91997E3619

SCHRIFTLICHE ANFRAGE Nr. 3619/97 von Riccardo GAROSCI an die Kommission. Lage der Tankstellenbetreiber

Amtsblatt Nr. C 174 vom 08/06/1998 S. 0088


SCHRIFTLICHE ANFRAGE P-3619/97 von Riccardo Garosci (UPE) an die Kommission (10. November 1997)

Betrifft: Lage der Tankstellenbetreiber

Der auf europäischer Ebene festzustellende recht geringe Schutz des Berufszweigs der Tankstellenbetreiber hat bereits zu einer starken Schwächung ihrer vertraglichen Stellung gegenüber der Erdölindustrie geführt. Dies führt mehr und mehr zum Verlust von Arbeitsplätzen und zu beträchtlichen sozialen Ungerechtigkeiten. Welches sind die diesbezueglichen operativen Leitlinien der Kommission?

Ist der Kommission bekannt, daß die italienische Regierung zur Zeit ein Gesetzesdekret zur Rationalisierung der Abgabe von Brennstoffen an den Endverbraucher vorbereitet, durch das Tankstellenbetreibern praktisch verboten werden soll, die Marke der jeweiligen Erdölfirma auszuhängen (Artikel 7)? Ein derartiges Verbot würde den Interessen sowohl der Tankstellenbetreiber als auch der Erdölfirmen selbst zuwiderlaufen und das Recht der Verbraucher auf Information beeinträchtigen, das gerade von der EU stets garantiert worden ist (Artikel 129 des Vertrags von Maastricht, geändert und gestärkt durch Punkt 27 des Vertrags von Amsterdam).

Antwort von Herrn Van Miert im Namen der Kommission (11. Dezember 1997)

Nach den der Kommission vorliegenden Angaben dürfte sich zur Zeit in den meisten Mitgliedstaaten eine strukturelle Anpassung vollziehen, d.h. die Zahl der Tankstellen nimmt seit einigen Jahren ab, ihr Tätigkeitsbereich erweitert sich dagegen.

Ausserdem besteht zur Durchführung der Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags eine Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EWG) Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarungen ((ABl. L 173 vom 30.6.1983; Korrigendum ABl. L 281 vom 13.10.1983. ))), die u.a. die mit einer Alleinbezugsklausel verbundenen Alleinvertriebsvereinbarungen für Mineralölerzeugnisse erfasst. Derartige Vereinbarungen, die unter das Kartellverbot nach Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag fallen können, sind von diesem Verbot freigestellt, wenn sie die in dieser Verordnung genannten Voraussetzungen erfuellen.

Aufgrund dieser Verordnung sind die einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden und Gerichte für die Anwendung aller europäischen Wettbewerbsregeln im Zusammenhang mit diesen Vereinbarungen zuständig, denn eines der Ziele einer derartigen Verordnung besteht gerade darin, es den einzelstaatlichen Behörden, die generell den im wesentlichen nationalen Kraftstoffvertriebsmärkten näher sind, zu ermöglichen, die Einhaltung des EU-Wettbewerbsrechts sicherzustellen.

Ausserdem hat die Kommission ein Grünbuch zur EG-Wettbewerbspolitik gegenüber vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen ((Dok. KOM (96) 721 endg. )), vor allem Vertriebsvereinbarungen, veröffentlicht. Ziel dieses Grünbuchs war es, im Rahmen umfassender Überlegungen zur künftigen Wettbewerbspolitik gegenüber derartigen Vereinbarungen verschiedene Möglichkeiten zu prüfen. Das Grünbuch wurde mit den Betroffenen eingehend erörtert. Anhand der entsprechenden Schlußfolgerungen wird die Kommission Maßnahmen vorschlagen, die u.a. wegen des Auslaufens der Gruppenfreistellungsverordnung am 31. Dezember 1999 ((Gültigkeitsdauer verlängert durch Verordnung (EG) Nr. 1582/97 der Kommission vom 30. Juli 1997 zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 1983/83 und (EWG) Nr. 1984/83 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarungen und von Alleinbezugsvereinbarungen, ABl. L 214 vom 6.8.1997. )) notwendig sind.

Die Kommission ist nicht der Auffassung, daß den Verbrauchern unbedingt Informationen vorenthalten oder die Interessen der Mineralölgesellschaften verletzt würden, wenn die Tankstellen Waren unter ihrer eigenen Marke vertrieben.