92003E0975

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-0975/03 von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission. Auswirkungen von Privatisierungen für die Beibehaltung des umfassenden europäischen Reservierungssystems für Bahnreisende und europäische Zeitkarteninhaber.

Amtsblatt Nr. 268 E vom 07/11/2003 S. 0170 - 0171


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-0975/03

von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission

(26. März 2003)

Betrifft: Auswirkungen von Privatisierungen für die Beibehaltung des umfassenden europäischen Reservierungssystems für Bahnreisende und europäische Zeitkarteninhaber

1. Ist der Kommission bekannt, dass das in Europa bestehende Reservierungssystem für Bahnreisen in und durch andere Staaten sowie innerhalb solcher Staaten beeinträchtigt wird, und zwar durch die Schaffung gesonderter privatisierter Bahngesellschaften, so dass sogar bei bestehender Reservierungspflicht Durchreisende aus dem Ausland nicht mehr in üblicher Weise reservieren können? Wird sich dies im Jahr 2004 durch Einführung einer technischen Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) auf dem Gebiet der Fahrgasttelematik ändern?

2. Wie ist es zu erklären, dass Schalterpersonal in Bahnhöfen seit den neuen Dienstregelungen vom 15. Dezember 2002 solche Züge zwar noch im Computer ermitteln kann, zu seiner Überraschung jedoch keine Reservierungen mehr dafür verkaufen können und nicht einmal mitteilen kann, ob Reservierungen unabhängig von Platzkarten verkauft werden und ob regionale Zeitkarten wie Eurodomino, Interrail, Scanrail oder Railplus auf solchen Strecken gültig sind, so dass der Fahrgast dennoch Karten zum vollen Preis ohne Anspruch auf Rückgabe kaufen muss?

3. Sind Reservierungen von Sitzplätzen, Plätzen in Liegewagen und Schlafwagen aus dem Ausland jetzt nur noch möglich, falls die betreffenden Bahngesellschaften miteinander einen gesonderten Vertrag geschlossen haben? In welchen Fällen gibt es keine derartigen Verträge und warum? Wie viele private Gesellschaften befinden sich dadurch jetzt außerhalb des europäischen Reservierungssystems?

4. Hält die Kommission es für vertretbar, dass die schwedische Tågkompaniet, die ab Januar 2000 bis zur Übergabe an Connex im Juli 2003 die 1543 km lange grenzüberschreitende Strecke mit Nachtverbindung zwischen der schwedischen Hauptstadt Stockholm und dem norwegischen Hafen Narvik betreibt, die Reisenden aus anderen Staaten zwischen Vorauszahlung und Zusendung per Post sowie der Abholung an einem eigenen Schalter in Schweden wählen lässt, so dass eine Reservierung für eilige Durchreisende praktisch unmöglich wird?

5. Beabsichtigt die Kommission inzwischen, die Verordnung (EWG) Nr.2299/89(1) über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen zu überprüfen, und zwar u.a. mit Blick darauf, dass das umfassende europäische Reservierungssystem und der Verkauf uneingeschränkt gültiger Bahnfahrkarten vom Ausland aus auch nach der eventuellen Aufteilung nationaler Bahngesellschaften bestehen bleibt?

(1) ABl. L 220 vom 29.7.1989, S. 1.

Antwort von Frau de Palacio im Namen der Kommission

(15. Mai 2003)

Die Kommission teilt die Ansicht, dass die Informations- und Reservierungssysteme für Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr verbessert und besser integriert werden können. Zurzeit findet eine Aufteilung auf mehrere nichtintegrierte Systeme statt. Nach Auffassung der Kommission ist dies nicht im Interesse der Fahrgäste, wie auch auf der von der Kommission zum Thema Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr am 15. November 2002(1) organisierten Anhörung zum Ausdruck gebracht wurde.

Nach Artikel 5 der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft(2), der vorsieht, dass Eisenbahnunternehmen nach den Grundsätzen geführt werden [müssen], die für Handelsgesellschaften gelten liegt es im Ermessen der Eisenbahnunternehmen, Reservierungssysteme für Sitzplätze und Plätze in Liege- und Schlafwagen in Zügen einzurichten.

Die Kommission wurde von den Änderungen seit den neuen Dienstregelungen vom 15. Dezember 2002 und den Änderungen in den Reservierungssystemen für Züge, die zwischen Stockholm und Narvik verkehren, nicht in Kenntnis gesetzt. Die Informationen in den vorliegenden Fällen deuten nicht auf ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hin.

Der Kommission sind die gegenwärtigen Brancheninitiativen des Internationalen Eisenbahnverbands (IEV) zur Integration der (nationalen) Fahrgastinformations- und Fahrkartenverkaufs- und Reservierungssysteme auf europäischer Ebene bekannt. Diese als Merits und Prifis bezeichneten Projekte sollen in den nächsten 3 bis 4 Jahren umgesetzt werden. Zurzeit sind mehr als 30 europäische Eisenbahnunternehmen an diesen Projekten beteiligt. Gleichzeitig arbeitet die Gemeinschaft der Europäischen Bahnen an der Einführung und Umsetzung einer Fahrgastcharta, die klare Pflichten gegenüber Fahrgästen im Hinblick auf die Bereitstellung von Reiseinformationen enthält.

Die jüngsten Brancheninitiativen stehen im Einklang mit den Arbeiten der Kommission. Im Rahmen der Interoperabilität wird eine technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) auf dem Gebiet der Fahrgasttelematik entwickelt, die den Informationsaustausch durch Festlegung diesbezüglicher Standards erleichtern dürfte. Eine entsprechende TSI wird im Jahr 2006 erwartet. Parallel dazu erarbeitet die Kommission einen Vorschlag zu Fahrgastrechten im Eisenbahnverkehr, der möglicherweise auch auf die Grundregeln für die Integration von Informations- und Fahrkartenverkaufssystemen eingehen wird. Zurzeit gilt die Verordnung (EWG) Nr. 2299/89 des Rates vom 24. Juli 1989 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Reservierungssystemen in erster Linie für Reservierungssysteme von Fluggesellschaften. Sie geht auf die Reservierung von Eisenbahndiensten nur im Zusammenhang mit den Anzeigen von computergesteuerten Reservierungssystemen der Fluggesellschaften ein, die keine ungenauen oder irreführenden Informationen enthalten dürfen. Mit Blick auf die Überarbeitung dieser Verordnung wurden umfassende Konsultationsgespräche mit den Interessengruppen geführt. Diese deuteten unter anderem darauf hin, dass die Eisenbahndienste nach der Entwicklung eines gemeinsamen Standards auf der Grundlage der TSI wahrscheinlich umfassend in die computergesteuerten Reservierungssysteme integriert werden, wie sie im Flugverkehr üblich sind. Dies kann gegebenenfalls eine weitere Überarbeitung der vorgenannten Verordnung bis 2006 erforderlich machen.

(1) Siehe hierzu auch das Protokoll auf der Website http://europa.eu.int/comm/transport/rail/passenger/doc/pv15nov2002-en.pdf.

(2) ABl. L 237 vom 24.8.1991.