91999E1845

SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-1845/99 von Umberto Bossi (TDI) an die Kommission. Erzeugnisse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) und geschützter geographischer Angabe (g.g.A.) ‐ private Anerkennungsstellen ‐ Wettbewerbsfreiheit.

Amtsblatt Nr. 225 E vom 08/08/2000 S. 0027 - 0028


SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-1845/99

von Umberto Bossi (TDI) an die Kommission

(11. Oktober 1999)

Betrifft: Erzeugnisse mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) und geschützter geographischer Angabe (g.g.A.) private Anerkennungsstellen Wettbewerbsfreiheit

Die italienische Regierung verfolgt seit Monaten das Ziel, die Anerkennung einiger Erzeugnisse mit geschützter Ursprungsbezeichnung, darunter Parmesankäse der Po-Ebene (Grana Padano), einer einzigen privaten Stelle zu übertragen. Obwohl die italienische Anti-Trust-Behörde und einige nationale Gerichte die Unrechtmäßigkeit dieses Vorgehens bestätigt haben, scheint die italienische Regierung die Absicht zu haben, ein Gesetz (Umsetzungsgesetz 1999 AC 5619-B) zu verabschieden, durch das die Wettbewerbsfreiheit insofern entscheidend eingeschränkt wird, als es den einzelnen Erzeugern und Erzeugervereinigungen den direkten Zugang zu dem Kontrollsystem für die Erzeugnisse mit geschützter Ursprungsbezeichnung verwehrt, es unmöglich macht, daß mehrere private Stellen das gleiche Erzeugnis mit geschützter Ursprungsbezeichnung anerkennen, und die Dachverbände ermutigt, ihren internen Vertretungsanspruch auszuweiten, damit sie die in den Normen Uni En 45011 festgelegten Anforderungen erfuellen, um selbst Anerkennungsstellen zu werden.

Kann die Kommission daher mitteilen:

1. ob den einzelnen Erzeugern oder Erzeugervereinigungen der direkte Zugang zu dem Kontrollsystem möglich ist;

2. ob die Beschränkung auf nur eine private Anerkennungsstelle für jedes Erzeugnis mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geschützter geographischer Angabe nicht einen schweren Verstoß gegen den freien Wettbewerb darstellt;

3. ob die Dachverbände den von der dritten Kontrollstelle zu erfuellenden Anforderungen gerecht werden können und somit private Anerkennungsstellen werden und auch Nichtmitglieder Vorschriften oder Kontrollen unterwerfen können;

4. ob sie es nicht für zweckmäßig hält, angesichts der oben dargelegten offenkundigen Unregelmäßigkeiten Maßnahmen gegenüber der italienischen Regierung zu ergreifen?

Antwort von Herrn Fischler im Namen der Kommission

(8. November 1999)

Nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel(1) kann die Kontrolleinrichtung eine oder mehrere dafür benannte Kontrollbehörden und/oder zu diesem Zweck von dem Mitgliedstaat zugelassene private Kontrollstellen umfassen, und nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe g muß die Spezifikation auch Angaben zu der Kontrolleinrichtung oder den Kontrolleinrichtungen nach Artikel 10 enthalten.

Somit können für jede geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) bzw. geschützte geographische Angabe (g.g.A.) eine oder mehrere Kontrollbehörden, eine oder mehrere von dem betreffenden Mitgliedstaat zu diesem Zweck zugelassene private Kontrollstellen oder eine Mischform dieser beiden Systeme zuständig sein.

Der Mitgliedstaat, in dem das geographische Gebiet der g.U. bzw. der g.g.A. liegt, kann die Anzahl und Zusammensetzung seiner Kontrolleinrichtungen selbst festlegen. So kann er z. B. beschließen, daß für jede g.U. bzw. g.g.A. nur eine einzige private Kontrollstelle zuständig ist. Wenn der Mitgliedstaat mehrere Kontrollbehörden bzw. (zugelassene) private Kontrollstellen benannt hat, so können die zur Verwendung der Bezeichnung g.U. bzw. g.g.A. berechtigten Marktteilnehmer die für sie zuständige Kontrolleinrichtung im Rahmen der vom betreffenden Mitgliedstaat geschaffenen Möglichkeiten selbst auswählen.

Die genannte Verordnung schreibt nicht vor, daß private Kontrollstellen eine Zulassung benötigen, sondern legt in Artikel 10 Absatz 3 lediglich fest, daß diese ab dem 1. Januar 1998 die in der Norm EN 45011 vom 26. Juni 1989 festgelegten Anforderungen (die am 18. Februar 1998 geändert wurden) erfuellen müssen.

Da diese Anforderungen sehr streng sind, dürfte es nach Auffassung der Kommission für ein Consorzio di tutela, das sich im allgemeinen aus den Erzeugern zusammensetzt, die der Kontrolle gemäß Artikel 10 unterliegen, schwierig sein, diese zu erfuellen.

Stellt zudem nach Artikel 10 Absatz 4 eine benannte Kontrollbehörde und/oder eine private Kontrollstelle eines Mitgliedstaats fest, daß ein mit einer geschützten Bezeichnung versehenes Agrarerzeugnis oder Lebensmittel mit Ursprung in ihrem Mitgliedstaat die Anforderungen der Spezifikation nicht erfuellt, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um die Einhaltung dieser Verordnung zu gewährleisten. Die Kontrollbehörde oder die Kontrollstelle unterrichtet den Mitgliedstaat über die im Rahmen der Kontrollen getroffenen Maßnahmen. Die Betroffenen müssen über alle Entscheidungen unterrichtet werden.

In jedem Fall sind die Erzeuger von g.U. bzw. g.g.A. gehalten, sich an die Kontrolleinrichtung zu wenden, die in der für die fragliche Bezeichnung geltenden Spezifikation vorgesehen ist. Diese Spezifikation wurde von den Erzeugern erstellt und wird dem Antrag auf Eintragung beigefügt. Die zuständige Kontrolleinrichtung kann jederzeit geändert werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat einen Antrag gemäß Artikel 9 der genannten Verordnung gestellt hat.

Für den vorliegenden Fall der g.U. Grana Padano ist gemäß einer am 17. November 1998 mitgeteilten Änderung die C.S.Q.A Certificazione qualità Agroalimentare s.r.l., eine zugelassene private Kontrollstelle, zuständig.

Aus diesen Gründen hält es die Kommission nicht für sinnvoll, Maßnahmen gegenüber der italienischen Regierung zu ergreifen.

(1) ABl. L 208 vom 24.7.1992.