92002E0075

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-0075/02 von Maurizio Turco (NI) an die Kommission. Arbeitsgruppe des Gemeinsamen Dolmetscher-Konferenzdienstes für die Benutzung der Weltsprache Esperanto.

Amtsblatt Nr. 172 E vom 18/07/2002 S. 0137 - 0138


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-0075/02

von Maurizio Turco (NI) an die Kommission

(25. Januar 2002)

Betrifft: Arbeitsgruppe des Gemeinsamen Dolmetscher-Konferenzdienstes für die Benutzung der Weltsprache Esperanto

Die Europäische Kommission bat den Gemeinsamen Dolmetscher-Konferenzdienst durch Vizepräsident Neil Kinnock, eine Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen, um Lernprogramme für Esperanto zu prüfen und zu beurteilen, inwieweit diese Sprache als Relais-Sprache für das Dolmetschen Verwendung finden kann.

Kann die Kommission in diesem Zusammenhang folgende Fragen beantworten:

- Wann wurde dem Gemeinsamen Dolmetscher-Konferenzdienst dieser Auftrag erteilt? Ist die Arbeitsgruppe bereits tätig? Wenn ja, seit wann? Wer sind die Mitglieder dieser Gruppe und welche Qualifikationen haben sie? Nach welchen Kriterien wurden sie ausgewählt?

- Ist die Gruppe schon zusammengetreten? Wenn ja, wann? Sind Protokolle und/oder Aufnahmen der entsprechenden Sitzungen vorhanden und, wenn ja, sind sie öffentlich zugänglich? Welche Bibliographien und Studien hat die Gruppe gegebenenfalls berücksichtigt (z. B. die Studie des italienischen Ministerium für Bildung von 1995)?

- Zu welchen Schlussfolgerungen ist die Arbeitsgruppe gegebenenfalls gelangt bzw. wann und wie will sie dazu gelangen?

Antwort von Herrn Kinnock im Namen der Kommission

(12. März 2002)

Der Herr Abgeordnete bezieht sich auf die Überlegungen des Gemeinsamen Dolmetscher-Konferenzdienstes (SCIC), ob Esperanto als Relais-Sprache beim Konferenzdolmetschen geeignet ist. Der SCIC hat diese Frage sowohl intern als auch mit externen Partnern aus dem Hochschulbereich und aus akademischen Kreisen geprüft.

Auch wenn die Verwendung von Esperanto als Relais-Sprache beim Dolmetschen auf den ersten Blick interessant erscheint, lässt eine eingehendere Prüfung erhebliche praktische, finanzielle und technische Schwierigkeiten erkennen.

Die Kommission setzt sich nachdrücklich für die Sprachenvielfalt ein, um die Kommunikation zwischen Abgeordneten in Sitzungen, die im Zusammenhang mit den Gemeinschaftstätigkeiten stattfinden, zu erleichtern. So war sie unter Berücksichtigung der Haushaltszwänge und der Verfügbarkeit von Dolmetschern immer darum bemüht, eine Simultanübertragung aus und in die Sprachen, die in einer bestimmten Sitzung benötigt werden, sicherzustellen. Die Verwendung verschiedener Relais-Sprachen sorgt in dieser Beziehung für die erforderliche Flexibilität: Es ist kein Rückgriff auf Sprachen erforderlich, die von keinem der Sitzungsteilnehmer verwendet werden.

Soweit dem SCIC bekannt ist, gibt es keine Esperanto-Dolmetscher mit entsprechender beruflicher Qualifikation; auch ist es wenig wahrscheinlich, dass die Ausbildungszentren in den Mitgliedstaaten, auf die der SCIC für Dolmetschkurse zurückgreift, Esperanto in ihr Sprachenangebot aufnehmen. Aus logistischen und finanziellen Gründen ist der SCIC nicht in der Lage, ein Esperanto-Ausbildungsprogramm für bereits ausgebildete und angehende Dolmetscher anzubieten. Die Ausbildung eines Dolmetschers bis zum Erreichen der erforderlichen passiven Kenntnisse in einer Amtssprache dauert drei bis vier Jahre (auf Teilzeitbasis) und kostet rund 70 000.

Hinzu kommt, dass die von der Kommission angebotene Verdolmetschung etwa zur Hälfte von freiberuflich tätigen Dolmetschern übernommen wird. Es dürfte sich daher als schwierig wenn nicht gar unmöglich erweisen, sicherzustellen, dass diese Dolmetscher Esperanto erlernen, zumal sie anderweitig wenig praktischen Nutzen daraus ziehen können.

Außerdem gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung von Esperanto als Relais-Sprache zu einer Verbesserung der allgemeinen Qualität der Verdolmetschung führen würde. Im Gegenteil, die Verwendung einer Sprache, die im Alltag nicht benutzt wird, könnte zur Folge haben, dass die in den Sitzungen vorgetragenen Gedankengänge nicht nuanciert vermittelt werden.

Für zahlreiche bestehende und künftige Gemeinschaftssprachen stehen nicht genug Dolmetscher zur Verfügung. Gemäß der Kommissionspolitik, Ressourcen auf die Kerntätigkeiten zu konzentrieren, besteht die derzeitige Priorität für den SCIC darin, sicherzustellen, dass für diese Sprachen und insbesondere für die der Beitrittsländer eine angemessene Anzahl Dolmetscher verfügbar ist; daher wurden mehrere Aktionsplänen eingeleitet, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll.

Diese Ausführungen nehmen jedoch nicht weg, dass Esperanto für andere Zwecke als die Verdolmetschung durchaus interessant sein kann.