SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ATHANASIOS RANTOS

vom 27. März 2025 ( 1 )

Verbundene Rechtssachen C‑764/23 bis C‑766/23

Cairo Network Srl (C‑764/23)

Persidera SpA (C‑766/23)

gegen

Ministero delle Imprese e del Made in Italy,

Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni (C‑764/23 und C‑766/23),

Beteiligte:

Radiotelevisione italiana SpA (RAI),

Persidera SpA,

Mediaset SpA,

Elettronica Industriale SpA,

Premiata Ditta Borghini e Stocchetti di Torino Srl,

Europa Way Srl,

Prima TV SpA,

Associazione di Categoria Aeranti-Corallo,

Radiotelevisione italiana SpA (RAI),

Elettronica Industriale SpA,

3lettronica Industriale SpA,

Espansione Srl,

Prima TV SpA,

Cairo Network Srl,

Premiata Ditta Borghini e Stocchetti di Torino Srl,

Europa Way Srl

und

Europa Way Srl (C‑765/23)

gegen

Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,

Presidenza del Consiglio dei Ministri,

Ministero dell’Economia e delle Finanze,

Beteiligte:

Radiotelevisione italiana SpA (RAI),

Persidera SpA,

Cairo Network Srl,

Premiata Ditta Borghini e Stocchetti di Torino Srl,

Prima TV SpA,

3lettronica Industriale SpA,

Mediaset SpA,

Elettronica Industriale SpA

(Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato [Staatsrat, Italien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektronische Kommunikationsdienste – Richtlinien 2002/20/EG, 2002/21/EG und 2002/77/EG – Rechte zur Nutzung von Rundfunkfrequenzen für digitale terrestrische Radio- und Fernsehsendungen – Umwandlung von Nutzungsrechten – Zuteilung von Nutzungsrechten – Entgeltliches Verfahren – Berücksichtigung rechtswidrig genutzter analoger Rundfunkfrequenzen – Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 – Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz – Nationale Rechtsvorschriften, mit denen die Wirkungen einer Nichtigkeitsklage begrenzt werden“

Einleitung

1.

Die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen beziehen sich auf das Verfahren zur Neukonfiguration der Frequenznutzungsrechte für das digitale terrestrische Fernsehen (im Folgenden: Frequenzneukonfiguration) im Wege des Übergangs vom DVB-T‑Übertragungssystem zum (fortschrittlicheren) DVB-T2- Übertragungssystem ( 2 ) infolge der Umwidmung des Frequenzbands 694-790 MHz (im Folgenden: 700-MHz-Band) zugunsten des Telekommunikationsnetzes der fünften Generation (im Folgenden: 5G-Netz) ( 3 ).

2.

Diese Ersuchen haben ihren Ursprung in Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmen, die digitale terrestrische Fernsehnetze betreiben, sowie der Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni (Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen, Italien, im Folgenden: AGCOM) und anderen öffentlichen Behörden ( 4 ) über die Verfahren zur Umwandlung der Nutzungsrechte für Frequenzen mit DVB-T‑Technologie in Rechte zur Nutzung der Übertragungskapazität in nationalen Multiplexen mit DVB-T2-Technologie ( 5 ) und zur Zuteilung von Rechten zur Nutzung der zusätzlichen Übertragungskapazität, die durch den Übergang zwischen der DVB-T‑ und der DVB-T2-Technologie entsteht (im Folgenden: zusätzliche Übertragungskapazität).

3.

In diesem Kontext erhebt sich die Frage nach der Auslegung mehrerer Bestimmungen des Rechtsrahmens der Union für die elektronische Kommunikation ( 6 ) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) über im Wesentlichen die Effektivität der gerichtlichen Rechtsbehelfe gegen im Zusammenhang mit der Frequenzneukonfiguration ergangene Rechtsakte und die diesbezüglichen Zuständigkeiten der AGCOM sowie die Beeinträchtigung der Rechte der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens – auch im Hinblick auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes – im Rahmen dieser Neukonfiguration, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des italienischen audiovisuellen Sektors.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Genehmigungsrichtlinie

4.

Art. 3 („Allgemeingenehmigung für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste“) Abs. 1 und 2 hat folgenden Wortlaut:

„(1)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Freiheit, elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen bereitzustellen. Sie dürfen ein Unternehmen nur dann an der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste hindern, wenn dies aus den in Artikel [52 Absatz 1 AEUV] genannten Gründen notwendig ist.

(2)   Die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste darf unbeschadet … der in Artikel 5 genannten Nutzungsrechte nur von einer Allgemeingenehmigung abhängig gemacht werden. Von dem betreffenden Unternehmen kann eine Meldung gefordert werden, aber nicht verlangt werden, vor Ausübung der mit der Genehmigung verbundenen Rechte eine ausdrückliche Entscheidung oder einen anderen Verwaltungsakt der nationalen Regulierungsbehörde zu erwirken. Nach einer entsprechenden Meldung, sofern diese verlangt wird, kann ein Unternehmen seine Tätigkeit aufnehmen, gegebenenfalls vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel 5, 6 und 7 über die Nutzungsrechte.

…“

5.

Art. 5 („Nutzungsrechte für Funkfrequenzen und Nummern“) Abs. 2 dieser Richtlinie lautet:

„Müssen für Funkfrequenzen und Nummern individuelle Nutzungsrechte gewährt werden, so gewähren die Mitgliedstaaten solche Rechte auf Antrag jedem Unternehmen für die Bereitstellung von Netzen oder Diensten auf der Grundlage der in Artikel 3 genannten Allgemeingenehmigung, vorbehaltlich der Artikel 6 und 7 und des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe c der vorliegenden Richtlinie sowie sonstiger Vorschriften zur Sicherstellung einer effizienten Nutzung dieser Ressourcen gemäß der [Rahmenrichtlinie].

Unbeschadet der von den Mitgliedstaaten festgelegten spezifischen Kriterien und Verfahren, die Anwendung finden, wenn Erbringern von Rundfunk- oder Fernsehinhaltsdiensten Frequenznutzungsrechte gewährt werden, um Ziele von allgemeinem Interesse im Einklang mit dem [Unionsrecht] zu erreichen, werden die Rechte zur Nutzung von Frequenzen und Nummern nach offenen, objektiven, transparenten, nicht diskriminierenden und verhältnismäßigen Verfahren sowie, im Falle von Funkfrequenzen, im Einklang mit Artikel 9 der [Rahmenrichtlinie] gewährt. Von der Anforderung offener Verfahren darf in den Fällen abgewichen werden, in denen die Gewährung individueller Frequenznutzungsrechte an die Erbringer von Rundfunk- oder Fernsehinhaltsdiensten im Hinblick auf ein von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem [Unionsrecht] festgelegtes Ziel von allgemeinem Interesse notwendig ist.

…“

6.

Art. 7 („Beschränkung der Einräumung von Nutzungsrechten für Funkfrequenzen“) Abs. 3 der genannten Richtlinie sieht vor:

„Muss die Erteilung von Nutzungsrechten für Funkfrequenzen beschränkt werden, so erteilen die Mitgliedstaaten diese Rechte nach objektiven, transparenten, nicht diskriminierenden und verhältnismäßigen Auswahlkriterien. Bei diesen Auswahlkriterien tragen sie der Umsetzung der Ziele nach Artikel 8 der [Rahmenrichtlinie] sowie der Anforderungen ihres Artikels 9 gebührend Rechnung.“

7.

Art. 14 („Änderung von Rechten und Pflichten“) derselben Richtlinie bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Rechte, Bedingungen und Verfahren im Zusammenhang mit Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrechten oder Rechten zur Installation von Einrichtungen nur in objektiv gerechtfertigten Fällen und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit geändert werden können, wobei sie gegebenenfalls die besonderen, für übertragbare Frequenznutzungsrechte geltenden Bedingungen berücksichtigen. …

(2)   Die Mitgliedstaaten dürfen Rechte zur Installation von Einrichtungen oder Rechte zur Nutzung von Funkfrequenzen nicht vor Ablauf des Zeitraums, für den sie gewährt wurden, einschränken oder entziehen, außer in begründeten Fällen und gegebenenfalls im Einklang mit dem Anhang und einschlägigen nationalen Vorschriften über Entschädigungen für den Entzug von Rechten.“

Rahmenrichtlinie

8.

Art. 3 („Nationale Regulierungsbehörden“) ( 7 ) der Rahmenrichtlinie hat folgenden Wortlaut:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass alle den [NRB] mit dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien übertragenen Aufgaben von einer zuständigen Stelle wahrgenommen werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der [NRB], indem sie dafür sorgen, dass sie rechtlich und funktional von allen Unternehmen unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze, ‑geräte oder ‑dienste anbieten. Wenn Mitgliedstaaten weiterhin an Unternehmen beteiligt sind, die elektronische Kommunikationsnetze und/oder ‑dienste bereitstellen, oder diese kontrollieren, müssen sie eine wirksame strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicherstellen.

(3)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die [NRB] ihre Befugnisse unparteiisch, transparent und innerhalb eines angemessenen Zeitraums ausüben. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass den [NRB] angemessene finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen, damit sie die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen können.

(3a)   Unbeschadet der Absätze 4 und 5 handeln die für die Vorabregulierung des Markts … zuständigen [NRB] unabhängig und holen im Zusammenhang mit der laufenden Erfüllung der ihnen nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des [Unionsrechts] übertragenen Aufgaben weder Weisungen einer anderen Stelle ein noch nehmen sie solche entgegen. Dies steht einer Aufsicht im Einklang mit dem nationalen Verfassungsrecht nicht entgegen. Ausschließlich Beschwerdestellen nach Artikel 4 sind befugt, Entscheidungen der [NRB] auszusetzen oder aufzuheben.

…“ ( 8 )

9.

Art. 4 („Rechtsbehelf“) Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es auf nationaler Ebene wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und/oder ‑dienste, der von einer Entscheidung einer [NRB] betroffen ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Beschwerdestelle einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann. Diese Stelle, die auch ein Gericht sein kann, muss über angemessenen Sachverstand verfügen, um ihrer Aufgabe wirksam gerecht zu werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Umständen des Falles angemessen Rechnung getragen wird und wirksame Einspruchsmöglichkeiten gegeben sind.

Bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens bleibt die Entscheidung der [NRB] wirksam, sofern nicht nach Maßgabe des nationalen Rechts einstweilige Maßnahmen erlassen werden.“

10.

Art. 8 („Politische Ziele und regulatorische Grundsätze“) der genannten Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die [NRB] bei der Wahrnehmung der in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien festgelegten regulatorischen Aufgaben alle angezeigten Maßnahmen treffen, die den in den Absätzen 2, 3 und 4 vorgegebenen Zielen dienen. Die Maßnahmen müssen in angemessenem Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

(2)   Die [NRB] fördern den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste …

(3)   Die [NRB] tragen zur Entwicklung des Binnenmarktes bei …

(4)   Die [NRB] fördern die Interessen der Bürger der Europäischen Union …“

11.

Art. 9 („Verwaltung der Funkfrequenzen für die elektronischen Kommunikationsdienste“) Abs. 1 derselben Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten sorgen für die effiziente Verwaltung der Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsdienste in ihrem Hoheitsgebiet im Einklang mit den Artikeln 8 und 8a, wobei sie gebührend berücksichtigen, dass die Funkfrequenzen ein öffentliches Gut von hohem gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Wert sind. Sie gewährleisten, dass die Zuteilung von Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsdienste und die Erteilung von Allgemeingenehmigungen oder individuellen Nutzungsrechten für solche Funkfrequenzen durch die zuständigen nationalen Behörden auf objektiven, transparenten, nicht diskriminierenden und angemessenen Kriterien beruhen.

Die Mitgliedstaaten halten bei der Anwendung dieses Artikels die einschlägigen internationalen Übereinkünfte, einschließlich der [Vollzugsordnung der Internationalen Fernmeldeunion für den Funkdienst], ein und können öffentliche Belange berücksichtigen.“

Wettbewerbsrichtlinie

12.

Art. 2 („Ausschließliche und besondere Rechte für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste“) der Wettbewerbsrichtlinie lautet:

„(1)   Die Mitgliedstaaten gewähren keine ausschließlichen oder besonderen Rechte für die Errichtung und/oder die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder die Erbringung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste und sorgen für die Aufhebung derartiger Rechte.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen durch entsprechende Maßnahmen sicher, dass jedes Unternehmen das Recht zur Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste bzw. zur Errichtung, zum Ausbau und zur Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze erhält.

(3)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass vorbehaltlich der Bestimmungen der Richtlinie 2002/19/EG[ ( 9 )], [der Genehmigungsrichtlinie], [der Rahmenrichtlinie] und [der Richtlinie] 2002/22/EG[ ( 10 )] die Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste über eigene elektronische Kommunikationsnetze der Anbieter, über von Dritten bereitgestellte Infrastrukturen oder im Wege der gemeinsamen Nutzung von Netzen, sonstigen Einrichtungen oder Standorten keinerlei Beschränkungen unterliegt.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die einem Unternehmen erteilte Allgemeingenehmigung zur Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste oder zur Errichtung und/oder zur Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und die damit verbundenen Bedingungen auf objektiven, diskriminierungsfreien, angemessenen und nachvollziehbaren Kriterien beruhen.

(5)   Eine Entscheidung gemäß Artikel 3 Absatz 1 der [Genehmigungsrichtlinie], wodurch ein Unternehmen von der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste oder ‑netze ausgeschlossen wird, kann nur unter Angabe von Gründen getroffen werden.

Die benachteiligte Partei muss die Möglichkeit erhalten, gegen eine solche Entscheidung vor einem unabhängigen Gremium und in letzter Instanz vor einem Gericht Beschwerde einzulegen.“

13.

Art. 4 („Frequenznutzungsrechte“) dieser Richtlinie bestimmt:

„Unbeschadet der von den einzelnen Mitgliedstaaten zum Schutz des Gemeinwohls in Übereinstimmung mit dem [Unionsrecht] eingeführten besonderen Kriterien und Verfahren für die Vergabe von Rechten zur Nutzung von Funkfrequenzen durch Hörfunk- und TV‑Inhalteanbieter gilt Folgendes:

1.

Die Mitgliedstaaten gewähren keine ausschließlichen oder besonderen Rechte zur Nutzung von Funkfrequenzen für die Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste.

2.

Die Vergabe von Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsdienste muss nach objektiven, nachvollziehbaren, diskriminierungsfreien und angemessenen Kriterien erfolgen.“

Beschluss (EU) 2017/899

14.

Der Beschluss 2017/899 regelt die Nutzung des 700-MHz-Bands. In Art. 1 Abs. 1 dieses Beschlusses heißt es:

„Ab dem 30. Juni 2020 gestatten die Mitgliedstaaten die Nutzung des [700-MHz-Bands] für terrestrische Systeme, die drahtlose breitbandige elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen können …

Die Mitgliedstaaten können jedoch die Bereitstellung des [700-MHz-Bands] aus einem oder mehreren der im Anhang dieses Beschlusses dargelegten gebührend gerechtfertigten Gründen um bis zu zwei Jahre verschieben. … Soweit erforderlich, führen die Mitgliedstaaten gemäß der [Genehmigungsrichtlinie] das Genehmigungsverfahren durch oder ändern entsprechende bestehende Frequenznutzungsrechte, um diese Nutzung zu erlauben.

…“

15.

Art. 5 Abs. 1 dieses Beschlusses hat folgenden Wortlaut:

„So rasch wie möglich und bis spätestens zum 30. Juni 2018 beschließen und veröffentlichen die Mitgliedstaaten ihren nationalen Plan und Zeitplan (im Folgenden ‚nationaler Fahrplan‘) – einschließlich der Maßnahmen im Einzelnen – für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach Artikel 1 und Artikel 4. Vor der Erstellung ihrer nationalen Fahrpläne konsultieren die Mitgliedstaaten sämtliche relevanten Akteure.“

Italienisches Recht

16.

Die Bestimmungen, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssachen sind, wurden mit Art. 1 Abs. 1030 bis 1037 des Gesetzes Nr. 205/2017 ( 11 ) eingeführt.

17.

Art. 1 Abs. 1031 dieses Gesetzes lautet:

„Im Einklang mit den Zielen der europäischen und nationalen audiovisuellen Politik in Form des sozialen Zusammenhalts, der Vielfalt der Kommunikationsmittel und der kulturellen Diversität und zu dem Zweck der möglichst effizienten Verwaltung des zulässigen Spektrums durch Einsatz der fortschrittlichsten Technologien werden sämtliche auf nationaler und lokaler Ebene für den digitalen terrestrischen Fernsehdienst zugeteilten und dem VHF‑Band III und dem Band von 470 bis 694 MHz zugeordneten Frequenzen nach Maßgabe des Zeitplans in Abs. 1032 freigegeben. Für die in Satz 1 genannten Zwecke werden für die Frequenzen, deren Inhaber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorliegenden Gesetzes die nationalen Netzbetreiber sind, die Nutzungsrechte nach Maßgabe der von der [AGCOM] bis zum 31. März 2019 für die Zwecke der Zuteilung der Frequenznutzungsrechte festgelegten Kriterien in Nutzungsrechte für Übertragungskapazitäten in neu einzurichtenden nationalen Multiplexen der Technologie DVB-T2 umgewandelt. Die [AGCOM] legt bis zum 31. März 2019 die Kriterien für die Zuteilung der nach Abs. 1030 geplanten Frequenznutzungsrechte für den digitalen terrestrischen Fernsehdienst [im Band von 470 bis 694 MHz UHF] an die nationalen Netzbetreiber auf nationaler Ebene fest, wobei sie die Notwendigkeit berücksichtigt, die Eindämmung der etwaigen Kosten der Transformation und Errichtung der Netze, die Verkürzung der Fristen des in Abs. 1032 genannten Übergangszeitraums und die Minimierung der Kosten für und Auswirkungen auf die Endnutzer sicherzustellen. Bis zum 30. Juni 2019 erteilt das [Ministero dello sviluppo economico (Ministerium für Wirtschaftsentwicklung)] die in Satz 3 genannten Frequenznutzungsrechte auf der Grundlage der von der [AGCOM] bestimmten Kriterien an die nationalen Netzbetreiber. …“

18.

Art. 1 Abs. 1031bis des genannten Gesetzes sieht vor:

„Die Zuteilung der auf nationaler Ebene verfügbaren zusätzlichen Übertragungskapazität und der terrestrischen Frequenzen, die zu denjenigen hinzukommen, die zur Umwandlung der in Abs. 1031 genannten Nutzungsrechte bestimmt und von der [AGCOM] in den Mitteilungen im [nationalen Frequenzzuteilungsplan] eingeplant sind, und die für den digitalen terrestrischen Fernsehdienst für die nationalen Netzbetreiber und die Erbringerin der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung des öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Multimediadienstes bestimmt sind, erfolgt im Wege eines kostenpflichtigen Verfahrens ohne weitere Aufrufe zur Angebotsabgabe, das vom Ministerium für Wirtschaftsentwicklung bis zum 30. November 2019 in Durchführung der von der [AGCOM] bis zum 30. September 2019 … festgelegten Verfahren auf der Grundlage der folgenden Grundsätze und Kriterien eingeleitet wird: a) Zuteilung der Übertragungskapazität und der Frequenzen anhand von Losen, deren Umfang der Hälfte eines Multiplex entspricht; b) Festlegung eines Mindestwerts für die Angebote auf der Grundlage der von der [AGCOM] ermittelten Marktwerte; c) Berücksichtigung des Werts der vorgelegten wirtschaftlichen Angebote; d) Gewährleistung der Kontinuität des Dienstes, der zügigen technischen Umstellung sowie der Qualität der von den im Sektor tätigen nationalen Netzbetreibern einschließlich der Erbringerin der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung des öffentlichen Rundfunk- und Multimediadienstes bereitgestellten technischen Infrastruktur; e) Auswertung der bisherigen Erfahrung der nationalen Netzbetreiber des Sektors unter besonderer Bezugnahme auf die Errichtung digitaler Rundfunknetze; f) Erweiterung der strukturellen Kapazität zur Gewährleistung der spektralen Effizienz, der fachlichen Qualifikationen und Kompetenzen im Sektor, der technologischen Innovation und der optimalen, effektiven und zeitnahen Ausnutzung der Übertragungskapazität und der zusätzlichen Frequenzen; g) Gewährleistung der bestmöglichen Nutzung des Spektrums unter Berücksichtigung der zeitnahen Ausstrahlung von Inhalten guter Qualität über digitale terrestrische Fernsehtechnologie an die überwiegende Mehrheit der italienischen Bevölkerung. …“

19.

Art. 1 Abs. 1037 desselben Gesetzes bestimmt:

„Rechtsstreitigkeiten über die Zuteilung von Frequenznutzungsrechten, das Vergabeverfahren und die anderen Verfahren nach Abs. 1026 und 1036, insbesondere in Bezug auf die Verfahren der Freigabe der Frequenzen für den digitalen terrestrischen Fernsehdienst, gehören zur ausschließlichen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte … Aufgrund des herausragenden nationalen Interesses an einer zügigen Freigabe und Zuteilung der Frequenzen führt die Nichtigerklärung von Maßnahmen und Anordnungen, die im Rahmen der Verfahren nach den Abs. 1026 und 1036 getroffen wurden, nicht zur Naturalrestitution oder Naturalvollziehung, und der etwa geschuldete Schadensersatz erfolgt nur in Form von Wertersatz. Der vorläufige Rechtsschutz ist auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränkt.“

Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

20.

Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens – die Cairo Network Srl, die Europa Way Srl und die Persidera SpA – sind Unternehmen, die digitale terrestrische Fernsehnetze betreiben und Inhaberinnen der DVB-T‑Übertragungskapazität über Multiplexe waren ( 12 ).

21.

Im Rahmen der Frequenzneukonfiguration ( 13 ) übertrug der italienische Gesetzgeber der AGCOM die Zuständigkeit für den Erlass eines neuen nationalen Frequenzzuteilungsplans für den digitalen terrestrischen Fernsehdienst und die Festlegung der Kriterien für die Umwandlung der Übertragungsrechte (im Folgenden: Umwandlungskriterien) sowie für die Zuteilung der Rechte zur Nutzung der zusätzlichen Übertragungskapazität im Wege eines kostenpflichtigen Verfahrens ohne weitere Aufrufe zur Angebotsabgabe nach bestimmten Grundsätzen und Kriterien ( 14 ).

22.

In diesem Sinne übte die AGCOM ihre Zuständigkeit aus, indem sie erstens den Beschluss Nr. 39/19/CONS, mit dem sie einen neuen nationalen Frequenzzuteilungsplan für das digitale terrestrische Fernsehen ( 15 ) ausarbeitete, zweitens den Beschluss Nr. 129/19/CONS, mit dem sie zum einen die Umwandlungskriterien ( 16 ) festlegte und zum anderen die Zuteilung der Rechte zur Nutzung der zusätzlichen Übertragungskapazität vorsah, sowie drittens den Beschluss Nr. 562/20/CONS erließ, mit dem diese Behörde die Modalitäten des Verfahrens zur entgeltlichen Zuteilung der Rechte zur Nutzung der zusätzlichen Übertragungskapazität (im Folgenden: Vergabeverfahren) festlegte – eines Verfahrens, das schließlich mit dem Beschluss Nr. 564/20/CONS eingeleitet wurde.

23.

In diesem Zusammenhang erhielten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens in Anwendung der Umwandlungskriterien Rechte zur Nutzung der Übertragungskapazität in nationalen Multiplexen mit DVB-T2-Technologie ( 17 ) und erwarben am Ende des Vergabeverfahrens Rechte zur Nutzung der zusätzlichen Übertragungskapazität ( 18 ). Gegen mehrere aus diesem Verfahren hervorgegangene Rechtsakte erhoben sie jedoch Nichtigkeitsklagen beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien) und legten nach Abweisung dieser Klagen Berufung beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), dem vorlegenden Gericht, ein.

24.

Im Hinblick auf die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten sieht sich das vorlegende Gericht mit mehreren Schwierigkeiten bei der Auslegung des Unionsrechts in Bezug auf nationale Rechtsvorschriften konfrontiert, mit denen im Wesentlichen die Möglichkeit einer Naturalrestitution oder Naturalvollstreckung im Fall einer Klage eingeschränkt, die Unabhängigkeit der AGCOM beeinträchtigt, die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens benachteiligt, die historische Entwicklung des italienischen audiovisuellen Sektors nicht berücksichtigt und das berechtigte Vertrauen von Cairo Network, die ihre Nutzungsrechte angeblich zuvor in einem kostenpflichtigen Verfahren erworben hat, verletzt werden soll.

25.

Unter diesen Umständen hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof in der Rechtssache C‑764/23 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 6 und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV in ihrer Auslegung im Licht von Art. 47 der Charta, Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie und Art. 31 des europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (im Folgenden: EKEK) ( 19 ), dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung wie der im italienischen Recht einschlägigen (Art. 1 Abs. 1037 des Gesetzes Nr. 205/2017) entgegensteht, die in einer unionsrechtlich relevanten Situation die Wirkungen der Nichtigkeitsklage dadurch begrenzt, dass sie die Naturalrestitution oder Naturalvollstreckung verhindert und den vorläufigen Rechtsschutz auf Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränkt, wodurch der effektive Rechtsschutz beeinträchtigt wird?

2.

Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 3 Abs. 3 und 3a, die Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie sowie die Art. 5, 6, 8, 9 und 45 EKEK, dahin auszulegen, dass es einem System von der Art entgegensteht, die in der Italienischen Republik durch Art. 1 Abs. 1031bis des Haushaltsgesetzes 2018 in der durch Art. 1 Abs. 1105 des Haushaltsgesetzes 2019 eingefügten Fassung eingeführt worden ist und der unabhängigen Verwaltungsbehörde ihre Regulierungsfunktion nimmt oder zumindest erheblich einschränkt, indem vorgeschrieben wird, dass weitere Übertragungskapazitäten in einem kostenpflichtigen Verfahren zugeteilt werden, an dem die angestammten Betreiber teilnehmen und in dem das wirtschaftlich höchste Angebot den Zuschlag erhält?

3.

Ist das Unionsrecht, insbesondere die Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie, die Art. 3, 5, 7 und 14 der Genehmigungsrichtlinie, die Art. 2 und 4 der Wettbewerbsrichtlinie, die Erwägungsgründe 11 und 20 des Beschlusses 2017/899 sowie die Grundsätze der Billigkeit, der Nichtdiskriminierung, des Wettbewerbsschutzes und des Vertrauensschutzes, dahin auszulegen, dass es einem System wie dem durch die einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften (Art. 1 Abs. 1030, 1031, 1031bis, 1031ter und 1032 des Gesetzes Nr. 205/2017) sowie die Beschlüsse Nrn. 39/19/CONS, 128/19/CONS und 564/2020/CONS der AGCOM und die zugehörigen Maßnahmen zur Zuteilung der Nutzungsrechte für die Frequenzen des digitalen Fernsehdiensts eingeführten entgegensteht, das für die Zwecke der Umwandlung „der Frequenznutzungsrechte“ in „Rechte zur Nutzung der Übertragungskapazität“ keine Eins-zu-eins-Umwandlung anordnet, sondern einen Teil der Kapazität einem kostenpflichtigen Verfahren vorbehält, wodurch dem Betreiber weitere Kosten entstehen, um sich die Wahrung der im Lauf der Zeit rechtmäßig erworbenen Rechte zu sichern?

4.

Steht das Unionsrecht, insbesondere die Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie, die Art. 3, 5, 7 und 14 der Genehmigungsrichtlinie, die Art. 2 und 4 der Wettbewerbsrichtlinie, die Erwägungsgründe 11 und 20 des Beschlusses 2017/899, die Grundsätze der Billigkeit, der Nichtdiskriminierung, des Wettbewerbsschutzes und des Vertrauensschutzes sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit, einem System wie dem durch die einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften (Art. 1 Abs. 1030, 1031, 1031bis, 1031ter und 1032 des Gesetzes Nr. 205/2017) und durch die Beschlüsse Nrn. 39/19/CONS, 128/19/CONS und 564/2020/CONS der AGCOM sowie durch die zugehörigen Maßnahmen zur Zuteilung der Frequenznutzungsrechte für den digitalen Fernsehdienst eingeführten entgegen, das keine strukturellen Maßnahmen zur Korrektur der zuvor festgestellten Ungleichheit vorsieht, insbesondere im Hinblick auf die in der Vergangenheit durch die innerstaatliche und supranationale Rechtsprechung festgestellten Unregelmäßigkeiten, und nicht nach der Stellung eines Betreibers unterscheidet, der im Anschluss an ein kostenpflichtiges, wettbewerbsorientiertes Verfahren eine Frequenz sowie das Recht erworben hat, diese Frequenz zu behalten, oder sind die nicht strukturellen Maßnahmen, die die AGCOM zulasten der angestammten Betreiber, die ursprünglich Inhaber der die kartellrechtlichen Grenzen überschreitenden Netze waren, ergriffen hat, vielmehr angemessen und verhältnismäßig?

5.

Steht das Unionsrecht, insbesondere die Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie, die Art. 3, 5, 7 und 14 der Genehmigungsrichtlinie, die Art. 2 und 4 der Wettbewerbsrichtlinie, die Erwägungsgründe 11 und 20 des Beschlusses 2017/899, die Grundsätze der Billigkeit, der Nichtdiskriminierung, des Wettbewerbsschutzes und des Vertrauensschutzes sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit, einem System wie dem durch die einschlägigen innerstaatlichen Regelungen (Art. 1 Abs. 1030, 1031, 1031bis, 1031ter und 1032 des Gesetzes Nr. 205/2017) und durch die Beschlüsse Nrn. 39/19/CONS, 128/19/CONS und 564/2020/CONS der AGCOM sowie durch die zugehörigen Maßnahmen zur Zuteilung der Nutzungsrechte für die Frequenzen des digitalen Fernsehdiensts eingeführten entgegen, das dem berechtigten Vertrauen eines Betreibers nicht Rechnung trägt, der das Frequenznutzungsrecht im Anschluss an ein kostenpflichtiges, wettbewerbsorientiertes Verfahren erworben hat, in dem das Recht auf eine Frequenz mit entsprechender Abdeckung und gleicher Dauer wie das Nutzungsrecht ausdrücklich vorgesehen war?

26.

Dieses Gericht hat darüber hinaus beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof in der Rechtssache C‑765/23 vier Fragen, die den ersten vier Fragen in der Rechtssache C‑764/23 entsprechen, sowie in der Rechtssache C‑766/23 drei Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, von denen zwei der zweiten und der dritten Frage in der Rechtssache C‑764/23 entsprechen sowie die dritte ähnlich wie die vierte Frage in diesen Rechtssachen formuliert ist ( 20 ).

27.

Cairo Network, Europa Way, Persidera, Elettronica Industriale und die Mediaset SpA, RAI, die italienische und die kroatische Regierung sowie die Europäische Kommission haben dem Gerichtshof schriftliche Erklärungen vorgelegt.

Würdigung

28.

Im Wesentlichen lassen sich die Vorabentscheidungsfragen des vorlegenden Gerichts in drei Gruppen unterteilen:

Die erste bezieht sich auf einen etwaigen Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (erste Frage in den Rechtssachen C‑764/23 und C‑765/23);

die zweite betrifft eine etwaige Verletzung der ausschließlichen Zuständigkeiten der AGCOM (zweite Frage in den Rechtssachen C‑764/23 und C‑765/23 sowie erste Frage in der Rechtssache C‑766/23);

die dritte bezieht sich im Wesentlichen auf die mögliche Unvereinbarkeit des Verfahrens zur Frequenzneukonfiguration mit dem Rechtsrahmen der Union für die elektronische Kommunikation in Bezug auf erstens das Fehlen einer Eins-zu-eins-Umwandlung (dritte Frage in den Rechtssachen C‑764/23 und C‑765/23 sowie zweite Frage in der Rechtssache C‑766/23), zweitens das Fehlen struktureller Maßnahmen zum Ausgleich der sich aus der Entwicklung des italienischen audiovisuellen Sektors ergebenden Unregelmäßigkeiten (vierte Frage in den Rechtssachen C‑764/23 und C‑765/23 sowie dritte Frage in der Rechtssache C‑766/23) und drittens eine Verletzung des berechtigten Vertrauens in die Erhaltung der zuvor in einem kostenpflichtigen Verfahren erworbenen Nutzungsrechte ( 21 ) (fünfte Frage in der Rechtssache C‑764/23) ( 22 ).

Zum effektiven gerichtlichen Rechtsschutz im Rahmen von Rechtsbehelfen betreffend die Frequenzneukonfiguration

29.

Mit der ersten Gruppe von Fragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Unionsrecht ( 23 ) dahin auszulegen ist, dass es nationalen Rechtsvorschriften ( 24 ) entgegensteht, die die Wirkungen von Rechtsbehelfen gegen Handlungen im Zusammenhang mit der Zuteilung von Frequenzen im Rahmen der Frequenzneukonfiguration auf die Gewährung einer finanziellen Entschädigung und den vorläufigen Rechtsschutz auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränken, wodurch die Naturalrestitution und Naturalvollstreckung verhindert und der effektive gerichtliche Rechtsschutz beeinträchtigt wird.

30.

Ich weise insoweit darauf hin, dass Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie u. a. die Einführung wirksamer Verfahren auf nationaler Ebene vorschreibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze oder ‑dienste, der von einer Entscheidung einer NRB betroffen ist, bei einer unabhängigen Beschwerdestelle, die über den angemessenen Sachverstand verfügen muss, um ihrer Aufgabe wirksam gerecht zu werden, Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann. Die Mitgliedstaaten stellen insoweit sicher, dass den Umständen des Falls angemessen Rechnung getragen wird und wirksame Einspruchsmöglichkeiten gegeben sind. Im Licht dieser Vorschrift, die anhand von Art. 47 der Charta ausgelegt werden muss, ist die vorliegende Frage zu beurteilen ( 25 ), ohne dass es unter den Umständen des vorliegenden Falls erforderlich ist, die Beurteilung auf die anderen vom vorlegenden Gericht erwähnten Vorschriften, insbesondere Art. 6 und Art. 19 Abs. 1 EUV, auszudehnen ( 26 ).

31.

Abgesehen davon ist festzuhalten, dass Art. 4 der Rahmenrichtlinie nicht die konkreten Maßnahmen festlegt, die das zuständige Gericht im Rahmen eines solchen Rechtsbehelfs anordnen können muss ( 27 ). Daher ist es in Ermangelung einer einschlägigen Unionsregelung grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer Verfahrensautonomie unter Beachtung der sich aus den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität ergebenden Anforderungen die Verfahrensregeln für einen Rechtsbehelf wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vorzusehen ( 28 ).

32.

Zwar wirft der Äquivalenzgrundsatz unter den Umständen des vorliegenden Falls keine besonderen Schwierigkeiten auf, da, wie das vorlegende Gericht feststellt, die einschlägigen nationalen Vorschriften unterschiedslos sowohl auf Rechtsbehelfe, die auf das nationale Recht gestützt werden, als auch auf solche anwendbar sind, die auf das Unionsrecht gestützt werden; dies gilt jedoch nicht für die Anwendung des Effektivitätsgrundsatzes ( 29 ).

33.

Insoweit ist zu bemerken, dass der Gerichtshof den Mitgliedstaaten grundsätzlich das Recht zuerkennt, ihre nationalen Verfahrensvorschriften nach eigenem Ermessen festzulegen und demzufolge keinen unmittelbaren Schutz, sondern nur einen Entschädigungsschutz zu gewähren ( 30 ). Er hat gleichwohl entschieden, dass ein nationales Gericht, das mit dem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung der NRB befasst ist, diese rückwirkend aufheben können muss, wenn es der Auffassung ist, dass dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes für das Unternehmen erforderlich ist, das den Rechtsbehelf eingelegt hat ( 31 ).

34.

Was im vorliegenden Fall als Erstes die Tatsache angeht, dass es dem nationalen Gericht unmöglich ist, in Bezug auf die festgestellten Unregelmäßigkeiten Naturalrestitution oder Naturalvollstreckung anzuordnen, so trifft es zu, dass sich eine ausschließlich finanzielle Entschädigung im Fall einer rechtswidrigen Zuteilung von Frequenznutzungsrechten für den Betroffenen als unbefriedigend erweisen könnte, da sie den rechtswidrigen Zustand fortbestehen lassen würde und damit die Ziele des Wettbewerbsschutzes, den Pluralismus oder die Kontinuität der digitalen terrestrischen Fernsehdienste beeinträchtigt würden ( 32 ). Abgesehen davon ist festzustellen, dass Abhilfemaßnahmen wie beispielsweise Naturalrestitution oder Naturalvollstreckung im Rahmen der Umwidmung des 700-MHz-Bands technisch nur schwer vorstellbar sind und sogar zu einem Verstoß gegen den Beschluss 2017/899 führen könnten ( 33 ), wodurch die Funktionsfähigkeit des 5G-Netzes in Frage gestellt würde und Störungen in Grenzstaaten verursacht werden können ( 34 ).

35.

Unter diesen Umständen bin ich, auch wenn es grundsätzlich nicht wünschenswert ist, dass die nationalen Rechtsvorschriften den nationalen Gerichten Grenzen hinsichtlich der dem Einzelnen zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe setzen, der Ansicht, dass eine Beschränkung der Rechtsbehelfe auf finanzielle Ausgleichsmaßnahmen für sich allein genommen nicht geeignet ist, den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Sinne von Art. 47 der Charta zu beeinträchtigen ( 35 ). Hierfür muss nachgewiesen werden, dass ein Verbot der Naturalrestitution oder Naturalvollstreckung die Anwendung eines wirksamen Rechtsbehelfsverfahrens unter Berücksichtigung der auf dem Spiel stehenden öffentlichen Interessen (denen private Interessen gegenüberstehen) nicht zuließe, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

36.

Sollte dieses Gericht feststellen, dass die Gewährung einer finanziellen Entschädigung die Wahrung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz unter den Umständen des vorliegenden Falls gewährleisten kann, muss die mögliche Entschädigung jedenfalls den Effektivitätsgrundsatz beachten und demnach den gesamten den Betroffenen entstandenen Schaden abdecken, so dass zumindest in vermögensrechtlicher Hinsicht die Situation wiederhergestellt wird, die ohne Verstoß gegen das Unionsrecht geherrscht hätte.

37.

Gleiches gilt als Zweites für die Beschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags. Wird die finanzielle Entschädigung vom vorlegenden Gericht als unzureichend angesehen, um den effektiven gerichtlichen Rechtsschutz der Betroffenen zu gewährleisten, ist die Beschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags nämlich offensichtlich nicht geeignet, Naturalrestitution oder Naturalvollstreckung zu gewährleisten, und droht damit die praktische Wirksamkeit dieser Rechte zu beeinträchtigen ( 36 ). Wird die finanzielle Entschädigung vom vorlegenden Gericht hingegen für ausreichend gehalten, um den effektiven gerichtlichen Rechtsschutz der Betroffenen zu gewährleisten, erscheint auch der auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränkte vorläufige Rechtsschutz angemessen, um diesen Schutz zu gewährleisten.

38.

Im Ergebnis schlage ich vor, auf die erste Frage in den Rechtssachen C‑764/23 und C‑765/23 zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie im Licht von Art. 47 der Charta dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die die Wirkungen von Rechtsbehelfen gegen Handlungen im Zusammenhang mit der Zuteilung von Frequenzen im Rahmen der Frequenzneukonfiguration auf die Gewährung einer finanziellen Entschädigung und den vorläufigen Rechtsschutz auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränken, soweit die gewährte Entschädigung den gesamten den Betroffenen entstandenen Schaden abdecken kann, so dass in vermögensrechtlicher Hinsicht die Situation wiederhergestellt wird, die ohne Verstoß gegen das Unionsrecht geherrscht hätte.

Zur Verletzung der ausschließlichen Zuständigkeiten der AGCOM

39.

Mit der zweiten Gruppe von Fragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das Unionsrecht ( 37 ) dahin auszulegen ist, dass es nationalen Rechtsvorschriften ( 38 ) entgegensteht, die vorschreiben, dass zusätzliche Übertragungskapazität in einem kostenpflichtigen Verfahren zugeteilt werden muss, dessen allgemeine Merkmale sie festlegen, wodurch die Unabhängigkeit der AGCOM in ihrer Eigenschaft als NRB beeinträchtigt wird.

40.

Ich weise insoweit darauf hin, dass die Rahmenrichtlinie die Mitgliedstaaten zur Einrichtung einer unabhängigen und unparteiischen NRB verpflichtet, der im Wesentlichen Regulierungs‑, Streitbeilegungs- und Sanktionsaufgaben übertragen werden.

41.

Was als Erstes den Begriff „Unabhängigkeit“ betrifft, so heißt es in Art. 3 dieser Richtlinie u. a., dass die den NRB übertragenen Aufgaben von einer zuständigen Stelle wahrgenommen werden und dass die NRB unabhängig handeln und im Zusammenhang mit der laufenden Erfüllung der ihnen nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des Unionsrechts übertragenen Aufgaben weder Weisungen einer anderen Stelle einholen noch solche entgegennehmen, wobei u. a. klargestellt wird, dass dies einer Aufsicht im Einklang mit dem nationalen Verfassungsrecht nicht entgegensteht ( 39 ). Der Begriff „Unabhängigkeit“ wird in der Richtlinie jedoch nicht definiert. In seiner Rechtsprechung zu den NRB im Rahmen des Energiebinnenmarkts hat der Gerichtshof die Konturen dieses Begriffs gleichwohl präzisiert ( 40 ) und u. a. dargelegt, dass die ausschließliche Zuständigkeit und die Unabhängigkeit der NRB auch gegenüber dem nationalen Gesetzgeber zu gewährleisten sind ( 41 ). So hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass die den NRB vorbehaltenen Zuständigkeiten in den Bereich der Durchführung fallen, und zwar auf der Grundlage einer technisch-fachlichen Beurteilung der Wirklichkeit, gleichzeitig aber klargestellt, dass die NRB bei der Ausübung dieser Zuständigkeiten Grundsätzen und Regeln unterliegen, die durch einen detaillierten normativen Rahmen auf Unionsebene festgelegt werden, ihren Wertungsspielraum beschränken und sie daran hindern, Entscheidungen politischer Art zu treffen ( 42 ).

42.

Was als Zweites die den NRB vorbehaltenen Aufgaben angeht, auf die sich Kapitel III der Rahmenrichtlinie bezieht, so überträgt Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie den „zuständigen nationalen Behörden“ ( 43 ) die Zuteilung von Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsdienste und die Erteilung von Allgemeingenehmigungen oder individuellen Nutzungsrechten für solche Funkfrequenzen. Die Vorschrift überlässt es jedoch den Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die Wahrnehmung dieser Aufgaben auf objektiven, transparenten, nicht diskriminierenden und angemessenen Kriterien beruht ( 44 ). Der Gerichtshof hat insoweit zum einen entschieden, dass die Durchführung eines Auswahlverfahrens zur Vergabe von digitalen Funkfrequenzen zur Wahrnehmung einer Regulierungsaufgabe gehört, für die eine NRB im Sinne der Rahmenrichtlinie zuständig ist ( 45 ), und zum anderen festgestellt, dass die Mitgliedstaaten frei zwischen der Durchführung von wettbewerbsorientierten und vergleichenden Verfahren wählen können, seien sie unentgeltlich oder entgeltlich ( 46 ).

43.

Auch wenn es meiner Ansicht nach nicht leicht ist, auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmungen der Rahmenrichtlinie im Einzelfall auszumachen, welche konkreten Tätigkeiten der NRB ausschließlich übertragen werden ( 47 ), geht aus diesen Bestimmungen insoweit hervor, dass ein Eingreifen des nationalen Gesetzgebers bei der Festlegung bestimmter Aspekte der Verfahren zur Vergabe von Nutzungsrechten nicht ausgeschlossen ist, gleichwohl aber innerhalb klar definierter Grenzen zu erfolgen hat. Nach meinem Dafürhalten können die Mitgliedstaaten zwar einerseits Vorschriften erlassen, die es ihnen ermöglichen, ihre Frequenzpolitiken im Einklang mit dem Unionsrecht zu verfolgen, müssen andererseits aber Vorschriften erlassen, die sicherstellen, dass die NRB ihren Verpflichtungen aus Art. 8 der Richtlinie nachkommen. Sie dürfen hingegen keine Maßnahmen ergreifen, die in die technische Zuständigkeit der NRB fallen oder diese verletzen. Die vorstehende Einschränkung ergibt sich meines Erachtens nicht nur aus den spezifischen Vorschriften, die den NRB bestimmte Zuständigkeiten verleihen, sondern auch aus den Zielen und Grundprinzipien dieser Regelung wie beispielsweise dem Ziel der Förderung des Wettbewerbs und dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung.

44.

Im vorliegenden Fall war nach der vom italienischen Gesetzgeber festgelegten Zuständigkeitsverteilung die AGCOM für den Erlass eines neuen nationalen Frequenzzuteilungsplans für den digitalen terrestrischen Fernsehdienst und für die Festlegung der Umwandlungskriterien zuständig, während das Ministerium für Unternehmen und Made in Italy für die Erstellung des Fahrplans zur Umsetzung des Beschlusses 2017/899 ( 48 ) und die Einleitung eines kostenpflichtigen Verfahrens zur Zuteilung der restlichen Übertragungskapazität ohne weitere Aufrufe zur Angebotsabgabe zuständig war. Außerdem hat dieser Gesetzgeber, was für den vorliegenden Fall relevant ist, selbst vorgesehen, dass die Zuteilung der zusätzlichen Übertragungskapazität „in einem entgeltlichen Verfahren erfolgt“, und als eines der Zuschlagskriterien die Zuteilung „anhand von Losen, deren Umfang der Hälfte eines Multiplex entspricht“ ( 49 ), aufgenommen, was Zweifel hinsichtlich eines Eingriffs in die Rechte der AGCOM aufkommen lässt.

45.

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts hat der italienische Gesetzgeber der AGCOM damit die Entscheidung über die Festlegung des Umwandlungssatzes bei der Neukonfiguration, die Bestimmung der Kriterien und Grundsätze des entgeltlichen Verfahrens (sowohl in Bezug auf den Umfang der Lose als auch in Bezug auf die Verfahrensregeln) sowie die mögliche Beteiligung der angestammten Betreiber an diesem Verfahren abgenommen. Nach Auffassung der italienischen Regierung hat die AGCOM das Umwandlungskriterium hingegen unabhängig und aus rein technischen Gründen ausgearbeitet ( 50 ), während sich der Gesetzgeber dafür entschieden habe, die zusätzliche Übertragungskapazität im Wege eines Verfahrens zuzuteilen, das zum einen wettbewerbsorientiert sei, da das Unionsrecht vorschreibe, die Möglichkeit des Markteintritts neuer Marktteilnehmer zu prüfen, wenn neue Ressourcen verfügbar seien ( 51 ), und zum anderen entgeltlich sei, wobei allerdings die Grundsätze des Unionsrechts wie beispielsweise die effizienteste Nutzung des Frequenzspektrums beachtet werden müssten.

46.

Meiner Meinung nach ist die Entscheidung des italienischen Gesetzgebers, Verfahrensregeln für die Zuteilung der zusätzlichen Übertragungskapazität und insbesondere deren Entgeltlichkeit vorzuschreiben, nicht geeignet, in die ausschließlichen Zuständigkeiten der AGCOM einzugreifen ( 52 ), da es sich bei den Voraussetzungen des Vergabeverfahrens nicht um Elemente handelt, die unter deren unabhängige technische Beurteilung fallen, sondern Gegenstand einer legitimen politischen Entscheidung des Gesetzgebers sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat ( 53 ). Insbesondere hat das vorlegende Gericht u. a. zu untersuchen, inwieweit die vom italienischen Gesetzgeber im Rahmen dieses Verfahrens aufgestellten Voraussetzungen die Behörde bei der Ausarbeitung der technischen Vorschriften für das Verfahren zur Frequenzneukonfiguration unter den gegebenen Umständen tatsächlich gebunden haben und – gegebenenfalls – ob diese Voraussetzungen nur die bloße Umsetzung der bereits von der AGCOM ausgearbeiteten Grundsätze darstellten ( 54 ).

47.

Im Ergebnis schlage ich vor, auf die dritte bis fünfte Frage in der Rechtssache C‑764/23, die dritte und die vierte Frage in der Rechtssache C‑765/23 sowie die zweite und die dritte Frage in der Rechtssache C‑766/23 zu antworten, dass der Rechtsrahmen der Union für die elektronische Kommunikation ( 55 ) dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die Verfahrensregeln für die Frequenzneukonfiguration vorschreiben, soweit diese keine technischen Voraussetzungen beinhalten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der NRB fallen.

Zur Vereinbarkeit des Verfahrens zur Frequenzneukonfiguration

48.

Die dritte Gruppe von Fragen betrifft in erster Linie die Vereinbarkeit der nationalen Maßnahmen zur Frequenzneukonfiguration mit dem Rechtsrahmen der Union für die elektronische Kommunikation. Das vorlegende Gericht fragt im Wesentlichen, ob das Unionsrecht ( 56 ) dahin auszulegen ist, dass es nationalen Rechtsvorschriften ( 57 ) entgegensteht, die bei der Frequenzneukonfiguration erstens keine Eins-zu-eins-Umwandlung anordnen und einen Teil der Übertragungskapazität einem kostenpflichtigen Verfahren vorbehalten, zweitens keine strukturellen Maßnahmen zum Ausgleich der zuvor auf dem italienischen Markt für Rundfunkdienste aufgetretenen Unregelmäßigkeiten umfassen und drittens dem berechtigten Vertrauen eines Betreibers nicht Rechnung tragen, der Frequenznutzungsrechte im Anschluss an ein früheres kostenpflichtiges und wettbewerbsorientiertes Verfahren erworben hat.

49.

Ich weise darauf hin, dass die einschlägigen Bestimmungen des Rechtsrahmens der Union für die elektronische Kommunikation als allgemeine Regelungsziele im Wesentlichen die Förderung und den Schutz des Wettbewerbs sowie die Sicherstellung einer effizienten Nutzung und Verwaltung der Funkfrequenzen nennen ( 58 ) und vorsehen, dass die Nutzungsrechte für Funkfrequenzen auf der Grundlage objektiver, transparenter, nicht diskriminierender und angemessener Kriterien vergeben werden müssen ( 59 ). Diese Kriterien sind nicht nur bei der erstmaligen Frequenzvergabe zu beachten, sondern auch bei jeder weiteren Vergabe, einer Verlängerung oder einer Frequenzumwandlung ( 60 ). Folglich können die Nutzungsrechte nur in objektiv gerechtfertigten Fällen und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit geändert werden ( 61 ). Was insbesondere das Verfahren zur Frequenzneukonfiguration infolge der Umwidmung des 700-MHz-Bands angeht, so ist in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2017/899 u. a. festgelegt worden, dass die Mitgliedstaaten, soweit erforderlich, entsprechende bestehende Frequenznutzungsrechte gemäß der Genehmigungsrichtlinie ändern.

50.

Ich habe daher den Eindruck, dass das Unionsrecht eine Änderung bestehender Nutzungsrechte zulässt und in einigen Fällen auch vorsieht und dass grundsätzlich keine der einschlägigen Vorschriften im Rahmen eines technologischen Übergangs eine Eins-zu-eins-Umwandlung von Rechten zur Nutzung der zuvor betriebenen Frequenzen oder eine Zuteilung der durch diesen Übergang erzeugten neuen Frequenzen im Wege kostenloser Ausschreibungen vorschreibt ( 62 ). Folglich verfügen die Mitgliedstaaten über einen erheblichen Ermessensspielraum in Bezug auf die Verfahren zur Zuteilung oder Neuzuteilung von Frequenzen, sind aber verpflichtet, objektive, transparente, nicht diskriminierende und angemessene Kriterien anzuwenden, ohne dass die konkreten Modalitäten dieser Verfahren später im Einzelnen festgelegt werden.

51.

In seiner bislang auf der Grundlage der vorstehend angeführten Bestimmungen ergangenen Rechtsprechung hat der Gerichtshof den Erlass nationaler Maßnahmen, mit denen eine Allgemeingenehmigung für die Tätigkeit auf dem Markt für Rundfunkdienstleistungen nur für die bestehenden Kanäle erteilt wurde ( 63 ), und die Anwendung unterschiedlicher Umwandlungskoeffizienten auf Betreiber, die sich in einer vergleichbaren Situation befanden ( 64 ), für unionsrechtswidrig gehalten und entschieden, dass die Unentgeltlichkeit der Zuteilung von Funkfrequenzen nicht zu den unionsrechtlichen Grundsätzen zählt, auf deren Grundlage die Auswahlverfahren durchzuführen sind ( 65 ).

52.

Im vorliegenden Fall haben die italienischen Behörden im Rahmen des Verfahrens zur Frequenzneukonfiguration zum einen auf alle bestehenden Betreiber einen gemeinsamen Umwandlungskoeffizienten von 0,5 angewandt und zum anderen die zusätzliche Übertragungskapazität im Wege eines kostenpflichtigen Verfahrens zugeteilt, das auf asymmetrischen Kriterien beruht, mit denen „Einzelnetz“-Betreiber und neue Marktteilnehmer begünstigt werden sollen ( 66 ). Das vorlegende Gericht hat somit festzustellen, ob die neuen Rechte zur Nutzung der Übertragungskapazität im Einklang mit den in Nr. 49 der vorliegenden Schlussanträge erwähnten Grundsätzen u. a. auf der Grundlage nicht diskriminierender und angemessener Kriterien gewährt worden sind ( 67 ). Daher sollte dieses Gericht u. a. den technologischen Merkmalen und Zwängen der Frequenzneukonfiguration ( 68 ) sowie der historischen Entwicklung des italienischen Markts für Rundfunkdienste und den besonderen Umständen der Zuteilung von Frequenzen an den Betreiber Cairo Network Rechnung tragen.

53.

Auch wenn es Sache des vorlegenden Gerichts ist, über diese ausgesprochen technischen Aspekte zu entscheiden und eine Würdigung des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens vorzunehmen, obliegt es gleichwohl dem Gerichtshof, ihm insoweit nützliche Hinweise zu geben. Dazu werde ich erstens die Notwendigkeit einer Eins-zu-eins-Umwandlung, zweitens die Notwendigkeit struktureller asymmetrischer Maßnahmen zum Ausgleich der anhaltenden Unregelmäßigkeiten auf dem italienischen Markt für Rundfunkdienste und drittens die Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes auf Cairo Network prüfen, die ihre Frequenznutzungsrechte im Wege eines früheren kostenpflichtigen Verfahrens erworben hatte.

Zur Notwendigkeit einer Eins-zu-eins-Umwandlung

54.

Was als Erstes die Notwendigkeit einer Eins-zu-eins-Umwandlung betrifft, so ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass die Wahl eines gemeinsamen Umwandlungskoeffizienten von 0,5 Zweifel aufwerfe, weil sich kleine Betreiber ( 69 ) nicht in der gleichen Situation befänden wie angestammte Betreiber, die über mehrere Multiplexe mit DVB-T‑Technologie verfügten.

55.

Ich stelle insoweit fest, dass die Frequenzneukonfiguration im vorliegenden Fall nicht durch die Zuteilung neuer Ressourcen erfolgt ist, sondern im Wesentlichen durch eine „Aktualisierung“ der bestehenden Nutzungsrechte hin zu einem neuen und leistungsfähigeren Übertragungssystem. Daher waren die nationalen Behörden meiner Ansicht nach grundsätzlich verpflichtet, den Inhabern dieser bestehenden Nutzungsrechte gleichwertige Rechte zu garantieren – oder, wenn nicht möglich, die Betroffenen für den erlittenen Schaden zu entschädigen ‑, bevor sie neue Nutzungsrechte zuteilten ( 70 ). Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass die nationalen Behörden, um die Aufrechterhaltung der bestehenden Übertragungskapazität zu gewährleisten, veranlasst sein konnten, ein Eins-zu-eins-Umwandlungskriterium anzunehmen. Bei der Prüfung, ob diese Behörden verpflichtet waren, so zu verfahren, wird das vorlegende Gericht jedoch u. a. folgende Umstände berücksichtigen müssen.

56.

Erstens wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob und inwieweit die Anwendung eines anderen Umwandlungskoeffizienten unter Berücksichtigung der begrenzten Anzahl verfügbarer Multiplexe in technischer Hinsicht praktikabel war ( 71 ).

57.

Zweitens sind Multiplexe mit DVB-T2-Technologie leistungsfähiger als solche mit DVB-T‑Technologie, weshalb eine Eins-zu-eins-Umwandlung dazu führen könnte, dass die bestehende Übertragungskapazität der betreffenden Betreiber nicht nur erhalten bleibt, sondern sogar erhöht wird ( 72 ).

58.

Drittens muss festgestellt werden, auf welche Weise das kostenpflichtige Frequenzzuteilungsverfahren, in das asymmetrische Bedingungen einbezogen worden sind, um strukturelle Nachteile für kleinere (nicht etablierte) Betreiber auszugleichen, es diesen ermöglicht hat, ihre schwächere Position auf dem relevanten Markt bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren ( 73 ).

59.

Viertens ist zu prüfen, ob der Umstand, dass jeder Multiplex unteilbar betrieben werden muss, für eine Ungleichbehandlung sprechen könnte, da dieser Umstand u. a. impliziert, dass „Einzelnetz“-Betreiber, denen ein Nutzungsrecht für einen halben Multiplex zugeteilt worden ist, nicht in der Lage wären, ihre Tätigkeit unabhängig fortzusetzen, während angestammte Betreiber, die Nutzungsrechte für 2,5 Multiplexe erhalten haben, dies tun können ( 74 ).

60.

Fünftens ist festzustellen, ob die Annahme eines Umwandlungskriteriums, das nicht auf der Anzahl der Betreiber, sondern auf den bereits verwerteten Nutzungsrechten beruht, möglicherweise „Mehrnetz“-Betreiber begünstigen könnte ( 75 ).

Zur Notwendigkeit asymmetrischer Maßnahmen

61.

Was als Zweites die Notwendigkeit weiterer asymmetrischer Maßnahmen angeht, so ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass sich die zuvor auf dem italienischen Markt für Rundfunkdienste festgestellten Unregelmäßigkeiten ( 76 ) nach wie vor auf diesen Markt auswirkten, da die Zuteilung der Multiplexe mit DVB-T2-Technologie weitgehend auf der Verteilung der Multiplexe mit DVB-T‑Technologie beruht habe, die selbst teilweise auf eine Umwandlung der Nutzungsrechte für analoge Kanäle zurückgehe.

62.

Ich bin insoweit der Ansicht, dass, da die nationalen Gerichte insbesondere im Anschluss an die Urteile des Gerichtshofs ( 77 ) festgestellt haben, dass die italienischen Behörden durch die rechtswidrige Zuteilung und Beibehaltung der Fernsehfrequenzen zugunsten bestimmter Betreiber gegen das Unionsrecht verstoßen hätten, diese Verstöße grundsätzlich beseitigt werden müssen ( 78 ). Allerdings haben weder der Gerichtshof in jenen Urteilen noch das vorlegende Gericht im Rahmen der Entscheidungen im Anschluss an diese Urteile genaue Angaben zu den Maßnahmen gemacht, die zur Behebung der festgestellten Unregelmäßigkeiten zu ergreifen waren. Außerdem geht aus den Vorlageentscheidungen nicht klar hervor, ob und inwieweit die nacheinander ergriffenen Maßnahmen die rechtswidrige Situation verlängert haben ( 79 ), von deren gegenwärtigen Auswirkungen die einzelnen Klägerinnen des Ausgangsverfahrens jedenfalls auf sehr unterschiedliche Weise betroffen sind ( 80 ).

63.

Daher obliegt dem vorlegenden Gericht die Prüfung der Frage, ob die rechtswidrige Situation durch die asymmetrischen Maßnahmen, die von den italienischen Behörden im Rahmen des vom italienischen Gesetzgeber vorgesehenen kostenpflichtigen Vergabeverfahrens ergriffen worden waren, wieder ins Gleichgewicht gebracht werden konnte ( 81 ) oder ob, wie es in Betracht zu ziehen scheint, weitere strukturelle Maßnahmen unerlässlich waren.

64.

Ohne in die Zuständigkeiten des vorlegenden Gerichts eingreifen zu wollen, stelle ich fest, dass dieses bei der Durchführung seiner Prüfung u. a. zu ermitteln haben wird, ob der Erlass weiterer asymmetrischer Maßnahmen im Hinblick auf das Ziel der Förderung und des Schutzes des Wettbewerbs erforderlich war, was eine Analyse etwaiger gegenwärtiger Auswirkungen der vorstehend erwähnten Unregelmäßigkeiten auf den Markt für Rundfunkdienste in Italien einschließt. Dazu wird auch zu prüfen sein, ob zusätzliche asymmetrische Maßnahmen in technischer Hinsicht praktikabel waren ( 82 ).

Zur Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

65.

Was als Drittes und Letztes die Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes auf die Situation von Cairo Network betrifft, so fragt das vorlegende Gericht, ob die Tatsache, dass dieser Betreiber das Frequenznutzungsrecht im Anschluss an ein kostenpflichtiges, wettbewerbsorientiertes Verfahren erhalten hatte, in dem ausdrücklich vorgesehen war, dass bei der Frequenzneukonfiguration ein Recht auf eine Frequenz mit ähnlicher Abdeckung und einer Laufzeit wie bei seinem Nutzungsrecht gewährt würde, ihm ein berechtigtes Vertrauen in die Beibehaltung seiner Übertragungskapazität bei der Frequenzneukonfiguration verliehen hat ( 83 ).

66.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes – der zu den tragenden Grundsätzen der Union gehört und von den Organen der Union, aber auch von den Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Unionsrichtlinien einräumen, beachtet werden muss – jeder berufen, bei dem eine Verwaltungsbehörde aufgrund bestimmter Zusicherungen, die sie ihm gegeben hat, begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung Zusicherungen dar, die solche Erwartungen wecken können ( 84 ). Der Gerichtshof hat gleichwohl entschieden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer nicht auf das völlige Ausbleiben von Gesetzesänderungen vertrauen, sondern nur die Modalitäten einer solchen Änderung in Frage stellen kann ( 85 ), was hier der Fall ist, wobei die Frequenzneukonfiguration im Übrigen durch das Unionsrecht vorgeschrieben war, da die Umwidmung des 700-MHz-Bands, die die Frequenzneukonfiguration erforderlich gemacht hat, im Beschluss 2017/899 vorgesehen war.

67.

Angesichts dieser Rechtsprechung ist festzustellen, dass der bloße Umstand, dass ein Betreiber Inhaber der Rechte zur Nutzung eines Kommunikationsnetzes ist, für sich allein genommen zwar kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen kann, dass seine Rechte bei der Frequenzneukonfiguration garantiert bleiben oder in Rechte zur Nutzung gleichwertiger Übertragungskapazitäten umgewandelt werden. Anders verhält es sich jedoch, wenn die zuständigen Behörden ihm präzise und nicht an Bedingungen geknüpfte Garantien hinsichtlich der Beibehaltung seiner Nutzungsrechte oder der Gewährung gleichwertiger Rechte für den Fall einer solchen Situation gegeben haben.

68.

In Anbetracht der dem Gerichtshof vom vorlegenden Gericht gemachten Angaben waren die von den italienischen Behörden im vorliegenden Fall gegebenen Zusicherungen offenbar geeignet, das berechtigte Vertrauen des fraglichen Betreibers zu begründen, was jedenfalls von diesem Gericht zu prüfen ist. Sollte sich das bestätigen, wird das vorlegende Gericht außerdem zu prüfen haben, ob die Zuteilung der neuen Nutzungsrechte im Kontext des Verfahrens zur Frequenzneukonfiguration es diesem Betreiber unter Berücksichtigung der Verbesserung des Übertragungssystems trotz der Anwendung eines Umwandlungskriteriums von 0,5 ermöglicht hat, eine Übertragungskapazität aufrechtzuerhalten, die derjenigen entspricht, über die er zuvor verfügte, und damit seine Erwartungen erfüllt hat ( 86 ).

69.

Im Ergebnis schlage ich vor, auf die dritte bis fünfte Vorlagefrage in der Rechtssache C‑764/23, die dritte und die vierte Frage in der Rechtssache C‑765/23 sowie die zweite und die dritte Frage in der Rechtssache C‑766/23 zu antworten, dass der Rechtsrahmen der Union für die elektronische Kommunikation ( 87 ) dahin auszulegen ist, dass er nationalen Rechtsvorschriften, die im Rahmen des Verfahrens zur Frequenzneukonfiguration keine Eins-zu-eins-Umwandlung der bestehenden Frequenznutzungsrechte in Rechte zur Nutzung der Übertragungskapazität anordnen und einen Teil der Übertragungskapazität einem kostenpflichtigen Verfahren vorbehalten, nicht entgegensteht, sofern diese Maßnahmen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Auswirkungen früherer Verstöße gegen das Unionsrecht die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Angemessenheit einhalten und die Umwandlungskriterien den von den zuständigen Behörden gegebenen präzisen und nicht an Bedingungen geknüpften Garantien hinsichtlich der Beibehaltung der Nutzungsrechte oder der Gewährung gleichwertiger Nutzungsrechte bei dieser Frequenzneukonfiguration Rechnung tragen.

Ergebnis

70.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) zu antworten, dass der Rechtsrahmen der Union für die elektronische Kommunikation, insbesondere Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung (ausgelegt im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union), Art. 3 Abs. 3 und 3a sowie die Art. 8 und 9 der Richtlinie 2002/21 in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung, die Art. 3, 5, 7 und 14 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung, die Art. 2 und 4 der Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste sowie die Erwägungsgründe 11 und 20 des Beschlusses (EU) 2017/899 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 über die Nutzung des Frequenzbands 470-790 MHz in der Union,

dahin auszulegen ist, dass

er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die im Rahmen des Verfahrens zur Neukonfiguration der Frequenznutzungsrechte für das digitale terrestrische Fernsehen

die Wirkungen von Rechtsbehelfen gegen Handlungen im Zusammenhang mit der Zuteilung von Frequenzen auf die Gewährung einer finanziellen Entschädigung und den vorläufigen Rechtsschutz auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränken, soweit die gewährte Entschädigung den gesamten den Betroffenen entstandenen Schaden abdecken kann, so dass in vermögensrechtlicher Hinsicht die Situation wiederhergestellt wird, die ohne Verstoß gegen das Unionsrecht geherrscht hätte;

Verfahrensregeln für die Frequenzneukonfiguration vorschreiben, soweit diese keine technischen Voraussetzungen beinhalten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der nationalen Regulierungsbehörde fallen;

keine Eins-zu-eins-Umwandlung der bestehenden Frequenznutzungsrechte in Rechte zur Nutzung der Übertragungskapazität anordnen und einen Teil der Übertragungskapazität einem kostenpflichtigen Verfahren vorbehalten, sofern diese Maßnahmen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Auswirkungen früherer Verstöße gegen das Unionsrecht die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit einhalten und die Umwandlungskriterien den von den zuständigen Behörden gegebenen präzisen und nicht an Bedingungen geknüpften Garantien hinsichtlich der Beibehaltung der Nutzungsrechte oder der Gewährung gleichwertiger Nutzungsrechte bei dieser Frequenzneukonfiguration Rechnung tragen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Wie die italienische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen klargestellt hat, sorgt allein der Übergang zum DVB-T2-Übertragungsstandard für eine erhebliche Steigerung der verfügbaren Übertragungskapazität, die bis zu 100 % betragen kann. Genauer gesagt setzt jedes der nationalen DVB-T2-Netze eine geschätzte Kapazität von 37 Mbit/s frei, die ohne signifikante Abdeckungsverluste auf 40 Mbit/s erhöht werden kann, während das vorherige DVB-T‑System eine durchschnittliche Kapazität von 19,9 Mbit/s freisetzte.

( 3 ) Diese Umwidmung war in Art. 1 des Beschlusses (EU) 2017/899 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 über die Nutzung des Frequenzbands 470-790 MHz in der Union (ABl. 2017, L 138, S. 131) vorgesehen. Die Zuordnung des 700-MHz-Bands zum 5G-Netz hat zu einer erheblichen Verringerung des Spektrums für Fernsehübertragungen (im Umfang von 30 % des zuvor genutzten Bands) geführt.

( 4 ) Im vorliegenden Fall das Ministero delle imprese e del Made in Italy (Ministerium für Unternehmen und Made in Italy, Italien) in den Rechtssachen C‑764/23 und C‑766/23 sowie die Presidenza del Consiglio dei Ministri (Vorsitz des Ministerrats, Italien) und das Ministero dell’Economia e delle Finanze (Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, Italien) in der Rechtssache C‑765/23.

( 5 ) Aus technischer Sicht sah diese Umwandlung den Übergang von nationalen Multiplexen mit DVB-T‑Technologie zu neuen nationalen Multiplexen mit DVB-T2-Technologie vor. Ein Multiplex ist das Signal, das kombiniert mehrere Fernsehdienste in terrestrischer Digitaltechnik überträgt, wobei jeder Multiplex die Ausstrahlung einer bestimmten Anzahl von Fernseh- oder Radioprogrammen ermöglicht.

( 6 ) Dieser Rechtsrahmen besteht u. a. aus der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 33) in der Fassung der Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. 2009, L 337, S. 37) (im Folgenden: Rahmenrichtlinie), aus der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste (Genehmigungsrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 21) in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung (im Folgenden: Genehmigungsrichtlinie) und aus der Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (ABl. 2002, L 249, S. 21, im Folgenden: Wettbewerbsrichtlinie).

( 7 ) Gemäß Art. 2 Buchst. g der Rahmenrichtlinie bezeichnet der Ausdruck „nationale Regulierungsbehörde“ (im Folgenden: NRB) „eine oder mehrere Stellen, die von einem Mitgliedstaat mit einer der in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien festgelegten Regulierungsaufgaben beauftragt werden“.

( 8 ) Art. 3 Abs. 3 und 3a der Rahmenrichtlinie ist durch die Richtlinie 2009/140 geändert worden. In deren 13. Erwägungsgrund heißt es insoweit: „Die Unabhängigkeit der [NRB] sollte gestärkt werden, um eine wirksamere Anwendung des Rechtsrahmens zu gewährleisten und sowohl ihre Amtsgewalt zu stärken als auch ihre Entscheidungen vorhersehbarer zu machen. Hierfür sollten ausdrückliche Bestimmungen des nationalen Rechts gewährleisten, dass die für die Vorabregulierung des Markts oder für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen zuständigen [NRB] bei der Durchführung ihrer Aufgaben vor äußerer Einflussnahme und politischem Druck geschützt werden, die sie an der unabhängigen Beurteilung der von ihnen bearbeiteten Angelegenheiten hindern könnten. Wegen einer derartigen äußeren Einflussnahme eignen sich nationale rechtssetzende Organe nicht dazu, als [NRB] nach dem Rechtsrahmen zu fungieren.“

( 9 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 7).

( 10 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 51).

( 11 ) Legge n. 205 – Bilancio di previsione dello Stato per l’anno finanziario 2018 e bilancio pluriennale per il triennio 2018-2020 (Gesetz Nr. 205 über den vorläufigen Staatshaushalt für das Finanzjahr 2018 und den Mehrjahreshaushalt für den Dreijahreszeitraum 2018-2020) vom 27. Dezember 2017 (GURI Nr. 302 vom 29. Dezember 2017, Supplemento ordinario zur GURI Nr. 62) in der Fassung der Legge n. 145 – Bilancio di previsione dello Stato per l’anno finanziario 2019 e bilancio pluriennale per il triennio 2019-2021 (Gesetz Nr. 145 über den vorläufigen Staatshaushalt für das Haushaltsjahr 2019 und den Mehrjahreshaushalt für den Zeitraum 2019-2021) vom 30. Dezember 2018 (Supplemento ordinario Nr. 62 zur GURI Nr. 302 vom 31. Dezember 2018) (im Folgenden: Gesetz Nr. 205/2017).

( 12 ) Im vorliegenden Fall waren Cairo Network und Europa Way jeweils Inhaberinnen der Nutzungsrechte für einen Multiplex, während Persidera Inhaberin der Nutzungsrechte für fünf Multiplexe war.

( 13 ) Vgl. Nr. 1 der vorliegenden Schlussanträge.

( 14 ) Genauer gesagt wurde der AGCOM diese Zuständigkeit gemäß Art. 1 Abs. 1030 bis 1037 des Gesetzes Nr. 205/2017 übertragen. Darüber hinaus beauftragte der italienische Gesetzgeber das Ministerium für Unternehmen und Made in Italy mit der Ausarbeitung des „Fahrplans“ zur Umsetzung des Beschlusses 2017/899 und der Einleitung des Verfahrens für die Zuteilung der zusätzlichen Übertragungskapazität.

( 15 ) Dieser Plan sah insgesamt zwölf nationale Frequenzen mit DVB-T2-Technologie vor und legte Umwandlungskriterien fest, auf deren Grundlage die 20 nationalen Netze mit DVB-T‑Technologie in zehn Multiplexe mit DVB-T2-Technologie umgewandelt wurden, während die beiden anderen Multiplexe nach dem kostenpflichtigen Verfahren zugeteilt werden sollten.

( 16 ) Der Umwandlungsfaktor zwischen den alten DVB-T‑Netzen und den geplanten neuen DVB-T2-Netzen wurde auf 0,5 festgelegt. Nach diesem Kriterium erhielten Betreiber mit fünf DVB-T‑fähigen Netzen oder Multiplexen (d. h. Radiotelevisione italiana SpA [RAI], Elettronica Industriale SpA und Persidera) folglich fünf „generische Nutzungsrechte für einen halben [DVB-T2‑]Multiplex“, während Betreiber mit einem DVB-T‑fähigen Multiplex (darunter Cairo Network und Europa Way) jeweils ein generisches Nutzungsrecht für einen halben DVB-T2-Multiplex erhielten.

( 17 ) Sie erhielten jeweils eine Übertragungskapazität von 2,5 Multiplexen (im Fall von Persidera) bzw. 0,5 Multiplexen (in den Fällen von Cairo Network und Europa Way).

( 18 ) Für jeweils einen halben Multiplex mit DVB-T2-Technologie.

( 19 ) Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung) (ABl. 2018, L 321, S. 36).

( 20 ) Die Frage wurde wie folgt formuliert: „3. Ist das Unionsrecht, insbesondere die Art. 8 und 9 der [Rahmenrichtlinie], die Art. 3, 5, 7, 14 der [Genehmigungsrichtlinie], die Art. 2 und 4 der [Wettbewerbsrichtlinie], die Erwägungsgründe 11 und 20 des Beschlusses [2017/899], die Grundsätze der Billigkeit, der Nichtdiskriminierung, des Wettbewerbsschutzes und des Vertrauensschutzes sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit, dahin auszulegen, dass es einem System entgegensteht, wie es in der Italienischen Republik durch Art. 1 Abs. 1101 [bis] 1108 des Haushaltsgesetzes 2019, durch Art. 1 Abs. 1030, 1031, 1031bis, 1031quater, 1032, 1033, 1034 und 1037 des Haushaltsgesetzes 2018, durch die Beschlüsse [Nrn.] 39/19/CONS …, 128/19/CONS und 129/19/CONS der AGCOM sowie durch die zugehörigen Maßnahmen zur Zuteilung der Frequenznutzungsrechte für den digitalen Fernsehdienst eingeführt wurde, das ungeachtet des Vorliegens nicht‑struktureller Ausgleichs- und/oder Neuausrichtungsmaßnahmen keine strukturellen Maßnahmen zur Korrektur der zuvor festgestellten Ungleichheit und ein kostenpflichtiges Verfahren vorsieht, das dem Betreiber zusätzliche Kosten und Lasten auferlegt, und steht das Unionsrecht, insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit sowie die im Urteil [vom 26. Juli 2017,] Persidera [(C‑112/16, im Folgenden: Urteil Persidera, EU:C:2017:597),] aufgestellten Grundsätze, einem System wie dem genannten entgegen, auch im Hinblick auf die Gesamtentwicklung des Systems sowie die ‚Anomalien‘, ‚kritischen Punkte‘ und ‚Unregelmäßigkeiten‘ des Systems, die in der nationalen und supranationalen Rechtsprechung, die in der Begründung des vorliegenden Beschlusses angeführt wird, festgestellt wurde, oder sind die von der Behörde ergriffenen nicht‑strukturellen Maßnahmen zur Ausbalancierung des Systems vielmehr ausreichend?“

( 21 ) Dieser Aspekt betrifft insbesondere Cairo Network.

( 22 ) Bevor auf diese Fragen eingegangen wird, ist als Erstes klarzustellen, dass das vorlegende Gericht den Gerichtshof zwar zum Teil nach der Auslegung des EKEK fragt, dieser meines Erachtens in zeitlicher Hinsicht auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten aber nicht anwendbar ist, da die Vorschriften zu seiner Umsetzung mit Wirkung vom 21. Dezember 2020 – d. h. zu einem späteren Zeitpunkt als der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt – gelten (vgl. Art. 124 Abs. 1 EKEK). Allerdings hat die vorstehende Feststellung im Großen und Ganzen keine praktischen Folgen, da sich der EKEK im Wesentlichen darauf beschränkt, die Gesetzgebungsakte zu kodifizieren, die den Rechtsrahmen der Union für die elektronische Kommunikation bilden. Als Zweites bin ich der Ansicht, dass eine eingehende Prüfung des von RAI und Mediaset angeführten Vorbringens zur Unzulässigkeit der Vorabentscheidungsersuchen für die Zwecke der vorliegenden Schlussanträge nicht erforderlich ist. Es scheint mir nämlich erstens auf der Hand zu liegen, dass der nationale Rechtsrahmen und die Gründe, die das vorlegende Gericht veranlasst haben, an der Vereinbarkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden italienischen Regelung mit dem Unionsrecht zu zweifeln, in den Vorlageentscheidungen ausführlich dargestellt werden, zweitens, dass der Gerichtshof, auch wenn die Vorlagefragen recht weitgehend auf das italienische Recht abzielen, im Rahmen seiner Zuständigkeit darauf antworten kann, und drittens, dass die gestellten Fragen nicht offensichtlich in keinerlei Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits stehen.

( 23 ) Nämlich die Art. 6 und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV, ausgelegt im Licht von Art. 47 der Charta, Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie und Art. 31 EKEK.

( 24 ) Im vorliegenden Fall Art. 1 Abs. 1037 des Gesetzes Nr. 205/2017.

( 25 ) Nach ständiger Rechtsprechung ist Art. 4 der Rahmenrichtlinie Ausfluss des nach den Bestimmungen von Art. 47 der Charta gewährleisteten Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, der die Gerichte der Mitgliedstaaten verpflichtet, den gerichtlichen Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (vgl. Urteil vom 20. April 2023, DIGI Communications,C‑329/21, EU:C:2023:303, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat hierzu weiter ausgeführt, dass die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie der Bedeutung dieses Grundrechts Rechnung tragen muss, wie sie sich aus dem mit der Charta errichteten System insgesamt ergibt. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass Art. 52 Abs. 1 der Charta zwar Einschränkungen der Ausübung der in ihr anerkannten Rechte zulässt, dabei aber verlangt, dass jede Einschränkung insbesondere den Wesensgehalt des fraglichen Grundrechts achtet und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist und tatsächlich den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen entspricht (vgl. Urteil vom 20. April 2023, DIGI Communications,C‑329/21, EU:C:2023:303, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 26 ) Art. 6 EUV stellt nämlich eine allgemeine Bestimmung dar, mit der die Union anerkennt, dass die Charta und die Verträge rechtlich gleichrangig sind, die klarstellt, dass die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union durch die Bestimmungen der Charta in keiner Weise erweitert werden, in der die Methode zur Auslegung der in der Charta verankerten Rechte, Freiheiten und Grundsätze näher erläutert wird und die unter diesen Umständen für die Prüfung der in Rede stehenden Vorlagefragen unerheblich ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 23. November 2021, IS [Rechtswidrigkeit des Vorlagebeschlusses], C‑564/19, EU:C:2021:949, Rn. 98). Nach Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit den Einzelnen die Wahrung ihres Anspruchs auf einen wirksamen Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet wird, während im vorliegenden Fall nicht bestritten wird, dass es in Italien ein Rechtsbehelfsverfahren vor unabhängigen Gerichten gibt, und sich die Debatte nicht auf die Schaffung eines Rechtsbehelfs, sondern auf die Art der den zuständigen Gerichten zur Verfügung stehenden Abhilfemaßnahmen bezieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2021, Randstad Italia,C‑497/20, EU:C:2021:1037, Rn. 56 und 65 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. im Schrifttum u. a. Scarcello, O., „Effective judicial protection and procedural autonomy beyond rule of law judgments: Randstad Italia“, Common Market Law Review, Bd. 59, Nr. 5, 2022, S. 1461.

( 27 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Oktober 2016, Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej und Petrotel (C‑231/15, EU:C:2016:769, Rn. 22).

( 28 ) Vgl. Urteil vom 13. Oktober 2016, Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej und Petrotel (C‑231/15, EU:C:2016:769, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 29 ) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Effektivitätsgrundsatz ist jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie z. B. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (vgl. Urteil vom 25. Januar 2024, Caixabank [Verjährung der Erstattung von Hypothekenkosten], C‑810/21 bis C‑813/21, EU:C:2024:81, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 30 ) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwingt das Unionsrecht die Mitgliedstaaten nicht dazu, neben den nach innerstaatlichem Recht bereits bestehenden Rechtsbehelfen neue zu schaffen, es sei denn, es gibt nach dem System der betreffenden nationalen Rechtsordnung keinen Rechtsbehelf, mit dem wenigstens inzident die Wahrung der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleistet werden könnte, oder die einzige Möglichkeit für den Einzelnen, Zugang zu einem Gericht zu erlangen, bestünde darin, eine Rechtsverletzung begehen zu müssen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2021, Randstad Italia,C‑497/20, EU:C:2021:1037, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat darüber hinaus im Wesentlichen klargestellt, dass es in einer Situation, in der ein Einzelner durch den Verstoß gegen sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf durch eine Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts eines Mitgliedstaats geschädigt worden ist, diesem Einzelnen freisteht, den Mitgliedstaat haftbar zu machen, sofern der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2021, Randstad Italia,C‑497/20, EU:C:2021:1037, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 31 ) Vgl. Urteil vom 13. Oktober 2016, Prezes Urzędu Komunikacji Elektronicznej und Petrotel (C‑231/15, EU:C:2016:769, Rn. 24 und 25 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). In jener Rechtssache, die sich auf eine Anpassung der Vergütungssätze nach einer Marktanalyse bezog, war der Gerichtshof aufgerufen, sich zur Wahl zwischen einer Aufhebung ex nunc oder ex tunc zu äußern.

( 32 ) Das vorlegende Gericht vertritt u. a. die Auffassung, dass sich die beschriebene Beschränkung nicht mit dem Erfordernis einer schnellen Frequenzzuteilung rechtfertigen lasse, da diesem Erfordernis durch den Rückgriff auf ein beschleunigtes Verfahren hätte Genüge getan werden können, zumal der italienische Fernsehmarkt seit Langem durch Anomalien und rechtswidrige Praktiken beeinträchtigt sei.

( 33 ) Art. 1 Abs. 1 dieses Beschlusses verlangte nämlich im Wesentlichen die Umwidmung des 700-MHz-Bands bis zum 30. Juni 2020 oder aus den in dessen Anhang dargelegten gerechtfertigten Gründen zwei Jahre später. Die fraglichen Einschränkungen des Rechts auf Einlegung von Rechtsbehelfen sind mit Art. 1 Abs. 1037 des Gesetzes Nr. 205/2017 insoweit „[a]ufgrund des herausragenden nationalen Interesses an einer zügigen Freigabe und Zuteilung der Frequenzen“ eingeführt worden.

( 34 ) Die Kommission weist ferner darauf hin, dass in den Ausgangsrechtssachen nicht klargestellt werde, worin die von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens begehrte Naturalrestitution oder Naturalvollstreckung bestehen solle, es diesen Unternehmen jedenfalls aber – wenn auch mit einem zusätzlichen Kostenaufwand – gelungen sei, im Wege des Vergabeverfahrens eine Übertragungskapazität zu erhalten, die der von ihnen angestrebten entspreche. Europa Way hebt jedoch hervor, dass sie im Rahmen des Vergabeverfahrens ein Netz erhalten habe, mit dem sich ein erheblicher Teil des Hoheitsgebiets und der nationalen Bevölkerung nicht abdecken lasse. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die das vorlegende Gericht bei seiner Würdigung der Umstände des vorliegenden Falls zu berücksichtigen haben wird.

( 35 ) Wie zudem Mediaset in ihren schriftlichen Erklärungen bemerkt hat, gibt es in den italienischen Rechtsvorschriften weitere Beispiele für von den nationalen Gerichten gebilligte Maßnahmen, die in durch ein starkes öffentliches Interesse gekennzeichneten Situationen, in denen dem Zeitfaktor eine entscheidende Bedeutung zukommt, einen Eins-zu-eins-Schadensersatz vorschreiben.

( 36 ) Vgl. Urteil vom 19. Juni 1990, Factortame u. a. (C‑213/89, EU:C:1990:257, Rn. 21).

( 37 ) Nämlich Art. 3 Abs. 3 und 3a und Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie sowie die Art. 5, 6, 8, 9 und 45 EKEK.

( 38 ) Im vorliegenden Fall Art. 1 Abs. 1031bis des Haushaltsgesetzes 2018 in der durch Art. 1 Abs. 1105 des Haushaltsgesetzes 2019 eingeführten Fassung.

( 39 ) Vgl. Art. 3 Abs. 1, 3 und 3a Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie. Wie der Gerichtshof in Erinnerung gerufen hat, sind die Abs. 3 und 3a dieses Artikels vom Unionsgesetzgeber mit der Richtlinie 2009/140 geändert bzw. hinzugefügt worden, um die Unabhängigkeit der NRB im Hinblick auf eine wirksamere Anwendung des Rechtsrahmens zu stärken und sowohl ihre Amtsgewalt zu stärken als auch ihre Entscheidungen vorhersehbarer zu machen, wie sich aus dem 13. Erwägungsgrund dieser Richtlinie ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juli 2016, Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni,C‑240/15, EU:C:2016:608, Rn. 34 und 35, sowie vom 26. Juli 2017, Europa Way und Persidera, C‑560/15, im Folgenden: Urteil Europa Way und Persidera, EU:C:2017:593, Rn. 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 40 ) Insbesondere hat er festgestellt, dass dieser Begriff in Bezug auf öffentliche Stellen seinem gewöhnlichen Sinn nach eine Stellung bezeichnet, die garantiert, dass die betreffende Stelle im Verhältnis zu den Einrichtungen, denen gegenüber ihre Unabhängigkeit zu wahren ist, völlig frei handeln kann und dabei vor jeglicher Weisung und Einflussnahme von außen geschützt ist, und diese Unabhängigkeit bei der Entscheidungsfindung bedeutet, dass die NRB im Rahmen der Regulierungsaufgaben und ‑befugnisse ihre Entscheidungen selbständig und allein auf der Grundlage des öffentlichen Interesses trifft, um die Einhaltung der mit den Rechtsvorschriften der Union verfolgten Ziele zu gewährleisten, ohne externen Weisungen anderer öffentlicher oder privater Stellen unterworfen zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Deutschland [Umsetzung der Richtlinien 2009/72 und 2009/73], C‑718/18, im Folgenden: Urteil Kommission/Deutschland [Umsetzung der Richtlinien 2009/72 und 2009/73], EU:C:2021:662, Rn. 108 und 109 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch meine Schlussanträge vom 5. September 2024 in der Rechtssache Alajärven Sähkö Oy u. a. sowie Elenia Verkko (C‑48/23, EU:C:2024:695, Nrn. 35 bis 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 41 ) In jenem Fall hat der Gerichtshof entschieden, dass die durch das Unionsrecht ausschließlich den NRB zugewiesenen Befugnisse sowie die Unabhängigkeit der NRB gegenüber allen politischen Stellen zu gewährleisten sind, also nicht nur gegenüber der Regierung, sondern auch gegenüber dem nationalen Gesetzgeber, dem es nicht gestattet ist, einen Teil dieser Befugnisse den NRB zu entziehen und sie anderen öffentlichen Stellen zuzuweisen (vgl. Urteil Kommission/Deutschland [Umsetzung der Richtlinien 2009/72 und 2009/73], Rn. 130). Er hat weiter klargestellt, dass die völlige Unabhängigkeit der NRB gegenüber Wirtschaftsteilnehmern und öffentlichen Einrichtungen, unabhängig davon, ob es sich bei Letzteren um Verwaltungsorgane oder politische Stellen und, im letztgenannten Fall, um Träger der exekutiven oder der legislativen Gewalt handelt, notwendig ist, um zu gewährleisten, dass die von den NRB getroffenen Entscheidungen unparteiisch und nicht diskriminierend sind, was die Möglichkeit einer bevorzugten Behandlung der mit der Regierung, der Mehrheit oder jedenfalls der politischen Macht verbundenen Unternehmen und wirtschaftlichen Interessen ausschließt. Zudem gibt die völlige Trennung von der politischen Macht den NRB die Möglichkeit, bei ihrem Handeln eine langfristige Perspektive zu verfolgen, die erforderlich ist, um die Ziele der in Rede stehenden Rechtsvorschriften der Union zu verwirklichen (vgl. Urteil Kommission/Deutschland [Umsetzung der Richtlinien 2009/72 und 2009/73], Rn. 112).

( 42 ) Vgl. Urteil Kommission/Deutschland (Umsetzung der Richtlinien 2009/72 und 2009/73), Rn. 132.

( 43 ) Ich weise darauf hin, dass in der ursprünglichen Fassung dieser Vorschrift zwar von den „nationalen Regulierungsbehörden“ die Rede war, sich die sich aus der Richtlinie 2009/140 ergebende Fassung aber allgemeiner auf die „zuständigen nationalen Behörden“ bezieht, während der 19. Erwägungsgrund, der dieser Vorschrift entspricht, nicht geändert worden ist und weiterhin auf die „nationalen Regulierungsbehörden“ verweist. Auch wenn der Sinn dieser Änderung, die im Vorschlag der Kommission zur Änderung der Rahmenrichtlinie (KOM[2007] 697 endgültig) nicht vorgesehen war, aus den vorbereitenden Arbeiten nicht klar hervorgeht, wollte der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten meines Erachtens gleichwohl einen gewissen Handlungsspielraum hinsichtlich der Auswahl der in diesem Bereich zuständigen Behörde belassen, ohne jedoch einer Beurteilung der Notwendigkeit vorzugreifen, dass bestimmte Aufgaben von unabhängigen Behörden wahrgenommen werden.

( 44 ) Nach Art. 8 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie sorgen die Mitgliedstaaten im Wesentlichen dafür, dass die NRB bei der Wahrnehmung ihrer regulatorischen Aufgaben alle angezeigten Maßnahmen treffen, die den in den Abs. 2 bis 4 dieses Artikels vorgegebenen Zielen dienen, nämlich u. a. den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste zu fördern, zur Entwicklung des Binnenmarkts beizutragen und die Interessen der Unionsbürger zu fördern (vgl. in diesem Sinne Urteil Europa Way und Persidera, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung), indem sie im Einklang mit Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und Abs. 3 Buchst. c dieser Richtlinie u. a. für eine effiziente Nutzung der Funkfrequenzen sorgen und ausschließen, dass Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze und ‑dienste eine diskriminierende Behandlung erfahren.

( 45 ) Vgl. Urteil Europa Way und Persidera (Rn. 55). Insbesondere hat der Gerichtshof in jenem Fall entschieden, dass die Unabhängigkeit einer solchen Behörde beeinträchtigt wäre, wenn es außenstehenden Stellen – wie im Ausgangsverfahren dem italienischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung oder dem italienischen Gesetzgeber – gestattet wäre, jenseits der Aufsichts- und Beschwerdefälle gemäß Art. 3 Abs. 3a Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie ein unter der Verantwortung dieser Behörde durchgeführtes laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe von Funkfrequenzen auszusetzen oder gar für nichtig zu erklären (Urteil Europa Way und Persidera, Rn. 56).

( 46 ) Vgl. Urteil Europa Way und Persidera (Rn. 65), mit dem der Gerichtshof klargestellt hat, dass sich eine entgeltliche Vergabe angesichts der Notwendigkeit, eine effiziente Verwaltung der Funkfrequenzen zu gewährleisten, und in Anbetracht des hohen gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Werts dieser Frequenzen, den die Mitgliedstaaten gemäß Art. 9 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie berücksichtigen müssen, sowie der Knappheit an Funkfrequenzen als gerechtfertigt erweisen kann. Darüber hinaus hat der Gerichtshof entschieden, dass die Abwägung zwischen den in Art. 8 der Rahmenrichtlinie genannten Regulierungszielen bei der Definition und der Analyse eines für die Regulierung in Betracht kommenden relevanten Marktes den NRB und nicht den nationalen Gesetzgebern zusteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Dezember 2009, Kommission/Deutschland, C‑424/07, EU:C:2009:749, Rn. 91). Außerdem hat der Gerichtshof der Regierung im Rahmen des Energiebinnenmarkts die Zuständigkeit zuerkannt, nicht nur die Bedingungen für den Netzzugang festzulegen, sondern auch zu regeln, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen die NRB diese Bedingungen oder Methoden festlegen oder auf Antrag des Netzbetreibers genehmigen kann, und zu regeln, in welchen Sonderfällen der Netznutzung und unter welchen Voraussetzungen die NRB im Einzelfall individuelle Entgelte für den Netzzugang genehmigen oder untersagen kann (vgl. Urteil Kommission/Deutschland [Umsetzung der Richtlinien 2009/72 und 2009/73], Rn. 114). Im selben Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass der Zuständigkeitsvorbehalt zugunsten der NRB verletzt wird, wenn die nationalen Rechtsvorschriften unmittelbar der Regierung bestimmte Zuständigkeiten übertragen, die ausschließlich der NRB vorbehalten sind, und ihr die Befugnis verleihen, die NRB zur Ausübung dieser Zuständigkeiten zu ermächtigen (Rn. 115).

( 47 ) Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Europa Way und Persidera (C‑560/15, EU:C:2017:251, Nrn. 67 und 68 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 48 ) Dieser Fahrplan gemäß Art. 5 des Beschlusses zielt nach dessen 20. Erwägungsgrund auf die „Erleichterung der Nutzung des 700-MHz-Bands für terrestrische drahtlose breitbandige elektronische Kommunikationsdienste … und zugleich [darauf ab,] die Kontinuität der Fernsehrundfunkdienste, die dieses Band räumen sollen, [zu] gewährleisten“.

( 49 ) Dieses Kriterium ist in Art. 1 Abs. 1031bis Buchst. a des Gesetzes Nr. 205/2017 festgelegt. Cairo Network trägt vor, dass auch ein weiteres, in dieser Vorschrift unter Buchst. e vorgesehenes Kriterium betreffend die Auswertung der „bisherigen Erfahrung der nationalen Netzbetreiber des Sektors“, wonach die „Errichtung digitaler Rundfunknetze“ besonders in Bezug zu nehmen sei, Schwierigkeiten bereiten könne. Dieses Kriterium scheint mir jedoch auf den ersten Blick weit genug gefasst zu sein, um in die Zuständigkeiten der AGCOM eingreifen zu können, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

( 50 ) Dies ergebe sich aus dem mit dem Beschluss Nr. 474/18/CONS der AGCOM vom 27. September 2018 zur öffentlichen Konsultation vorgelegten Entwurf, der vor dem Erlass des Gesetzes Nr. 145/2018, welches bei der Einführung von Art. 1 Abs. 1031bis des Gesetzes Nr. 205/2017 somit einfach das von dieser Behörde in Betracht gezogene Umwandlungskriterium übernommen habe, ausgearbeitet worden sei.

( 51 ) Im Übrigen habe die AGCOM bei der Wahrnehmung ihrer Meldebefugnis gegenüber der italienischen Regierung selbst die Notwendigkeit eines Tätigwerdens des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht, das darin bestehe, den Vorbehalt eines Drittels der Übertragungskapazität zugunsten lokaler Rundfunkveranstalter neu zu gestalten, um ihn dem Verfahren zur Umstrukturierung des nationalen Rundfunks zuzuweisen, wie aus dem Beschluss 480/14/CONS, der lange vor dem Gesetz Nr. 205/2017 erlassen worden sei, hervorgehe.

( 52 ) Vgl. Fn. 46 der vorliegenden Schlussanträge.

( 53 ) Vgl. Fn. 50 und 51 der vorliegenden Schlussanträge. Insoweit könnte das vorlegende Gericht prüfen, ob es sich bei der Durchführung eines Auswahlverfahrens zur Neuzuteilung von Funkfrequenzen und vor allem bei der Ausarbeitung der technischen Kriterien dieses Verfahrens im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen der Rahmenrichtlinie um spezifische Regulierungsaufgaben handelt, die den NRB übertragen und deren technischer und unparteiischer Zuständigkeit vorbehalten sind, damit u. a. die spezifischen Aufgaben erfüllt werden können, die ihnen durch Art. 8 dieser Richtlinie zugewiesen werden, unter Ausschluss jeglicher unzulässiger Einmischung der nationalen Gesetzgeber, die sich darauf beschränken müssen, Gesetzgebungsakte zur Festlegung der mit der Zuteilung digitaler Funkfrequenzen zusammenhängenden Grundsätze und allgemeinen Regeln im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union zu erlassen.

( 54 ) Wie das vorlegende Gericht insoweit hervorhebt, hat die AGCOM selbst anerkannt, dass ihre Prüfung durch die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 205/2017 und insbesondere die Notwendigkeit, die in Art. 1 Abs. 1031bis dieses Gesetzes vorgesehene zusätzliche Übertragungskapazität zu ermitteln, spürbar beeinflusst worden sei.

( 55 ) Nämlich Art. 3 Abs. 3 und 3a sowie die Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie.

( 56 ) Insbesondere Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie, Art. 3, 5, 7 und 14 der Genehmigungsrichtlinie, Art. 2 und 4 der Wettbewerbsrichtlinie, Erwägungsgründe 11 und 20 des Beschlusses 2017/899 sowie die Grundsätze der Billigkeit, der Nichtdiskriminierung, des Wettbewerbsschutzes, des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit.

( 57 ) Im vorliegenden Fall Art. 1 Abs. 1030, 1031, 1031bis, 1031ter, 1031quater, 1032, 1033, 1034, 1037 und 1101 bis 1108 des Gesetzes Nr. 205/2017, Beschlüsse Nrn. 39/19/CONS, 128/19/CONS, 129/19/CONS und 564/2020/CONS der AGCOM sowie die Maßnahmen zur Zuteilung der Frequenznutzungsrechte.

( 58 ) Vgl. u. a. Art. 8 Abs. 2 Buchst. b und d der Rahmenrichtlinie.

( 59 ) Vgl. u. a. Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 und Art. 7 Abs. 3 der Genehmigungsrichtlinie, Art. 9 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie und Art. 4 Nr. 2 der Wettbewerbsrichtlinie. In den Erwägungsgründen 11 und 20 des Beschlusses 2017/899 heißt es ferner, dass Nutzer des digitalen terrestrischen Fernsehens im Rahmen der Zuweisung des 700-MHz-Bands auf eine langfristige Vorhersehbarkeit der Regulierung angewiesen sind, um ein Angebot an Diensten sowie deren Weiterentwicklung gewährleisten zu können, und dass Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, das digitale terrestrische Fernsehen beizubehalten, die Möglichkeit einer Förderung des Übergangs zu Techniken mit effizienterer Frequenznutzung, wie z. B. DVB-T2, prüfen sollten.

( 60 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Persidera (Rn. 40). Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Umwandlung der Frequenzen im Kontext der Digitalisierung.

( 61 ) Vgl. Art. 14 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie. In Abs. 2 dieser Vorschrift heißt es weiter, dass die Mitgliedstaaten Rechte zur Installation von Einrichtungen oder Nutzungsrechte vor Ablauf des Zeitraums, für den sie gewährt wurden, außer in begründeten Fällen nicht einschränken oder entziehen dürfen.

( 62 ) Im Gegenteil: Wie die Kommission betont, scheint Art. 6 des Beschlusses 2017/899 den Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum zu belassen, da er vorsieht, dass sie, sofern dies angemessen ist und mit dem Unionsrecht in Einklang steht, sicherstellen können, dass eine angemessene Erstattung der entstehenden unmittelbaren Kosten der Umstellung oder der Neuzuweisung der Frequenznutzung erfolgt. Außerdem heißt es im Anhang dieses Beschlusses, dass zu den Gründen, die eine zweijährige Verzögerung der Neukonfiguration rechtfertigen können, auch „finanzielle Kosten des Übergangs [gehören können], die die erwarteten Einnahmen aus dem Vergabeverfahren übertreffen“, was darauf hindeutet, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, kostenpflichtige Ausschreibungen durchzuführen.

( 63 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7 (C‑380/05, im Folgenden: Urteil Centro Europa 7, EU:C:2008:59, Rn. 96 bis 98). Der Gerichtshof hat entschieden, dass solche Maßnahmen die restriktive Wirkung für die Betreiber, die nicht über Sendefrequenzen verfügten, noch verstärken konnten, da sie zum einen dadurch, dass sie faktisch die Zahl der Betreiber begrenzten, die auf dem in Rede stehenden Markt senden konnten, geeignet waren, die Leistung von Diensten im Bereich des Fernsehrundfunks zu behindern, und zum anderen zur Folge hatten, die Strukturen des nationalen Markts zu verfestigen und die Position der bereits auf diesem Markt aktiven nationalen Betreiber zu schützen.

( 64 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Persidera (Rn. 47 bis 49).

( 65 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Europa Way und Persidera (Rn. 64). Der Gerichtshof hat klargestellt, dass es ebenso wenig gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, dass ein Mitgliedstaat, der zuvor analoge Funkfrequenzen unentgeltlich vergeben hat, die Vergabe neuer, digitaler Funkfrequenzen einem entgeltlichen Auswahlverfahren unterwirft, da der Gleichbehandlungsgrundsatz aufgrund der technologischen Unterschiede zwischen den analogen und den digitalen Funkfrequenzen hinsichtlich ihrer Vergabe keine identische Behandlung verlangt (vgl. in diesem Sinne Urteil Europa Way und Persidera, Rn. 70 und 71).

( 66 ) Wie die italienische Regierung hervorhebt, sind die Frequenzen, die Gegenstand der Zuteilung waren, in vier Lose aufgeteilt worden, die jeweils einem Nutzungsrecht im Umfang der Hälfte eines Multiplex entsprachen und in drei Kategorien unterteilt waren: Die erste (bestehend aus einem Los) war der Teilnahme neuer Marktteilnehmer und Unternehmen vorbehalten, die früher Inhaber eines einzigen DVB-T‑Netzes waren, die zweite (bestehend aus einem Los) war der Teilnahme der vorerwähnten Unternehmen sowie von Persidera vorbehalten (wobei die Betreiber der ersten beiden Kategorien in den Genuss eines Ermäßigungsfaktors von 50 % des für jedes Los festgelegten Mindestpreises kamen), und die dritte (bestehend aus den beiden verbleibenden Losen) stand allen Marktakteuren zur Teilnahme offen. Außerdem habe die AGCOM die Obergrenze der Nutzungsrechte, die jedem Betreiber zugeteilt werden könnten, von höchstens fünf von 20 Multiplexen im DVB-T‑System auf höchstens drei von zwölf Multiplexen im DVB-T2-System neu festgelegt. RAI hebt darüber hinaus hervor, dass die AGCOM Unternehmen, die nicht am kostenpflichtigen Verfahren teilgenommen hätten (u. a. Europa Way), mit dem Beschluss Nr. 25/23/CONS ein gesondertes unentgeltliches Verfahren für die Zuteilung des Multiplex Nr. 12 vorbehalten habe.

( 67 ) Dagegen wirft die Anwendung objektiver und transparenter Kriterien meiner Ansicht nach im vorliegenden Fall grundsätzlich keine Zweifel auf, da das Verfahren zur Frequenzneukonfiguration auf Kriterien beruht, die der Verwaltung keinerlei Ermessensspielraum belassen und im Gesetz sowie in den von der AGCOM bzw. vom Ministerium für Unternehmen und Made in Italy ergriffenen Maßnahmen zu dessen Umsetzung klar definiert sind.

( 68 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Persidera (Rn. 55).

( 69 ) Das vorlegende Gericht bezieht sich mehrfach auf „kleine Betreiber“ – ein Ausdruck, der offenbar sämtliche „Einzelnetz“-Betreiber erfasst.

( 70 ) Vgl. u. a. Fn. 61 der vorliegenden Schlussanträge.

( 71 ) Wie aus den Vorlageentscheidungen insoweit hervorgeht, hat die AGCOM im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass ein mathematischer Umwandlungsfaktor von 0,54 technisch möglich, aber nicht angewandt worden sei, da er dazu geführt hätte, dass alle zwölf neuen DVB-T2-Netze der kostenlosen Umwandlung zugewiesen worden wären, so dass kein Netz übrig geblieben wäre, das dem vom nationalen Gesetzgeber vorgesehenen kostenpflichtigen Verfahren hätte zugewiesen werden können.

( 72 ) Unter diesen Umständen wäre ein für kleine Betreiber günstigeres Umwandlungskriterium auf der Grundlage des Kriteriums der Angemessenheit nicht gerechtfertigt, könnte es aber gegebenenfalls auf der Grundlage des Kriteriums der Nichtdiskriminierung sein, wenn die Beurteilung des vorlegenden Gerichts die Notwendigkeit des Erlasses asymmetrischer Maßnahmen zugunsten kleiner Betreiber bestätigt. Beispielsweise trägt Europa Way vor, dass sie benachteiligt worden sei, weil sie Übertragungsrechte für ein Netz (den Multiplex Nr. 12) erhalten habe, das einen erheblichen Teil des nationalen Hoheitsgebiets und der nationalen Bevölkerung nicht abdecken könne, und dass sie die einzige Betreiberin sei, die immer in DVB-T2-Technologie gesendet habe, so dass die Anwendung des Umwandlungskriteriums von 0,5 ihr einen größeren Verlust als den übrigen Betreibern verursacht habe.

( 73 ) Die italienische Regierung weist darauf hin, dass die gegebenenfalls benachteiligten Betreiber diese Nachteile auch hätten ausgleichen können, indem sie sich nicht für die Teilnahme am kostenpflichtigen Vergabeverfahren, sondern für den Mechanismus der kommerziellen Vereinbarung mit anderen Betreibern, die ähnliche Nutzungsrechte besäßen, entschieden hätten. Europa Way hebt jedoch hervor, dass eine Erhöhung der Anzahl vollständig verfügbarer Multiplexe für „Mehrnetz“-Betreiber der Zuteilung eines halben Multiplex an „Einzelnetz“-Betreiber entspreche, wodurch eine „Zwangsgemeinschaft“ zur Verwaltung eines Multiplex zwischen zwei Betreibern, die ihre Tätigkeit zuvor völlig autonom und unabhängig ausgeübt hätten, auferlegt und ein Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Betreibern geschaffen werde.

( 74 ) Im Rahmen des Übergangs von analogen zu digitalen Netzen hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass die technische Unmöglichkeit, die Funkfrequenzen zu teilen, die Zuteilung einer im Verhältnis zur Anzahl der betriebenen analogen Sender größeren oder geringeren Anzahl digitaler Netze rechtfertigen kann, um Bruchteile bei der Frequenzvergabe zu vermeiden (vgl. in diesem Sinne Urteil Persidera, Rn. 54). Im vorliegenden Fall heben die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens hervor, dass der Umwandlungsfaktor von 0,5 kleine Betreiber benachteilige, da es technisch unmöglich sei, die Frequenzen zu teilen, was zur Folge habe, dass Betreiber, die über einen halben Multiplex verfügten, mit anderen Betreibern Absprachen treffen müssten, wodurch sie daran gehindert würden, die Frequenzen unabhängig zu verwalten.

( 75 ) Der Gerichtshof hat nämlich bereits die Anwendung eines Umwandlungssatzes geahndet, der zwar formal einheitlich war, aber dennoch zu proportional unterschiedlichen Ergebnissen zwischen RAI und Mediaset auf der einen und Persidera auf der anderen Seite führte (Urteil Persidera, Rn. 48 und 49). Obwohl dies bei den Ausgangsrechtssachen nicht der Fall ist, frage ich mich, ob ein striktes Proportionalitätskriterium bei der Zuteilung von DVB-T2-Netzen (wonach jeder zuvor betriebene Multiplex einem neuen Halbmultiplex entspricht) ausreicht, um das Ziel der Förderung des Wettbewerbs und den Grundsatz der Gleichbehandlung zu gewährleisten, wenn man bedenkt, dass dieses Kriterium es großen Betreibern ermöglicht, ihre Marktposition absolut gesehen aufrechtzuerhalten.

( 76 ) Im Wesentlichen führt dieses Gericht drei Arten von Unregelmäßigkeiten an, die die Regulierung des italienischen Markts für Rundfunkdienste beeinträchtigt haben sollen: Erstens hätten RAI und Mediaset vor dem Übergang zum digitalen terrestrischen Fernsehen unrechtmäßig über analoge Kanäle verfügt, die die kartellrechtlichen Grenzen im Hinblick auf die im nationalen Recht festgelegten Konzentrationsschwellen „überschritten“ hätten, zweitens sei Europa 7 (nunmehr Europa Way) eine Konzession erteilt worden, ohne dass sie in der Praxis eine Frequenz erhalten habe, auf der sie tatsächlich habe senden können (dieser Sachverhalt ist Gegenstand des Urteils Centro Europa 7 und des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 7. Juni 2012, Centro Europa 7 und Di Stefano/Italien, CE:ECHR:2012:0607JUD003843309, gewesen), und drittens sei beim Übergang zum digitalen terrestrischen Fernsehen zum einen ein Verfahren für die kostenlose Zuteilung neuer Frequenzen vom italienischen Gesetzgeber ausgesetzt und später aufgehoben und zum anderen Persidera durch die beim digitalen Übergang verwendeten Umwandlungskoeffizienten gegenüber RAI und Mediaset benachteiligt worden (diese Unregelmäßigkeiten sind Gegenstand der Urteile Europa Way und Persidera bzw. Persidera gewesen).

( 77 ) Nämlich Urteile Centro Europa 7, Europa Way und Persidera sowie Persidera.

( 78 ) In der Rechtssache Persidera hat der Gerichtshof beispielsweise entschieden, dass unter den Umständen jenes Falls ein einziger Multiplex hätte ausreichen können, um Betreibern wie RAI und Mediaset die Sicherstellung der Kontinuität ihrer drei analogen Sender in einer vergleichbaren Qualität zu ermöglichen, und die Zuteilung eines zweiten Multiplex über das hinausging, was zu diesem Zweck erforderlich war (Urteil Persidera, Rn. 55).

( 79 ) Insoweit sei daran erinnert, dass die italienischen Behörden bereits Maßnahmen zum Ausgleich der Anomalien auf dem italienischen analogen Fernsehmarkt ergriffen hatten, die u. a. darin bestanden, RAI und Mediaset zeitlich begrenzte spezifische Verpflichtungen aufzuerlegen oder ihren Wettbewerbern in den Verfahren zur Zuteilung neuer Nutzungsrechte eine bevorzugte Stellung einzuräumen. Diese Ausgleichsmaßnahmen haben jedoch nicht Persidera betroffen, da die sie betreffende Unregelmäßigkeit erst später bekannt geworden ist und sie ohnehin über die Höchstzahl an nach den italienischen Vorschriften zur Begrenzung von Konzentrationen zulässigen Nutzungsrechten verfügt.

( 80 ) Wie aus den Akten der Rechtssache hervorgeht und das vorlegende Gericht zu prüfen hat, ist erstens Europa Way letztlich in den Genuss eines Multiplex mit DVB-T‑Technologie gekommen, der den Nutzungsrechten entspricht, die sie beim digitalen Übergang jedenfalls hätte erhalten können (auch wenn sie die Unangemessenheit dieses Multiplex betont), verfügte zweitens Persidera bereits vor der Umwidmung des 700-MHz-Bands über die Höchstzahl an Multiplexen mit DVB-T‑Technologie, über die ein Betreiber nach den italienischen Rechtsvorschriften verfügen darf, und hat sie diese Stellung nach dem Übergang zur DVB-T2-Technologie gehalten und scheint drittens Cairo Network von den Unregelmäßigkeiten nicht unmittelbar betroffen zu sein, da dieser Betreiber erst später – im Rahmen der während des Jahres 2014 veröffentlichten Ausschreibung, an deren Ende er die Nutzungsrechte für seine Frequenzen erhalten hat – in den Markt eingetreten ist.

( 81 ) In diesem Zusammenhang macht die italienische Regierung u. a. geltend, die AGCOM habe selbst anerkannt, dass zur Durchführung der nationalen Gerichtsentscheidungen und derjenigen der Union keine weiteren Maßnahmen struktureller Art, die letztlich die zwischen 2005 und 2012 ergriffenen Maßnahmen überlagert hätten und zu diesen hinzugekommen wären, in Betracht gezogen werden könnten.

( 82 ) Unter Berücksichtigung der begrenzten Anzahl verfügbarer Multiplexe hätte beispielsweise eine Erhöhung des Umwandlungskoeffizienten für kleine Betreiber, insbesondere im Wege einer Eins-zu-eins-Umwandlung, notwendigerweise eine Senkung des Umwandlungskoeffizienten für „Mehrnetz“-Betreiber bedeutet, was in technischer Hinsicht möglicherweise kompliziert oder sogar undurchführbar gewesen wäre.

( 83 ) Dieses Gericht führt aus, dass der genannte Betreiber die Zuteilung von Frequenznutzungsrechten für DVB-(DVB-T oder seine späteren technologischen Weiterentwicklungen)-Systeme im Anschluss an ein kostenpflichtiges Verfahren erhalten habe, das während des Jahres 2014 durchgeführt worden sei, als bereits festgestanden habe, dass ein Teil der Frequenzen, die Gegenstand dieses Verfahrens gewesen seien, zu einem späteren Zeitpunkt – im Rahmen der Umwidmung des 700-MHz-Bands – neu zugeteilt werden würde, und die Ausschreibung ausdrücklich vorgesehen habe, dass der erfolgreiche Bieter zum Zeitpunkt der Freigabe der Frequenzen eine Frequenz erhalten werde, die (in Bezug auf Abdeckung und Laufzeit des Nutzungsrechts) der ihm zugeteilten entspreche.

( 84 ) Vgl. Urteil Europa Way und Persidera (Rn. 79 und 80 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 85 ) Vgl. Urteil vom 20. Dezember 2017, Global Starnet (C‑322/16, EU:C:2017:985, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). In anderen Zusammenhängen, aber im gleichen Sinne hat der Gerichtshof klargestellt, dass der Anwendungsbereich des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nicht so weit ausgedehnt werden darf, dass die Anwendung einer neuen Regelung auf die künftigen Auswirkungen von unter Geltung der früheren Regelung entstandenen Sachverhalten schlechthin ausgeschlossen ist (Urteil vom 3. September 2015, A2A,C‑89/14, EU:C:2015:537, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung), und dass sich ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer, wenn er in der Lage ist, den Erlass einer Maßnahme, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, im Fall ihres Erlasses nicht auf diesen Grundsatz berufen kann und die Wirtschaftsteilnehmer zudem nicht berechtigt sind, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die nationalen Behörden im Rahmen ihres Ermessens ändern können (Urteil vom 10. September 2009, Plantanol,C‑201/08, EU:C:2009:539, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch jüngst meine Schlussanträge in der Rechtssache Secab (C-423/23, EU:C:2025:63, Rn. 52 und 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 86 ) Sollte das vorlegende Gericht aufgrund der von ihm durchgeführten Prüfung hingegen zu dem Schluss gelangen, dass Cairo Network erst im Anschluss an das kostenpflichtige Vergabeverfahren eine gleichwertige Übertragungskapazität erhalten hat, wird zu prüfen sein, ob sie für die ihr durch die Beibehaltung dieser Kapazität gegebenenfalls entstandenen Kosten entschädigt werden muss.

( 87 ) Genauer gesagt Art. 8 und 9 der Rahmenrichtlinie, Art. 3, 5, 7 und 14 der Genehmigungsrichtlinie, Art. 2 und 4 der Wettbewerbsrichtlinie sowie Erwägungsgründe 11 und 20 des Beschlusses 2017/899.