SCHRIFTLICHE ANFRAGE Nr. 3050/98 von Hiltrud BREYER an die Kommission. Niederländische Studie zu Phthalaten
Amtsblatt Nr. C 135 vom 14/05/1999 S. 0159
SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-3050/98 von Hiltrud Breyer (V) an die Kommission (2. Oktober 1998) Betrifft: Niederländische Studie zu Phthalaten 1. Warum hat der wissenschaftliche Ausschuß für Toxizität, Ökotoxizität und Umwelt im April 1998 einen höheren TDI-Wert festgelegt als 1994? 2. Warum wurde das angenommene Babygewicht zwischen den Berichten des Ausschusses vom Februar und vom April 1998 von 5 kg auf 8 kg herauf- und die angenommene Nuckelzeit von 12 auf 6 Stunden herabgesetzt, so daß nur noch zwei statt vorher drei Phthalate als potentiell kritisch gelten? 3. Der wissenschaftliche Ausschuß schätzt, daß die Phthalataufnahme durch Spielzeug lediglich 10 bis 30 % der Gesamtexposition beträgt. Warum verwendet die Kommission trotzdem den vollen TDI-Wert (statt nur 10 bis 30 %) als Grundlage für die Empfehlung bezueglich des Phthalataustritts und ignoriert damit eine Tatsache, auf die sie zuvor selbst hingewiesen hat? 4. Ist die Kommission der Meinung, daß Produkte,die eventuelle Langzeitschäden bei Kleinkindern verursachen, zumindest so lange vom Markt genommen werden sollten, bis die Unbedenklichkeit eindeutig erwiesen ist? 5. Die Kommission teilt mit Sicherheit die Meinung der Abgeordneten, daß Versuche mit Kindern ethisch nicht vertretbar sind. Wie kann die Kommission es jedoch zulassen, daß täglich Millionen von Kindern stundenlang Phthalaten ausgesetzt sind, wo doch im Labor bereits zweimal 15 Minuten als ethisch nicht vertretbar bewertet werden? 6. Welche Maßnahmen gedenkt die Kommission zu ergreifen, um zu verhindern, daß Kinder weiterhin unkontrolliert der Gefahr durch Phthalate ausgesetzt sind? Antwort von Frau Bonino im Namen der Kommission (23. Oktober 1998) 1. In seiner ersten Bewertung hat der Wissenschaftliche Ausschuß für Toxizität, Ökotoxizität und Umwelt (SCTEE) Daten aus der Vergangenheit berücksichtigt, insbesondere die zulässige Tagesdosis (TDI), die der Wissenschaftliche Nahrungsmittelausschuß (SCF) ermittelt hat. Diese Angaben wurden 1996 grösstenteils in Stellungnahmen des SCF gemacht. In seiner Wirkungsbewertung (in der Stellungnahme des SCTEE über Phtalate in Spielzeugen vom 24. April 1998) war verbal der SCTEE der Auffassung, daß inzwischen neue Daten vorliegen, die die älteren Daten ersetzen. 2. In seinem ersten Bericht von Februar 1998 ist der SCTEE von einer Expositionszeit von 12 Stunden und einem Körpergewicht von 5 kg auf der Grundlage eines Berichtsentwurfs des CEN (Europäischer Normenausschuß) ausgegangen. Anschließend hat der SCTEE aufgrund von Kritik an diesen Annahmen diese Kriterien überprüft und kam im April 1998 zu dem Schluß, daß diese Werte "für Kleinkinder, die Beißringe auf Polyvinylchloridbasis benutzen, übermässig konservativ seien" und entschied, eine Expositionszeit von sechs Stunden und ein Körpergewicht von acht Kilogramm zu verwenden. 3. Der SCTEE hat auf die Notwendigkeit hingewiesen, auch andere Phtalatexpositionsquellen für Kinder, ausser in Spielzeugen und Kinderpflegeartikeln, zu berücksichtigen. Allerdings hat er die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Quantifizierung dieser Quellen unterstrichen. Der Beitrag von 10-30 % aller anderen Quellen bezieht sich auf alle Phtalate und bietet keine ausreichende Grundlage für die Angleichung der phtalatspezifischen zulässigen Tagesdosen, die in der Stellungnahme des SCTEE erwähnt wurden. In ihrer Empfehlung 98/485/EG vom 1. Juli 1998 über Kinderpflegeartikel und Spielzeuge, die für Kinder unter drei Jahren zum Nuckeln bestimmt sind und die aus bestimmte Phtalate enthaltendem weichem PVC hergestellt sind(1), hat die Kommission daher als Anhaltspunkt die Richtwerte für Phtalate in Spielzeugen aufgegriffen, die von der SCTEE ohne Berichtigung empfohlen werden, wobei sie die Mitgliedstaaten darauf verwies, daß bei der Sicherheitsbewertung der betreffenden Produkte und bei der Entscheidung über die durchzuführenden Maßnahmen die gesamte Stellungnahme zu berücksichtigen ist. In der Empfehlung heisst es, daß bei der Überprüfung dieser Produkte die Mitgliedstaaten die Migrationspegel dieser Substanzen im Rahmen der geeigneten Prüfungen überwachen sollen, wobei sie die vom SCTEE am 24. April 1998 abgegebene Stellungnahme berücksichtigen, insbesondere die Mitgrationsgrenzwerte für die von diesen Produkten freigesetzten Phtalate, die dieser Ausschuß empfohlen und im Anhang wiedergegeben hat. Hierbei sollten die Richtwerte in der Empfehlung als obere Grenzwerte gelten, wobei die Mitgliedstaaten bei der Bewertung der Sicherheit spezifischer Produkte vorsichtig vorgehen sollten. 4. Die Kommission ist der Auffassung, daß Kinderpflege-artikel und Spielzeuge aus weichem phtalathaltigem PVC, die für Kleinkinder unter drei Jahren zum Nuckeln dienen, nicht vertrieben und vom Markt genommen werden sollten, sobald es Hinweise gibt, daß sie die Gesundheit von Kindern schädigen können, insbesondere unter Berücksichtigung der in der SCTEE-Stellungnahme enthaltenen Daten. Da es in diesem Bereich keine spezielle Gemeinschaftsgesetzgebung gibt, ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, die von spezifischen Produkten ausgehenden Risiken zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu beschließen; maßgebend hierbei ist die in der Richtlinie des Rates 92/59/EWG vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit(2) festgelegte Verpflichtung, wonach nur sichere Produkte vermarktet werden dürfen. Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, daß alle Maßnahmen dieser Art gerechtfertigt und angemessen sind. 5. Die Kommission ist der Auffassung, daß Kleinkinder in der Gemeinschaft nicht durch Phtalate gefährdet werden dürfen, wobei die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen sind. Die Kommission beabsichtigt, möglichst bald eine Gemeinschafts-gesetzgebung in diesem Bereich vorzuschlagen. Bis zum Inkrafttreten dieser Gesetzgebung fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, den Markt auf diese Produkte zu prüfen und auf nationaler Ebene geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Das Problem von Tests an Kleinkindern ist ein separates Problem und erfordert Überlegungen, die über die hier behandelten spezifischen Produkte und Risiken hinausgehen. 6. Die von der Kommission ergriffenen oder geplanten Maßnahmen sind bereits erwähnt worden. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission den SCTEE erneut konsultiert, um im Licht der neuen Untersuchungen über das Thema, die vor kurzem veröffentlicht wurden, eine aktualisierte Stellungnahme einzuholen. Nach Eingang der aktualisierten Stellungnahme des SCTEE soll die Kommission überlegen, ob irgendwelche Änderungen der derzeitigen Politik in diesem Bereich erforderlich sind. (1) ABl. L 217 vom 5.8.1998, S. 35. (2) ABl. L 228 vom 11.8.1992.