracht kommen die Veräußerung von Vermögenswerten, ein Kapazitätsabbau, eine Beschränkung der Marktpräsenz oder eine Senkung der Zutrittsschranken auf den betreffenden Märkten. Wenn die Überwachungsbehörde prüft, ob die Ausgleichsmaßnahmen geeignet sind, berücksichtigt sie dabei die Marktstruktur und das Wettbewerbsumfeld, um sicherzustellen, dass diese Maßnahmen keine Verschlechterung der Marktstruktur beispielsweise durch die mittelbare Schaffung eines Monopols oder Oligopols bewirken. Kann ein EFTA-Staat nachweisen, dass es hierzu kommen würde, sollten die Ausgleichsmaßnahmen so gestaltet werden, dass diese Situation vermieden wird.

(39)

Die Maßnahmen müssen im Verhältnis zu den durch die Beihilfe verursachten Verzerrungseffekten und insbesondere zur Größe (13) und Stellung des Unternehmens auf seinem Markt oder seinen Märkten stehen. Sie sollten besonders an den Märkten ansetzen, auf denen das begünstigte Unternehmen nach der Umstrukturierung eine bedeutende Stellung hat. Der Umfang des Kapazitätsabbaus oder der Begrenzung der Marktpräsenz hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Überwachungsbehörde stützt sich bei ihrer Beurteilung auf die dem Umstrukturierungsplan beigefügte Marktstudie und, soweit angemessen, auf jedwede andere, auch die von Interessierten Dritten gelieferten Informationen. Der Kapazitätsabbau bzw. die Begrenzung der Marktpräsenz des Unternehmens sind integraler Bestandteil des Umstrukturierungsplans. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Trennung von Geschäftsbereichen vor oder nach der Beihilfegewährung stattfinden, solange sie Teil derselben Umstrukturierungsmaßnahme sind. Schuldenerlass und Schließung defizitärer Geschäftsbereiche, die ohnehin zur Wiederherstellung der Rentabilität notwendig wären, bleiben bei der Beurteilung der Ausgleichsmaßnahmen in Form einer Reduzierung der Kapazitäten oder der Marktpräsenz unberücksichtigt. Zuvor gewährte Rettungsbeihilfen werden berücksichtigt.

(40)

Für kleine Unternehmen spielen diese Erwägungen normalerweise keine Rolle, da davon ausgegangen werden kann, dass Ad-hoc-Beihilfen an kleine Unternehmen den Wettbewerb in der Regel nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise beeinträchtigen, es sei denn, die Beihilfevorschriften in einem bestimmten Sektor sehen anderes vor oder das begünstigte Unternehmen ist auf einem Markt tätig, der über lange Zeit unter Überkapazitäten leidet.

(41)

Ist das begünstigte Unternehmen auf einem Markt tätig, auf dem seit langem strukturelle Überkapazitäten im Sinne des Multisektoralen Regionalbeihilferahmens für große Investitionsvorhaben (14) vorhanden sind, muss der Abbau der Kapazität oder die Begrenzung der Marktpräsenz des Unternehmens gegebenenfalls bis zu 100 % (15) betragen.

Begrenzung der Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß: konkrete Eigenleistung ohne Beihilfeelement

(42)

Höhe und Intensität der Beihilfe müssen sich auf die für die Umstrukturierung unbedingt notwendigen Mindestkosten nach Maßgabe der verfügbaren Finanzmittel des Unternehmens, seiner Anteilseigner oder der Unternehmensgruppe, der es angehört, beschränken. Zuvor gewährte Rettungsbeihilfen werden berücksichtigt. Daher müssen die Beihilfeempfänger aus eigenen Mitteln, auch durch den Verkauf von Vermögenswerten, wenn diese für den Fortbestand des Unternehmens nicht unerlässlich sind, oder durch Fremdfinanzierung zu Marktbedingungen, einen erheblichen Beitrag zum Umstrukturierungsplan leisten. An diesem Beitrag wird sichtbar, dass die Märkte davon überzeugt sind, dass sich die Rentabilität des Unternehmens wiederherstellen lässt. Es muss sich um einen konkreten, d. h. tatsächlichen Beitrag handeln ohne für die Zukunft erwartete Gewinne wie Cashflow. Er muss so hoch wie möglich sein.

(43)

Die Überwachungsbehörde wird im Regelfall die folgenden Beiträge zur Umstrukturierung (16) als ausreichend ansehen: bei kleinen Unternehmen einen Beitrag von mindestens 25 %, bei mittleren Unternehmen von mindestens 40 % und bei großen Unternehmen von mindestens 50 %. In außergewöhnlichen Umständen und in Härtefällen, die der betreffende EFTA-Staat nachzuweisen hat, kann die Überwachungsbehörde ausnahmsweise einen geringeren Beitrag akzeptieren.

(44)

Um die wettbewerbsverfälschenden Auswirkungen in Grenzen zu halten, sollte die Beihilfe nicht in einer Form oder in einem Umfang gewährt werden, die dem Unternehmen überschüssige Liquidität zuführt, die es zu einem aggressiven und marktverzerrenden Verhalten in von dem Umstrukturierungsprozess nicht berührten Tätigkeitsbereichen verwenden könnte. Daher prüft die Überwachungsbehörde den Umfang der Verbindlichkeiten des Unternehmens nach der Umstrukturierung sowie nach jedem Zahlungsaufschub oder jeder Reduzierung seiner Schulden, vor allem wenn das Unternehmen nach einem im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Insolvenzverfahren weitergeführt wird (17). Die Beihilfe darf weder ganz noch teilweise zur Finanzierung von Neuinvestitionen verwendet werden, die für die Wiederherstellung der Rentabilität nicht unbedingt notwendig sind.

Besondere Bedingungen, an die die Genehmigung einer Beihilfe geknüpft wird

(45)

Zusätzlich zu den unter Randnummern 37 bis 41 beschriebenen Ausgleichsmaßnahmen kann die Überwachungsbehörde die Bedingungen und Auflagen vorschreiben, die sie für notwendig hält, damit der Wettbewerb nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verfälscht wird, falls der EFTA-Staat sich nicht selbst zum Erlass der entsprechenden Bestimmungen verpflichtet hat. So kann der betreffende EFTA-Staat u. a. verpflichtet werden,

a)

selbst Maßnahmen zu ergreifen (beispielsweise bestimmte Märkte, die mit den Geschäftsbereichen des Unternehmens im direkten oder indirekten Zusammenhang stehen, in Einklang mit dem EWR-Recht für andere Unternehmen aus der EWR zu öffnen);

b)

dem Beihilfeempfänger bestimmte Maßnahmen vorzuschreiben;

c)

dem Beihilfeempfänger während der Umstrukturierungsphase keine Beihilfen mit anderer Zielsetzung zu gewähren.

Vollständige Durchführung des Umstrukturierungsplans und Einhaltung der Bedingungen

(46)

Das Unternehmen muss den Umstrukturierungsplan vollständig durchführen und alle in der Überwachungsbehördeentscheidung, mit der die Beihilfe genehmigt wurde, festgelegten Bedingungen und Auflagen erfüllen. Die Überwachungsbehörde betrachtet jede Nichteinhaltung des Plans oder der sonstigen Bedingungen und Auflagen als missbräuchliche Verwendung der Beihilfe; Artikel 23 in Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen und die Möglichkeit, gemäß Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen den EFTA-Gerichtshof anzurufen, bleiben hiervon unberührt.

(47)

Bei Umstrukturierungen, die sich über mehrere Jahre erstrecken und für die umfangreiche Beihilfen bereitgestellt werden, kann die Überwachungsbehörde verlangen, dass die Umstrukturierungsbeihilfe in mehreren Tranchen ausgezahlt wird. Sie kann die Auszahlung der einzelnen Tranchen abhängig machen von

a)

einer Bestätigung vor jeder Zahlung, dass die einzelnen Etappen des Umstrukturierungsplans termingerecht durchgeführt worden sind;

b)

ihrer Genehmigung vor jeder Zahlung nach Überprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung des Plans.

Kontrolle und Jahresbericht

(48)

Die Überwachungsbehörde muss sich von der ordnungsgemäßen Durchführung des Umstrukturierungsplans anhand regelmäßiger ausführlicher Berichte überzeugen können, die ihr von dem betreffenden EFTA-Staat übermittelt werden.

(49)

Bei Beihilfen für Großunternehmen ist der Überwachungsbehörde der erste dieser Berichte in der Regel spätestens sechs Monate nach Genehmigung der Beihilfe vorzulegen. Danach sind die Berichte der Überwachungsbehörde mindestens jährlich zu einem festen Termin zu übermitteln, solange die Ziele des Umstrukturierungsplans noch nicht als erreicht gelten. Die Berichte enthalten alle sachdienlichen Informationen, die die Überwachungsbehörde braucht, um die Durchführung des Umstrukturierungsplans, den Zeitpunkt der Zahlungen an das Unternehmen und dessen Finanzlage sowie die Einhaltung der in der Genehmigungsentscheidung niedergelegten Bedingungen und Auflagen kontrollieren zu können. Die Berichte enthalten u. a. alle sachdienlichen Angaben zu den Beihilfen gleich welcher Zielsetzung und gleichgültig, ob es sich dabei um Einzelbeihilfen oder Beihilfen im Rahmen einer Beihilferegelung handelt, die das Unternehmen während der Umstrukturierungsphase erhalten hat (vgl. Rdnrn. 67—70). Müssen der Überwachungsbehörde bestimmte wesentliche Informationen, z. B. über Betriebsstilllegungen oder Kapazitätsverringerungen, rechtzeitig bestätigt werden, so kann sie häufigere Berichte verlangen.

(50)

Bei Beihilfen für KMU reicht die jährliche Übermittlung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz des begünstigten Unternehmens in der Regel aus, außer wenn in der Genehmigungsentscheidung strengere Anforderungen festgelegt worden sind.

16.3.2.3   Änderung des Umstrukturierungsplans

(51)

Ist eine Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt worden, so kann der betreffende EFTA-Staat in der Umstrukturierungsphase die Überwachungsbehörde um Genehmigung von Änderungen des Umstrukturierungsplans und des Beihilfebetrags ersuchen. Die Überwachungsbehörde kann solche Änderungen genehmigen, wenn dabei folgende Regeln beachtet werden:

a)

auch der geänderte Plan muss die Wiederherstellung der Rentabilität innerhalb einer angemessenen Frist erkennen lassen;

b)

wird der Beihilfebetrag heraufgesetzt, so muss auch der erforderliche Ausgleich höher sein als ursprünglich festgelegt;

c)

sind die angebotenen Ausgleichsmaßnahmen geringer als die ursprünglich vorgesehenen, muss der Beihilfebetrag entsprechend verringert werden;

d)

der neue Zeitplan für die Ausgleichsmaßnahmen darf sich gegenüber dem ursprünglich beschlossenen Zeitplan nur aus Gründen verzögern, die das Unternehmen oder der EFTA-Staat nicht zu vertreten haben; andernfalls ist der Beihilfebetrag entsprechend zu kürzen.

(52)

Werden Bedingungen der Überwachungsbehörde oder die Verpflichtungszusagen des EFTA-Staates gelockert, muss der Beihilfebetrag entsprechend herabgesetzt oder es müssen andere Bedingungen vorgeschrieben werden.

(53)

Wird ein genehmigter Umstrukturierungsplan geändert, ohne dass die Überwachungsbehörde davon ordnungsgemäß in Kenntnis gesetzt wird, leitet die Überwachungsbehörde gemäß Artikel 16 in Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen (missbräuchliche Anwendung von Beihilfen) das Verfahren ein; Artikel 23 in Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen und die Möglichkeit, gemäß Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 in Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen den EFTA-Gerichtshof anzurufen, bleiben hiervon unberührt.

16.3.2.4   Umstrukturierungsbeihilfen in Fördergebieten

(54)

Die Überwachungsbehörde muss bei der Beurteilung von Umstrukturierungsbeihilfen in Fördergebieten regionale Entwicklungserfordernisse berücksichtigen. Hat ein in Schwierigkeiten befindliches Unternehmen seinen Standort in einem Fördergebiet, so ist dies allein jedoch kein Grund für die Tolerierung solcher Beihilfen. Mittel- oder langfristig gesehen ist einer Region nicht damit geholfen, dass Unternehmen künstlich am Leben erhalten werden. Außerdem liegt es im Hinblick auf das Ziel der Förderung der Regionalentwicklung im Interesse der Regionen, ihre Ressourcen für die möglichst baldige Entwicklung von Tätigkeiten zu verwenden, die auf Dauer wirtschaftlich sind. Schließlich müssen auch bei Beihilfen an Unternehmen in Fördergebieten die von ihnen ausgehenden Wettbewerbsverzerrungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Dabei sind auch mögliche schädliche nachteilige Folgen in dem betreffenden und anderen Fördergebieten zu berücksichtigen.

(55)

Die unter den Randnummern 31 bis 53 aufgeführten Kriterien gelten somit auch für Fördergebiete, selbst wenn man die Erfordernisse der regionalen Entwicklung berücksichtigt. Allerdings kann die Überwachungsbehörde in diesen Gebieten, sofern die Vorschriften für staatliche Beihilfen in einem bestimmten Sektor nichts anderes vorschreiben, weniger strenge Anforderungen an die Ausgleichsmaßnahmen und den Umfang der Eigenleistung des begünstigten Unternehmens stellen. Soweit regionale Entwicklungserfordernisse dies rechtfertigen, und in Fällen, in denen ein Kapazitätsabbau in dem begünstigten Unternehmen oder die Begrenzung seiner Marktpräsenz als die bestgeeignete Maßnahme erscheint, um übermäßige Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, ist demnach in Fördergebieten eine geringere Reduzierung der Kapazitäten oder der Marktpräsenz statthaft als in anderen Gebieten. In diesen Fällen, die von dem betreffenden EFTA-Staat nachzuweisen sind, wird zwischen regionalen Fördergebieten im Sinne von Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe a EWR-Abkommen und Fördergebieten im Sinne von Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c EWR-Abkommen unterschieden, um den ernsteren regionalen Problemen der erstgenannten Gebiete Rechnung zu tragen.

16.3.2.5   Umstrukturierungsbeihilfen für KMU

(56)

Beihilfen für kleine Unternehmen (18) beeinträchtigen in der Regel die Handelsbedingungen in geringerem Maße als Beihilfen für mittlere oder große Unternehmen. Dies gilt auch für Umstrukturierungsbeihilfen, so dass an die unter Randnummern 31 bis 53 aufgeführten Bedingungen weniger strenge Maßstäbe angelegt werden können:

a)

die Gewährung von Beihilfen wird nicht generell von Ausgleichsmaßnahmen abhängig gemacht (vgl. Rdnr. 40), sofern sektorspezifische Bestimmungen nichts anderes vorschreiben;

b)

und an den Inhalt der Berichte werden bei KMU geringere Anforderungen gestellt (vgl. Rdnrn. 48, 49 und 50).

(57)

Allerdings gilt der Grundsatz der einmaligen Beihilfe (Abschnitt 16.3.3) uneingeschränkt auch für KMU.

(58)

Umstrukturierungspläne für KMU bedürfen nicht der Genehmigung der Überwachungsbehörde. Der Plan muss jedoch die Anforderungen unter Randnummern 34, 35 und 36 erfüllen, vom betreffenden EFTA-Staat genehmigt und an die Überwachungsbehörde übermittelt worden sein. Die Beihilfe ist an die vollständige Durchführung des Umstrukturierungsplans zu knüpfen. Der EFTA-Staat muss sich vergewissern, dass diese Anforderungen eingehalten werden.

16.3.2.6   Beihilfen zur Deckung der Sozialkosten von Umstrukturierungen

(59)

Umstrukturierungen gehen gewöhnlich mit einer Beschränkung oder Aufgabe der in Schwierigkeiten geratenen Tätigkeitsbereiche einher. Ganz abgesehen von einem Kapazitätsabbau, von dem die Gewährung der Beihilfe abhängig gemacht werden kann, sind solche Beschränkungen häufig schon aus Rationalisierungs- und Effizienzgründen notwendig. Unabhängig von den Gründen führen diese Maßnahmen im Allgemeinen zu einem Personalabbau in dem Unternehmen.

(60)

Das Arbeitsrecht der EFTA-Staaten umfasst in manchen Fällen ein allgemeines Sozialversicherungssystem, das die direkte Zahlung von Abfindungen und Vorruhestandsgeld an die entlassenen Arbeitnehmer vorsieht. Solche Regelungen werden nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen angesehen.

(61)

Abgesehen von den direkten Abfindungs- und Vorruhestandszahlungen an das Personal kommt der Staat im Rahmen der allgemeinen Sozialversicherungssysteme vielfach für Leistungen auf, die das Unternehmen über seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen hinaus an seine entlassenen Mitarbeiter zahlt. Gelten diese Regelungen generell ohne sektorale Beschränkung für alle Arbeitnehmer, die vorher festgelegte, automatisch anwendbare Voraussetzungen erfüllen, so liegen keine Beihilfen im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen an Unternehmen vor, die eine Umstrukturierung durchführen. Werden die betreffenden Regelungen aber zur Unterstützung der Umstrukturierung in bestimmten Wirtschaftszweigen verwendet, so können sie wegen dieser selektiven Verwendung durchaus Beihilfen enthalten (19).

(62)

Die Verpflichtungen zur Zahlung von Abfindungen und/oder Vorruhestandsgeld, die einem Unternehmen aufgrund arbeitsrechtlicher Vorschriften oder tariflicher Vereinbarungen mit den Gewerkschaften bei Entlassungen obliegen, verursachen Kosten, die zu den aus Eigenmitteln zu deckenden normalen Kosten eines Unternehmens gehören. Daher ist jeder staatliche Beitrag zu diesen Kosten unabhängig davon, ob er direkt an das Unternehmen oder über eine andere staatliche Stelle an die Arbeitnehmer gezahlt wird, als Beihilfe anzusehen.

(63)

Die Überwachungsbehörde erhebt gegenüber derartigen Beihilfen, wenn sie Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt werden, nicht von vornherein Einwände, weil sie über das Interesse des Unternehmens hinausgehende wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, den Strukturwandel erleichtern und soziale Probleme abfedern.

(64)

Außer für Abfindungs- und Vorruhestandszahlungen werden Beihilfen im Zusammenhang mit einer bestimmten Umstrukturierungsregelung vielfach auch für Schulung, Beratung und praktische Hilfe bei der Stellensuche, für Beihilfen zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes und berufliche Bildung sowie zur Unterstützung künftiger Existenzgründer gewährt. Derartige Beihilfen werden von der Überwachungsbehörde stets befürwortet, wenn sie Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt werden.

(65)

Die unter die Randnummern 61 bis 64 fallenden Beihilfen müssen in dem Umstrukturierungsplan klar ausgewiesen werden. Beihilfen für Sozialmaßnahmen, die ausschließlich den entlassenen Arbeitnehmern zugute kommen, bleiben bei der Bestimmung des Umfangs der Ausgleichsmaßnahmen gemäß den Randnummern 37 bis 41 außer Betracht.

(66)

Im gemeinsamen Interesse trägt die Überwachungsbehörde dafür Sorge, dass die sozialen Auswirkungen der Umstrukturierung in anderen Vertragsparteien des EWR-Abkommens als dem, der die Beihilfe gewährt, im Rahmen des Umstrukturierungsplans begrenzt werden.

16.3.2.7   Pflicht zur Unterrichtung der Überwachungsbehörde über alle Beihilfen an das begünstigte Unternehmen während der Umstrukturierungsphase

(67)

Wird eine Umstrukturierungsbeihilfe an ein großes oder mittleres Unternehmen nach den vorliegenden Leitlinien geprüft, so kann die Gewährung jeder weiteren Beihilfe in der Umstrukturierungsphase, selbst wenn sie nach Maßgabe einer bereits genehmigten Beihilferegelung erfolgt, den Umfang des von der Überwachungsbehörde zu bestimmenden Ausgleichs beeinflussen.

(68)

Bei der Anmeldung einer Umstrukturierungsbeihilfe für ein großes oder mittleres Unternehmen müssen alle anderen Beihilfen gleich welcher Art angegeben werden, die für das begünstigte Unternehmen in der Umstrukturierungsphase vorgesehen sind, außer wenn diese Beihilfen unter die De-minimis-Regeln oder unter eine Freistellungsverordnung fallen.

(69)

Die Überwachungsbehörde berücksichtigt diese Beihilfen bei der Würdigung der Umstukturierungsbeihilfe. Alle tatsächlich einem großen oder mittleren Unternehmen während des Umstrukturierungszeitraums gewährten Beihilfen, einschließlich der aufgrund einer genehmigten Beihilferegelung gewährten, sind bei der Überwachungsbehörde einzeln anzumelden, sofern diese zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Umstrukturierungsbeihilfe davon nicht unterrichtet war.

(70)

Die Überwachungsbehörde wird gewährleisten, dass diese Leitlinien nicht durch die Gewährung von Beihilfen im Rahmen genehmigter Regelungen umgangen werden können.

16.3.3   Grundsatz der ‚einmaligen‘ Beihilfe

(71)

Bei Rettungsbeihilfen handelt es sich um eine einmalige Intervention, die in erster Linie die Weiterführung des Unternehmens für eine begrenzte Zeitspanne gewährleisten soll, während der die Zukunftsaussichten des Unternehmens eingeschätzt werden können. Die wiederholte Gewährung von Rettungsbeihilfen, die lediglich den Status quo aufrechterhalten, das unvermeidbare Ende hinausschieben und in der Zwischenzeit die betreffenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme auf leistungsfähigere Hersteller oder andere Vertragsparteien des EWR-Abkommens abwälzen, ist hingegen nicht zulässig. Rettungsbeihilfen dürfen deshalb nur einmal vergeben werden (Grundsatz der ‚einmaligen Beihilfe‘). Gleiches gilt für Umstrukturierungsbeihilfen, um zu verhindern, dass Unternehmen, die nur mit wiederholter staatlicher Unterstützung überleben können, missbräuchlich gefördert werden. Wird schließlich eine Rettungsbeihilfe einem Unternehmen gewährt, das bereits eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten hat, so ist davon auszugehen, dass die Schwierigkeiten des begünstigten Unternehmens wiederholt auftreten und wiederholte staatliche Intervention den Wettbewerb entgegen dem gemeinsamen Interesse verzerrt. Ein derartiges wiederholtes staatliches Eingreifen in diesem Sinne sollte daher nicht zulässig sein.

(72)

Meldet ein EFTA-Staat bei der Überwachungsbehörde eine geplante Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe an, so muss er angeben, ob das Unternehmen bereits in der Vergangenheit, auch vor dem Zeitpunkt der Anwendbarkeit der vorliegenden Leitlinien, eine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe einschließlich nicht angemeldeter Beihilfen erhalten hat (20). Ist dies der Fall und liegt es weniger als zehn Jahre zurück, dass eine Rettungsbeihilfe gewährt worden oder die Umstrukturierungsphase abgeschlossen oder die Durchführung des Umstrukturierungsplans eingestellt worden ist (je nachdem, welches Ereignis als Letztes eingetreten ist), wird die Überwachungsbehörde weitere Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen nur in folgenden Fällen genehmigen:

a)

wenn sich die Umstrukturierungsbeihilfe an eine Rettungsbeihilfe als Teil eines einzigen Umstrukturierungsvorgangs anschließt;

b)

wenn die Rettungsbeihilfe in Übereinstimmung mit den Bedingungen in Abschnitt 16.3.1.1 gewährt worden ist und keine staatlich geförderte Umstrukturierung gefolgt ist, falls

i)

vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass das Unternehmen nach der Rettungsbeihilfe langfristig wirtschaftlich tragfähig ist, und

ii)

neue Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe frühestens nach fünf Jahren auf Grund von außergewöhnlichen, nicht vorhersehbaren Umständen (21) erforderlich wird, die das Unternehmen nicht zu vertreten hat;

c)

in außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Fällen, für die das Unternehmen nicht verantwortlich ist.

In den unter Buchstaben b und c genannten Fällen kann das in Abschnitt 16.3.1.2 genannte vereinfachte Verfahren nicht angewandt werden.

(73)

Änderungen der Eigentumsverhältnisse des Unternehmens nach Genehmigung einer Beihilfe sowie ein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, das die Sanierung seiner Bilanz, die Reduzierung seiner Schulden oder die Begleichung seiner Altschulden zur Folge hat, berühren die Anwendung dieser Regel in keiner Weise, soweit es um die Weiterführung ein und desselben Unternehmens geht.

(74)

Hat eine Unternehmensgruppe bereits eine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe erhalten, so genehmigt die Überwachungsbehörde weitere Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen zugunsten der Gruppe oder einzelner Unternehmen dieser Gruppe normalerweise erst zehn Jahre, nachdem die Rettungsbeihilfe gewährt worden, die Umstrukturierungsphase abgeschlossen oder die Durchführung des Umstrukturierungsplans eingestellt worden ist (je nachdem, welches Ereignis als Letztes eingetreten ist). Hat ein Unternehmen, das einer Unternehmensgruppe angehört, eine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe erhalten, können für die Gruppe insgesamt oder für einzelne Unternehmen der Gruppe, nicht aber für den Empfänger der früheren Beihilfe, weiterhin Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen gewährt werden, sofern die übrigen Bestimmungen der vorliegenden Leitlinien eingehalten werden. Die EFTA-Staaten müssen dafür sorgen, dass die Beihilfe von der Unternehmensgruppe oder den zu dieser Gruppe gehörenden Unternehmen nicht an den Empfänger der früheren Beihilfe weitergegeben wird.

(75)

Im Fall eines Unternehmens, das Vermögenswerte insbesondere von einem Unternehmen übernimmt, gegen das eines der in Randnummer 73 genannten Verfahren oder ein Insolvenzverfahren nach innerstaatlichem Recht eröffnet wurde und das bereits selbst eine Rettungs- oder Umstrukturierungshilfe erhalten hat, findet der Grundsatz der einmaligen Beihilfe keine Anwendung auf das übernehmende Unternehmen, sofern alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

das übernehmende Unternehmen unterscheidet sich deutlich von dem früheren Unternehmen;

b)

das übernehmende Unternehmen hat die Vermögenswerte des früheren Unternehmens zum Marktpreis erworben;

c)

die Liquidation oder der gerichtliche Vergleich und der Erwerb des früheren Unternehmens sind keine reine Formsache, nur um die Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe zu umgehen (was die Überwachungsbehörde beispielsweise feststellen könnte, falls die Schwierigkeiten des übernehmenden Unternehmens beim Erwerb der Vermögenswerte des früheren Unternehmens absehbar waren).

(76)

Hier sei allerdings daran erinnert, dass Beihilfen für den Erwerb von Vermögenswerten nach diesen Leitlinien nicht genehmigt werden können, da sie als Beihilfen für eine Erstinvestition gelten.

16.4   Beihilferegelungen zugunsten von KMU

16.4.1   Allgemeine Grundsätze

(77)

Die Überwachungsbehörde genehmigt Regelungen für Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen in Schwierigkeiten nur, wenn die betreffenden Unternehmen der Definition der KMU entsprechen. Vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen finden die Kapitel 16.2 und 16.3 — mit Ausnahme des Abschnittes 16.3.1.2 — auf die Beurteilung der Vereinbarkeit solcher Regelungen mit dem Gemeinsamen Markt Anwendung, da letzterer nicht für Beihilferegelungen gilt. Jede im Rahmen einer Regelung gewährte Beihilfe, die eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, muss einzeln angemeldet und von der Überwachungsbehörde vor ihrer Vergabe genehmigt werden.

16.4.2   Förderungswürdigkeit

(78)

Beihilfen, die kleinen und mittleren Unternehmen im Rahmen von ab dem Zeitpunkt der Anwendbarkeit der vorliegenden Leitlinien genehmigten Beihilferegelungen gewährt werden, können — soweit sektorale Bestimmungen nichts anderes vorsehen — von der Einzelanmeldung nur dann freigestellt werden, wenn die betreffenden Unternehmen mindestens eines der drei unter Randnummer 9 genannten Kriterien erfüllen. Beihilfen zugunsten von Unternehmen, die keinem der drei Kriterien genügen, sind bei der Überwachungsbehörde einzeln anzumelden, damit diese beurteilen kann, ob es sich tatsächlich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelt. Beihilfen an Unternehmen, die auf einem Markt tätig sind, auf dem seit langem strukturelle Überkapazitäten bestehen, müssen unabhängig von der Größe des begünstigten Unternehmens ebenfalls einzeln bei der Überwachungsbehörde angemeldet werden, damit sie im Hinblick auf die Anwendung von Randnummer 41 geprüft werden können.

16.4.3   Bedingungen für die Genehmigung von Rettungsbeihilferegelungen

(79)

Regelungen, die die Gewährung von Rettungsbeihilfen vorsehen, können von der Überwachungsbehörde nur genehmigt werden, wenn sie die Voraussetzungen unter Randnummer 24 Buchstaben a, b, d und e erfüllen. Rettungsbeihilfen dürfen nur für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten gewährt werden, in dem die Lage des Unternehmens zu prüfen ist. Vor Ablauf dieses Zeitraums muss der EFTA-Staat entweder einen Umstrukturierungs- oder einen Liquidationsplan gebilligt oder von dem Begünstigten die Rückzahlung des Darlehens und der der Risikoprämie entsprechenden Beihilfe gefordert haben.

(80)

Jede Rettungsbeihilfe, die für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten gewährt oder nicht nach sechs Monaten zurückgezahlt wird, muss bei der Überwachungsbehörde einzeln angemeldet werden.

16.4.4   Bedingungen für die Genehmigung von Umstrukturierungsbeihilferegelungen

(81)

Die Überwachungsbehörde wird Umstrukturierungsbeihilferegelungen nur genehmigen, wenn die Gewährung der Beihilfen von der vollständigen Durchführung eines von dem betreffenden EFTA-Staat zuvor gebilligten Umstrukturierungsplans abhängig gemacht wird, der folgende Voraussetzungen erfüllt:

a)

Wiederherstellung der Rentabilität: Es gelten die unter den Randnummern 33 bis 36 festgelegten Kriterien;

b)

Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen: Da Beihilfen an kleine Unternehmen den Wettbewerb normalerweise in geringerem Maß verzerren, findet der Grundsatz unter den Randnummern 37 bis 41 keine Anwendung, sofern die Vorschriften für staatlichen Beihilfen in einem bestimmten Sektor nichts anderes vorschreiben. Dafür müssen die Regelungen vorsehen, dass die begünstigten Unternehmen während der Durchführung des Umstrukturierungsplans keine Kapazitätsaufstockung vornehmen können. Auf Unternehmen mittlerer Größe finden die Randnummern 37 bis 41 Anwendung.

c)

Begrenzung der Beihilfen auf das notwendige Mindestmaß: Es gelten die unter den Randnummern 42, 43 und 44 dargelegten Grundsätze;

d)

Änderung des Umstrukturierungsplans: Bei jeder Änderung des Umstrukturierungsplans müssen die unter den Randnummern 51, 52 und 53 festgelegten Regeln eingehalten werden.

16.4.5   Gemeinsame Bedingungen für die Genehmigung von Rettungs- und/oder Umstrukturierungsbeihilferegelungen

(82)

In Beihilferegelungen muss der Höchstbetrag der Beihilfe angegeben sein, der ein und demselben Unternehmen als Rettungs- und/oder Umstrukturierungsbeihilfe einschließlich im Falle einer Änderung des Umstrukturierungsplans gewährt werden kann. Alle Beihilfen, die diesen Betrag überschreiten, müssen bei der Überwachungsbehörde einzeln angemeldet werden. Der Höchstbetrag einer kombinierten Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe, die ein und demselben Unternehmen gewährt werden kann, darf 10 Mio. EUR einschließlich der Beihilfen aus anderen Quellen oder anderen Regelungen nicht überschreiten.

(83)

Der Grundsatz der einmaligen Beihilfe ist einzuhalten. Abschnitt 16.3.3 findet Anwendung.

(84)

Eine Einzelanmeldung ist auch erforderlich, wenn ein Unternehmen Vermögenswerte eines anderen Unternehmens übernimmt, das selbst bereits Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen erhalten hat.

16.4.6   Kontrolle und Jahresberichte

(85)

Die Randnummern 48, 49 und 50 finden auf Beihilferegelungen keine Anwendung. Die Genehmigung einer Regelung wird jedoch mit der Auflage verbunden, einen — normalerweise jährlichen — Bericht über die Durchführung der betreffenden Regelung mit Angaben vorzulegen, die den Weisungen der Überwachungsbehörde zu den standardisierten Jahresberichten (22). entsprechen. Die Berichte müssen überdies ein Verzeichnis aller begünstigten Unternehmen sowie folgende Angaben zu den einzelnen Unternehmen enthalten:

a)

Firma;

b)

Code des betreffenden Wirtschaftszweigs entsprechend dem dreistelligen NACE-Code (23);

c)

Beschäftigtenzahl;

d)

Jahresumsatz und Bilanzsumme;

e)

Betrag der gewährten Beihilfe;

f)

Höhe und Art der Eigenleistung des Beihilfeempfängers;

g)

gegebenenfalls Art und Umfang der Ausgleichsmaßnahmen;

h)

gegebenenfalls Angaben zu den Umstrukturierungsbeihilfen oder gleichgestellten Beihilfen, die in der Vergangenheit gewährt worden sind;

i)

Angabe, ob das begünstigte Unternehmen vor Abschluss der Umstrukturierung liquidiert oder einem Insolvenzverfahren unterstellt worden ist.

16.5   Zweckdienliche Maßnahmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen

(86)

Die Überwachungsbehörde schlägt den EFTA-Staaten auf der Grundlage von Artikel 1 Absatz 1 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen mit separatem Schreiben zweckdienliche Maßnahmen für ihre bestehenden Beihilferegelungen vor, wie sie in den Randnummern 87 und 88 beschrieben werden. Künftige Regelungen können nur dann genehmigt werden, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind.

(87)

Die EFTA-Staaten, die den Vorschlag der Überwachungsbehörde annehmen, müssen ihre bestehenden Beihilferegelungen, die nach der Annahme in Kraft bleiben sollen, innerhalb von sechs Monaten den vorliegenden Leitlinien anpassen.

(88)

Die EFTA-Staaten müssen sich binnen eines Monats ab Erhalt des Schreibens, in dem ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vorgeschlagen werden, mit diesem Vorschlag einverstanden erklären.

16.6   Zeitpunkt der Anwendbarkeit und Geltungsdauer

(89)

Die vorliegenden Leitlinien treten am Tag des Datums dieser Annahme in Kraft. Sofern keine neue Entscheidung ergeht, bleiben sie fünf Jahre in Kraft.

(90)

Anmeldungen, die bei der Überwachungsbehörde, die vor dem Tag dieser Annahme eingehen, werden gemäß den zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Kriterien geprüft.

(91)

Die Überwachungsbehörde wird alle Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, die ohne ihre Genehmigung und somit unter Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 3 in Teil I des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen gewährt worden sind, auf der Grundlage der vorliegenden Leitlinien auf ihre Vereinbarkeit mit dem EWR-Abkommen prüfen, wenn die Beihilfe oder ein Teil der Beihilfe nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und die EWR-Beilage zu diesem Amtsblatt gewährt worden ist. In allen anderen Fällen wird sie die Prüfung auf der Grundlage der Leitlinien durchführen, die zum Zeitpunkt der Beihilfevergabe galten.


(1)  Dieses Kapitel entspricht den Leitfäden der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 1).

(2)  Am 19. Januar 1994, angenommen, veröffentlicht im ABl. L 231 vom 3.9.1994, S. 1 und in der EWR-Beilage Nr. 32 zum Amtsblatt desselben Tages.

(3)  Am 16. Dezember 1999 angenommen, veröffentlicht im ABl. L 274 vom 26.10.2000 und in der EWR-Beilage Nr. 48 zum Amtsblatt desselben Tages.

(4)  In der entsprechenden Mitteilung der Kommission hat die Kommission erklärt, dass in Anbetracht der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Stockholm vom 23. und 24. März 2001 und von Barcelona vom 15. und 16. März 2002, wonach die Mitgliedstaaten die staatlichen Beihilfen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt weiter zurückfahren und stärker auf horizontale Ziele von gemeinsamem Interesse wie den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt ausrichten sollen, eine genauere Prüfung der Wettbewerbsverzerrungen, die durch Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen hervorgerufen werden, angebracht scheine. Dies entspricht auch den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon vom 23. und 24. März 2000, die auf eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gerichtet sind.

(5)  Gemeint sind insbesondere die Gesellschaftsrechtsformen, die in Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 78/660/EWG des Rates (ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 (ABl. L 178 vom 17.7.2003, S. 16), aufgeführt sind, übernommen in Ziffer 4 des Anhangs XXII des EWR-Abkommens durch den Beschluss Nr. 176/2003 des Gemeinsamen Ausschusses vom 5.12.2003 (ABl. L 88 vom 25.3.2004, S. 53 und EWR-Beilage Nr. 15 vom 25.3.2004, S. 14).

(6)  Analog zur Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 (ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1), zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 2003 zur EU. Übernommen in Ziffer 2 des Anhangs XXII des EWR-Abkommens durch das Abkommen zur Erweiterung des EWR.

(7)  Dabei geht es vor allem um Gesellschaften der Rechtsformen, die in Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 78/660/EWG (ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 178 vom 17.7.2003, S. 16), übernommen in Ziffer 4 des Anhangs XXII des EWR-Abkommens durch den Beschluss Nr. 176/2003 des Gemeinsamen Ausschusses vom 5.12.2003 (ABl. L 88 vom 25.3.2004, S. 53 und EWR-Beilage Nr. 15 vom 25.3.2004, S. 14).

(8)  Zur Klärung der Frage, ob ein Unternehmen unabhängig ist oder einer bestimmten Gruppe zugehört, werden die Kriterien von Anhang 1 der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 (ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 20), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 363/2004 (ABl. L 63 vom 28.2.2004, S. 20), übernommen in Ziffer 1 Absatz d des Anhangs XV des EWR-Abkommens durch den Beschluss Nr. 131/2004 (ABl. L 64 vom 10.3.2005, S. 67) des Gemeinsamen Ausschusses herangezogen.

(9)  Entsprechende Regelungen gibt es für den Luftverkehr. Siehe Kapitel 30 dieser Leitlinien.

(10)  Das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (‚Überwachungs- und Gerichtsabkommen‘) (ABl. L 344 vom 31.12.1994, S. 1).

(11)  Rechtssache C-355/95 P Textilwerke Deggendorf GmbH (TWD)/Kommission, Slg. 1997, S. I-2549.

(12)  Bei Rettungsbeihilfen im Bankensektor kann eine Ausnahme gemacht werden, damit das betreffende Kreditinstitut seine Banktätigkeit vorübergehend in Übereinstimmung mit den geltenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften weiterführen kann (Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1)), übernommen in Ziffer 14 des Anhangs IX des EWR-Abkommens durch den Beschluss Nr. 15/2001 des Gemeinsamen Ausschusses vom 1.10.2001 (ABl. L 117 vom 26.4.2001, S. 13 und EWR-Beilage Nr. 22 vom 26.4.2001, S. 8). Beihilfen, die in anderer Form als Darlehensbürgschaften und Darlehen gemäß Buchstabe a gewährt werden, müssen den allgemeinen für Rettungsbeihilfen geltenden Grundsätzen entsprechen und dürfen nicht aus Finanzmaßnahmen struktureller Art bestehen, die bei den Eigenmitteln der Bank ansetzen. Beihilfen, die in anderer Form als Darlehensbürgschaften und Darlehen gemäß Buchstabe a gewährt werden, werden bei der Prüfung etwaiger Gegenleistungen im Rahmen eines Umstrukturierungsplans berücksichtigt (vgl. Rdnrn. 37—41).

(13)  Hierfür kann die Überwachungsbehörde auch berücksichtigen, ob es sich bei dem fraglichen Unternehmen um ein mittleres oder großes Unternehmen handelt.

(14)  Kapitel 26A des multisektoralen Regionalbeihilferahmens für große Investitionsvorhaben, am 18. Dezember 2002 angenommen (noch nicht veröffentlicht), zuletzt geändert am 17. März 2004 (noch nicht veröffentlicht).

(15)  In diesen Fällen lässt die Überwachungsbehörde lediglich Beihilfen zur Deckung der Sozialkosten der Umstrukturierung zu (vgl. Abschnitt 16.3.2.6) sowie Umweltschutzbeihilfen zur Reinigung verschmutzter Standorte, die andernfalls aufgegeben werden müssten.

(16)  Siehe Antwort auf Frage 6. Dieser Mindestbetrag darf keine Beihilfe enthalten. Dies ist z. B. nicht der Fall, wenn ein Darlehen einen günstigeren Zinssatz trägt oder wenn es von staatlichen Bürgschaften unterlegt wird, die Beihilfeelemente enthalten.

(17)  Vgl. Randnummer 9 c.

(18)  Im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36), übernommen in das EWR-Abkommen durch den Beschluss Nr. 131/2004 des Gemeinsamen Ausschusses (noch nicht veröffentlicht). Bis 31. Dezember 2004 gilt die Definition in der Empfehlung 96/280/EG der Kommission (ABl. L 107 vom 30.4.1996, S. 4). Die Definition ist auch Anhang 1 der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 33) zu entnehmen, übernommen in das EWR-Abkommen durch Anhang XV Ziffer 1 Buchstabe f und durch den Beschluss Nr. 88/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 25. Juni 2002 zur Änderung des Anhangs (Staatliche Beihilfen) des EWR-Abkommens (ABl. L 266 vom 3.10.2002, S. 56 und EWR-Beilage Nr. 49 vom 3.10.2002, S. 42).

(19)  In seinem Urteil vom 26. September 1996 in der Rechtssache C-241/94, Frankreich/Kommission (Kimberly Clark Sopalin), Slg. 1996, I-4551, bestätigte der Europäische Gerichtshof, dass die Finanzierung aus dem nationalen Beschäftigungsfonds durch den französischen Staat auf der Grundlage von Ermessensentscheidungen geeignet ist, bestimmte Unternehmen in eine günstigere Lage zu versetzen als andere und somit die Voraussetzungen einer Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllt. (Durch das Urteil sind allerdings die Schlussfolgerungen der Kommission nicht in Frage gestellt worden, die diese Beihilfe als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erachtet hatte.)

(20)  Bei nicht angemeldeten Beihilfen trägt die Überwachungsbehörde in ihrer Würdigung der Möglichkeit Rechnung, dass diese Beihilfen nicht als Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe, sondern auf andere Weise als mit dem EWR-Abkommen vereinbar hätten erklärt werden können.

(21)  Unvorhersehbar sind Umstände, die von der Leitung des Unternehmens bei der Ausarbeitung des Umstrukturierungsplans unmöglich vorhergesehen werden konnten und die nicht auf Fahrlässigkeit oder Irrtümer der Unternehmensleitung oder Entscheidungen der Unternehmensgruppe, zu der das betroffene Unternehmen gehört, zurückzuführen sind.

(22)  Vgl. Anhang III. A und B (Stanardberichtsformular für bestehende staatliche Beihilfen) der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 195/04/KOL vom 14. Juli 2004 über die Durchführungsvorschriften gemäß Artikel 27 in Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtsabkommen (noch nicht veröffentlicht).

(23)  Allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft, veröffentlicht vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften.

ANHANG

Formel (1) für die Berechnung des Höchstbetrags einer Rettungsbeihilfe, der zur Inanspruchnahme des vereinfachten Verfahrens berechtigt:

Formula

Die Formel basiert auf dem operativen Ergebnis des Unternehmens (Gewinne vor Zinsaufwand und Steuern) im Jahr vor der Vergabe bzw. Anmeldung der Beihilfe (angegeben als „t“). Zu diesem Betrag sind die Abschreibungen hinzuzurechnen sowie die Veränderungen des Nettoumlaufvermögens. Die Veränderung des Nettoumlaufvermögens ergibt sich aus der Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten (2) in den letzten abgeschlossenen Rechnungsperioden. Gleiches gilt, wenn Rückstellungen auf Ebene des Betriebsergebnisses vorgenommen werden; solche Rückstellungen sind klar zu kennzeichnen und vom Betriebsergebnis auszunehmen.

Die Formel soll Aufschluss über den negativen operativen Cashflow im Jahr vor der Anmeldung der Beihilfe (oder bei nicht angemeldeten Beihilfen vor deren Vergabe) geben. Die Hälfte dieses Betrags sollte die Fortführung des Unternehmens für einen Zeitraum von sechs Monaten sicherstellen. Das Ergebnis aus der Formel muss daher durch 2 geteilt werden.

Die Formel kann nur angewandt werden, wenn das Ergebnis negativ ist.

Ergibt sich aus der Formel ein positives Ergebnis, so ist ausführlich darzulegen, dass sich das Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Randnummern 9 und 10 befindet.

Beispiele:

Gewinn vor Zinsaufwand und Steuern (Mio. EUR)

(12)

Abschreibungen (Mio. EUR)

2


Bilanz

(Mio. EUR)

31. Dezember t-1

31. Dezember t

Umlaufvermögen

Liquide Mittel

10

5

Forderungen

30

20

Bestände

50

45

Transitorische Aktiva

20

10

Sonstiges Umlaufvermögen

20

20

Umlaufvermögen insgesamt

130

100

Kurzfristige Verbindlichkeiten

Verbindlichkeiten

20

25

Antizipative Passiva

15

10

Transitorische Passiva

5

5

Rückstellungen insgesamt

40

40

Betriebskapital

90

60

Betriebskapital-Differenz

(30)

 

Maximale Rettungsbeihilfe = [– 12 + 2 + (– 30)]/2 = – 20 Mio. EUR

Da sich aus der Formel ein höherer Betrag als 10 Mio. EUR ergibt, kann das in Randnummer 29 beschriebene vereinfachte Verfahren nicht genutzt werden. Bei Überschreiten dieses Betrags sollte der EFTA-Staat ausführen, wie der Bedarf des Unternehmens an liquiden Mitteln und die Höhe der Rettungsbeihilfe berechnet wurden.“


(1)  Das Betriebsergebnis (EBIT = Gewinn vor Zinsaufwand und Steuern, wie im Jahresabschluss des Jahres vor Anmeldung der Beihilfe ausgewiesen, angegeben als „t“) plus Abschreibungen für denselben Zeitraum plus Veränderungen des Nettoumlaufvermögens über einen Zeitraum von zwei Jahren (Jahr vor Anmeldung der Beihilfe und das Jahr davor) geteilt durch zwei, um den Betrag für sechs Monate, der für eine Rettungsbeihilfe normalerweise zulässigen Frist, zu bestimmen.

(2)  Umlaufvermögen: liquide Mittel, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, sonstige Vermögensgegenstände und aktive Rechnungsabgrenzungsposten, Vorräte. Kurzfristige Verbindlichkeiten: Verbindlichkeiten aus Kreditaufnahme, aus Lieferungen und Leistungen und andere kurzfristige Verbindlichkeiten, passive Rechnungsabgrenzungsposten, Rückstellungen, Verbindlichkeiten aus Steuern.