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SCHRIFTLICHE ANFRAGE Nr. 2411/98 von Yvan BLOT an den Rat. Hungersnot in Nordkorea

Amtsblatt Nr. C 096 vom 08/04/1999 S. 0088


SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-2411/98

von Yvan Blot (NI) an den Rat

(28. Juli 1998)

Betrifft: Hungersnot in Nordkorea

Über die Lage in Nordkorea gelangen alarmierende Berichte nach Europa; sie stammen vor allem vom deutschen Roten Kreuz oder den "Médecins sans Frontières (Ärzte ohne Grenzen)." Die Hungersnot soll seit 1995 2 bis 3 Millionen Opfer (ungefähr 10 % der Gesamtbevölkerung) gefordert haben und sie wütet auch weiterhin, wobei 20 % der Bevölkerung in härtester Weise betroffen sind und weitere 75 Prozent gerade noch überleben. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung ist verheerend, und den Krankenhäusern mangelt es an Grundausstattung sowie an Arzneimitteln. Die Funktionäre des Regimes scheinen die sehr umfangreiche internationale Hilfe weitgehend ihrem Zweck zu entfremden, um sie wiederzuverkaufen oder die Streitkräfte damit zu versorgen.

Andere Gerüchte sind weit weniger beunruhigend; sie besagen, daß es sich um ein einfaches Gerede handelt, das von der marxistischen Diktatur mit Hilfe ihrer Medien aufgebläht wird, um die internationale Hilfsbereitschaft anzuspornen, die dann dazu dienen soll, die wirtschaftlichen Schwachstellen des Landes zu übertünchen.

1. Kann der Rat genaue Angaben über die Bedingungen machen, unter denen die "Beobachter" der Europäischen Union ihre Erkundungsmission an Ort und Stelle durchgeführt haben, über die Ausdehnung der Landesteile, zu denen sie Zugang hatten, sowie die ihnen von dem marxistischen Regime in Pyöngyang zugestandene Bewegungsfreiheit?

2. Kann der Rat angeben, ob er Maßnahmen zu treffen gedenkt, und wenn ja, welche, damit die humanitäre Hilfe den schwer Notleidenden zukommt?

3. Gesetzt der Fall, daß es sich beim Ausmaß der Nahrungsmittelkatastrophe um eine Lüge handelt: welche Regelungen gedenkt der Rat dann zu treffen, um eine der letzten und blutigen kommunistischen Diktaturen, die um diese Jahrhundertwende noch bestehen, nicht länger zu stützen?

Antwort

(22. Oktober 1998)

1. Der Bericht der technischen Erkundungsmission, die unter dem britischen Vorsitz vom 9. bis 16. Mai 1998 Nordkorea besucht hat, ist Anfang Juni 1998 veröffentlicht worden. In diesem ausführlichen Bericht selbst wird dargelegt, unter welchen Bedingungen die Mission ihre Untersuchungen durchgeführt hat, und zwar einschließlich der Aspekte "Zugang" und "Bewegungsfreiheit".

2. Der Rat teilt die Besorgnisse des Herrn Abgeordneten hinsichtlich der Verteilung der humanitären Hilfe. Die Besorgnisse der Union sind durch den Bericht der Mission abgeschwächt worden, doch ist ständig darauf zu achten, daß Mißbrauch zu vermeiden und Transparenz zu gewährleisten sind, wenn unsere Hilfe wirksam sein oder überhaupt gewährt werden soll. Diese Botschaft ist bei den Kontakten zwischen der Union und Nordkorea klar herausgestellt worden.

3. Die Hilfsprogramme der Europäischen Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten für Nordkorea haben rein humanitären Charakter, obschon sich damit die Hoffnung verbindet, daß sie unseren Bestrebungen nach Frieden und Stabilität auf der koreanischen Halbinsel förderlich sein werden. Auf jeden Fall soll mit den Programmen ausschließlich das Leiden der nordkoreanischen Bevölkerung gelindert und unter keinen Umständen das Regime in Nordkorea unterstützt werden. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß Länder wie die Republik Korea und die Vereinigten Staaten ähnliche Programme haben. Es bleibt nun abzuwarten, inwieweit sich der unwillkommene Beschluß Nordkoreas, seine eigenen spärlichen Mittel für Raketen und Satelliten aufzuwenden, auf die Haltung der Völkergemeinschaft zur humanitären Hilfe auswirken wird.