92003E0488

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-0488/03 von Freddy Blak (GUE/NGL) an die Kommission. Umgehung der Ausschreibungsregeln durch die dänische Toto- und Lotto-Gesellschaft Dansk Tipstjeneste.

Amtsblatt Nr. 161 E vom 10/07/2003 S. 0221 - 0222


SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-0488/03

von Freddy Blak (GUE/NGL) an die Kommission

(17. Februar 2003)

Betrifft: Umgehung der Ausschreibungsregeln durch die dänische Toto- und Lotto-Gesellschaft Dansk Tipstjeneste

Danks Tipstjeneste A/S besitzt ein Monopol für Toto und Lotto in Dänemark. Ferner besaß die Gesellschaft über ihre Tochtergesellschaft DanToto A/S seit dem 1. Juli 2000 das Monopol für Pferde- und Hunderennwetten.

DanToto A/S trat am 1. Januar 2002 neuerworbenes TV-Produktionsgerät an eine externe Fernsehproduktionsgesellschaft ab, da die Leitung von DanToto der Auffassung war, dass die Fernsehproduktion außerhalb der Kompetenz der Gesellschaft liegt.

Das Produktionsgerät wurde für 9 Millionen Kronen an die Produktionsgesellschaft verkauft. Zugleich trafen die Parteien eine Vereinbarung über die Übertragung von Pferde- und Hunderennen. Nach dieser Vereinbarung muss DanToto für die Sendungen jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag zahlen. Die Vereinbarung kann mit 12-monatiger Frist gekündigt werden, frühestens jedoch Ende 2004.

Trotz der Höhe des Vertragswertes wurde der Handel nicht ausgeschrieben. Der dänische Rechnungshof kritisierte kürzlich in einem Bericht, dass DanToto kein Angebot anderer Fernsehproduzenten eingeholt und nicht den Markt erkundet hat. Ferner schreibt er, dass DanToto seines Erachtens keine öffentlich-rechtliche Körperschaft sei und somit nicht das Erfordernis bestehe, dass DanToto A/S eine Ausschreibung auf EU-Ebene durchführt, selbst wenn die Gesellschaft beispielsweise Ankäufe, u.a. für Dienstleistungen, vornimmt, die über dem Schwellenwert liegen.

Ist die Kommission der Auffassung, dass die dänische Regierung die gemeinschaftlichen Ausschreibungsregelungen für öffentliche Beschaffungen dadurch umgehen kann, dass sie eine Aktiengesellschaft mit einem staatlichen Monopol ausstattet? Kann die Kommission, wenn sie der Auffassung ist, dass die dänische Regierung gemeinschaftliche Ausschreibungsregelungen umgangen hat, darlegen, welche Möglichkeiten sie hat, hier einzuschreiten?

Antwort von Herrn Bolkestein im Namen der Kommission

(12. März 2003)

Die Ratsrichtlinie 92/50/EWG vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge(1) (im Folgenden die Richtlinie) bezieht sich auf schriftliche entgeltliche öffentliche Dienstleistungsverträge zwischen einem Dienstleistungserbringer und einem öffentlichen Auftraggeber.

Eine Pflicht für DanToto, den in der Anfrage angesprochenen Sendevertrag gemäß der Richtlinie auszuschreiben, besteht nur, wenn DanToto als ein öffentlicher Auftraggeber angesehen werden muss. Da es sich bei DanToto nicht um einen Staat oder eine Gebietskörperschaft handelt, muss untersucht werden, ob DanToto tatsächlich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und demgemäß als öffentlicher Auftraggeber nach Maßgabe der Richtlinie einzustufen ist.

Während aus dem für DanToto maßgeblichen einzelstaatlichen Gesetz (Lov om væddeløb i forbindelse med heste- og hundevæddeløb) eindeutig hervorgeht, dass DanToto eine Rechtspersönlichkeit hat und über einen vom Finanzminister, der auch die

Satzung des Unternehmens genehmigen muss, ernannten Verwaltungsrat verfügt, ist weniger offensichtlich, ob DanToto zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, die nicht gewerblicher Art sind. De facto kann nur eine Körperschaft, die alle vorgenannten Anforderungen erfuellt, als öffentlicher Auftraggeber betrachtet werden, der den in der vorgenannten Richtlinie 92/50/EWG festgesetzten Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge unterliegt.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass einerseits die dänischen Behörden anführen, dass mit dem dänischen Glücksspielmodell, welches weitgehend aus staatlich kontrollierten Spielunternehmen wie DanToto und dessen Eigentümerin Dansk Tipstjeneste besteht, das Ziel verfolgt wird, die Spieler zu schützen und das Verbrechen zu bekämpfen sowie gemeinnützige und nicht kommerzielle Organisationen zu unterstützen. Dies lässt darauf schließen, dass DanToto in der Tat zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen.

Andererseits ist in dem für DanToto maßgeblichen Gesetz festgelegt, dass die erwirtschafteten Gewinne zwischen der Muttergesellschaft Tipstjenesten (die aus ihren Gewinnen gemeinnützige Organisationen unterstützt) und einem Fonds zur Förderung und Finanzierung des Pferderennsports aufgeteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann eine Körperschaft, die nach den Kriterien Leistung, Effizienz und Kostenwirksamkeit geführt wird und die in einem Wettbewerbsumfeld agiert, nicht als eine Körperschaft angesehen werden, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfuellen, da sie gewerblichen Charakter hat.

Die Kommission ist daher auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen nicht in der Lage zu beurteilen, ob DanToto ein gewerblicher Charakter zuzuschreiben ist. Die Kommission beabsichtigt, diesen Punkt eingehender zu untersuchen.

Sollte die Kommission zu dem Schluss gelangen, dass die dänischen Behörden gegen die maßgeblichen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verstoßen, wird die Kommission möglicherweise ein Verstoßverfahren gegen die dänische Regierung gemäß Artikel 226 des Vertrags zur Gründung der Gemeinschaft einleiten.

(1) ABl. L 209 vom 24.7.1992.