92002E2718

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-2718/02 von Rolf Linkohr (PSE) an die Kommission. Bewertung der Blöcke 1-4 des Nuklearzentrums Kosloduj.

Amtsblatt Nr. 268 E vom 07/11/2003 S. 0013 - 0014


SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-2718/02

von Rolf Linkohr (PSE) an die Kommission

(20. September 2002)

Betrifft: Bewertung der Blöcke 1-4 des Nuklearzentrums Kosloduj

Die Europäische Kommission ist bei der Bewertung des Nuklearzentrums Kosloduj zu einem sehr kritischen Urteil gekommen.

Warum hält sich die Europäische Kommission bei der Beurteilung der Blöcke 1-4 des Nuklearzentrums in Kosloduj nicht an die Schlussfolgerungen der Internationalen Atomenergie-Agentur?

Hat die Kommission andere Kriterien als die der IAEA angelegt? Warum? Falls ja, welches sind die Kriterien? Wer hat sie aufgestellt? Wer hat die Entscheidung getroffen, andere Kriterien als die der IAEA anzuwenden, und wann?

Hat die Europäische Kommission ihre Entscheidung auf der Grundlage eines Expertenberichts getroffen? Falls ja, wer sind diese Experten?

Gemeinsame Antwortvon Herrn Verheugen im Namen der Kommissionauf die Schriftlichen Anfragen E-2527/02 und P-2718/02

(29. Oktober 2002)

Als Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten erinnert die Kommission an die Einstufung bestimmter Reaktortypen, namentlich des Typs RBMK und WWER 440/230, durch die Arbeitsgruppe für nukleare Sicherheit der G-7 als Reaktortypen mit bauartbedingten Sicherheitsmängeln, deren dadurch verursachte Abweichungen von den Sicherheitsstandards auch durch Nachrüstungsmaßnahmen nicht vollständig beseitigt werden können.

Die Kommission verweist auch darauf, dass sich Bulgarien in der im Jahr 1999 unterzeichneten Vereinbarung zur vorzeitigen Stilllegung der Reaktorblöcke 1 und 2 des KKW Kosloduj bis Ende 2002 und zur Stilllegung der Reaktoren 3 und 4 zu einem früheren als dem ursprünglich geplanten Termin im Jahr 2008 bzw. 2010 verpflichtet hat. Die Kommission erklärte, sie gehe davon aus, dass die Stillegung bis spätestens 2006 erfolgen werde. Die Forderung nach einer Zusage Bulgariens zur vorzeitigen Stilllegung der Blöcke 1 bis 4 des KKW Kosloduj ist nunmehr Teil der gemeinsamen Verhandlungsposition der EU zum Kapitel Energie, die von den Mitgliedstaaten als Vertragsparteien bei der Beitrittskonferenz angenommen wurde. Die bulgarische Regierung kündigte kürzlich an, dass die Abschaltung der Blöcke 3 und 4 für 2006 beabsichtigt ist, und verlangte in Übereinstimmung mit der gemeinsamen Position der EU eine Peer-Review dieser Blöcke.

Der jüngste Bericht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) über die Reaktorblöcke Kosloduj 3 und 4 wurde im Anschluss an eine IAEO-Sachverständigenmission vom 24. bis 28. Juni 2002 erstellt. Diese Mission ergänzte die drei früheren IAEO-Missionen zu Bauart und Betrieb der Anlage, um eine Beurteilung aller vorherigen Empfehlungen und Vorschläge für die Blöcke 3 und 4 in Kosloduj vorzunehmen, darunter auch die Bau-, Erdbeben- und Betriebssicherheit. Bei der Mission zur Überprüfung der Sicherheit wurde anerkannt, dass bedeutende Verbesserungen erreicht wurden, die das Bestreben der Betreiber und des Personals von Kosloduj um eine ständige Verbesserung der Betriebssicherheit verdeutlichen. Sowohl das Überprüfungsteam als auch das Management des KKW Kosloduj erkennen an, dass für viele Aspekte die Verbesserung der Lage ein fortschreitender Prozess ist und dass die gegenwärtige Haltung gegenüber der Modernisierung der Sicherheitselemente auch in Zukunft beibehalten werden sollte. Dennoch trifft der Bericht keine Aussage darüber, inwieweit die ursprünglichen bauartbedingten Mängel durch das Modernisierungsprogramms kompensiert wurden.

Die Kommission erinnert auch daran, dass unter der Schirmherrschaft des Rates im Juni 2001(1) ein Bericht über die nukleare Sicherheit im Zusammenhang mit der Erweiterung und im Juni 2002 ein Peer-Review-Statusbericht erstellt wurden. Dabei wurden Details des in den letzten Jahren durchgeführten Modernisierungsprogramms für das KKW Kosloduj berücksichtigt. Ferner weist der Bericht darauf hin,

dass mit Hilfe des laufenden Programms zur Verbesserung der Sicherheit der Blöcke 3 und 4 ursprüngliche bauartbedingte Mängel begrenzt wurden und der Weiterbetrieb der Blöcke bis zur vorzeitigen Stillegung sichergestellt ist. In beiden Fällen wurden die aktuelle Lage und die weitere Entwicklung in Bezug auf die nukleare Sicherheit in den Kandidatenländern durch eine Ad-hoc-Formation der Gruppe Atomfragen des Rates, namentlich die Arbeitsgruppe Nukleare Sicherheit (WPNS), geprüft. Die Mitgliedstaaten äußerten im Bericht des Rates über die nukleare Sicherheit im Kontext der Erweiterung die Ansicht, dass diese Evaluierung zu keiner Übertragung von Zuständigkeiten von den Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft führt. In diesem Bericht bestätigen die Experten der Mitgliedstaaten die Notwendigkeit fester Abschaltungszusagen im Hinblick auf vorhandene Abweichungen von den EU-weit geltenden Sicherheitsanforderungen und -praktiken.

(1) http://register.consilium.eu.int/pdf/en/01/st09/09181-a1en1.pdf.