91998E2892

SCHRIFTLICHE ANFRAGE Nr. 2892/98 von Susan WADDINGTON an die Kommission. Behandlung von britischen Paßinhabern durch die französische Grenzpolizei

Amtsblatt Nr. C 118 vom 29/04/1999 S. 0161


SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-2892/98

von Susan Waddington (PSE) an die Kommission

(15. September 1998)

Betrifft: Behandlung von britischen Passinhabern durch die französische Grenzpolizei

Am Dienstag, 14. Juli 1998 um 18.30 Uhr gingen eine britische Frau, ihr Ehemann und ihre vier kleinen Kinder, alles britische Passinhaber, unterwegs zu einem Ferienort in Frankreich, in Calais an Land und legten den französischen Behörden ihre Pässe vor.

Als Moslemin trägt die Frau gemäß ihrem Glauben einen Vollschleier und darf ihr Gesicht keinen anderen Männern als Blutsverwandten zeigen. Um die Frau zu identifizieren, forderte der diensthabende Beamte, ein männlicher Polizeibeamter, sie auf, ihren Schleier zu lüften. Die Frau lehnte höflich ab, und während sie zu erklären versuchte, weshalb (sie spricht kein französisch), bat sie darum, von einem weiblichen Beamten abgefertigt zu werden, dem sie ihr Gesicht zeigen könnte.

Nach wiederholten Aufforderungen lehnten die französischen Behörden es ab, einen weiblichen Polizeibeamten zu stellen, lehnten eine Kommunikation in englischer Sprache ab, stellten keinerlei Dokumentation in englischer Sprache zur Verfügung und stellten dreissig Minuten lang auch keinen Dolmetscher. Schließlich wurde der Frau die Einreise nach Frankreich verweigert und wurde sie von den französischen Behörden ins Vereinigte Königreich zurückgeschickt. Bei der Rückkehr wurde ihre Identität von einer britischen Zollbeamtin bestätigt.

Dieser untragbare Zwischenfall verursachte den Familienangehörigen grosses Leid und enthielt ihnen als Bürgern der Union ihr Recht auf Freizuegigkeit vor. Leider erleben EU-Bürger und Angehörige von ethnischen Minderheiten auf Reisen regelmässig ähnliche Zwischenfälle.

Ist die Kommission nicht auch der Auffassung, daß die Art und Weise, wie die Frau und ihre Familie behandelt wurden, untragbar und eine Verletzung der fundamentalen Menschenrechte der Frauen ist? Welche Maßnahmen trifft die Kommission, um solche Zwischenfälle zu verhindern, und wie wird sie künftig den neuen Artikel 13 des Vertrags von Amsterdam in diesem Sinne nutzen?

Antwort von Herrn Monti im Namen der Kommission

(28. Oktober 1998)

Nach den Gemeinschaftsvorschriften über den freien Verkehr der Unionsbürger bedarf es für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates lediglich eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses(1).

Nach dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts sind die Mitgliedstaaten gleichfalls befugt, bei der Grenzueberschreitung die Gültigkeit des Personalausweises oder des Reisepasses zu überprüfen. Zur Feststellung der Gültigkeit gehört auch die Überprüfung, ob die Person, für die der Personalausweis oder der Reisepaß als Identitätsnachweis ausgestellt wurde, mit der Person übereinstimmt, die im Besitz dieser Dokumente die Grenze überschreiten will.

Die Kommission ist der Auffassung, daß Grundrechte und Menschenwürde bei dieser Identitätsüberprüfung uneingeschränkt beachtet werden müssen.

Der Respekt der Menschenrechte und Grundfreiheiten wird durch die Mitgliedstaaten sowohl im innerstaatlichen Recht durch die Rechtsbehelfsmöglichkeiten als auch nach aussen durch die in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten des Europarates vorgesehenen Verfahren umfassend gewährleistet.

(1) Siehe u.a. Artikel 2 der Richtlinie 68/360 des Rates vom 15.10.1968, ABl. L 257 vom 19.10.1968, und Artikel 3 der Richtlinie 73/148 des Rates vom 21.5.1973, ABl. L 172 vom 28.6.1973.