91999E1975

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-1975/99 von Hélène Flautre (Verts/ALE) an die Kommission. Einsatz von minderjährigen Stierkämpfern in den Stierkampfarenen in Spanien..

Amtsblatt Nr. 203 E vom 18/07/2000 S. 0100 - 0101


SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-1975/99

von Hélène Flautre (Verts/ALE) an die Kommission

(19. Oktober 1999)

Betrifft: Einsatz von minderjährigen Stierkämpfern in den Stierkampfarenen in Spanien.

In den Stierkampfarenen in Andalusien und im übrigen Spanien werden systematisch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren eingesetzt, um in öffentlichen Veranstaltungen wilde Jungstiere mit einem Gewicht von rund 200 Kilo zu reizen und zu töten, wobei alle Teile eines Stierkampfes mit ausgewachsenen Stieren nachgestellt werden, mit dem Risiko schwerwiegender und nicht rückgängig zu machender Auswirkungen, einschließlich des Todes. Die einzige Voraussetzung ist die Vorlage folgender Dokumente: ein ärztliches Attest über die Eignung, die Genehmigung des Vaters, das Abgangszeugnis der Volksschule, eine Bescheinigung über die Ungefährlichkeit des jeweiligen Stieres, der gereizt werden soll, und eine Versicherung, die für den Todesfall, die eventuelle Invalidität und medizinische Betreuung abgeschlossen wird. Das Erfordernis einer Versicherung beweist, daß diese Aktionen gefährlich sind, und die am 30. August dieses Jahres einem dieser minderjährigen Stierkämpfer von einem Stier zugefügten Verletzungen bestätigen dies. Der berühmte und erfahrene Stierkämpfer Antonio Bienvenida z.B. erlag ähnlichen Verletzungen, die ihm ein wilder Jungstier beibrachte.

Die Richtlinie 94/33 des Rates vom 22. Juli 1994(1) über den Jugendarbeitsschutz wurde durch den Erlaß des Gesetzes 31/95 über die Verhütung von Gefahren am Arbeitsplatz in die spanischen Rechtsvorschriften übernommen; die einzige in diesem Zusammenhang vorgesehene Bestimmung ist die, für Jugendliche unter 18 Jahren die vorherige Beurteilung des betreffenden Arbeitsplatzes zu fordern, um Art, Grad und Dauer ihrer Gefährdung im Rahmen jedweder Tätigkeit zu bestimmen, die eine spezifische Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer darstellen kann. Für die übrigen in der Richtlinie 94/33/EWG behandelten Umstände gilt weiterhin das Gesetz über die Arbeitnehmerrechte aus dem Jahre 1980 und für öffentliche Veranstaltungen der königliche Erlaß 1435/85 vom 1. August 1985, dem zufolge die Teilnahme Minderjähriger ohne Altersbegrenzung genehmigt werden kann, wenn keine Gefahr für ihre physische Leistungsfähigkeit sowie berufliche und menschliche Bildung besteht. Am 10. September 1999 reichte der Verband AGADEN eine Beschwerde gegen diese Praxis beim Rat der Europäischen Union ein.

Ist die Kommission nicht der Ansicht, daß der Einsatz von minderjährigen Stierkämpfern in Andalusien und im übrigen Spanien den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Bereich des Jugendarbeitsschutzes ganz und ganz zuwiderläuft? Wäre die Kommission deshalb bereit, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die spanischen Behörden wegen Nichtumsetzung der Richtlinie 94/33/EWG einzuleiten, wie in Artikel 226 des Unionsvertrags vorgesehen? Welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen, um den Jugendarbeitsschutz in Andalusien zu gewährleisten?

(1) ABl. L 216 vom 20.8.1994, S. 12.

Antwort von Frau Diamantopoulou im Namen der Kommission

(22. November 1999)

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz in spanisches Recht kann die Kommission der Frau Abgeordneten mitteilen, daß das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben von der spanischen Gesetzgebung auf 16 Jahre festgelegt ist.

Spanien hat Gebrauch gemacht von der Möglichkeit einer Ausnahmeregelung vom Arbeitsverbot unterhalb dieses Alters bei Jugendlichen, die bei kulturellen, künstlerischen, sportlichen oder Werbetätigkeiten mitwirken. Gemäß der Gemeinschaftsrichtlinie bedarf die Einstellung dieser Jugendlichen der vorherigen Genehmigung im Einzelfall durch die zuständige Stelle. Die spanische Gesetzgebung legt hierzu fest, daß die betreffenden Arbeiten nur dann genehmigt werden dürfen, wenn hierdurch die körperliche Gesundheit, die berufliche Ausbildung und die persönliche Entwicklung des Minderjährigen nicht beeinträchtigt werden.

Nach Ansicht der Kommission verpflichtet diese Gesetzgebung die spanischen Behörden, gemäß der Richtlinie 94/33/EG in jedem Einzelfall zu prüfen, ob insbesondere die Voraussetzungen in bezug auf die Gesundheit und Sicherheit der Jugendlichen eingehalten und ob angemessene Schutzmaßnahmen getroffen werden, bevor eine Genehmigung erteilt wird.