92002E2476

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-2476/02 von Elizabeth Lynne (ELDR) an die Kommission. Schutz eines Nationalparks in Polen.

Amtsblatt Nr. 280 E vom 21/11/2003 S. 0001 - 0002


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-2476/02

von Elizabeth Lynne (ELDR) an die Kommission

(6. September 2002)

Betrifft: Schutz eines Nationalparks in Polen

Kann die Kommission irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen anwenden, um dafür zu sorgen, dass die polnische Regierung nicht mit dem Bau der Autobahn Via Baltica durch den Biebrza-Nationalpark und andere wichtige Naturschutzgebiete in Nordpolen beginnt, bevor eine umfassende strategische Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden hat?

Hat die Kommission irgendwelche Pläne, der polnischen Regierung bei der Prüfung alternativer Trassenführungen für die Via Baltica zu helfen, um so etwaige schädliche Auswirkungen der zurzeit vorgezogenen Streckenführung durch den Biebrza-Nationalpark und andere wichtige Gebiete zu verhindern?

Antwort von Herrn Verheugen im Namen der Kommission

(18. Oktober 2002)

Es besteht kein Zweifel darüber, dass der Biebrza-Nationalpark in Polen einen großen Wert darstellt und schutzwürdig ist.

Der Frau Abgeordneten ist sicher bewusst, dass die Beitrittskandidaten aus rechtlicher Sicht erst ab dem Zeitpunkt ihres Beitritts in vollem Umfang an den gemeinschaftlichen Besitzstand gebunden sind. Die Kommission dringt jedoch seit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen darauf, dass alle Neuinvestitionen in die Infrastruktur der Beitrittskandidaten mit der Umweltgesetzgebung der Gemeinschaft im Einklang stehen. Auf dieser Basis sollte Polen bei allen Verkehrsinfrastrukturprojekten, einschließlich der Projekte im Zusammenhang mit der Via Baltica, die entsprechenden Richtlinien zum Naturschutz einhalten (92/43/EWG, 79/409/EWG).

Die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen(1) und die Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten(2) finden mit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union Anwendung. Dies bedeutet, dass vom Zeitpunkt des Beitritts an der in Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG vorgeschriebene Schutz verbindlich für alle Gebiete gilt, die in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt sind. Die Bestimmungen gelten in gleicher Weise für alle Gebiete, die im Rahmen der Richtlinie 79/409/EWG des Rates als besondere Schutzgebiete ausgewiesen wurden.

Darüber hinaus muss die Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme(3) von allen (bisherigen und neuen) Mitgliedstaaten bis zum 21. Juli 2004 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie findet Anwendung auf Pläne und Programme, für die der erste formale vorbereitende

Verwaltungsakt zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt vorgenommen wird. Auf bereits vorgesehenen Projekte, für welche die Pläne vor diesem Datum eingereicht werden, ist die neue Richtlinie demnach nicht rückwirkend anzuwenden. Daraus folgt, dass die Richtlinie 2001/42/EG obgleich sie Teil des gemeinschaftlichen Besitzstandes in Bezug auf den Naturschutz ist und von allen neu beitretenden Staaten umgesetzt werden soll dann noch keine Anwendung findet, wenn Pläne für die Via Baltica vor dem 21. Juli 2004 eingereicht werden. Es ist daher fraglich, ob, und wenn ja, in welchem Umfang diese Richtlinie auf die Autobahn Via Baltica durch den Biebrza-Nationalpark anzuwenden sein wird.

Im Rahmen der Richtlinien 92/43/EWG und 79/409/EWG stellt sich die Frage nach der Möglichkeit einer alternativen Trassenführung nur unter besonderen Umständen, nämlich dann, wenn trotz einer negativ ausgefallenen Umweltverträglichkeitsprüfung zwingende Gründe des vorrangigen öffentlichen Interesses die Durchführung eines Projekts in einem Schutzgebiet rechtfertigen. Die Kommission hat keine Kenntnis darüber, in welchem Planungsstadium sich die Autobahn derzeit befindet; sie wird sich daher mit den polnischen Behörden in Verbindung setzen, um sich zu versichern, dass bei diesem Projekt alle Umweltvorschriften eingehalten wurden.

In diesem Zusammenhang möchte die Kommission die Frau Abgeordnete auf die Antworten der Kommission auf die schriftlichen Anfragen P-1648/02 des Herrn Abgeordneten Huhne und E-1694/02 des Herrn Abgeordneten Meijer(4), E-1968/02 des Herrn Abgeordneten Davies(5) und E-2284/02 der Herren Abgeordneten Xarchakos und Dimitrakopoulos(6) hinweisen; in diesen Antworten wird bestätigt, dass für den Bau der Autobahn Via Baltica durch die Biebrza-Sümpfe in Nordostpolen weder PHARE- noch ISPA-Gelder bereitgestellt wurden. Außerdem ist ein solches Projekt weder in der ISPA- noch in der PHARE-Planung enthalten, weshalb für dieses spezielle Projekt seitens der polnischen Behörden keine Unterstützung durch die Union angefordert wurde. Sollte eine solche Aufforderung an die Kommission ergehen, wird das Projekt anhand der Umweltschutzbestimmungen der Gemeinschaft geprüft.

(1) ABl. L 206 vom 22.7.1992.

(2) ABl. L 103 vom 25.4.1979.

(3) ABl. L 197 vom 21.7.2001.

(4) ABl. C 301 E vom 5.12.2002, S. 201.

(5) ABl. C 309 E vom 12.12.2002, S. 181.

(6) ABl. C 161 E vom 10.7.2003, S. 20.