92002E3545

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-3545/02 von Michel-Ange Scarbonchi (GUE/NGL) an die Kommission. Einrichtung einer europäischen Küstenwache.

Amtsblatt Nr. 268 E vom 07/11/2003 S. 0039 - 0040


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-3545/02

von Michel-Ange Scarbonchi (GUE/NGL) an die Kommission

(11. Dezember 2002)

Betrifft: Einrichtung einer europäischen Küstenwache

Nach dem Untergang der Erika hat nun auch die am 19. November 2002 vom Tanker Prestige verursachte Ölpest an der Küste Galiziens den chronischen Mangel im Bereich Kontrolle und Überwachung der Schiffe auf hoher See gezeigt.

Angesichts solcher ökologischen Katastrophen muss die Kommission so rasch wie möglich handeln. Die auf dem französisch-spanischen Gipfel in Malaga getroffene Entscheidung, gemäß Artikel 56 der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen für die gefährlichsten Öltanker die Zufahrt zur ausschließlichen Wirtschaftszone (EEZ) auf weniger als 200 Seemeilen (360 km) von den Küsten zu beschränken, stimmt zuversichtlich.

Die verheerenden Folgend jeder Ölpest für die betroffene Bevölkerung, die lokalen Körperschaften, die Auswirkungen auf die Umwelt und die Wirtschaftstätigkeiten, wie Meereswirtschaft und Fremdenverkehr, lassen es jedoch dringend geboten erscheinen, auf europäischer Ebene neue Vorschriften für den Transport gefährlicher Güter sowie neue Kontrollmaßnahmen festzulegen.

Das Vorsorgeprinzip beinhaltet, dass Überlegungen über die Einrichtung einer regelrechten europäischen Meerespolizei angestellt werden. Die Einrichtung einer europäischen Küstenwache würde es ermöglichen, die Einhaltung der Schifffahrtsvorschriften wirksamer zu überwachen.

Zahlreiche Argumente sprechen für eine neue Verwaltungseinheit, die unter die Kontrolle des Europäischen Parlaments und in die Verantwortung der Schifffahrtsbehörden der Unionsländer gestellt werden könnte. Gleich zu Beginn der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union würde somit eine eindeutige Botschaft zugunsten eines Europas des Meeres ergehen. Wie steht die Kommission hierzu?

Kann die Kommission Vorschläge unterbreiten, die als gemeinsame Grundlagen für einen europäischen Aktionsplan für die Sicherheit der Seefahrt dienen und den Akzent auf eine strikte Kontrolle der zur See fahrenden Schiffe legen?

Antwort von Frau de Palacio im Namen der Kommission

(4. Februar 2003)

Die Kommission hat am 3. Dezember 2002 eine Mitteilung über die nach dem Untergang des Öltankschiffs Prestige zu ergreifenden Maßnahmen(1) vorgelegt. Der Rat unterstützte am 6. und 9. Dezember 2002 in seinen Schlussfolgerungen die Initiativen der Kommission, die darauf abzielen, eine Wiederholung solcher Katastrophen zu verhindern und deren Folgen zu bekämpfen.

Die Sicherheit im Seeverkehr war eines der Themen des Europäischen Rats von Kopenhagen, der in seinen Schlussfolgerungen bekräftigte: Die Union ist entschlossen, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Wiederholung solcher Katastrophen zu vermeiden, und begrüßt die raschen Reaktionen des Rates und der Kommission. Weiter heißt es: Der Europäische Rat begrüßt die von der Kommission im Rahmen der derzeitigen Finanziellen Vorausschau eingeleiteten Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen der Havarie der PRESTIGE sowie die Absicht der Kommission, zu prüfen, ob weitere spezifische Maßnahmen erforderlich sind. Dabei sind unter anderem auch Fragen hinsichtlich der Haftung und die entsprechenden Sanktionen zu prüfen.

Die Kommission ist sich der Mängel in den von den Seeverkehrsbehörden der Mitgliedstaaten angewandten Verfahren bewusst und hat die Mitgliedstaaten an ihre Kontrollpflichten in Bezug auf die Hafenstaatkontrolle(2) erinnert. Die Kommission hat sie nachdrücklich aufgefordert, eine ausreichende Anzahl von Inspektoren einzustellen, damit mindestens 25 % der Schiffe kontrolliert werden können, wie dies nach geltendem europäischen Recht vorgeschrieben ist.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission bereits Gelegenheit gehabt, ihrer Besorgnis über den geringen Kontrollanteil in bestimmten Mitgliedstaaten oder bestimmten Häfen Ausdruck zu verleihen. Im Übrigen hat sie vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen Frankreich und Irland erhoben, weil diese den Mindestanteil von 25 % nicht einhalten.

Die Frage nach der Schaffung einer europäischen Küstenwache als wirksames Mittel zur Bekämpfung der Verschmutzungsrisiken und zur Gewährleistung der Sicherheit im Seeverkehr ist angesichts der jüngsten Ereignisse nach Auffassung der Kommission durchaus berechtigt.

Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, die durch die Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002(3) gegründet wurde und in den nächsten Monaten ihre Tätigkeit aufnimmt, wird zunächst die Aufgabe haben, die technische Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu koordinieren. Es ist aber vorgesehen, ihren Aufgabenbereich nach und nach zu erweitern.

Diese Stelle dürfte eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Küstenwachen der Mitgliedstaaten im Bereich der Seeverkehrssicherheit und der Verhinderung der Umweltverschmutzung spielen. Die Frage, ob einer der nächsten Schritte dann die Schaffung einer europäischen Küstenwache sein sollte, muss anhand der von der Agentur gesammelten Erfahrungen von allen beteiligten Seiten geprüft werden.

(1) KOM(2002) 681 endg.

(2) Richtlinie 95/21/EG des Rates vom 19. Juni 1995 zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle), ABl. L 157 vom 7.7.1995.

(3) ABl. L 208 vom 5.8.2002.