8.4.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 88/650


(2004/C 88 E/0667)

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-3467/03

von John Bowis (PPE-DE) an die Kommission

(21. November 2003)

Betrifft:   Pipeline Tschad-Kamerun

Kann die Kommission über den aktuellen Stand des Pipeline-Projekts vom Tschad nach Kamerun informieren, einschließlich den Nutzen, den die örtlichen Gemeinschaften daraus ziehen, sowie den Schutz, der für die betroffene Umwelt gewährleistet wurde? Wie sieht das geplante Programm für Öleinkünfte aus? Welche Auswirkungen hat die zunehmende Wirtschaftstätigkeit im Zusammenhang mit der Pipeline auf die gesundheitliche und die soziale Situation der beiden Länder?

Antwort von Herrn Nielson im Namen der Kommission

(19. Dezember 2003)

Nachdem die Ölförderung in Tschad im Juni 2003 aufgenommen worden war, floss ab Juli 2003 Öl durch die neue Pipeline. Am 9. Oktober 2003 wurde die tausend Kilometer lange Pipeline von Tschad nach Kamerun von Staatspräsident Idriss Deby in Anwesenheit von vier anderen Staatsoberhäuptern der Region in aller Form eingeweiht.

Die Kosten der Ölförderung in Tschad und der Beförderung des Öls nach Kamerun werden auf 3,7 Mrd. USD veranschlagt, so dass wir es hier mit einem der größten Investitionsprojekte in den Privatsektor in Afrika überhaupt zu tun haben. Die Europäische Investitionsbank (EIB) beteiligt sich an der Finanzierung mit 144 Mio. EUR; von diesem Betrag entfallen 35,7 Mio. EUR auf die Unterstützung der Regierung Kameruns und 20,3 Mio. EUR auf Risikokapital des Europäischen Entwicklungsfonds (EEG) für den Tschad. Man rechnet mit einer Ölförderung von 225 000 Fass am Tag und Gesamteinnahmen von 12 Mrd. USD. Für die veranschlagte Betriebsdauer von 28 Jahren sind Staatseinnahmen in Höhe von 1,7 Mrd. USD für Tschad und 505 Mio. USD für Kamerun projektiert.

Das entwicklungspolitische Konzept hinter diesem Projekt ist die Erschließung einer Einnahmequelle, die es den Regierungen ermöglichen soll, größere Summen in Armutsbekämpfungsprogramme zu investieren, insbesondere in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Bildung und ländliche Entwicklung.

Laut dem Gesetz für die Verwaltung der Erdöleinnahmen sollen 85 % der Einnahmen der ersten zehn Förderjahre in die vorrangigen Bereiche Bildung, Gesundheit, soziale Dienste und Landwirtschaft investiert werden. Diese Investitionen sollen nicht etwa an die Stelle der bisherigen staatlichen Ausgaben treten, sondern letztere ergänzen.

Was dieses Projekt zu einem völlig neuartigen Modell der Förderindustrie macht, ist die Sorgfalt und Genauigkeit, mit der das Einnahmenverwaltungsprogramm formuliert und vereinbart wurde. Die Beteiligung der Weltbank hat zur Ausarbeitung dieses soliden Programms für die Verwaltung der Erdöleinnahmen geführt, untermauert durch die strengen umwelt- und sozialpolitischen Maßstäbe der Gruppe sowie breit angelegte Konsultationen in Tschad und Kamerun sowie weltweit.

Infolgedessen wird sich das Projekt nur geringfügig auf die Natur und die menschliche Umwelt auswirken. Größtenteils verläuft die Pipeline unterirdisch, entlang vorhandener Infrastruktur und in Übereinstimmung mit den einschlägigen Weltbank-Schutzvorschriften für Umweltverträglichkeit, Biotope, Ureinwohner, Kultureigentum, Wiederansiedlung und Wälder. Nur ein kleines Gebiet an tropischem Regenwald musste geopfert werden. Zum Ausgleich wurden in Kamerun zwei große Nationalparks angelegt. Im Rahmen eines umfassenden Plans wurden mit dem Konsortium die Maßnahmen im Falle etwaiger Ölunfälle festgelegt.

Dieser Plan entspricht den international akzeptierten guten Praktiken. Ein gezielter Aktionsplan für intensive Informations-, Bildungs- und Kommunikationskampagnen zugunsten der lokal ansässigen Bevölkerung im Ölfördergebiet kam zur Durchführung. Außerdem führen beide Regierungen flankierende Maßnahmen zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der dezentralen Gesundheitsversorgung durch, die auch die Versorgung von AIDS-Patienten umfassen. Qualifizierte Nichtregierungsorganisationen (NRO) wurden damit beauftragt, den Menschen im Pipeline-Gebiet bei der Konzeption, Vorlage und Durchführung weiterer Gemeinschaftsprojekte im Gesundheits- und Bildungssektor zu helfen.