URTEIL DES GERICHTS (Kammer für Vorabentscheidungssachen)
26. November 2025 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG – Steuerbefreiungen für andere Tätigkeiten – Vermittlung von Krediten – Kreditvermittlungstätigkeiten – Einstufung“
In der Rechtssache T‑657/24,
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Arbitral Tributário (Centro de Arbitragem Administrativa – CAAD) (Schiedsgericht für Steuersachen [Zentrum für Verwaltungsschiedsverfahren – CAAD], Portugal) mit Entscheidung vom 5. Dezember 2024, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Dezember 2024, in dem Verfahren
Versãofast, Unipessoal, Lda.
gegen
Autoridade Tributária e Aduaneira
erlässt
DAS GERICHT (Kammer für Vorabentscheidungssachen)
zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richterin T. Pynnä, des Richters J. Laitenberger (Berichterstatter), der Richterin M. Stancu und des Richters I. Dimitrakopoulos,
Generalanwältin: M. Brkan,
Kanzler: V. Di Bucci,
aufgrund der am 19. Dezember 2024 gemäß Art. 50b Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union erfolgten Weiterleitung des Vorabentscheidungsersuchens vom Gerichtshof an das Gericht,
in Anbetracht des Sachgebiets nach Art. 50b Abs. 1 Buchst. a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Nichtvorliegens einer eigenständigen Auslegungsfrage im Sinne von Art. 50b Abs. 2 der Satzung,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
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der Versãofast, Unipessoal, Lda., vertreten durch S. Brigas Afonso, Advogado, |
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der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, C. Bento, A. Rodrigues und R. Laires als Bevollmächtigte, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Herold und L. Santiago de Albuquerque als Bevollmächtigte, |
aufgrund der nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Entscheidung, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
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1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie). |
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2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Versãofast, Unipessoal, Lda. und der Autoridade Tributária e Aduaneira (Steuer‑ und Zollbehörde, Portugal) (im Folgenden: Steuerbehörde) über die Kreditvermittlungstätigkeiten dieser Gesellschaft, die die Steuerbehörde als von der Mehrwertsteuer befreite Kreditvermittlungsumsätze eingestuft hat. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
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3 |
Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie übernimmt im Wesentlichen den Wortlaut von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie). |
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4 |
Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt: „Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer: …
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Portugiesisches Recht
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Art. 9 Nr. 27 Buchst. a des Código do Imposto sobre o Valor Acrescentado (Mehrwertsteuergesetzbuch), gebilligt durch das Decreto‑lei n.o 394-B/84 (gesetzesvertretende Verordnung Nr. 394‑B/84) vom 26. Dezember 1984 (Diário da República, I Serie A, Nr. 297 vom 26. Dezember 1984) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits anwendbaren Fassung sieht vor, dass die Gewährung und Vermittlung von Krediten in jeder Form, einschließlich Umsätzen im Diskont- und Rediskontgeschäft, sowie ihre Verwaltung durch den Kreditgeber von der Mehrwertsteuer befreit sind. |
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
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Versãofast ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach portugiesischem Recht, die zu dem im Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Zeitpunkt für die Ausübung von Beratungstätigkeiten für Geschäftstätigkeiten und Administration eingetragen war. |
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Versãofast ist von der Banco de Portugal (portugiesische Zentralbank) zur Ausübung von Kreditvermittlungstätigkeiten zugelassen. In diesem Rahmen ist sie berechtigt, Verbrauchern Verträge vorzulegen oder anzubieten, sie durch Vorarbeiten oder andere vorvertragliche administrative Tätigkeiten in Bezug auf Kreditverträge, die sie nicht selbst vorgelegt oder angeboten hat, zu unterstützen, sowie mit ihnen Kreditverträge im Namen des Kreditgebers abzuschließen. |
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8 |
Vor diesem Hintergrund schloss Versãofast Bindungsverträge mit mehreren portugiesischen Kreditinstituten, darunter der Caixa Geral de Depósitos, S. A. (im Folgenden: CGD). Diese Verträge beziehen sich auf Kreditvermittlungstätigkeiten, die Versãofast für die Kreditinstitute selbständig ausübt. Diese Tätigkeiten bestehen u. a. darin, potenzielle Kunden für Immobilienkredite zu suchen und anzuwerben, sie dabei zu unterstützen, die für ihren Kreditantrag erforderlichen Unterlagen zusammenzutragen, ihnen nähere Informationen zu den wesentlichen Aspekten der Finanzierung wie der Marge (Spread), dem effektiven Jahreszins und der Aufwandsrate zu geben, eine erste Prüfung der von den Kunden zur Bearbeitung ihres Antrags vorgelegten Unterlagen vorzunehmen, diese Unterlagen den Kreditinstituten zu übermitteln, den Kunden die Kreditangebote dieser Institute vorzustellen und ihnen die endgültige Entscheidung des Instituts, dessen Angebot sie ausgewählt haben, mitzuteilen. Versãofast ist dagegen nicht befugt, im Namen der Kreditinstitute Kreditverträge mit den Verbrauchern abzuschließen. Sie hat auch keinen Einfluss auf die Festlegung der Bedingungen der Kreditangebote, die Wahl der Verbraucher zwischen den verschiedenen Angeboten und die Entscheidung der Kreditinstitute, die Kredite zu gewähren. |
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Die Bindungsverträge sehen vor, dass die Kreditinstitute Versãofast als Gegenleistung für ihre Tätigkeiten eine Provision in Höhe eines Prozentsatzes des Jahresbetrags der aufgrund ihrer Vermittlung geschlossenen Immobilienkreditverträge zahlen, die mit einem Qualitätsfaktor für die Vorbereitung der Dossiers gewichtet ist. |
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Die Kreditvermittlungstätigkeiten von Versãofast und ihre Vergütungsbedingungen sind zwar für alle Kreditinstitute gleich, doch unterlagen die von Versãofast erhaltenen Provisionen nicht immer derselben Mehrwertsteuerregelung. Während Versãofast für die meisten Institute davon ausging, dass ihr die in Art. 9 Nr. 27 Buchst. a des Mehrwertsteuergesetzbuchs vorgesehene Steuerbefreiung für die Gewährung und Vermittlung von Krediten zugutekomme, entrichtete sie auf die von CGD gezahlten Provisionen Mehrwertsteuer in Höhe von 23 %, die zusätzlich zum Betrag dieser Provisionen anfiel. |
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Nachdem Versãofast einen Antrag auf Rückerstattung der Mehrwertsteuer für das erste Quartal 2023 gestellt hatte, leitete die Steuerbehörde ein Prüfverfahren ein, an dessen Ende sie Versãofast Entwürfe für die Berichtigung der in den Jahren 2019 bis 2023 abgezogenen Mehrwertsteuer übermittelte. Sie war der Ansicht, dass die für CGD ausgeübten Kreditvermittlungstätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit seien und die mit diesen Tätigkeiten verbundene Vorsteuer daher nicht in Abzug gebracht werden könne. Die Steuerbehörde stellte Versãofast daher Mehrwertsteuerbescheide in Höhe von insgesamt 208619,07 Euro aus. |
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Am 5. April 2024 erhob Versãofast gegen diese Bescheide Klage beim Tribunal Arbitral Tributário (Centro de Arbitragem Administrativa – CAAD) (Schiedsgericht für Steuersachen [Zentrum für Verwaltungsschiedsverfahren – CAAD], Portugal), dem vorlegenden Gericht. |
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Zur Stützung ihrer Klage macht Versãofast geltend, dass die für CGD ausgeübten Kreditvermittlungstätigkeiten nicht unter die für die Vermittlung von Krediten geltende Mehrwertsteuerbefreiung fielen, da sie nicht an der Bewilligung der Kredite beteiligt sei. Ihre Tätigkeiten beschränkten sich darauf, potenziellen Kunden die von CGD veröffentlichten Prospekte und die von CGD angebotenen Konditionen für Immobilienkredite bekannt zu machen und zu erläutern, wobei sie keine Empfehlung für einen bestimmten Immobilienkredit abgeben dürfe. Sie stelle interessierten Kunden insoweit nur unparteiische und objektive Informationen zur Verfügung. Im Übrigen werte sie die bei den Kunden eingeholten Informationen nicht aus und könne unter keinen Umständen Kreditverträge im Namen von CGD abschließen. Schließlich vergüteten die Provisionen, die sie erhalte, nur die Anwerbung von Kunden und nicht die Vermittlung von Krediten. |
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Die Steuerbehörde macht geltend, dass Versãofast im Rahmen der Ausübung ihrer Kreditvermittlungstätigkeiten für mehrere Kreditinstitute gleichartige Dienstleistungen erbringe, die für CGD erbrachten Dienstleistungen, für die sie Mehrwertsteuer abführe, aber anders behandle als die für die anderen Institute erbrachten, für die sie die Befreiungsregelung anwende. Die vertraglich vereinbarten Dienstleistungen der Vorstellung der Kreditverträge und der Unterstützung der Verbraucher seien mit dem angestrebten Ziel, nämlich dem Abschluss von Kreditverträgen, untrennbar verbunden. |
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Nach Ansicht des Tribunal Arbitral Tributário (Centro de Arbitragem Administrativa – CAAD) (Schiedsgericht für Steuersachen [Zentrum für Verwaltungsschiedsverfahren – CAAD]) bestehen Zweifel daran, ob Kreditvermittlungstätigkeiten wie die von Versãofast ausgeübten unter den Begriff „Vermittlung von Krediten“ im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen, der einen im innerstaatlichen Recht anzuwendenden autonomen Begriff des Unionsrechts darstelle. Auch wenn die „(pro)aktive“ Anwerbung von Kunden durch Versãofast die Parteien in Kontakt bringe und den Abschluss von Kreditverträgen fördere, handele Versãofast nicht die Bedingungen dieser Verträge aus und handele weder im Namen der Kreditnehmer noch im Namen von CGD. |
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Vor diesem Hintergrund hat das Tribunal Arbitral Tributário (Centro de Arbitragem Administrativa – CAAD) (Schiedsgericht für Steuersachen [Zentrum für Verwaltungsschiedsverfahren – CAAD]) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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Zu den Vorlagefragen
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Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung für die Vermittlung von Krediten vorgesehene Steuerbefreiung für die Tätigkeiten eines Kreditvermittlers gilt, der Kunden sucht und anwirbt, um ihnen Immobilienkreditverträge anzubieten, sie durch Tätigkeiten vor Vertragsabschluss unterstützt, die Kommunikation mit den Kreditinstituten übernimmt und von diesen Instituten nach Maßgabe des Betrags der aufgrund seiner Vermittlung geschlossenen Kreditverträge vergütet wird, und zwar ungeachtet dessen, dass er weder befugt ist, im Namen der Kreditinstitute zu handeln, noch Einfluss auf den Inhalt der Kreditangebote hat, und die Kunden frei entscheiden können, ob und mit welchem Institut sie einen Kreditvertrag abschließen. |
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Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung der Bestimmungen der Sechsten Richtlinie, da diese durch die Mehrwertsteuerrichtlinie aufgehoben und ersetzt wurde, auch für deren Bestimmungen gilt, wenn die Bestimmungen dieser beiden Unionsrechtsakte als gleichbedeutend angesehen werden können (Urteil vom 17. Juni 2021, K und DBKAG, C‑58/20 und C‑59/20, EU:C:2021:491, Rn. 27). |
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Folglich gilt die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Richtlinie durch den Gerichtshof auch für Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie, da diese Bestimmungen, wie bereits oben in Rn. 3 festgestellt, im Wesentlichen wortgleich sind und daher als gleichbedeutend angesehen werden können (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juni 2021, K und DBKAG, C‑58/20 und C‑59/20, EU:C:2021:491, Rn. 28). |
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Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Vermittlung von Krediten von der Mehrwertsteuer befreien. |
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Bei den in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs um autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen und daher in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen sind (vgl. Urteil vom 9. März 2023, Generali Seguros,C‑42/22, EU:C:2023:183, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Außerdem sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Begriffe, mit denen die in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, eng auszulegen, da Letztere Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. Urteil vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management [UK], C‑231/19, EU:C:2020:513, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
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Zum Begriff „Vermittlung“ hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Sechsten Richtlinie, der im Wesentlichen in Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Mehrwertsteuerrichtlinie übernommen wurde, bereits festgestellt, dass sich dieser Begriff auf eine Tätigkeit bezieht, die von einer Mittelsperson ausgeübt wird, die nicht die Stellung einer Vertragspartei hat und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die von einer solchen Partei erbracht werden. Die Vermittlungstätigkeit ist nämlich eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Sie kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags aufzuzeigen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck dieser Tätigkeit ist es also, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 2001, CSC Financial Services,C‑235/00, EU:C:2001:696, Rn. 39, und vom 5. Juli 2012, DTZ Zadelhoff,C‑259/11, EU:C:2012:423, Rn. 27). |
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24 |
Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass es sich bei Vermittlungstätigkeiten, die darin bestehen, gegen Zahlung einer Vergütung Kaufinteressenten für in der Folge durch Übertragung von Aktien verkaufte und übertragene Immobilien zu suchen, ohne dass der Vermittler ein eigenes Interesse am Inhalt dieser Verträge hat, um Tätigkeiten handelt, die dem Begriff„Vermittlung“, die sich auf Aktien und Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen bezieht, im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Mehrwertsteuerrichtlinie entsprechen (Beschluss vom 21. November 2017, Kerr, C‑615/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:906, Rn. 43). |
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Dagegen hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Erbringung einer rein materiellen, technischen oder administrativen Leistung, die nicht zu einer Änderung der rechtlichen und finanziellen Lage zwischen den Parteien führt, nicht von der Steuerbefreiung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Mehrwertsteuerrichtlinie erfasst wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2001, CSC Financial Services,C‑235/00, EU:C:2001:696, Rn. 28). |
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26 |
Ebenso hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Ausdruck „Vermittlung, die sich auf Wertpapiere bezieht“ keine Dienstleistungen betrifft, die sich auf die Erteilung von Informationen über ein Finanzprodukt und gegebenenfalls die Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung der entsprechenden Wertpapiere beschränken und nicht deren Ausgabe umfassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2001, CSC Financial Services,C‑235/00, EU:C:2001:696, Rn. 41). |
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Speziell zum Begriff „Vermittlung von Krediten“ hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Anwendung der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Richtlinie, der durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie ersetzt wurde, nicht davon abhängen kann, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer Partei des Kreditvertrags besteht; dafür ist vielmehr auf die Art der erbrachten Leistung und ihren Zweck abzustellen (Urteil vom 21. Juni 2007, Ludwig,C‑453/05, EU:C:2007:369, Rn. 33). |
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28 |
Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass der Umstand, dass Klauseln des Kreditvertrags von einer der Vertragsparteien im Voraus festgelegt wurden, als solcher der Erbringung einer Vermittlungsleistung nicht entgegenstehen kann, da sich die Vermittlungstätigkeit darauf beschränken kann, einer Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen (Urteil vom 21. Juni 2007, Ludwig,C‑453/05, EU:C:2007:369, Rn. 39). |
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Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar bei bestimmten Dienstleistungen der Art, wie sie von Versãofast erbracht werden, wie der Bereitstellung von von den Kreditinstituten zur Verfügung gestellten Prospekten an Kunden oder der Entgegennahme der Antworten dieser Institute auf die Kreditanfragen, für sich genommen ihrer Art nach um rein materielle, technische oder administrative Leistungen, doch zielen diese Dienstleistungen in ihrer Gesamtheit grundsätzlich darauf ab, das Erforderliche zu tun, damit ein Kreditinstitut, im vorliegenden Fall CGD, mit potenziellen Kunden Kreditverträge abschließt; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts. Ein solcher Zweck kann sich auch aus der Art der Vergütung dieser Dienstleistungen ergeben, wenn diese wie im Ausgangsverfahren auf dem tatsächlichen Abschluss von Kreditverträgen beruht und der Kreditvermittler von den Kreditinstituten nach Maßgabe des Betrags der aufgrund seiner Vermittlung geschlossenen Kreditverträge und der Qualität der erbrachten Dienstleistungen, insbesondere der Qualität der Vorbereitung der Dossiers, vergütet wird. |
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Da, wie sich aus der oben in Rn. 28 angeführten Rechtsprechung ergibt, der Umstand, dass Klauseln des Kreditvertrags von einer der Vertragsparteien im Voraus festgelegt wurden, als solcher der Erbringung einer Kreditvermittlungsleistung nicht entgegenstehen kann, hat der fehlende Einfluss des Kreditvermittlers auf den Inhalt des Kreditangebots zwangsläufig keine Auswirkung auf die Einstufung der Tätigkeiten dieses Vermittlers als unter die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie fallende Vermittlungsdienstleistungen. |
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Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kreditvermittler nicht befugt ist, im Namen und für Rechnung des Kreditinstituts zu handeln. Wie sich aus der oben in Rn. 27 angeführten Rechtsprechung ergibt, kann die Anwendung der Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht davon abhängen, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer Partei des Kreditvertrags besteht; dafür ist vielmehr auf die Art der erbrachten Leistung und ihren Zweck abzustellen. Wie oben in Rn. 29 ausgeführt und vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht zielen Kreditvermittlungstätigkeiten wie die von Versãofast ausgeübten in ihrer Gesamtheit darauf ab, das Erforderliche zu tun, damit ein Kreditinstitut mit potenziellen Kunden Kreditverträge abschließt, und können daher allein aus diesem Grund eine „Vermittlung von Krediten“ im Sinne dieser Bestimmung darstellen. |
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Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass zwar in verschiedenen Sprachfassungen von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie, wie der portugiesischen, französischen und englischen Sprachfassung, die Begriffe „negociação“, „négociation“ bzw. „negotiation“ verwendet werden, sich in anderen Sprachfassungen, wie der deutschen, finnischen, schwedischen, dänischen und niederländischen Sprachfassung jedoch die Begriffe „Vermittlung“, „välitys“, „förmedling“, „formidling“ bzw. „bemiddeling“ finden. Diese Begriffe beziehen sich im gewöhnlichen Sprachgebrauch auf eine Vermittlungstätigkeit, mit der zwei Parteien in die Lage versetzt werden sollen, untereinander einen Vertrag zu schließen, ohne dass der Vermittler notwendigerweise von einer der Vertragsparteien bevollmächtigt wird, die Vertragsklauseln festzulegen oder im Namen und für Rechnung dieser Partei zu handeln, z. B. im Hinblick auf den Abschluss dieses Vertrags. Somit stimmen sie mit der Auslegung des Begriffs „Vermittlung“ durch die oben in Rn. 23 angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs überein. |
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Die Einstufung von Dienstleistungen wie den von Versãofast erbrachten als „Vermittlung von Krediten“ im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie kann auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass die Kunden frei entscheiden können, ob und mit welchem Kreditinstitut sie einen Kreditvertrag abschließen. Wie sich aus der oben in Rn. 23 angeführten Rechtsprechung ergibt, kann sich die Vermittlung von Krediten nämlich darauf beschränken, zwei Parteien in die Lage zu versetzen, selbst einen Kreditvertrag abzuschließen. Eine nach dieser Bestimmung von der Steuer befreite Tätigkeit bedeutet für potenzielle Parteien eines Kreditvertrags insbesondere keine Beschränkung ihrer Vertragsfreiheit. |
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Nach alledem ist auf die Fragen des vorlegenden Gerichts zu antworten, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung für die Vermittlung von Krediten vorgesehene Steuerbefreiung für die Tätigkeiten eines Kreditvermittlers gilt, der Kunden sucht und anwirbt, um ihnen Immobilienkreditverträge anzubieten, sie durch Tätigkeiten vor Vertragsabschluss unterstützt, die Kommunikation mit den Kreditinstituten übernimmt und von diesen Instituten nach Maßgabe des Betrags der aufgrund seiner Vermittlung geschlossenen Kreditverträge vergütet wird, und zwar ungeachtet dessen, dass er weder befugt ist, im Namen der Kreditinstitute zu handeln, noch Einfluss auf den Inhalt der Kreditangebote hat, und die Kunden frei entscheiden können, ob und mit welchem Institut sie einen Kreditvertrag abschließen. |
Kosten
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Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gericht sind nicht erstattungsfähig. |
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Aus diesen Gründen hat DAS GERICHT (Kammer für Vorabentscheidungssachen) für Recht erkannt: |
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Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem |
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ist dahin auszulegen, dass |
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die in dieser Bestimmung für die Vermittlung von Krediten vorgesehene Steuerbefreiung für die Tätigkeiten eines Kreditvermittlers gilt, der Kunden sucht und anwirbt, um ihnen Immobilienkreditverträge anzubieten, sie durch Tätigkeiten vor Vertragsabschluss unterstützt, die Kommunikation mit den Kreditinstituten übernimmt und von diesen Instituten nach Maßgabe des Betrags der aufgrund seiner Vermittlung geschlossenen Kreditverträge vergütet wird, und zwar ungeachtet dessen, dass er weder befugt ist, im Namen der Kreditinstitute zu handeln, noch Einfluss auf den Inhalt der Kreditangebote hat, und die Kunden frei entscheiden können, ob und mit welchem Institut sie einen Kreditvertrag abschließen. |
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Papasavvas Pynnä Laitenberger Stancu Dimitrakopoulos Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. November 2025. Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Portugiesisch.