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27.1.2007 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 20/10 |
Klage, eingereicht am 24. November 2006, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland
(Rechtssache C-480/06)
(2007/C 20/14)
Verfahrenssprache: Deutsch
Parteien
Klägerin: Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Prozessbevoll-mächtigte: X. Lewis und B. Schima, Bevollmächtigte)
Beklagte: Bundesrepublik Deutschland
Anträge der Klägerin
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Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 8 in Verbindung mit den Abschnitten III bis VI der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (1) verstoβen, dass die Landkreise Rotenburg (Wümme), Harburg, Soltau-Fallingbostel und Stade einen Vertrag über Abfallentsorgungsleistungen direkt mit der Stadtreinigung Hamburg abgeschlossen haben und dieser Dienstleistungsvertrag nicht im offenen oder nicht-offenen Verfahren gemeinschaftsweit ausgeschrieben worden ist. |
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Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens. |
Klagegründe und wesentliche Argumente
Vier niedersächsische Landkreise schlossen am 18. Dezember 1995 einen Vertrag über Abfallentsorgungsleistungen mit der Stadtreinigung Hamburg, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, ab. Dieser Vertrag sei ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens und ohne europaweite Ausschreibung abgeschlossen worden.
Die Landkreise seien öffentliche Auftraggeber und der vorliegende Vertrag sei ein schriftlicher, entgeltlicher Dienstleistungsvertrag, der den für die Anwendung der Richtlinie 92/50/EWG maßgeblichen Schwellenwert überschreite und deshalb in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie falle.
Der Umstand, dass die Stadtreinigung Hamburg als Anstalt des öffentliches Rechts selbst öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Richtlinie 92/50/EWG sei, ändere nichts daran, dass der gegenständliche Vertrag in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie falle: wie der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt habe, seien die Richtlinien zum Vergaberecht immer anwendbar, wenn ein öffentlicher Auftraggeber beabsichtige, mit einer Einrichtung, die sich formal von ihm unterscheidet und die ihm gegenüber eigene Entscheidungsgewalt besitzt, einen schriftlichen, entgeltlichen Vertrag abzuschließen.
Es seien keine Tatsachen ersichtlich, die eine freihändige Vergabe des vorliegenden Auftrags in Form eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Vergabebekanntmachung rechtfertigen würden.
Die Kommission kann sich auch nicht der von der Bundesregierung vertretenen Auffassung anschlieβen, dass kommunale Kooperationen als Ausfluss des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung, unabhängig von der gewählten Rechtsform, dem Vergaberecht entzogen seien. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung könne nämlich nicht dazu führen, dass es lokalen Gebietskörperschaften gestattet werde, die Vorschriften über die öffentliche Auftragsvergabe zu missachten. Soweit diese Gebietskörperschaften mit anderen Einrichtungen, seien diese auch selbst öffentliche Auftraggeber, Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen abschlössen, unterlägen diese dem Vergaberecht. Die deutsche Regierung habe ferner nicht nachweisen können, dass der vorliegende Dienstleistungsvertrag aus technischen Gründen nur an einen bestimmten Dienstleistungserbringer vergeben werden konnte.
Aus diesen Gründen kommt die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass die Bundesrepublik Deutschland durch den direkten Abschluss des Vertrags über die Abfallentsorgungsleistungen ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens und ohne europaweite Ausschreibung gegen die Richtlinie 92/50/EWG verstoβen habe.
(1) Abl. L 209, S. 1.