3.4.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 84/383


(2004/C 84 E/0446)

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-0385/04

von Theresa Villiers (PPE-DE) an die Kommission

(6. Februar 2004)

Betrifft:   Kommerzielle Tätigkeit von Ordnance Survey

Ordnance Survey, die Nationale Vermessungs- und Kartierbehörde des Vereinigten Königreichs, erhält beträchtliche finanzielle Unterstützung in Form von Zuschüssen der britischen Regierung und in geschlossener Ausschreibung vergebenen Vermessungsverträgen der Regierung. Seit 1999 ist Ordnance Survey auch auf dem Gebiet der kommerziellen Luftbildvermessung tätig. Vor diesem Datum war die Luftbildvermessung ausschließlich dem privaten Sektor vorbehalten, und es gab eine strikte Trennung der Interessen von Ordnance Survey (Landkarten) und dem privaten Sektor (Luftvermessung). Nun steht OS jedoch unter dem Verdacht, mit dem Geld, das die Behörde aus öffentlichen Mitteln erhält, zum Teil ihre eigene kommerzielle Tätigkeit auf dem Gebiet der Luftbildvermessung zu unterstützen. Die Konkurrenten von Ordnance Survey behaupten, sie seien durch diesen unlauteren und subventionierten Wettbewerb wirtschaftlich schwer geschädigt worden.

1.

Läuft die finanzielle Unterstützung von Ordnance Survey durch die Regierung in irgendeiner Form auf eine unrechtmäßige staatliche Beihilfe hinaus? Verstößt die Wirtschaftstätigkeit, die Ordnance Survey seit 1999 ausübt, gegen die Wettbewerbsvorschriften der EU? Wenn ja, welche Maßnahmen stehen der Kommission zur Verfügung, um in Zukunft einen lauteren Wettbewerb zwischen Ordnance Survey und seinen Konkurrenten aus der Privatwirtschaft zu gewährleisten?

2.

Fällt Ordnance Survey unter jene Bestimmungen der EU, die für Einrichtungen, die staatlich finanzierte und privatwirtschaftliche Tätigkeiten mischen, Transparenz in der Buchhaltung vorschreiben? Ist OS nach den Rechtsvorschriften der EU insbesondere verpflichtet, über seine kommerziellen und seine staatlich finanzierten Tätigkeiten getrennt Buch zu führen? Wenn ja, ist die Kommission der Auffassung, dass OS diese Vorschriften uneingeschränkt erfüllt?

Antwort von Herrn Monti im Namen der Kommission

(9. März 2004)

Der Kommission liegen keine Informationen darüber vor, ob die britischen Behörden der Nationalen Vermessungs- und Kartierbehörde Zuschüsse gewährt haben. Sie kann daher keine Aussage dazu machen, ob die Zuschüsse, von denen die Frau Abgeordnete spricht, staatliche Beihilfen im Sinne des EG-Vertrags sind und ob sie gegebenenfalls mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Derartige Zuschüsse könnten nämlich als Gegenleistung für erbrachte Leistungen und nicht als staatliche Beihilfen angesehen werden.

Sollten die Aktivitäten der Nationalen Vermessungs- und Kartierbehörde als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrachtet werden, gilt dies insbesondere:

wenn die Nationale Vermessungs- und Kartierbehörde mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut ist und diese Verpflichtungen klar definiert sind,

wenn die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufgestellt wurden,

wenn der Ausgleich nicht über den Betrag hinausgeht, der erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken,

und wenn die Nationale Vermessungs- und Kartierbehörde für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgewählt wurde, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann oder andernfalls wenn die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen ist, die ein durchschnittliches, gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte (vgl. Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C-280/00).

Die Tatsache, dass die Nationale Vermessungs- und Kartierbehörde seit 1999 eine Wirtschaftstätigkeit ausübt, stellt an sich keinen Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften dar. Es ist der Nationalen Vermessungs- und Kartierbehörde jedoch untersagt, aus Mitteln, die sie als Gegenleistung für eventuell erbrachte öffentliche Dienstleistungen erhalten hat, rein kommerzielle Aktivitäten zu subventionieren. Ein derartiger Überausgleich könnte, sobald er den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt, als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen angesehen werden.

Die Richtlinie 80/723/EWG der Kommission über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen (1) schreibt eine getrennte Buchführung vor für:

„jedes Unternehmen, dem besondere oder ausschließliche Rechte nach Artikel 8 6 Absatz 1 EG-Vertrag gewährt werden oder das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag betraut ist und das für diese Dienstleistungen staatliche Beihilfen in jedweder Form einschließlich Geld- und Ausgleichsleistungen erhält und das in verschiedenen Geschäftbereichen tätig ist“;

„mit einem Jahresnettoumsatz von weniger als insgesamt 40 Mio. EUR in den beiden Rechnungsjahren, die einem Jahr vorangehen, in dem sie ein von einem Mitgliedstaat gewährtes besonderes oder ausschließliches Recht (…) hatten oder mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (…) betraut waren“;

„sofern die [ihm] gewährten staatlichen Beihilfen (…) für einen angemessenen Zeitraum im Rahmen eines offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Verfahrens festgesetzt wurden“.

Folglich könnte die Nationale Vermessungs- und Kartierbehörde zur Führung getrennter Bücher verpflichtet sein, insoweit sie mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist.

Die britischen Behörden haben die Kommission davon in Kenntnis gesetzt, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen haben, um die Einhaltung der von den Gemeinschaftsrichtlinien vorgeschriebenen Transparenz zu gewährleisten.


(1)  Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 (ABl. L 195 vom 29.7.1980), geändert durch die Richtlinien 85/413/EWG vom 24. Juli 1985 (ABl. L 229 vom 28.8.1985), 93/84/EWG vom 30. September 1993 (ABl. L 254 vom 12.10.1993) und 2000/52/EG vom 26. Juli 2000 (ABl. L 193 vom 29.7.2000).