91999E1446(01)

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-1446/99 von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission. Subventionierte Standortverlagerung des Chemieunternehmens Akcros Chemicals B.V. von Roermond nach Greiz.

Amtsblatt Nr. 203 E vom 18/07/2000 S. 0001 - 0002


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-1446/99

von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission

(1. September 1999)

Betrifft: Subventionierte Standortverlagerung des Chemieunternehmens Akcros Chemicals B.V. von Roermond nach Greiz

1. Ist der Kommission bekannt, daß das Unternehmen Akcros Chemicals B.V. (ehemals Haagen Chemie, Eigentum von AKZO Nobel Chemicals), das Blei- und Metallstearate und Halbfertigwaren auf anderer als Vinylbasis für die Kunststoffindustrie herstellt, beabsichtigt, seine Niederlassung in Roermond (Niederlande, Provinz Limburg) mit 1200 Arbeitnehmern zu schließen, statt den ursprünglichen Plan auszuführen, in dessen Rahmen die Produktion auf das Gelände des auszubauenden Unternehmens Limax (ebenfalls zu Akcros gehörend) in Roermond-Ost verlagert werden sollte?

2. Ist der Kommission ferner bekannt, daß der AKZO Nobel-Konzern diese Schließung in Roermond einer Gemeinde mit einer für die Niederlande hohen Arbeitslosenrate mit der Investitionsbeihilfe von 35 % begründet, die dem Unternehmen gewährt wird, um die Produktion auf anderer als Vinylbasis nach Greiz (Deutschland, Thüringen) zu verlagern, während gleichzeitig die Produktion von Bleistearaten nach Düren (Deutschland, Nordrhein-Westfalen) verlagert wird?

3. Kann die Kommission mitteilen, ob diese Verlagerung der Produktion ganz oder teilweise durch Mittel der Europäischen Union unterstützt wird? Falls ja, aus welchem Grund? Wie verhält sich die erwartete Zunahme der Zahl der Arbeitsplätze in Greiz zu dem zu erwartenden Abbau von Arbeitsplätzen in Roermond? Wie hoch sind die Kosten für jeden zusätzlichen Arbeitsplatz?

4. Hält die Kommission es für gerechtfertigt, daß die Beschäftigungslage in einem Gebiet mit einem Mangel an Arbeitsplätzen dadurch gefördert wird, daß diese Arbeitsplätze mit staatlichen Beihilfen aus einem anderen Gebiet abgezogen werden, in dem ebenfalls ein Mangel an Arbeitsplätzen besteht? Falls nein, was beabsichtigt die Kommission zu unternehmen, um der unnötigen Verlagerung von Arbeitsplätzen durch Unternehmen sowie dem Verlust von Arbeitsplätzen entgegenzuwirken?

Ergänzende Antwort von Herrn Barnier im Namen der Kommission

(18. November 1999)

Die Kommission wird über die wirtschaftlichen Tätigkeiten von Privatunternehmen wie der AKZO Nobel Chemicals nur dann informiert, wenn Fragen des Gemeinschaftsrechts betroffen sind. Bezüglich der Umorganisation der Produktionsanlagen von AKZO haben die nordrhein-westfälischen Behörden der Kommission mitgeteilt, daß für die Anlage in Düren keine einzelstaatlichen oder gemeinschaftlichen Fördermittel gewährt wurden.

Nach Auskunft des Landes Thüringen wurden für die Anlage der Firma AKROS Chemicals in Greiz aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Fördermittel in Höhe von 2 120 000 DM gewährt, was 50 % der insgesamt gewährten öffentlichen Zuschüsse ausmacht. Diese Mittel wurden im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsförderung, einer deutschen Investitionshilferegelung, gewährt. Diese Regelung wurde von der Kommission nach den Wettbewerbsregeln entsprechend Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe EG-Vertrag (vormals Artikel 92) genehmigt.

Thüringen ist als Ziel-1-Region im Rahmen der Strukturfonds förderfähig und darf zudem im Rahmen der EU-Wettbewerbspolitik staatliche Beihilfen beziehen. Die Fördermittel aus den Strukturfonds sollen Thüringen helfen, wirtschaftlich und sozial den Anschluß an die anderen EU-Gebiete zu finden; so wird ein Teil dieser Mittel dafür verwendet, Investitionskapital in dieser Region anzuziehen. Mit den Fördermitteln zugunsten von AKROS Chemicals sollen etwa 150 Arbeitsplätze in der Greizer Anlage erhalten werden. Insgesamt wurden dafür öffentliche Mittel in Höhe von etwa 28 000 DM je Arbeitsplatz bereitgestellt.

Bei der im nächsten Jahr beginnenden neuen Runde der Strukturfondsprogramme gelten gemäß Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds(1) neue Bedingungen für die Gewährung von Zuschüssen der Gemeinschaft. So sieht die Verordnung vor, daß die Mitgliedstaaten bereits gezahlte Zuschüsse der Gemeinschaft wieder zurückfordern, wenn innerhalb von fünf Jahren, nachdem die Beteiligung der Fonds beschlossen wurde, eine erhebliche Veränderung erfolgt ist, die insbesondere darauf zurückzuführen ist, daß der Standort einer Produktionstätigkeit aufgegeben worden ist oder sich geändert hat.

In den im Juni 1999 von der Kommission veröffentlichten Leitlinien für die neuen Programme wird zudem darauf hingewiesen, daß die Strukturfondsmittel nicht für die bloße Verlagerung bestehender Tätigkeiten verwendet sollen.

(1) ABl. L 161 vom 26.6.1999.