92001E3430

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-3430/01 von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission. Von Microsoft unverlangt in Websites eingebaute Smart Tags mit Links zu von Microsoft gesammelter und kontrollierter Information.

Amtsblatt Nr. 172 E vom 18/07/2002 S. 0060 - 0061


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-3430/01

von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission

(21. Dezember 2001)

Betrifft: Von Microsoft unverlangt in Websites eingebaute Smart Tags mit Links zu von Microsoft gesammelter und kontrollierter Information

1. Ist der Kommission bekannt, dass das Unternehmen Microsoft, dessen Betriebssystem weltweit 92 % der PCs steuert, am 31. Mai 2001 begonnen hat, seinen Kunden ungefragt und automatisch unter der Bezeichnung Smart Tags einen neuen Dienst anzubieten, der Websites und Office-Dokumenten mit Icons für wichtige Links auf dem Bildschirm versieht, die zunächst ausschließlich auf Websites verweisen, die mit Microsoft in Beziehung stehen und in einer von Dritten nicht zu beeinflussenden Weise ausgewählt und redigiert werden?

2. Wie beurteilt die Kommission die Möglichkeit, dass die beherrschende Marktstellung von Microsoft auf dem Gebiet von Internetbrowsern und Betriebssystemen dazu benutzt wird, den Kunden dieser Firma kontrollierte Informationen zu liefern, wobei die Smart Tags, sofern sie Bestandteil von Office XP, Internet Explorer 6 und Windows XP sind, den Anwendern und (Beschäftigten von) Betrieben unverlangt aufgezwungen werden?

3. Kann die Kommission bestätigen, dass es für alle Betroffenen schwierig, teuer und zeitraubend ist, diese unerwünschten Smart Tags von Microsoft durch andere zu ersetzen, soweit sie bei Konkurrenten überhaupt erhältlich sind, weil die Anbieter zunächst einmal für viel Geld ihre Bestände entwickeln, alle Internetseiten eines Sites mit einem html-Code versehen und die Kunden diese Bestände herunterladen und installieren müssen?

4. Hält die Kommission es für ausreichend, dass Microsoft im Zuge zahlreicher Beschwerden aus verschiedenen Ländern beschlossen hat, die Anwendung der Smart Tags in dem am 25. Oktober 2001 eingeführten Windows XP um ein halbes Jahr zu verschieben, sich jedoch gleichzeitig die Möglichkeit vorzubehalten, sie zu einem günstigen Zeitpunkt wieder zu aktivieren, wodurch immer noch eine totale Beherrschung des Internets erreicht werden kann?

5. Was gedenkt die Kommission zu unternehmen, um eine größere Freiheit und Vielfalt von Information sicherzustellen und zumindest für die Verbraucher/innen in Europa die Möglichkeit zu verbessern, dass sie nicht ungefragt mit den Smart Tags von Microsoft konfrontiert werden, beispielsweise durch die Einführung einer opt-in-Verpflichtung, bei der Nutzer/innen zuvor einer Beeinflussung ihres Informationsmaterials durch diese Smart Tags ausdrücklich zustimmen müssen und ihnen jederzeit die Möglichkeit offen steht, diese Verpflichtung rückgängig zu machen?

Antwort von Herrn Monti im Namen der Kommission

(18. Februar 2002)

1. Die Kommission ist bereits von verschiedenen Seiten auf diese Angelegenheit hingewiesen worden. Die Smart Tags, auf die sich der Herr Abgeordnete bezieht, sollten in das Betriebssystem Windows XP integriert werden und hätten es der Firma Microsoft und ihren Partnerunternehmen ermöglicht, jede Webseite, die durch ihren Browser Internet Explorer eingesehen werden kann, mit eigenen Links auszustatten. Wie in Frage 4 implizite erwähnt hat Microsoft in der Zwischenzeit auf diese Funktion bei Windows XP verzichtet.

2. Die laufende Untersuchung über die Firma Microsoft, die am 3. August 2000 und am 29. August 2001 zur Mitteilung der Beschwerdepunkte gegen Microsoft Corporation führte, konzentriert sich auf die Behauptung, Microsoft weite seine beherrschende Stellung bei PC-Betriebssystemen mit unlauteren Mitteln auch auf Serversoftware aus. Die Kommission ist der Ansicht, dass Microsoft Verkäufern anderer Serversoftware möglicherweise interoperative Schlüsselinformationen vorenthalten hat, die notwendig sind, um Produkte mit den PC- und Serverprodukten der Firma Microsoft kompatibel zu machen.

In ihrer zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte äußert die Kommission außerdem Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Koppelung des Media-Players an das beherrschende Betriebssystem Windows durch die Firma Microsoft.

Zur Zeit wird keine Untersuchung über die von dem Herrn Abgeordneten erwähnten Produkte Office XP, Internet Explorer 6 oder Windows XP der Firma Microsoft geführt; es liegen bisher auch keine förmliche Beschwerden vor. Die Kommission verfolgt jedoch aufmerksam die Entwicklung bei diesen Produkten.

3. Der Kommission liegen keine Informationen darüber vor, wie schwierig, kosten- und zeitaufwendig es ist, Smart-Tags der Firma Microsoft durch andere zu ersetzen. Inwieweit Dateien entwickelt und installiert bzw. html-Codes, die zu allen Internetseiten gehören, heruntergeladen werden müssen, ist der Kommission ebenfalls nicht bekannt.

Gleichwohl untersucht die Kommission in dem laufenden Verfahren, in welchem Umfang Microsoft es seinen Kunden wie von Konkurrenten behauptet technisch erschwert hat, bestimmte Microsoft-Produkte zu entfernen und sie durch für die betreffenden Kunden zweckdienlichere Lösungen anderer Anbieter zu ersetzen.

4. Die Kommission liegt keine förmliche Bestätigung der Firma Microsoft oder von anderer Seite vor, dass die Anwendung der Smart-Tags um ein halbes Jahr verschoben wurde. Sollte die Kommission von einer mutmaßlichen konkreten Verletzung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft Kenntnis erlangen, wird sie die Angelegenheit untersuchen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.

5. Der Herr Abgeordnete wird dafür Verständnis haben, dass es vor Abschluss der Untersuchung über die Firma Microsoft verfrüht ist, über deren Ausgang zu spekulieren. In der laufenden Untersuchung ist es Hauptanliegen der Kommission, Verbraucherauswahl und Innovationsmöglichkeiten für alle Anbieter auf den relevanten Märkten zu bewahren.