91998E3515

SCHRIFTLICHE ANFRAGE Nr. 3515/98 von Amedeo AMADEO Globalisierung und Informationsgesellschaft

Amtsblatt Nr. C 325 vom 12/11/1999 S. 0014


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-3515/98

von Amedeo Amadeo (NI) an die Kommission

(25. November 1998)

Betrifft: Globalisierung und Informationsgesellschaft

In der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen: Globalisierung und Informationsgesellschaft - die Notwendigkeit einer stärkeren internationalen Koordinierung" (KOM(98) 50 endg.) erwähnt die Kommission in bezug auf den Marktzugang ein wichtiges Hindernis, nämlich die hohen Telekommunikationskosten, wobei sie anerkennt, daß bereits spürbare Preissenkungen aufgrund von Kostensenkungen und grösserer Konkurrenz erfolgt sind.

Könnte die Kommission in Anbetracht des Umstands, daß es nicht die Aufgabe der Behörden ist, die Preise zu regeln, die dem Spiel des freien Wettbewerbs überlassen bleiben sollen, dafür sorgen, daß die Einhaltung der Transparenzprinzipien (die unter anderem die Möglichkeit des Kosten- und Leistungsvergleichs beinhalten) und der Vorschriften in den Bereichen Wettbewerb und marktbeherrschende Stellung garantiert wird?

Gemeinsame Antwort

von Herrn Bangemann im Namen der Kommission auf die Schriftlichen Anfragen E-3514/98 und E-3515/98

(12. Januar 1999)

Alle Märkte brauchen Spielregeln, um wirksam zu funktionieren. Der elektronische Markt ist keine Ausnahme. Ein eindeutiges und stabiles ordnungspolitisches Umfeld wird Unternehmen ermöglichen, neue Gelegenheiten auf dem Markt zu nutzen und Vertrauen in dieses für Verbraucher neue Medium zu schaffen. Im Prinzip sollte es keine Diskriminierung zwischen Off-line-und On-line-Märkten geben. Die Behörden müssen alte Vorschriften abschaffen oder aktualisieren, wo sie Marktentwicklungen ungerechtfertigt behindern und neue Vorschriften festlegen, wo ein gesetzliches Vakuum Unsicherheit schafft. Die Regierungen müssen zunehmend anerkennen, daß dort, wo freiwillige Verhaltenskodexe oder von Unternehmen und Benutzern entwickelte technologische Lösungen sich als effektiv erweisen, Vorschriften überfluessig sein können.

Auf einem weltweiten elektronischen Markt, auf dem Dienste grenzueberschreitend sind, können nationale oder regionale Vorschriften nicht mehr im Alleingang eingeführt werden, wenn sie ordnungsgemäß durchgesetzt werden sollen. Ebenso werden sich widersprechende nationale Vorschriften Unsicherheit schaffen. Aus dem grenzueberschreitenden Charakter des Internet ergibt sich, daß jede gemeinschaftsinterne Lösung diese globale Dimension berücksichtigen sollte. Gegenwärtig finden 90 % des Gemeinschaftshandels innerhalb der Gemeinschaft statt. Jedoch wird die Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs sicher zu einer Zunahme des Anteils des aussergemeinschaftlichen Handels führen. Die Verbraucher werden sich immer mehr daran gewöhnen, on-line von ausländischen Anbietern kaufen. Daher ist es notwendig, einen Konsens für Leitlinien auf globaler Ebene zu erzielen, wie in der Mitteilung über Globalisierung und Informationsgesellschaft(1) hervorgehoben wurde.

Dies bedeutet nicht, daß die Gewährleistung eines Binnenmarktes für den elektronischen Geschäftsverkehr ein sekundäres Ziel ist. Aufgrund der Lösung der transnationalen Probleme, die zur Sicherstellung eines freien Verkehrs von Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt erforderlich ist, befindet sich die Gemeinschaft in einer starken Position bei den Diskussionen auf internationaler Ebene.

Die Notwendigkeit, im Entscheidungsfindungsprozeß die globale Dimension zu berücksichtigen, ist in der Gemeinschaft bereits erkenntlich. Sogar dort, wo internationale Leitlinien existieren - wie die Leitlinien der Organisationn für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (ÖCD) über Vertraulichkeit - können europaweite Vorschriften erforderlich sein, um Lücken zu schließen oder einen besseren Schutz zu gewährleisten. Andererseits sieht der Richtlinienvorschlag über elektronische Signaturen(2) Mechanismen der Zusammenarbeit mit Drittländern vor, um die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten unter genau festgelegten Bedingungen zu gewährleisten.

Die Schaffung eines soliden und stabilen europaweiten ordnungspolitischen Umfeldes für den elektronischen Geschäftsverkehr, der durch die Einführung des Euro unterstützt wird, wird europäischen Unternehmen einen grösseren Wettbewerbsvorteil im globalen elektronischen Markt bringen. Im April 1997 nahm die Kommission eine Mitteilung über eine europäische Initiative für den elektronischen Geschäftsverkehr an,(3) in der Schlüsselmaßnahmen umrissen werden, die noch erforderlich sind, um die Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs in Europa zu fördern. Diese Vorschriften und Begleitmaßnahmen sollen bis zum Jahr 2000 angewendet werden. Auf der Ebene der Rechtsakte sind die erforderlichen Richtlinien jetzt von der Kommission(4) vorgelegt worden. Man hofft auf einen raschen Fortgang in Parlament und Rat, damit dieser Zeitplan eingehalten werden kann.

Grundsätzlich wurde bisher mehr Sicherheit auf dem Markt angestrebt, indem Hindernisse für den freien Verkehr von Dienstleistungen im gesamten Binnenmarkt aus dem Weg geräumt wurden und gegebenenfalls die Anwendung selbstregulierender Verhaltenskodexe angeregt wurde. Dies heisst, daß in der Gemeinschaft ansässige Unternehmen, die in der Gemeinschaft elektronisch Waren bestellen oder Dienste anbieten möchten, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates entsprechen müssen und nicht den Vorschriften von 15 Staaten.

Die Gemeinschaft muß weiterhin aktiv an internationalen Foren teilnehmen, um eine weltweit einheitliche rechtliche Grundregelung zu erreichen. Dies erfordert eine verstärkte internationale Zusammenarbeit bei der Entscheidungsfindung, nicht nur der Regierungen und internationalen Organisationen, sondern zunehmend auch zwischen den Unternehmen weltweit. Deshalb sollten Initiativen wie die Konferenz von Bonn, das Arbeitsprogramm der Welthandelsorganisation (WTO) zum elektronischen Geschäftsverkehr, die Ministerkonferenz der ÖCD sowie die Einleitung des globalen Dialogs der Unternehmen im Anschluß an die Gespräche am runden Tisch mit internationalen Unternehmensleitungen, die von der Kommission im Juni 1998 organisiert wurden, begrüsst werden.

(1) KOM(98) 50 endg.

(2) ABl. C 325 vom 23.10.1998.

(3) Mitteilung der Kommission an den Rat, das Parlament, den Wirtschafts-und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen: "Eine europäische Initiative für den elektronischen Geschäftsverkehr"KOM(97) 157.

(4) KOM(97) 628 endg., ABl. L 144 vom 4.6.1997, ABl. L 281 vom 23.11.1995, ABl. L 24 vom 30.1.1998.