SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NICHOLAS EMILIOU

vom 18. Juni 2024 ( 1 )

Rechtssache C‑144/23

KUBERA, trgovanje s hrano in pijačo, d.o.o.

gegen

Republik Slowenien

(Vorabentscheidungsersuchen des Vrhovno sodišče [Oberster Gerichtshof, Slowenien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 267 Abs. 3 AEUV – Vorlagepflicht der in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichte – Ausnahmen von dieser Pflicht – CILFIT‑Rechtsprechung – Filtermechanismus – Oberster Gerichtshof eines Mitgliedstaats – Zulassung der Revision – Entscheidung, mit der die Zulassung der Revision abgelehnt wird – Art. 47 der Charta – Recht auf ein faires Verfahren – Begründung“

I. Einleitung

1.

Die Probleme der Gerichte sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, angesichts der großen Zahl der eingeleiteten Verfahren die Fälle, die sie bearbeiten müssen, effizient zu bewältigen, stellen sicherlich kein neues Phänomen dar. Aus offensichtlichen Gründen ist dieses Problem von den Gerichten an der Spitze des Rechtssystems, denen im Allgemeinen die Aufgabe zukommt, die Richtigkeit und Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, immer stärker wahrgenommen worden ( 2 ).

2.

Die Gefahren, die mit einer zu hohen Arbeitsbelastung verbunden sind, liegen auf der Hand und bedürfen daher keiner ausführlichen Darstellung: erhebliche Verzögerungen bei der Bearbeitung von Fällen, schlechtere Qualität der gerichtlichen Entscheidungen, längerer Zeitraum der Ungewissheit über die Rechtslage und höhere Verfahrenskosten für den individuell Betroffenen und mittelbar auch für die Gesellschaft als Ganzes, um nur einige zu nennen.

3.

Einer der traditionell angewandten Mechanismen, um den obersten Gerichten zu ermöglichen, die Zahl der von ihnen zu bearbeitenden Fälle zu kontrollieren und dadurch die soeben genannten Gefahren einzudämmen, besteht darin, diesen Gerichten die Befugnis einzuräumen, bis zu einem gewissen Grad die Fälle (oder in einigen Systemen auch die Rechtsfragen) auszuwählen, mit denen sie sich befassen und über die sie entscheiden möchten ( 3 ). Ein Forschungsvermerk der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst und Dokumentation des Gerichtshofs der Europäischen Union von April 2013 hat gezeigt, dass in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den letzten Jahrzehnten eine gewisse Tendenz bestanden hat, Filtermechanismen für Rechtsmittel zum obersten Gericht einzuführen. Tatsächlich gibt es mittlerweile in zahlreichen Mitgliedstaaten bestimmte Arten von Filtermechanismen ( 4 ). Darüber hinaus wurde 2019 die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Satzung) ( 5 ) geändert, um einen Filtermechanismus für Rechtsmittel gegen Entscheidungen bestimmter Einrichtungen und Stellen der Union einzuführen ( 6 ).

4.

Der Forschungsvermerk zeigt jedoch auch, dass in einigen Mitgliedstaaten die Einführung solcher Mechanismen als problematisch angesehen (oder von vornherein abgelehnt) wurde, da solche Mechanismen, auch wenn sie den nationalen Gerichten helfen können, ihr Arbeitspensum effizienter zu bewältigen, ebenfalls bewirken, dass der Zugang bestimmter Rechtsuchender zu den Gerichten beschränkt wird. Daraus kann sich ein gewisses Spannungsverhältnis im Hinblick auf das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf ergeben, das in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften, in Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (im Folgenden: EMRK) und schließlich auch in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankert ist.

5.

Die vorliegende Rechtssache rückt insoweit einen recht spezifischen Aspekt in den Mittelpunkt. Der Gerichtshof wird nämlich gefragt, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen das Bestehen von Filtermechanismen auf nationaler Ebene mit der Pflicht der letztinstanzlichen Gerichte aus Art. 267 Abs. 3 AEUV in Einklang gebracht werden kann, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, wenn in einem bei ihnen anhängigen Verfahren eine Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufgeworfen wird.

II. Nationales Recht

6.

Art. 367 Abs. 1 des Zakon o pravdnem postopku (Zivilprozessordnung, im Folgenden: ZPP) ( 7 ), der gemäß Art. 22 Abs. 1 des Zakon o upravnem sporu (Gesetz über verwaltungsgerichtliche Verfahren) ( 8 ) auf verwaltungsgerichtliche Rechtsstreitigkeiten anwendbar ist, in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung lautet:

„Die Parteien können gegen ein in zweiter Instanz ergangenes rechtskräftiges Urteil innerhalb von 15 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die Revision zuzulassen, Revision einlegen.“

7.

Art. 367a ZPP bestimmt:

„(1)   Das Gericht lässt die Revision zu, wenn anzunehmen ist, dass der Oberste Gerichtshof über eine Rechtsfrage entscheiden wird, die von Bedeutung für die Gewährleistung der Rechtssicherheit, der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung ist. Das Gericht lässt die Revision insbesondere in folgenden Fällen zu:

bei einer Rechtsfrage, bei der die Entscheidung des zweitinstanzlichen Gerichts von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht, oder

bei einer Rechtsfrage, zu der es keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gibt, insbesondere wenn die Rechtsprechung der Obergerichte nicht einheitlich ist, oder

bei einer Rechtsfrage, zu der die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht einheitlich ist.

(2)   Der Oberste Gerichtshof entscheidet über die Zulassung der Revision auf der Grundlage des Antrags einer Partei auf Zulassung der Revision.“

8.

Art. 367b ZPP sieht vor:

„(1)   Der Antrag auf Zulassung der Revision ist von der Partei innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des rechtskräftigen Urteils des zweitinstanzlichen Gerichts zu stellen.

(2)   Der Antrag auf Zulassung der Revision ist beim Obersten Gerichtshof zu stellen.

(4)   Im Antrag auf Zulassung der Revision muss die Partei die streitige Rechtsfrage, die Rechtsvorschriften, deren Verletzung behauptet wird, und die Umstände, die die Bedeutung der Frage belegen, genau und konkret darlegen und kurz begründen, warum das zweitinstanzliche Gericht über die Frage rechtswidrig entschieden hat; die Partei muss die behaupteten Verfahrensfehler ebenso wie das Vorliegen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, von der die Entscheidung abgewichen sein soll, oder das Fehlen einer einheitlichen Rechtsprechung genau und konkret darlegen.“

9.

Art. 367c ZPP bestimmt:

„(1)   Ein mit drei Richtern des Obersten Gerichtshofs besetzter Spruchkörper entscheidet durch Beschluss über den Antrag auf Zulassung der Revision.

(2)   Zur Begründung einer Entscheidung, mit der ein Antrag auf Zulassung der Revision abgelehnt wird, reicht es aus, wenn das Gericht allgemein angibt, dass die in Art. 367a dieses Gesetzes vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

(3)   In dem Beschluss, mit dem die Revision zugelassen wird, gibt das Gericht an, in welchem Teil bzw. hinsichtlich welcher konkreten Rechtsfragen die Revision zuzulassen ist.

(4)   Die Entscheidung über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision ist nicht anfechtbar.“

10.

Art. 370 ZPP lautet:

„(1)   Die Revision kann auf eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften im Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht, die von der Partei vor dem zweitinstanzlichen Gericht geltend gemacht worden ist, auf eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften im Verfahren vor dem zweitinstanzlichen Gericht oder auf Rechtsfehler gestützt werden.

(2)   Ein Antrag auf Zulassung der Revision kann nicht auf eine fehlerhafte oder unvollständige Tatsachenfeststellung gestützt werden.“

11.

Art. 371 ZPP sieht vor:

„Das Revisionsgericht überprüft das angefochtene Urteil nur in dem Umfang und in Bezug auf die konkreten Rechtsfragen, in dem bzw. hinsichtlich deren die Revision zugelassen wurde.“

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

12.

KUBERA, trgovanje s hrano in pijačo d. o. o. (im Folgenden: Kubera), die Klägerin des Ausgangsverfahrens, kaufte in der Türkei in Österreich hergestellte Dosen des Getränks Red Bull und brachte sie per Schiff zum Hafen von Koper (Slowenien), wo das Zollverfahren eingeleitet wurde.

13.

Am 15. September 2021 teilte die Finančna uprava Republike Slovenije (Finanzverwaltung der Republik Slowenien) in einer Stellungnahme mit, dass sie wegen einer vermuteten Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums im Sinne von Art. 17 der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 ( 9 ) das Zollverfahren unterbrochen und die Waren zurückgehalten habe. In der Folge erließ dieselbe Behörde am 5. Oktober 2021 zwei Entscheidungen, nach denen die Waren von Kubera bis zum Ausgang des Rechtsstreits zurückzuhalten waren, den die Red Bull GmbH (Österreich) als Rechteinhaber zum Schutz ihrer Rechte des geistigen Eigentums angestrengt hatte.

14.

Kubera legte zunächst zwei Verwaltungsbeschwerden gegen diese beiden Entscheidungen ein, die zurückgewiesen wurden. In der Folge erhob sie zwei Klagen gegen diese Entscheidungen, die vom Upravno sodišče (Verwaltungsgericht, Slowenien) u. a. auf der Grundlage von Art. 1 der Verordnung Nr. 608/2013 abgewiesen wurden.

15.

Auf diese Entscheidungen des Upravno sodišče (Verwaltungsgericht) hin stellte Kubera beim Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof, Slowenien) zwei Anträge auf Zulassung der Revision und gab als relevante Rechtsfrage die Auslegung von Art. 1 Abs. 5 in Verbindung mit dem sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 608/2013 an. In diesen Anträgen beantragte Kubera beim Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof) auch, das Verfahren auszusetzen und die gestellte Frage dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen, falls die Verordnung Nr. 608/2013 nicht in dem von ihr vorgeschlagenen Sinn ausgelegt werden sollte. Insoweit machte Kubera geltend, dass die im vorliegenden Fall aufgeworfene Frage weder in der europäischen noch in der nationalen Rechtsprechung beantwortet worden sei, obwohl sie wichtig sei, um die Befugnisse der Zollbehörden klar abzugrenzen.

16.

Im Ausgangsverfahren ist das Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof) der Auffassung, dass die Bestimmungen des ZPP (im Folgenden: in Rede stehende nationale Regelung) es nicht erlaubten, die Revision zuzulassen, weil die Voraussetzungen dieses Gesetzes grundsätzlich nicht erfüllt seien. Das vorlegende Gericht fragt sich jedoch, ob es bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung einer Revision auch verpflichtet sei, die Begründetheit des Antrags der Partei, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten, im Einklang mit den Anforderungen von Art. 267 AEUV zu beurteilen, und ob ein Oberster Gerichtshof, wenn er festgestellt habe, dass die Voraussetzungen für das beantragte Vorabentscheidungsersuchen nicht erfüllt seien, nach Art. 47 der Charta verpflichtet sei, die Gründe für diese Beurteilung in dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Zulassung der Revision abgelehnt werde, anzugeben.

17.

Vor diesem Hintergrund hat das Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Steht Art. 267 Abs. 3 AEUV einer Vorschrift der Zivilprozessordnung entgegen, wonach das Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof) in dem Verfahren, in dem über die Zulassung der Revision entschieden wird, keine Prüfung vornimmt, ob sich aus dem Antrag der Partei, den Gerichtshof der Europäischen Union mit einem Vorabentscheidungsersuchen zu befassen, eine Verpflichtung des Obersten Gerichtshofs ableitet, dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen?

Im Fall der Bejahung der ersten Frage:

2.

Ist Art. 47 der Charta in Bezug auf das Erfordernis der Begründung gerichtlicher Entscheidungen dahin auszulegen, dass ein verfahrensrechtlicher Beschluss, mit dem der Antrag einer Partei auf Zulassung einer Revision nach der Zivilprozessordnung abgelehnt wird, eine „gerichtliche Entscheidung“ ist, die die Gründe enthalten muss, warum dem Antrag der Partei, dem Gerichtshof der Europäischen Union ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, in dieser Rechtssache nicht stattzugeben ist?

18.

Kubera, die slowenische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Die deutsche, die lettische, die niederländische, die slowenische und die finnische Regierung sowie die Kommission haben sich darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2024 geäußert.

IV. Würdigung

A.   Erste Frage

19.

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 267 Abs. 3 AEUV einer nationalen Bestimmung oder Praxis entgegensteht, nach der ein letztinstanzliches nationales Gericht im Rahmen eines Verfahrens über die Zulassung der Revision keine Prüfung vornehmen muss, ob es möglicherweise verpflichtet ist, dem Gerichtshof eine oder mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, auch wenn eine Partei dies beantragt hat.

20.

Um dies klarzustellen: Die sich aus dieser Frage ergebenden Probleme betreffen nur die vor einem letztinstanzlichen nationalen Gericht aufgeworfenen Fragen der Auslegung des Unionsrechts ( 10 ), wenn ein Filtermechanismus dem betreffenden Gericht ein gewisses Ermessen bei der Auswahl der Fälle einräumt, mit denen es sich befasst und über die es entscheidet.

21.

Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens sind vor dem Gerichtshof im Wesentlichen zwei Standpunkte vertreten worden. Etwas vereinfacht, lassen sie sich wie folgt darstellen.

22.

Auf der einen Seite schlagen die lettische, die niederländische, die slowenische und die finnische Regierung – wenn auch mit kleineren Unterschieden in ihren jeweiligen Standpunkten – vor, die erste Vorlagefrage zu verneinen. Ihrer Ansicht nach ist, wenn ein in letzter Instanz entscheidendes nationales Gericht anhand der im nationalen Recht festgelegten Kriterien zu dem Ergebnis komme, dass ein Rechtsmittel nicht zuzulassen sei, eine Frage des Unionsrechts nicht ordnungsgemäß aufgeworfen worden. Das betreffende Gericht prüfe nämlich nicht die Sachargumente des Rechtsmittelführers, sondern weise das Rechtsmittel lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen zurück. Unter diesen Umständen könne die Vorlagepflicht nicht ausgelöst werden. Daher seien, vorbehaltlich der Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität, Filtermechanismen wie der in Rede stehende generell mit dem Unionsrecht vereinbar. Die genannten Regierungen verweisen insoweit mehrheitlich auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Aquino ( 11 ).

23.

Auf der anderen Seite schlagen Kubera, die deutsche Regierung und die Kommission vor, die erste Vorlagefrage zu bejahen. Sie sind der Ansicht, dass Filtermechanismen wie der in Rede stehende nicht mit dem Unionsrecht vereinbar seien, es sei denn, das nationale Gericht prüfe zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens (im Anfangsstadium oder in einem späteren Stadium) die Frage, ob das Ersuchen einer Partei, nach Art. 267 AEUV den Gerichtshof anzurufen, die Vorlagepflicht auslöse. Daher sei das betreffende Gericht, wenn eine Frage des Unionsrechts ordnungsgemäß aufgeworfen worden sei, unabhängig davon, ob die im nationalen Recht vorgesehenen Filterkriterien erfüllt seien, zur Vorlage an den Gerichtshof verpflichtet. Diese Verfahrensbeteiligten verweisen insbesondere auf die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen CILFIT und Consorzio ( 12 ).

24.

In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich darlegen, warum ich der Ansicht bin, dass die richtige Auslegung von Art. 267 Abs. 3 AEUV irgendwo in der Mitte zwischen den beiden soeben beschriebenen Standpunkten liegt. Nach einigen Vorbemerkungen (1) werde ich zunächst erläutern, warum ich den Standpunkt der lettischen, der niederländischen, der slowenischen und der finnischen Regierung, die meines Erachtens eine recht weite Auslegung dieser Bestimmung vorschlagen, nicht vollständig teilen kann (2). Danach werde ich darlegen, warum die von Kubera, der deutschen Regierung und der Kommission vorgeschlagene Auslegung der Bestimmung grundsätzlich zutreffend, aber etwas zu eng ist (3). Auf der Grundlage dieser Ausführungen werde ich sodann dem Gerichtshof eine Antwort auf die erste Vorlagefrage vorschlagen (4).

1. Vorbemerkung: Neutralität des Unionsrechts im Hinblick auf Filtermechanismen

25.

Wie in der Einleitung der vorliegenden Schlussanträge erwähnt, gibt es – unter Juristen und politischen Entscheidungsträgern – eine lebhafte Debatte über den möglichen Einsatz von Mechanismen, die den obersten Gerichten das Filtern der bei ihnen eingelegten Rechtsmittel erlauben. Dabei handelt es sich allerdings um einen Gesichtspunkt, der in diesem ersten Stadium für die vorliegende Rechtssache nicht unmittelbar relevant ist, da das Unionsrecht insoweit nur „neutral“ sein kann.

26.

Nach ständiger Rechtsprechung fällt die Organisation der Justiz in den Mitgliedstaaten, einschließlich der Errichtung, der Besetzung, der Zuständigkeiten und der Arbeitsweise der nationalen Gerichte, in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Allerdings haben die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit die Verpflichtungen einzuhalten, die sich für sie aus dem Unionsrecht ergeben ( 13 ).

27.

Darüber hinaus achtet die Union, wie sich aus Art. 4 Abs. 2 EUV ergibt, die nationale Identität der Mitgliedstaaten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen zum Ausdruck kommt, was bedeutet, dass die Mitgliedstaaten bei der Gestaltung ihres Gerichtssystems über ein weites Ermessen verfügen ( 14 ).

28.

Außerdem ist es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie mangels einer Harmonisierung der nationalen Verfahren Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus der Unionsrechtsordnung erwachsenden Rechte gewährleisten sollen ( 15 ). Das gilt, sofern solche nationalen Regelungen nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige dem innerstaatlichen Recht unterliegende Sachverhalte regeln (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) ( 16 ).

29.

Zu guter Letzt sei angemerkt, dass der Gerichtshof klargestellt hat, dass die Unionsverträge nicht darauf abzielen, zusätzlich zu den nach nationalem Recht bereits bestehenden Rechtsbehelfen neue Klagemöglichkeiten zur Wahrung des Unionsrechts vor den nationalen Gerichten zu schaffen. Etwas anderes gilt nur, wenn es nach dem System der betreffenden nationalen Rechtsordnung keinen Rechtsbehelf gibt, mit dem wenigstens inzident die Wahrung der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleistet werden kann ( 17 ). Dementsprechend sind die nationalen Gerichte gehalten, die Verfahrensmodalitäten für die bei ihnen anhängigen Klagen so weit wie möglich dahin auszulegen, dass die Wahrung des Unionsrechts sichergestellt wird ( 18 ).

30.

In Anbetracht des Vorstehenden stimme ich den Regierungen zu, die auf den weiten Handlungsspielraum verweisen, über den die Mitgliedstaaten in diesem Bereich verfügen. Es ist durchaus Sache des jeweiligen Mitgliedstaats, zu entscheiden, ob ein Filtermechanismus geschaffen werden soll, und gegebenenfalls eine passende Gestaltung zu wählen sowie die Anwendungsvoraussetzungen und die spezifischen Verfahrensvorschriften festzulegen.

31.

Wie sich aus der oben angeführten Rechtsprechung klar ersehen lässt, bleiben die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Zuständigkeit in diesem Bereich jedoch verpflichtet, das Unionsrecht zu beachten. Im folgenden Abschnitt der vorliegenden Schlussanträge werde ich erläutern, warum mich die Argumente zur generellen Vereinbarkeit von Filtermechanismen wie dem in Rede stehenden mit dem Unionsrecht nicht überzeugen.

2. Filtermechanismen: Ermessen „durch die Hintertür“?

32.

Wie oben ausgeführt, sind einige Regierungen – kurz gesagt – der Ansicht, dass Filtermechanismen mit dem Unionsrecht vereinbar seien, sofern die Erfordernisse der Äquivalenz und der Effektivität beachtet würden. Sie unterstreichen jedoch insbesondere die Bedeutung des Erfordernisses der Äquivalenz: Solange Fragen des nationalen Rechts und Fragen des Unionsrechts gleichbehandelt würden, sei ein Filtermechanismus grundsätzlich als mit Art. 267 Abs. 3 AEUV vereinbar anzusehen.

33.

Der Ausgangspunkt dieser Argumentation ist im Wesentlichen richtig: Wie bei anderen Fragen, die das nationale Verfahrensrecht betreffen, ist der Grundsatz der Verfahrensautonomie in der Regel der primäre Ausgangspunkt. Zudem geben die Akten keinen Anlass, die von der slowenischen Regierung nachdrücklich hervorgehobene Tatsache, dass in ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung der Grundsatz der Äquivalenz gewahrt ist, in Zweifel zu ziehen ( 19 ). Nach meinem Verständnis muss das Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof) bei der Anwendung der im nationalen Recht festgelegten Kriterien für die Zulassung der Revision Fragen des nationalen Rechts und des Unionsrechts gleichbehandeln.

34.

Es scheint mir jedoch recht eindeutig, dass die vorstehenden Ausführungen für die vorliegende Würdigung erforderlich, aber nicht ausreichend sind. Meines Erachtens begehen diese Regierungen einen Fehler, wenn sie dem Erfordernis der Effektivität fast keine Beachtung schenken, das im vorliegenden Zusammenhang in zweierlei Hinsicht von entscheidender Bedeutung ist: (i) im Hinblick auf den effet utile der Bestimmung und (ii) im Hinblick auf einen angemessenen Schutz der Rechte der am Rechtsstreit beteiligten Personen. Zu dieser Auffassung komme ich aus mehreren Gründen: Die Auslegung dieser Regierungen steht im Widerspruch zu der in Art. 267 AEUV festgelegten Pflicht (a), sie lässt sich nicht mit der gefestigten CILFIT‑Rechtsprechung vereinbaren (b und c) und sie verkennt ganz allgemein das Wesen und den Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens (d). Ich werde diese Aspekte nacheinander prüfen.

a) Wortlaut von Art. 267 Abs. 3 AEUV

35.

Nach Art. 267 Abs. 2 AEUV „kann“ ein nationales Gericht, wenn ihm eine Frage nach der Auslegung von Bestimmungen des Unionsrechts gestellt wird und es „eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich [hält], … diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen“ ( 20 ). In Abs. 3 dieser Bestimmung heißt es hingegen: „Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren [vor einem letztinstanzlichen Gericht] gestellt, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.“ ( 21 )

36.

Angesichts des Wortlauts dieser Bestimmung hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass Art. 267 AEUV den nationalen Gerichten ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof verleiht, wenn sie der Auffassung sind, dass eine bei ihnen anhängige Rechtssache Fragen nach der Auslegung unionsrechtlicher Bestimmungen aufwirft, deren Beantwortung für die Entscheidung des ihnen unterbreiteten Rechtsstreits erforderlich ist. Allerdings „wird [bei letztinstanzlichen Gerichten] aus dieser Befugnis, vorbehaltlich der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannten Ausnahmen, eine Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege der Vorabentscheidung“ ( 22 ).

37.

In diesem Zusammenhang darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die Vorlagebefugnis der nationalen Gerichte aus dem Vertrag selbst herleitet. Art. 267 AEUV räumt allen Gerichten in allen Mitgliedstaaten die Befugnis ein – und begründet eine Pflicht, falls sie in letzter Instanz entscheiden –, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Befugnis (und die damit verbundene Pflicht) können durch nationales Recht nicht eingeschränkt werden ( 23 ).

38.

Daraus folgt, dass eine Vorschrift des nationalen Rechts ein nationales Gericht nicht daran hindern kann, von der in Art. 267 AEUV vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen oder seiner diesbezüglichen Pflicht nachzukommen, denn diese Merkmale sind dem durch diese Bestimmung geschaffenen System der Zusammenarbeit inhärent. Darüber hinaus hat der Gerichtshof auch entschieden, dass eine nationale Regelung, die die nationalen Gerichte davon abhält, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, mit dem Unionsrecht unvereinbar sein kann, wenn sie die den nationalen Gerichten durch Art. 267 AEUV zuerkannten Rechte beschneidet und damit diese Zusammenarbeit untergräbt ( 24 ).

39.

Meines Erachtens können Filtermechanismen, die den nationalen Gerichten in mehr oder weniger großem Umfang ermöglichen, Fälle auszuwählen, diese Gerichte unter bestimmten Umständen daran hindern oder sie zumindest davon abhalten, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, und zwar immer dann, wenn eine Rechtssache nicht die im nationalen Recht festgelegten Filterkriterien erfüllt.

40.

Etwa bei einem Mechanismus wie dem hier in Rede stehenden nimmt das nationale Gericht eine Prüfung der von einer Partei aufgeworfenen unionsrechtlichen Frage in der Sache und damit auch der Frage, ob die Voraussetzungen von Art. 267 Abs. 3 AEUV erfüllt sind, nur dann vor, wenn es zu dem Schluss kommt, dass die gestellten Fragen „von Bedeutung“ sind. In den übrigen Fällen wird das nationale Gericht nicht einmal prüfen, ob die sich aus dieser Bestimmung ergebende Pflicht möglicherweise ausgelöst wird – und diese Entscheidung ist weitgehend das Ergebnis einer vom nationalen Gericht selbst getroffenen Wahl. Allgemeine Kriterien für die Zulassung von Rechtsmitteln wie z. B. die Bedeutung der Sache implizieren nämlich unweigerlich Bewertungen, bei denen ein gewisser Spielraum besteht.

41.

Zwar mag zutreffen, dass, wie es Rechtsphilosoph Ronald Dworkin formulierte, „Ermessen, genau wie das Loch in einem Doughnut, nichts anderes ist als ein nicht gefüllter Bereich innerhalb eines Rings aus Beschränkungen, daher ist es ein relativer Begriff“ ( 25 ). Gleichwohl vermag der Umstand, dass die nationalen Gerichte nicht über ein unbeschränktes Ermessen verfügen, da ihnen in gewissem Umfang durch die im nationalen Recht festgelegten Kriterien Grenzen gesetzt sind, nicht davon abzulenken, dass auch dieses relative Ermessen – bei der Entscheidung, ob eine aufgeworfene Frage von hinreichender Bedeutung ist – nach dem Vertrag nicht zulässig ist.

42.

Wie ausgeführt, unterscheidet Art. 267 AEUV klar zwischen letztinstanzlichen Gerichten und anderen Gerichten. Während andere Gerichte über ein (weites) Ermessen bei der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen verfügen, ist dies bei den letztinstanzlichen Gerichten nicht der Fall. Mit einem Filtermechanismus gibt das nationale Recht den in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichten im Grunde das Ermessen zurück, das nach dem EU-Vertrag ausgeschlossen sein sollte.

43.

In diesem Zusammenhang ist jedoch vorgetragen worden, dass sich die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV auf solche Fragen beschränke, bei denen, wie es in Abs. 2 dieser Bestimmung heiße, „dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich [hält]“. Wenn das innerstaatliche Gericht der Ansicht sei, dass die aufgeworfenen Fragen nicht von Bedeutung seien, benötige dieses Gericht – so die Argumentation – keine Antwort des Gerichtshofs, um den Rechtsstreit endgültig entscheiden zu können.

44.

Ich teile diese Auffassung nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Begriff „Erlass seines Urteils“ im Sinne von Art. 267 Abs. 2 AEUV „weit auszulegen, um zu verhindern, dass zahlreiche Verfahrensfragen als unzulässig angesehen werden und nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof sein können. Dieser Begriff ist deshalb so zu verstehen, dass er das gesamte Verfahren, das zur Entscheidung des vorlegenden Gerichts führt, umfasst, damit der Gerichtshof über die Auslegung aller Verfahrensvorschriften des Unionsrechts entscheiden kann, die das vorlegende Gericht zum Erlass seines Urteils anwenden muss“ ( 26 ).

45.

Folglich ändert der Umstand, dass die von einer Partei aufgeworfene Frage einen verfahrensrechtlichen Aspekt einschließlich einer in limine litis vor einer Entscheidung des vorlegenden Gerichts in der Sache zu behandelnde Frage betreffen kann ( 27 ) (im vorliegenden Fall die Entscheidung, ob die Revision zuzulassen ist), und dass die vom vorlegenden Gericht insoweit erlassene Entscheidung nicht die Form eines „Urteils“ oder einer Entscheidung in der Sache hat ( 28 ), nichts an der „Erforderlichkeit“ der Frage.

46.

Ebenso wenig kann man argumentieren, dass eine Entscheidung des Gerichtshofs über eine von einer Partei aufgeworfene Auslegungsfrage nicht erforderlich sei, soweit das letztinstanzliche nationale Gericht entschieden habe, dass diese Frage nach den Kriterien des nationalen Rechts nicht die für die Zulassung eines Rechtsmittels erforderliche Bedeutung aufweise. Wie ich nachstehend ausführen werde, ist der Begriff der „Erforderlichkeit“ als die Eignung der Frage zu verstehen, den Ausgang der Rechtssache zu beeinflussen (stark vereinfacht gesagt: wer gewinnt, wer verliert, und warum). Die gegenteilige Auffassung liefe, wie oben in Nr. 41 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, darauf hinaus, dem nationalen Gericht die Befugnis einzuräumen, selbst zu entscheiden, welche Fragen es dem Gerichtshof nach Art. 267 AEUV vorlegen sollte und welche nicht, auch wenn diese Fragen für den Ausgang der betreffenden Rechtssache entscheidungserheblich sein könnten.

47.

Die Auslegung des Kriteriums der „Erforderlichkeit“ ist vom Gerichtshof in seiner CILFIT‑Rechtsprechung entwickelt worden, auf die ich nun eingehen werde.

b) CILFIT‑Rechtsprechung

48.

Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung drei Ausnahmen von der Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV anerkannt. Diese Ausnahmen wurden erstmals in dem bekannten Urteil in der Rechtssache CILFIT „kodifiziert“: (i) die Vorlagefrage ist nicht entscheidungserheblich („Erforderlichkeit“); (ii) die fragliche Bestimmung des Unionsrechts ist bereits vom Gerichtshof ausgelegt worden („acte éclairé“); oder (iii) ihre Auslegung ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt („acte clair“) ( 29 ).

49.

Die Tragweite dieser Ausnahmen ist in der späteren Rechtsprechung des Gerichtshofs klargestellt und präzisiert worden.

50.

Zur Ausnahme der Erforderlichkeit hat der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass die Rechtfertigung der Vorlage zur Vorabentscheidung nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen liegt, sondern darin, dass die Vorlage für die tatsächliche Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Die vom vorlegenden Gericht zu erlassende Entscheidung muss daher die auf das Vorabentscheidungsersuchen gegebene Antwort berücksichtigen können ( 30 ). Folglich ist ein letztinstanzliches nationales Gericht nicht zur Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens verpflichtet, wenn es der Ansicht ist, dass die Frage nicht entscheidungserheblich ist, „d. h., wenn die Antwort auf diese Frage, wie auch immer sie ausfällt, keinerlei Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsstreits haben kann“ ( 31 ). Das kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Rechtsstreit allein auf der Grundlage des nationalen Rechts entschieden werden kann oder wenn die vom Rechtsmittelführer angeführten Bestimmungen des Unionsrechts einen Nebenaspekt des Rechtsstreits betreffen, der für seinen Ausgang nicht entscheidend ist ( 32 ).

51.

Zur Ausnahme des „acte éclairé“ hat der Gerichtshof entschieden, dass ein solcher Fall sowohl dann vorliegt, wenn die gestellte Frage tatsächlich bereits in einem gleichgelagerten Fall Gegenstand einer Vorabentscheidung gewesen ist, als auch dann, wenn bereits eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs vorliegt, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist, gleich in welcher Art von Verfahren sich diese Rechtsprechung gebildet hat, und selbst dann, wenn die strittigen Fragen nicht vollkommen identisch sind ( 33 ).

52.

Schließlich hat der Gerichtshof im Hinblick auf die Ausnahme des „acte clair“ ausgeführt, dass sich das in letzter Instanz entscheidende nationale Gericht, bevor es zu dem Schluss kommt, dass die richtige Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel keinerlei Raum bleibt, vergewissern muss, dass „auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde“ ( 34 ). Bei der Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts müssen die nationalen Gerichte die „Eigenheiten des [Unions‑]rechts[, die] besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung“ und die Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Europäischen Union berücksichtigen ( 35 ).

53.

Insbesondere hat der Gerichtshof die nationalen Gerichte aufgefordert, u. a. zu berücksichtigen, dass die Vorschriften des Unionsrechts (i) in mehreren Sprachen abgefasst sind und dass die verschiedenen sprachlichen Fassungen gleichermaßen verbindlich und daher kohärent auszulegen sind, da eine bestimmte Fassung nicht als einzige Grundlage der Auslegung dienen kann, und (ii) dass das Unionsrecht eine eigene, besondere Terminologie und Rechtsbegriffe verwendet, die nicht unbedingt den gleichen Gehalt haben müssen wie die entsprechenden Begriffe, die im Recht der Mitgliedstaaten vorkommen können. Außerdem hat der Gerichtshof betont, dass die Auslegungsregeln des Unionsrechts verlangen, die fragliche Bestimmung des Unionsrechts in ihrem Zusammenhang zu sehen und im Licht des gesamten Unionsrechts, seiner Ziele und seines Entwicklungsstands zur Zeit der Anwendung der betreffenden Vorschrift auszulegen ( 36 ).

54.

Darüber hinaus hat der Gerichtshof klargestellt, dass der Umstand, dass andere nationale Gerichte im Hinblick auf die in Rede stehenden Unionsvorschriften gegensätzliche Entscheidungen erlassen haben, für sich genommen nicht die Vorlagepflicht auslöst. Gegensätzliche Entscheidungen auf nationaler und/oder paneuropäischer Ebene können jedoch auf immer wieder auftretende Auslegungsschwierigkeiten der nationalen Gerichte in verschiedenen Mitgliedstaaten hindeuten, die dann zur Vorlagepflicht eines letztinstanzlichen Gerichts führen können ( 37 ).

55.

Vor diesem Hintergrund vermag ich nicht zu erkennen, wie Filtermechanismen wie der in Rede stehende genau zu einer dieser Ausnahmen „passen“ würden. Meines Erachtens muss das in letzter Instanz entscheidende nationale Gericht in allen diesen Fällen zunächst die von der Partei aufgeworfene unionsrechtliche Frage prüfen, um entscheiden zu können, ob eine der Ausnahmen anwendbar ist. Im Grunde verpflichtet die CILFIT‑Rechtsprechung die nationalen Gerichte, sich Folgendes zu fragen: Ist es erforderlich, auf die aufgeworfene Frage einzugehen, um endgültig über den Rechtsstreit zu entscheiden? Braucht diese Frage nicht geprüft zu werden, da Bedeutung und Tragweite der unionsrechtlichen Vorschrift, auf die sich die Partei beruft, hinreichend klar sind oder durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt worden sind?

56.

Im Rahmen von Mechanismen wie dem in Rede stehenden kann es jedoch dazu kommen, dass ein in letzter Instanz entscheidendes nationales Gericht niemals bis zu dem Punkt kommt, an dem diese Fragen geprüft werden. In seiner Beurteilung gibt es einen Zwischenschritt, nämlich die Prüfung der Frage, ob das aufgeworfene Problem „von Bedeutung“ ist (oder die anderen in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Filterkriterien erfüllt sind). Ist diese Frage zu verneinen, muss das Gericht nicht prüfen, ob eine der Ausnahmen nach der CILFIT‑Rechtsprechung vorliegt, und beendet das Verfahren.

57.

Trotzdem machen einige Regierungen geltend, die CILFIT‑Rechtsprechung stehe diesem Ergebnis nicht entgegen, und berufen sich insoweit auf das Urteil Aquino. Auf dieses Argument werde ich im Folgenden eingehen.

c) Urteil Aquino

58.

Im Urteil Aquino hat der Gerichtshof entschieden, dass ein letztinstanzliches Gericht grundsätzlich davon absehen kann, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, wenn eine Kassationsbeschwerde aus Unzulässigkeitsgründen zurückgewiesen wird, die dem Verfahren vor diesem Gericht eigen sind. In einem solchen Fall wäre die zum Unionsrecht aufgeworfene Frage in der Tat unerheblich, da die Antwort auf diese Frage keinen Einfluss auf den Ausgang des Rechtsstreits haben kann ( 38 ).

59.

Oberflächlich betrachtet, scheint das Urteil des Gerichtshofs den Standpunkt der Regierungen zu bestätigen, die sich für eine relativ weite Auslegung von Art. 267 Abs. 3 AEUV aussprechen. Beispielsweise sind die in der in Rede stehenden nationalen Regelung festgelegten Filterkriterien als Kriterien für die „Zulässigkeit“ der Revision formuliert.

60.

Meines Erachtens wäre dieses Verständnis des Urteils Aquino jedoch falsch.

61.

Der dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Aquino zugrunde liegende Rechtsstreit betraf eine Situation, in der der Antrag eines Klägers auf Anrufung des Gerichtshofs gemäß Art. 267 AEUV im ersten Rechtszug in einem Verfahrensschriftsatz gestellt wurde, den das nationale Gericht nicht berücksichtigen konnte, weil er verspätet eingereicht worden war. Zudem wurde der Antrag des Klägers später im Stadium des Rechtsmittels wiederholt, aber das Rechtsmittel wurde weder in der Sache (noch wenigstens hinsichtlich seiner Zulässigkeit) geprüft, da nach den anwendbaren Verfahrensvorschriften eine gesetzliche Vermutung für die Rücknahme des Rechtsmittels durch den Kläger sprach ( 39 ).

62.

Die vom Gerichtshof im Urteil Aquino geprüften Unzulässigkeitsgründe waren somit formaler Natur und hinderten das nationale Gericht grundsätzlich daran, eine Prüfung der von den Parteien vorgebrachten Sachargumente vorzunehmen. Das Urteil des Gerichtshofs folgte einer gefestigten Rechtsprechung, in der klargestellt worden ist, dass nationale Vorschriften, die formale Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen – wie Fristen, anwaltliche Vertretung, Vorverfahren, Gerichtsgebühren usw. – festlegen, im Allgemeinen mit dem Unionsrecht vereinbar sind, sofern sie die oben angesprochenen Erfordernisse der Äquivalenz und der Effektivität beachten ( 40 ).

63.

Die Situation, um die es in der Rechtssache Aquino ging, unterschied sich folglich von der in der vorliegenden Rechtssache, die, wie dargelegt, eine Ermessensentscheidung des nationalen Gerichts über die Frage beinhaltet, ob in Anbetracht der „Bedeutung“ der von einer Partei in ihrem Antrag auf Zulassung der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage über den Fall entschieden werden soll. Demzufolge besteht meines Erachtens ein qualitativer Unterschied zwischen formalen Zulässigkeitskriterien, die, wenn sie nicht erfüllt sind, das betreffende nationale Gericht daran hindern, die vom Rechtsmittelführer aufgeworfene unionsrechtliche Frage überhaupt zu prüfen, und materiellen Zulässigkeitskriterien (wie der Bedeutung des Falls), die im Gegensatz zu formalen Kriterien eine gewisse Prüfung dieser Frage voraussetzen, damit eine Entscheidung darüber getroffen werden kann, ob das betreffende Gericht sich mit dem Fall befassen möchte.

64.

Im ersten Fall beruht die Tatsache, dass das nationale Gericht die aufgeworfene Frage des Unionsrechts nicht prüfen wird, zumeist auf einer mangelnden Sorgfalt des Rechtsmittelführers, da dieser die einschlägigen Verfahrensvorschriften nicht beachtet hat. Dagegen hat der Rechtsmittelführer im zweiten Fall sozusagen alles getan, was er tun konnte, um die aufgeworfene Frage durch das nationale Gericht prüfen zu lassen, damit diese Frage, wenn die Voraussetzungen von Art. 267 Abs. 3 AEUV erfüllt sind, dem Gerichtshof vorgelegt werden kann. Es ist also das nationale Gericht, das die Verantwortung dafür übernimmt, auf der Grundlage der im nationalen Recht festgelegten Kriterien (Filtermechanismus) und nicht der auf das Unionsrecht gestützten Kriterien (CILFIT‑Rechtsprechung) darüber zu entscheiden, ob ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen ist.

65.

Nebenbei bemerkt, scheint mir das Vorbringen nur schwer nachvollziehbar, dass ein nationales Gericht im Rahmen der Prüfung, ob ein Fall die Kriterien für die Zulassung eines Rechtsmittels erfüllt, jede Form der Prüfung der vom Rechtsmittelführer aufgeworfenen unionsrechtlichen Frage in der Sache vermeiden kann.

66.

Nach meinem Verständnis soll das nationale Gericht in diesem frühen Stadium des Verfahrens die im konkreten Fall aufgeworfene Rechtsfrage nur identifizieren, aber nicht beantworten. Gleichwohl denke ich, dass es häufig schwer sein dürfte, die Bedeutung der Frage zu ermitteln, ohne zumindest in einer vorläufigen Art und Weise die Antwort zu prüfen, die das untergeordnete Gericht auf diese Frage gegeben hat.

67.

Beispielsweise bei dem hier in Rede stehenden Filtermechanismus stellt sich die Frage: Wäre das Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof) in der Lage, darüber zu entscheiden, (i) ob eine von einem Revisionskläger aufgeworfene unionsrechtliche Frage „zur Gewährleistung der Rechtssicherheit, der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung von Bedeutung ist“, oder über eine Frage, bei der (ii) die Entscheidung des untergeordneten Gerichts von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht; und ob es (iii) „keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gibt“ oder (iv) „die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht einheitlich ist“, wenn die Frage nicht zumindest in gewissem Umfang in der Sache geprüft wird? Ich muss sagen, dass ich Zweifel habe.

68.

Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass der sich aus dem Urteil Aquino ergebende Grundsatz unter den Umständen des vorliegenden Falles keine Anwendung finden kann. Im Urteil Aquino wurde die praktische Wirksamkeit von Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht in Frage gestellt – anders als in der vorliegenden Rechtssache.

69.

Dieser Unterschied ergibt sich auch eindeutig aus dem Wortlaut des Urteils Aquino. Der Gerichtshof hat angemerkt, dass dem ursprünglich angerufenen Gericht zufolge „die Vorlage einer Frage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof nicht zweckdienlich sei, da die Antwort auf diese Frage keinerlei Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsstreits haben könne“ ( 41 ). Das wäre bei einem Rechtsstreit, der auf der Grundlage einer bestimmten Auslegung des Unionsrechts entschieden wird und bei dem ein Rechtsmittel tatsächlich statthaft ist, aber angenommen wird, dass der Fall keine für eine Überprüfung hinreichend bedeutsamen Fragen aufwirft, eindeutig nicht der Fall. In einem solchen Fall könnte die Antwort des Gerichtshofs auf die vom Rechtsmittelführer aufgeworfene Frage – anders als im Urteil Aquino – für die Entscheidung des Rechtsstreits möglicherweise ausschlaggebend sein.

70.

Darüber hinaus hat der Gerichtshof im Urteil Aquino auch die begrenzte Tragweite seiner Entscheidung klargestellt, indem er ausgeführt hat, dass „die nationalen Verfahrensvorschriften [wie solche über die Gründe für die Nichtzulassung einer Revision] weder die Befugnis beeinträchtigen [können], die dem einzelstaatlichen Gericht nach Art. 267 AEUV zusteht, noch das einzelstaatliche Gericht von den Pflichten entbinden, die ihm nach dieser Bestimmung obliegen“ ( 42 ).

71.

Es sollte nicht übersehen werden, dass das Urteil Aquino gemäß Art. 20 Abs. 5 der Satzung ohne Schlussanträge des Generalanwalts ergangen ist, was bedeutet, dass der Gerichtshof der Ansicht gewesen ist, dass die „Rechtssache keine neue Rechtsfrage aufwirft“. Ich denke, dass die Rechtssache Schlussanträge erfordert hätte, wenn das Urteil Aquino so zu verstehen wäre wie von einigen Regierungen vorgeschlagen, da dies eine erhebliche Erweiterung des Anwendungsbereichs einer der Ausnahmen nach der CILFIT‑Rechtsprechung bedeutet hätte.

72.

Es gibt zwei weitere Gesichtspunkte, die für mein Verständnis der Rechtsprechung sprechen. In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Wiener SI hat Generalanwalt Jacobs dem Gerichtshof vorgeschlagen, die Tragweite der CILFIT‑Rechtsprechung dahin zu beschränken ( 43 ), dass die letztinstanzlichen nationalen Gerichte nur dann verpflichtet sind, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, wenn „allgemeine Auslegungsfragen“ oder Fragen „von allgemeiner Bedeutung“ aufgeworfen werden ( 44 ). Dieses Kriterium, das bis zu einem gewissen Grad dem der Bedeutung der Rechtssache im Rahmen des in Rede stehenden Filtermechanismus ähnelt, ist jedoch vom Gerichtshof nicht übernommen worden.

73.

In jüngerer Zeit hat der Gerichtshof im Urteil Consorzio auf das Urteil Aquino verwiesen und es im Hinblick auf eine nationale Verfahrensvorschrift bestätigt, nach der der Streitgegenstand durch das zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsbehelfs geltend gemachte Vorbringen bestimmt wird ( 45 ). Auch hier betraf die nationale Verfahrensvorschrift eine formale Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage und räumte dem nationalen Gericht keinen Spielraum bei der Auswahl der Fälle ein.

74.

Nach alledem überzeugen mich die auf das Urteil Aquino gestützten Argumente der Regierungen nicht. Im Anschluss werde ich nun erläutern, warum meines Erachtens auch ihre Auslegung von Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht gut mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Wesen und Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens in Einklang zu bringen ist.

d) Wesen und Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens

75.

Wie der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat, besteht das Schlüsselelement des Gerichtssystems der Union, wie es von den Verfassern der Verträge gestaltet wurde, in dem in Art. 267 AEUV vorgesehenen Vorabentscheidungsverfahren. Dieses Verfahren soll durch die Einführung eines Mechanismus des Dialogs von Gericht zu Gericht gerade zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten die einheitliche Auslegung des Unionsrechts gewährleisten und damit die Sicherstellung seiner Kohärenz, seiner vollen Geltung und seiner Autonomie sowie letztlich des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts ermöglichen ( 46 ). Wie der Gerichtshof festgestellt hat, soll dieses Verfahren sicherstellen, dass das Unionsrecht unter allen Umständen in allen Mitgliedstaaten die gleiche Wirkung hat, und damit unterschiedliche Auslegungen des von den einzelstaatlichen Gerichten anzuwendenden Unionsrechts verhindern ( 47 ).

76.

Das geschaffene System sieht daher eine direkte und enge Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten vor, in deren Rahmen diese an der ordnungsgemäßen Anwendung und einheitlichen Auslegung des Unionsrechts sowie am Schutz der den Einzelnen von dieser Rechtsordnung gewährten Rechte mitwirken ( 48 ). Im Hinblick auf diesen zweiten Aspekt möchte ich betonen, dass das Vorabentscheidungsverfahren ein unverzichtbarer Bestandteil des von den Verfassern der Verträge entworfenen Systems von Rechtsbehelfen ist, durch das sichergestellt werden soll, dass – wie in Art. 19 Abs. 1 EUV und Art. 47 der Charta vorgesehen – jede Person, deren auf das Unionsrecht gestützte Rechte durch eine Handlung (oder Unterlassung) der Unionsorgane oder der nationalen Behörden verletzt werden, einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz erhalten kann ( 49 ).

77.

Dennoch bin ich mir natürlich des Umstands bewusst, dass das Vorabentscheidungsverfahren eine Form des Dialogs zwischen den Gerichten ist und kein „den Parteien eines bei einem innerstaatlichen Gericht anhängigen Rechtsstreits [eröffneter] Rechtsbehelf“ ( 50 ). Die Parteien des nationalen Verfahrens haben in der Tat kein subjektives Recht darauf, von einem nationalen Gericht eine Vorlage an den Gerichtshof zu verlangen. Daher muss das betreffende Gericht nicht schon allein deshalb, weil eine Partei geltend macht, der Rechtsstreit werfe eine Frage nach der Auslegung des Unionsrechts auf, davon ausgehen, dass eine solche Frage im Sinne von Art. 267 AEUV „gestellt“ worden ist ( 51 ).

78.

Dessen ungeachtet ergibt sich meines Erachtens aus Art. 267 Abs. 3 AEUV unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 1 EUV und Art. 47 der Charta, dass ein „einzelstaatliche[s] Gericht …, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“, in jedem Fall von vornherein identifizierbar sein sollte. Der Grund dafür ist, dass jede Prozesspartei – wenn sie die einschlägigen Voraussetzungen erfüllt – die Möglichkeit haben sollte, zu erreichen, dass die Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts, die von ihr im Rahmen des nationalen Verfahrens ordnungsgemäß aufgeworfen worden sind und von denen die Entscheidung über ihren Rechtsstreit abhängen könnte, von dem zur Auslegung des Unionsrechts befugten Organ geprüft werden: dem Gerichtshof der Europäischen Union. Deshalb muss es innerhalb des nationalen Gerichtssystems stets ein Gericht geben, das das in letzter Instanz entscheidende Gericht ist und somit in einem gegebenen Rechtsstreit zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen von Art. 267 Abs. 3 AEUV erfüllt sind.

79.

Insoweit ist hervorzuheben, dass Gesichtspunkte wie der Streitwert, der geringe Umfang der behaupteten Rechtsverletzung oder die Bedeutung der im Fall aufgeworfenen Rechtsfragen im Hinblick auf Art. 267 Abs. 3 AEUV unerheblich sind. Entscheidend ist allein, ob in Bezug auf die aufgeworfene Frage des Unionsrechts die Ausnahmen nach der CILFIT‑Rechtsprechung Anwendung finden oder nicht.

80.

In diesem Zusammenhang möchte ich erneut darauf hinweisen, dass die nationalen Gerichte bei der Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens nicht nur als nationale Gerichte, sondern auch als „Unionsgerichte“ auf der Grundlage der sich aus Art. 267 AEUV ergebenden Befugnisse (und gegebenenfalls der darin vorgesehenen Pflicht) handeln. Mit dem von diesen Gerichten eingeleiteten Verfahren wird, wie schon gesagt, ein doppelter Zweck verfolgt: (i) ein Makrozweck von herausragendem öffentlichen Interesse, die Einheit, die Kohärenz und die Autonomie des Unionsrechts zu gewährleisten, sowie der damit untrennbar verbundene (ii) Mikrozweck, der im Wesentlichen im privaten Interesse liegt, den wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz des Einzelnen im Bereich des Unionsrechts zu gewährleisten ( 52 ).

81.

Vor diesem Hintergrund erscheint es mir ziemlich eindeutig, dass Filtermechanismen, die den letztinstanzlichen nationalen Gerichten in Bezug auf die Fälle und/oder Rechtsfragen, über die im Rahmen eines Rechtsmittels entschieden wird, einen Spielraum lassen, verhindern könnten, dass diese beiden Ziele „unter allen Umständen“ verwirklicht werden ( 53 ). Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden von den Obergerichten bestätigt, ohne dass geprüft wird, ob die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts richtig war, ungeachtet der Tatsache, dass ein Rechtsmittelführer möglicherweise ordnungsgemäß geltend gemacht und nachgewiesen hat, dass andere Auslegungen dieser Bestimmungen plausibel sind.

82.

Das hat zur Folge, dass sich eine fehlerhafte Auslegung des Unionsrechts in der nationalen Rechtsprechung verfestigen kann, was zu voneinander abweichenden Gerichtsentscheidungen innerhalb der Union führt. Zudem wird der Partei die Möglichkeit genommen, zu erreichen, dass sich der Gerichtshof mit ihrem Vorbringen zur richtigen Auslegung der von ihr herangezogenen Bestimmungen des Unionsrechts befasst.

83.

Meine diesbezüglichen Feststellungen werden nicht durch das von einigen Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argument in Frage gestellt, dass diese Probleme vermieden werden könnten, wenn man in Fällen, in denen die Zulassung eines Rechtsmittels abgelehnt werde, das untergeordnete Gericht als letztinstanzliches Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV ansehe. Diese Beteiligten verweisen auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach davon ausgegangen werden könne, dass ein untergeordnetes Gericht in dieser Eigenschaft handele, wenn seine Entscheidung in einem gegebenen Rechtsstreit rechtskräftig sei, da sie nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden könne ( 54 ).

84.

Diese Rechtsprechung ist jedoch auf Sachverhalte wie den vorliegenden nicht übertragbar. Wie der Gerichtshof im Urteil Lyckeskog festgestellt hat, kann ein untergeordnetes Gericht nicht als „letztinstanzliches Gericht“ angesehen werden, wenn ein Rechtsbehelf gegen dessen Entscheidung möglich ist, aber nur nach vorheriger Zulassungserklärung durch das oberste Gericht in der Sache geprüft werden kann ( 55 ). Das ist ein sinnvoller Ansatz, denn wie sollte das untergeordnete Gericht im Rahmen der Prüfung der Begründetheit einer Klage wissen, ob das übergeordnete Gericht einen zukünftigen Rechtsbehelf zulassen würde?

e) Zwischenergebnis

85.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen teile ich die Ansicht der lettischen, der niederländischen, der slowenischen und der finnischen Regierung, dass die Mitgliedstaaten bei der Einführung und Gestaltung von Filtermechanismen, die ihren letztinstanzlichen Gerichten eine Auswahl der Rechtssachen ermöglichen, über die diese Gerichte in Rechtsmittelverfahren entscheiden möchten, über ein weites Ermessen verfügen. Ich teile auch die Auffassung dieser Regierungen, dass nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie die Vereinbarkeit solcher Mechanismen mit dem Unionsrecht in erster Linie von der Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität abhängt. Es ist schließlich durchaus vernünftig, davon auszugehen, dass dem Äquivalenzgrundsatz in diesem Zusammenhang eine grundlegende Bedeutung zukommt: Bei der Entscheidung über die Zulassung eines Rechtsmittels sollten die nationalen Gerichte Fragen des nationalen Rechts und Fragen des Unionsrechts gleichbehandeln.

86.

Gleichwohl habe ich aus den vorstehend dargelegten Gründen Zweifel, dass der Effektivitätsgrundsatz immer gewahrt bleibt, wenn Filtermechanismen den letztinstanzlichen nationalen Gerichten ein gewisses Ermessen bei der Auswahl der Fälle einräumen. Solche Mechanismen können es diesen Gerichten ermöglichen, die Prüfung zu vermeiden, ob die in Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Solche Mechanismen haben daher de facto die Wirkung, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Vorlagepflicht durch eine Ermessensentscheidung ersetzt wird ( 56 ).

87.

Bedeutet dies jedoch, dass Filtermechanismen wie der in Rede stehende zwangsläufig mit dem Unionsrecht unvereinbar sind?

3. Filtermechanismen: Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts im Einklang mit den Urteilen CILFIT und Consorzio

88.

Ich möchte nachstehend erläutern, warum dies meines Erachtens nicht allgemein der Fall ist. Ich bin nämlich der Ansicht, dass in den meisten Fällen die Auslegung und Anwendung der einschlägigen nationalen Vorschriften im Einklang mit den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Grundsätzen die Vereinbarkeit solcher Mechanismen mit dem Unionsrecht sicherstellen wird. Dabei würden die betreffenden Gerichte im Grunde die im nationalen Recht vorgesehenen Filterkriterien anwenden und zugleich den Besonderheiten des Unionsrechts Rechnung tragen.

89.

Meines Erachtens folgt dies insbesondere aus dem unlängst ergangenen Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Consorzio. Angesichts der Bedeutung dieses Urteils halte ich es für angebracht, seine wesentlichen Aussagen in Erinnerung zu rufen (a), bevor ich erläutere, warum es in der vorliegenden Rechtssache besonders relevant erscheint (b).

a) Consorzio

90.

Der Prozess der Präzisierung der Ausnahmen von der Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV hat seinen Höhepunkt in dem unlängst ergangenen Urteil der Großen Kammer des Gerichtshofs in der Rechtssache Consorzio gefunden. Dieses Urteil ist aus mehreren Gründen besonders bemerkenswert.

91.

Zunächst hat der Gerichtshof, nach eingehender Überlegung und trotz der Vorschläge mehrerer Generalanwälte, seinen Ansatz ganz oder teilweise zu überdenken ( 57 ), beschlossen, die CILFIT‑Rechtsprechung weitgehend zu bestätigen.

92.

Außerdem hat der Gerichtshof – vermutlich in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) ( 58 ) – entschieden, dass sich aus dem mit Art. 267 AEUV eingeführten System unter Berücksichtigung von Art. 47 der Charta ergibt, dass dann, wenn ein in letzter Instanz entscheidendes nationales Gericht annimmt, dass es aufgrund einer der Ausnahmen der CILFIT‑Rechtsprechung von seiner Vorlagepflicht befreit ist, „die Begründung seiner Entscheidung entweder erkennen lassen muss, dass die aufgeworfene unionsrechtliche Frage für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich ist oder dass sich die Auslegung der betreffenden Unionsrechtsvorschrift auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs stützt oder – wenn es keine solche Rechtsprechung gibt – dass die Auslegung des Unionsrechts … derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“ ( 59 ).

93.

Schließlich hat der Gerichtshof die Gelegenheit genutzt, bestimmte Aspekte der Ausnahme des „acte clair“ weiterzuentwickeln. Auch wenn diese Entwicklungen im Allgemeinen kohärent mit den wesentlichen Grundsätzen seiner früheren Entscheidungen sind, sind sie keinesfalls von geringer Bedeutung. Ich möchte den Blick auf fünf Aspekte dieses Urteils lenken.

94.

Erstens hat der Gerichtshof in gewissem Umfang die Tragweite der Verpflichtung der letztinstanzlichen Gerichte eingeschränkt, sicherzustellen, dass die Antwort auf die unionsrechtliche Frage, die sie für offensichtlich halten, für die anderen Unionsgerichte ebenso offensichtlich ist. In Rn. 40 des Urteils Consorzio wird Bezug genommen auf „die übrigen letztinstanzlichen Gerichte der Mitgliedstaaten und den Gerichtshof“ ( 60 ).

95.

Zweitens hat der Gerichtshof auch die Tragweite der Verpflichtung der nationalen Gerichte präzisiert, zu berücksichtigen, dass die Bestimmungen des Unionsrechts in mehreren Sprachen abgefasst sind und dass alle Sprachfassungen verbindlich sind. Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, kann ein in letzter Instanz entscheidendes Gericht zwar nicht verpflichtet sein, „jede Sprachfassung der in Rede stehenden Unionsvorschrift“ zu prüfen. Gleichwohl muss es „die Unterschiede zwischen den ihm bekannten Sprachfassungen dieser Vorschrift berücksichtigen, insbesondere wenn diese Abweichungen von den Parteien vorgetragen werden und erwiesen sind“ ( 61 ).

96.

Drittens hat der Gerichtshof auch versucht, den Grad der Unsicherheit genauer zu definieren, der erreicht werden muss, um die Vorlagepflicht auszulösen. Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass „die bloße Möglichkeit, von einer Vorschrift des Unionsrechts eine oder mehrere weitere Auslegungen vornehmen zu können, sofern keine von ihnen dem betreffenden einzelstaatlichen Gericht … hinreichend plausibel erscheint, nicht die Annahme begründen, dass an der richtigen Auslegung dieser Vorschrift ein vernünftiger Zweifel besteht“ ( 62 ).

97.

Viertens hat der Gerichtshof sich dazu geäußert, welche Bedeutung dem Bestehen voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen zu der in Rede stehenden Auslegungsfrage beizumessen ist. Hierzu hat er ausgeführt: „Wenn dem in letzter Instanz entscheidenden einzelstaatlichen Gericht jedoch das Vorliegen voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen – von Gerichten ein und desselben Mitgliedstaats oder zwischen Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten – zur Auslegung einer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Vorschrift des Unionsrechts zur Kenntnis gebracht wird, muss es bei seiner Beurteilung der Frage, ob es an einem vernünftigen Zweifel in Bezug auf die richtige Auslegung der fraglichen Unionsrechtsvorschrift fehlt, besonders sorgfältig sein …“ ( 63 ).

98.

Fünftens hat der Gerichtshof zwar in einigen früheren Entscheidungen von den nationalen Gerichten die Feststellung verlangt, dass „die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“ ( 64 ), aber im Urteil Consorzio verweist er auf die Notwendigkeit der Feststellung, dass „die richtige Auslegung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“ ( 65 ). Insoweit, wahrscheinlich in Anlehnung an die Ausführungen des Generalanwalts Bobek ( 66 ), findet sich der Begriff „Anwendung“ im Wortlaut des Urteils recht selten ( 67 ), und darin wird auch ausdrücklich zwischen den Tätigkeiten der Rechtsanwendung und der Rechtsauslegung unterschieden ( 68 ).

99.

Ich werde nun erläutern, warum bestimmte Aspekte dieses Urteils für die in Rede stehende Rechtsfrage von besonderer Bedeutung sind.

b) Rolle der Parteien, Erforderlichkeit des Kriteriums und Begriff „acte clair“

100.

Meines Erachtens lassen sich Filtermechanismen wie der in Rede stehende weitgehend unter den in der Rechtsprechung – insbesondere unter Berücksichtigung der Präzisierungen des Gerichtshofs im Urteil Consorzio – entwickelten Ausnahmen von der in Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Vorlagepflicht „unterbringen“.

101.

Erstens bin ich im Gegensatz zu einem Teil der Lehre ( 69 ) nicht der Ansicht, dass die Umformulierung einer Reihe von Passagen aus der bisherigen Rechtsprechung, die der Gerichtshof im Urteil Consorzio vorgenommen hat – Verlagerung des Fokus von der Anwendung auf die Auslegung des Unionsrechts – aus stilistischen Gründen erfolgt ist. Meines Erachtens lässt sie eher ein schrittweise verändertes Verständnis von Gegenstand und Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens und folglich der Tragweite der in Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Vorlagepflicht erkennen.

102.

Ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass es nicht immer leicht ist, zwischen Auslegung und Anwendung zu unterscheiden, und dass die beiden Tätigkeiten häufig miteinander verwoben sind ( 70 ). Ich bin jedoch davon überzeugt, dass zwischen beiden ein begrifflicher Unterschied besteht. Ich möchte allerdings nicht den Versuch unternehmen, diese Begriffe wissenschaftlich genau zu definieren. Für die Zwecke der vorliegenden Schlussanträge genügt der Hinweis, dass „Auslegung“ eine Art gedanklicher Tätigkeit ist ( 71 ), die im Wesentlichen darin besteht, mit einem gewissen Abstraktionsgrad die Bedeutung und Tragweite einer Rechtsvorschrift zu bestimmen ( 72 ). Die „Anwendung“ hingegen ist die Tätigkeit, eine Rechtsvorschrift, deren Bedeutung und Tragweite bereits bestimmt worden ist, in einem gegebenen Rechtsstreit einzusetzen und daraus die konkreten Konsequenzen für einen bestimmten Sachverhalt zu ziehen ( 73 ).

103.

Man darf nicht außer Acht lassen, dass der Gerichtshof selbst genau in diesem Zusammenhang zwischen den beiden Begriffen unterschieden hat. Nach ständiger Rechtsprechung haben die nationalen Gerichte und der Gerichtshof innerhalb des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Systems unterschiedliche, aber einander ergänzende Aufgaben: Die nationalen Gerichte wenden das Unionsrecht auf den Rechtsstreit an, während der Gerichtshof das Unionsrecht auslegen muss, um sie zu unterstützen. Beide Aufgaben sind – wie der Gerichtshof betont hat – für die Wahrung der Natur des durch die Verträge geschaffenen Rechts wesentlich ( 74 ).

104.

Der Wortlaut von Art. 267 AEUV ist schließlich in der Hinsicht recht eindeutig, dass der Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens (abgesehen von Fragen zur Gültigkeit) darin besteht, über die „Auslegung der Verträge“ zu entscheiden. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs dieses Verfahrens ist auch nicht erforderlich, damit es sein doppeltes Ziel erreichen kann. Zum einen beeinträchtigen Fälle einer potenziell fehlerhaften Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften nicht die Einheit, die Kohärenz und die Autonomie des Unionsrechts. Zum anderen ginge es erheblich zu weit, wenn man annähme, dass der Gerichtshof, um einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz des Einzelnen zu gewährleisten, gemäß Art. 267 AEUV eine Art Mikroüberwachung der täglichen Anwendung des Unionsrechts durch Tausende nationaler Gerichte durchführen müsste.

105.

Der Umstand, dass der Gerichtshof in einigen Fällen bereit ist, seine Aufgabe nach Art. 267 AEUV extensiv wahrzunehmen, um den vorlegenden Gerichten so weit wie möglich zu helfen, und daher eine auf den Sachverhalt des vorgelegten Falles zugeschnittene Antwort zu geben, kann nicht als Hinweis auf den wirklichen Gegenstand und Zweck des Verfahrens angesehen werden ( 75 ). Der Gerichtshof kann sich zum Ausgang konkreter Fälle äußern, muss das aber nicht. Dementsprechend können auch die letztinstanzlichen nationalen Gerichte solche Rechtssachen vorlegen, müssen es aber nicht ( 76 ).

106.

Zweitens ist klar, dass das Urteil Consorzio die Rolle der Parteien im Hinblick auf Vorabentscheidungsverfahren gestärkt hat ( 77 ). Es ist in erster Linie ihre Aufgabe, eine unionsrechtliche Frage aufzuwerfen und dem zuständigen nationalen Gericht ausreichende Informationen (und gegebenenfalls Nachweise) vorzulegen, aus denen sich ergibt, dass vernünftige Zweifel an der Auslegung der Vorschriften des Unionsrechts bestehen, die Gegenstand der Aufforderung an das nationale Gericht sind, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen ( 78 ). Insoweit ist der Rechtsmittelführer nicht nur verpflichtet, darzulegen, dass die einschlägige Vorschrift des Unionsrechts von einem – ich möchte es so formulieren – angemessen informierten und durchschnittlich sorgfältigen Gericht in mehr als einer Weise ausgelegt werden kann. Im Urteil Consorzio ist die Latte höher gelegt worden: Es muss mehr als eine Auslegung geben, die besonders erfahrenen Richtern „hinreichend plausibel“ erscheint (da insoweit die „letztinstanzlichen Gerichte der Mitgliedstaaten und de[r] Gerichtshof“ den Maßstab bilden).

107.

Die Parteien eines Rechtsstreits können nicht erwarten, dass letztinstanzliche nationale Gerichte regelmäßig von Amts wegen unionsrechtliche Fragen vorlegen, die sie als Parteien nicht aufgeworfen haben. Sie können auch nicht erwarten, dass diese Gerichte sich mit Anträgen auf Anrufung des Gerichtshofs befassen, die vage, unklar oder unsubstantiiert sind. Der Grundsatz vigilantibus non dormientibus iura succurrunt (das Recht hilft den Wachsamen, nicht den Schlafenden) trifft in diesem Zusammenhang zweifellos zu. Außerdem kann von den nationalen Gerichten nicht verlangt werden, dass sie auf vorgeschobene Argumente und Anträge auf Vorabentscheidungsersuchen eingehen, die auf einen Verfahrensmissbrauch hinauslaufen oder lediglich der Prozessverschleppung dienen ( 79 ).

108.

Daher ist der Bereich, in dem möglicherweise Spannungen zwischen nationalen Filtermechanismen wie dem in Rede stehenden und Art. 267 AEUV auftreten können, auf Rechtsmittel beschränkt, in denen eine Partei ordnungsgemäß eine echte Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufgeworfen hat, wobei die Partei substantiiert zum Vorliegen mehr als einer plausiblen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts vorgetragen und das vorlegende Gericht ausdrücklich aufgefordert hat, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen.

4. Ergebnis zur ersten Frage

109.

Nach alledem bin ich der Auffassung, dass Art. 267 Abs. 3 AEUV eine klare und unbedingte Pflicht der in letzter Instanz entscheidenden einzelstaatlichen Gerichte begründet, für die nur die in der CILFIT‑Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen gelten.

110.

Dementsprechend verfügt ein solches Gericht, wenn ein Rechtsmittelführer ordnungsgemäß eine echte Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufgeworfen hat, wobei er substantiiert zum Vorliegen mehr als einer plausiblen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts vorgetragen und das vorlegende Gericht ausdrücklich aufgefordert hat, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, nicht über Ermessen im Hinblick auf die Frage, ob es eine Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen vornimmt, die seine Vorlagepflicht auslösen. Ein nationaler Mechanismus, der insoweit einen gewissen Grad an Ermessen einräumt, ist meines Erachtens mit dem Unionsrecht unvereinbar.

111.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass das keinesfalls bedeutet, dass das nationale Gericht jedes Mal, wenn die Vorlagepflicht ausgelöst wird, verpflichtet ist, das Rechtsmittel zuzulassen und den Fall in der Sache zu prüfen. Wie der Gerichtshof im Urteil Lyckeskog ausgeführt hat, ist ein in letzter Instanz entscheidendes nationales Gericht, dem eine Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt wird, wenn ein Filtermechanismus wie der in Rede stehende eingreift, „verpflichtet, dem Gerichtshof entweder im Stadium der Zulassungsprüfung oder in einem späteren Stadium eine Vorabentscheidungsfrage vorzulegen“ ( 80 ).

112.

Nach ständiger Rechtsprechung ist es nämlich grundsätzlich Sache des vorlegenden Gerichts, zu entscheiden, in welchem Verfahrensstadium es ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof richten soll ( 81 ). Wie der Gerichtshof festgestellt hat, „kann es zwar im Interesse einer geordneten Rechtspflege liegen, dass eine Vorlagefrage erst im Anschluss an eine streitige Verhandlung vorgelegt wird. Es ist jedoch festzustellen, dass eine vorherige streitige Verhandlung nicht zu den Voraussetzungen für die Durchführung des in Art. 267 AEUV vorgesehenen Verfahrens gehört“ ( 82 ).

113.

Allerdings räumt die Rechtsprechung den in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichten einen gewissen Spielraum ein, wenn sie die betreffende Prüfung vornehmen. Die Anwendung der CILFIT‑Kriterien auf einen konkreten Rechtsstreit ist keineswegs ein rein mechanischer Vorgang. Sie erfordert die Bewertung einer Reihe von Gesichtspunkten, die – sowohl isoliert betrachtet als auch bei einer abschließenden Gesamtwürdigung – den einzelstaatlichen Gerichten zwangsläufig einen gewissen Spielraum lassen.

114.

In der Vergangenheit gab es unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob dieser Spielraum groß genug ist, um den letztinstanzlichen nationalen Gerichte zu ermöglichen, ihre richterlichen Aufgaben in angemessener und effizienter Weise wahrzunehmen ( 83 ). Insoweit möchte ich lediglich anmerken, dass dieser Spielraum nach dem Urteil Consorzio sicherlich größer geworden ist, und, was die Frage anbelangt, die im Mittelpunkt der vorliegenden Rechtssache steht, in Bezug auf Aspekte größer geworden ist, die von einer gewissen Bedeutung sind.

115.

Dies führt mich zu folgendem Ergebnis.

116.

Ich bin einerseits der Ansicht, dass Filtermechanismen wie der in Rede stehende, wenn sie rein mechanisch auf Fälle angewandt werden, in denen echte Fragen des Unionsrechts aufgeworfen werden, mit Art. 267 Abs. 3 AEUV unvereinbar sind. Der bloße Umstand, dass ein Fall die im nationalen Recht festgelegten Filterkriterien nicht erfüllt, kann es den letztinstanzlich entscheidenden nationalen Gerichten nicht erlauben, von der Prüfung abzusehen, ob – wie es das vorlegende Gericht formuliert hat – „sich aus dem Antrag der Partei, den Gerichtshof der Europäischen Union mit einem Vorabentscheidungsersuchen zu befassen, eine Verpflichtung des Obersten Gerichtshofs ableitet, dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen“.

117.

Andererseits denke ich auch, dass die nationalen Gerichte dazu in der Lage sein sollten, die in Rede stehenden nationalen Verfahrensvorschriften so auszulegen und anzuwenden, dass die Wahrung von Art. 267 Abs. 3 AEUV in seiner Auslegung durch den Gerichtshof in den Urteilen CILFIT und Consorzio sichergestellt ist.

118.

Dies trifft sicherlich auf nationale Regelungen wie die hier in Rede stehende zu, bei denen die im nationalen Recht festgelegten Filterkriterien weitgehend die von den Ausnahmen der CILFIT‑Rechtsprechung erfassten Fallgruppen aufzugreifen scheinen. Die drei konkret in Art. 367a ZPP aufgeführten Fallgruppen – Rechtsfragen, bei denen i) „die Entscheidung des zweitinstanzlichen Gerichts von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht“, ii) „es keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gibt, insbesondere wenn die Rechtsprechung der Obergerichte nicht einheitlich ist“, und iii) „die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht einheitlich ist“ – entsprechen nämlich im Wesentlichen den Ausnahmen des „acte clair“ und des „acte éclairé“.

119.

Folglich würde das vorlegende Gericht, wenn es diese Filterkriterien mit einem ordentlichen Schuss Äquivalenzgrundsatz anwendet, de facto der CILFIT‑Rechtsprechung folgen. Es versteht sich schließlich von selbst, dass Art. 267 AEUV nicht dazu führen kann, letztinstanzlich entscheidende nationale Gerichte davon abzuhalten, sich größtenteils auf Fragen zu konzentrieren, die, wie es in Art. 367a ZPP heißt, „zur Gewährleistung der Rechtssicherheit, der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung von Bedeutung [sind]“.

120.

Wie in der Einleitung der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, verfolgen die Filtermechanismen legitime Ziele des Allgemeininteresses. Eine Auslegung des Unionsrechts dahin, dass die nationalen Gerichte verpflichtet sind, die nationalen Vorschriften, die einen solchen Mechanismus vorsehen, immer dann unangewendet zu lassen, wenn vor ihnen eine Frage des Unionsrechts wirksam aufgeworfen wird, geht meines Erachtens über das hinaus, was in den meisten Fällen erforderlich und ausreichend ist, um die praktische Wirksamkeit von Art. 267 AEUV zu wahren.

121.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 267 Abs. 3 AEUV einer nationalen Bestimmung oder Praxis entgegensteht, nach der ein letztinstanzlich entscheidendes nationales Gericht im Rahmen eines Verfahrens über die Zulassung einer Revision nicht zu der Prüfung verpflichtet ist, ob es zur Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens verpflichtet sein kann, wenn eine Partei ordnungsgemäß eine echte Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufgeworfen und dabei substantiiert zum Vorliegen mehr als einer hinreichend plausiblen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts vorgetragen sowie das nationale Gericht ausdrücklich aufgefordert hat, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen. Es ist Sache der nationalen Gerichte, die einschlägigen Verfahrensvorschriften so auszulegen, dass die Wahrung des Unionsrechts möglichst sichergestellt ist.

B.   Zweite Frage

122.

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 267 AEUV im Licht von Art. 47 Abs. 2 der Charta dahin auszulegen ist, dass ein Beschluss, mit dem der Antrag einer Partei auf Zulassung eines Rechtsmittels zum letztinstanzlichen Gericht abgelehnt wird, eine gerichtliche Entscheidung ist, die die Gründe enthalten muss, aus denen dem Antrag der Partei, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, nicht stattzugeben ist.

123.

Wie ich ausgeführt habe, ist ein in letzter Instanz entscheidendes nationales Gericht, wenn vor ihm eine Frage nach der Auslegung des Unionsrechts ordnungsgemäß aufgeworfen wird, nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dazu verpflichtet, zu prüfen, ob seine Vorlagepflicht ausgelöst wird. Das bedeutet, dass eine Entscheidung eines solchen Gerichts, mit der die Zulassung eines Rechtsmittels abgelehnt und das Rechtsmittelverfahren beendet wird, ohne dass eine Vorlage gemäß Art. 267 AEUV erfolgt, eine gerichtliche Entscheidung ist, in der – wie der Gerichtshof in Rn. 51 des Urteils Consorzio ausgeführt hat – die Gründe enthalten sein müssen, aus denen das Gericht zu der Auffassung gelangt ist, dass „die aufgeworfene unionsrechtliche Frage für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich ist oder dass sich die Auslegung der betreffenden Unionsrechtsvorschrift auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs stützt oder – wenn es keine solche Rechtsprechung gibt – dass die Auslegung des Unionsrechts … derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“.

124.

Im vorliegenden Verfahren haben die Beteiligten, die Erklärungen eingereicht haben, ausführlich erörtert, welche Art von Begründung erforderlich ist und wie detailliert sie ausfallen muss. Auch wenn diese Frage vom vorlegenden Gericht nicht ausdrücklich aufgeworfen worden ist, bietet die vorliegende Rechtssache meines Erachtens eine gute Gelegenheit, hierzu einige Überlegungen anzustellen.

125.

Es erscheint mir wichtig, zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof die Begründungspflicht aus Art. 267 AEUV im Licht von Art. 47 Abs. 2 der Charta abgeleitet hat. Diese Bestimmung garantiert das Recht auf ein faires Verfahren, das sich auch aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten ergibt und Art. 6 Abs. 1 EMRK entspricht ( 84 ).

126.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt das Recht auf ein faires Verfahren, dass jede endgültige gerichtliche Entscheidung mit Gründen zu versehen ist, damit der Beklagte die Gründe seiner Verurteilung verstehen und überlegen kann, ob er einen der gegebenenfalls zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe einlegen möchte ( 85 ). Darüber hinaus dient das Recht auf eine mit Gründen versehene Entscheidung auch – eher indirekt – „dem allgemeinen Grundsatz, … dass der Einzelne vor Willkür zu schützen ist, indem den Parteien dargelegt wird, dass sie angehört worden sind, und verpflichtet die Gerichte, ihre Entscheidungen auf objektive Gründe zu stützen“ ( 86 ).

127.

Im Einklang mit diesen Zielen hat der Gerichtshof festgestellt, dass „der Umfang der Begründungspflicht je nach Art der in Rede stehenden gerichtlichen Entscheidung variieren kann und im Hinblick auf das Verfahren als Ganzes und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände und der mit dieser Entscheidung einhergehenden Verfahrensgarantien zu beurteilen ist“ ( 87 ).

128.

Nach meinem Verständnis ist eine Entscheidung, mit der die Zulassung eines Rechtsmittels abgelehnt wird, eine Rechtshandlung, bei der im Interesse der Prozessökonomie die Fälle eher summarisch und standardisiert behandelt werden können. Daher muss diese Entscheidung meines Erachtens keine Begründung enthalten, in der auf den Sachverhalt, den rechtlichen Rahmen und die verschiedenen Rechtsmittelgründe eingegangen wird. Im Rahmen von Art. 267 AEUV dürfte es im Normalfall ausreichen, dass das nationale Gericht (i) die CILFIT‑Ausnahme, auf die es sich stützt, ausdrücklich angibt, und (ii) kurz und bündig darlegt, aus welchem Grund diese Ausnahme für einschlägig erachtet wurde ( 88 ). Wenn es z. B. eine gefestigte Rechtsprechung gibt, sollte ein bloßer Verweis auf diese Rechtsprechung für gewöhnlich genügen, insbesondere wenn eine Partei nicht im Einzelnen darlegt, warum eine Abweichung von dieser Rechtsprechung gerechtfertigt sein sollte.

129.

Natürlich kann von den nationalen Gerichten nicht verlangt werden, dass sie alle Argumente der Partei, die eine Frage des Unionsrechts aufgeworfen hat, erschöpfend und einzeln behandeln ( 89 ). Unter bestimmten Umständen kann sich die Argumentation des betreffenden Gerichts nämlich auch implizit ergeben ( 90 ). Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn das Rechtsmittel der Partei unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist ( 91 ), wenn die zur Rechtfertigung einer Vorlage angeführten Gründe vage oder zu allgemein gehalten sind ( 92 ), oder wenn die Gründe für die Nichtzulassung sich klar aus den Gründen ableiten lassen, die in der übrigen Entscheidung oder in den Entscheidungen untergeordneter Gerichte dargelegt werden ( 93 ).

130.

Dagegen kann nicht ausgeschlossen werden, dass unter bestimmten besonderen Umständen eine detailliertere Begründung erforderlich ist ( 94 ). Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Partei auf eine unterschiedliche Entwicklung der Rechtsprechung innerhalb der Europäischen Union oder auf bedeutende Abweichungen der unterschiedlichen Sprachfassungen der einschlägigen Bestimmungen hingewiesen hat.

131.

Insoweit kommt es entscheidend darauf an, ob die Rechtsmittelführer in der Lage sind, die Gründe zu verstehen, aus denen ihre Aufforderung zur Anrufung des Gerichtshofs abgelehnt wurde, und ob von solchen Rechtsmittelführern möglicherweise angerufene Gerichte sachgerecht über deren Rügen entscheiden können. Es sollte nicht übersehen werden, dass es, auch wenn die Entscheidungen eines letztinstanzlichen Gerichts in der Regel nicht angefochten werden können, andere Rechtsbehelfe geben kann, die gegebenenfalls bei einem Verstoß gegen Art. 267 Abs. 3 AEUV eingelegt werden können.

132.

Zum einen kann der Rechtsmittelführer, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, vor den nationalen Gerichten eine Staatshaftungsklage erheben ( 95 ). Zum anderen könnte die Kommission (oder ein anderer Mitgliedstaat) beim Gerichtshof ein Vertragsverletzungsverfahren nach den Art. 258 bis 260 AEUV gegen den als säumig angesehenen Mitgliedstaat einleiten ( 96 ).

133.

Nach alledem bin ich der Ansicht, dass Art. 267 AEUV im Licht von Art. 47 Abs. 2 der Charta dahin auszulegen ist, dass eine Entscheidung eines in letzter Instanz entscheidenden Gerichts, mit der die Zulassung eines Rechtsmittels abgelehnt und das Verfahren beendet wird, obwohl der Rechtsmittelführer ordnungsgemäß eine Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufgeworfen hat, eine gerichtliche Entscheidung ist, die eine Darstellung der Gründe erfordert, aus denen dieses Gericht der Ansicht ist, dass seine Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV nicht ausgelöst worden ist. Der Umfang der Begründungspflicht variiert je nach den relevanten Umständen.

V. Ergebnis

134.

Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof, Slowenien) wie folgt zu beantworten:

1.

Art. 267 Abs. 3 AEUV steht einer nationalen Bestimmung oder Praxis entgegen, nach der ein letztinstanzlich entscheidendes nationales Gericht im Rahmen eines Verfahrens über die Zulassung einer Revision nicht zu der Prüfung verpflichtet ist, ob es zur Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens verpflichtet sein kann, wenn eine Partei ordnungsgemäß eine echte Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufgeworfen und dabei substantiiert zum Vorliegen mehr als einer hinreichend plausiblen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts vorgetragen sowie das vorlegende Gericht ausdrücklich aufgefordert hat, ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen. Es ist Sache der nationalen Gerichte, die einschlägigen Verfahrensvorschriften so auszulegen, dass die Wahrung des Unionsrechts möglichst sichergestellt ist.

2.

Nach Art. 267 AEUV, ausgelegt im Licht von Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ist eine Entscheidung eines in letzter Instanz entscheidenden Gerichts, mit der die Zulassung eines Rechtsmittels abgelehnt und das Verfahren beendet wird, obwohl der Rechtsmittelführer ordnungsgemäß eine Frage nach der Auslegung des Unionsrechts aufgeworfen hat, eine gerichtliche Entscheidung, die eine Darstellung der Gründe erfordert, aus denen dieses Gericht der Ansicht ist, dass seine Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV nicht ausgelöst worden ist. Der Umfang der Begründungspflicht variiert je nach den relevanten Umständen.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Vgl. z. B. Norkus, R., „Introductory report – The filtering of appeals to the supreme courts“, Network of the Presidents of the Supreme Judicial Courts of the European Union, Dublin, 2015, S. 2, unter Verweis auf ein Beispiel aus dem 16. Jahrhundert.

( 3 ) Einer der bekanntesten Mechanismen ist der (durch das Justizgesetz von 1891 eingeführte) auf dem writ of certiorari beruhende Mechanismus für Rechtsmittel zum Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten.

( 4 ) Forschungsvermerk 13/006.

( 5 ) Vgl. Art. 58a der Satzung in der durch die Verordnung (EU, Euratom) 2019/629 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Änderung des Protokolls Nr. 3 über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (ABl. 2019, L 111, S. 1) geänderten Fassung. Der Vollständigkeit halber sollte ich ergänzen, dass der Unionsgesetzgeber im April 2024 den Anwendungsbereich dieser Bestimmung durch den Erlass einer neuen Verordnung zur Änderung der Satzung, die auf einem entsprechenden Vorschlag des Gerichtshofs der Europäischen Union von Dezember 2022 beruht, erweitert hat.

( 6 ) Im Kern funktioniert dieser Mechanismus so, dass Rechtsmittel in Fällen, die bereits zweimal geprüft worden sind, zuerst durch eine unabhängige Rechtsmittelkammer und dann durch das Gericht, nur zur Prüfung durch den Gerichtshof zugelassen werden, wenn nachgewiesen wird, dass sie eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwerfen.

( 7 ) Uradni list RS, Nr. 73/07.

( 8 ) Uradni list RS, Nr. 105/06.

( 9 ) Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates (ABl. 2013, L 181, S. 15).

( 10 ) In den vorliegenden Schlussanträgen werde ich nicht auf Anmerkungen eingehen, die die Gültigkeit von Unionsrechtsakten betreffen, da diese Frage im vorliegenden Fall unerheblich ist. Es genügt der Hinweis, dass nach ständiger Rechtsprechung die nationalen Gerichte – einschließlich derjenigen, die nicht in letzter Instanz entscheiden – über keinerlei Ermessen verfügen, wenn sie Zweifel an der Gültigkeit eines Unionsrechtsakts haben. Die nationalen Gerichte sind nicht befugt, den fraglichen Rechtsakt für nichtig zu erklären, und sind daher nach Art. 267 AEUV zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet. Vgl. insbesondere Urteil vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost (314/85, EU:C:1987:452, Rn. 20).

( 11 ) Urteil vom 15. März 2017 (C‑3/16, EU:C:2017:209) (im Folgenden: Urteil Aquino).

( 12 ) Urteile vom 6. Oktober 1982, Cilfit u. a. (283/81, EU:C:1982:335, im Folgenden: Urteil CILFIT), und vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi (C‑561/19, EU:C:2021:799, im Folgenden: Urteil Consorzio).

( 13 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Februar 2022, RS (Wirkung der Urteile eines Verfassungsgerichts) (C‑430/21, EU:C:2022:99, Rn. 38) und vom 5. Juni 2023, Kommission/Polen (Unabhängigkeit und Privatleben von Richtern) (C‑204/21, EU:C:2023:442, Rn. 63).

( 14 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2023, Kommission/Polen (Unabhängigkeit und Privatleben von Richtern) (C‑204/21, EU:C:2023:442, Rn. 73).

( 15 ) Vgl. z. B. Urteil vom 14. Mai 2020, Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság Dél-alföldi Regionális Igazgatóság (C‑924/19 PPU und C‑925/19 PPU, EU:C:2020:367, Rn. 142 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 16 ) Vgl. u. a. Urteil vom 15. April 2021, État belge (Nach der Überstellungsentscheidung eingetretene Umstände) (C‑194/19, EU:C:2021:270, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 17 ) Vgl. insbesondere Urteil vom 13. März 2007, Unibet (C‑432/05, EU:C:2007:163, Rn. 40 und 41 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 18 ) In diesem Sinne ebd., Rn. 44.

( 19 ) Auf diese Frage werde ich unten in den Nrn. 117 bis 120 der vorliegenden Schlussanträge zurückkommen.

( 20 ) Hervorhebung nur hier.

( 21 ) Hervorhebung nur hier.

( 22 ) Vgl. unlängst Urteil vom 5. Juni 2023, Kommission/Polen (Unabhängigkeit und Privatleben von Richtern) (C‑204/21, EU:C:2023:442, Rn. 155 und 156 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Hervorhebung nur hier.

( 23 ) Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Cartesio (C‑210/06, EU:C:2008:294, Nr. 15 und 21).

( 24 ) Vgl. z. B. Urteil vom 2. März 2021, A. B. u. a. (Ernennung von Richtern am Obersten Gericht – Rechtsbehelf) (C‑824/18, EU:C:2021:153, Rn. 93 und 94 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 25 ) Dworkin, R., Taking Rights Seriously, Harvard University Press, Cambridge, 1978, S. 31 [frei übersetzt].

( 26 ) Vgl. z. B. Urteil vom 11. Juni 2015, Fahnenbrock u. a. (C‑226/13, C‑245/13 und C‑247/13, EU:C:2015:383, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 27 ) Vgl. z. B. Urteil vom 16. November 2021, Prokuratura Rejonowa w Mińsku Mazowieckim u. a. (C‑748/19 bis C‑754/19, EU:C:2021:931, Rn. 49).

( 28 ) Vgl. u. a. Urteile vom 3. Juli 2019, Eurobolt (C‑644/17, EU:C:2019:555, Rn. 32) und vom 4. September 2019, Salvoni (C‑347/18, EU:C:2019:661, Rn. 46).

( 29 ) Urteil CILFIT, Rn. 21.

( 30 ) Vgl. unlängst Urteil vom 23. November 2023, Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides (Familienverband) (C‑614/22, EU:C:2023:903, Rn. 15 und 16 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 31 ) Vgl. z. B. Urteil vom 18. Juli 2013, Consiglio Nazionale dei Geologi (C‑136/12, EU:C:2013:489, Rn. 26).

( 32 ) Allgemein zur Ausnahme im Hinblick auf die Erforderlichkeit mit weiteren Nachweisen vgl. Broberg, M., und Fenger, N., Broberg and Fenger on Preliminary References to the European Court of Justice, 3. Ausgabe, Oxford University Press, 2021, S. 208 und 209.

( 33 ) Vgl. Urteil CILFIT, Rn. 13 und 14.

( 34 ) Vgl. u. a. Urteil vom 28. Juli 2016, Association France Nature Environnement (C‑379/15, EU:C:2016:603, Rn. 48).

( 35 ) Vgl. Rn. 17 des Urteils CILFIT.

( 36 ) Vgl. Rn. 18 bis 20 des Urteils CILFIT.

( 37 ) Vgl. z. B. Urteile vom 9. September 2015, Ferreira da Silva e Brito u. a. (C‑160/14, EU:C:2015:565, Rn. 45) und vom 9. September 2015, X und van Dijk (C‑72/14 und C‑197/14, EU:C:2015:564, Rn. 55).

( 38 ) Vgl. insbesondere Rn. 56 des Urteils Aquino.

( 39 ) Vgl. insbesondere Rn. 20, 23, 24, 27 und 54 des Urteils Aquino.

( 40 ) Vgl. u. a. Urteile vom 18. März 2010, Alassini u. a. (C‑317/08 bis C‑320/08, EU:C:2010:146, Rn. 61 bis 66), vom 30. Juni 2016, Toma und Biroul Executorului Judecătoresc Horațiu-Vasile Cruduleci (C‑205/15, EU:C:2016:499, Rn. 44) und vom 9. September 2020, Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides (Ablehnung eines Folgeantrags – Rechtsbehelfsfrist) (C‑651/19, EU:C:2020:681, Rn. 53).

( 41 ) Rn. 46 des Urteils. Hervorhebung nur hier.

( 42 ) Rn. 47 des Urteils. Hervorhebung nur hier.

( 43 ) Vgl. insbesondere Nrn. 58, 59 und 64 dieser Schlussanträge (C‑338/95, EU:C:1997:352).

( 44 ) Diese Ausdrücke finden sich jeweils ebd., Nrn. 38, 55 und 64 sowie Nrn. 20, 58 und 62.

( 45 ) Vgl. Rn. 60 bis 65 des Urteils Consorzio.

( 46 ) Vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/13 (Beitritt der Europäischen Union zur EMRK) vom 18. Dezember 2014 (EU:C:2014:2454, Rn. 176 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 47 ) Vgl. z. B. Urteil vom 22. Februar 2022, RS (Wirkung der Urteile eines Verfassungsgerichts) (C‑430/21, EU:C:2022:99, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 48 ) Vgl. Urteil Consorzio, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 49 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Dezember 1992, Oleificio Borelli/Kommission (C‑97/91, EU:C:1992:491, Rn. 13 und 14) und vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 93).

( 50 ) Vgl. Urteil vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA (C‑344/04, EU:C:2006:10, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 51 ) Vgl. unlängst Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar in der Rechtssache Airbnb Ireland und Airbnb Payments UK (C‑83/21, EU:C:2022:545, Nr. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 52 ) Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Profi Credit Polska (Wiederaufnahme eines durch rechtskräftige Entscheidung beendeten Verfahrens) (C‑582/21, EU:C:2023:674, Nr. 83) unter Verweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi (C‑561/19, EU:C:2021:291, Nr. 55, im Folgenden: Schlussanträge Consorzio).

( 53 ) Siehe oben Nr. 75 der vorliegenden Schlussanträge.

( 54 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juli 1964, Costa (6/64, EU:C:1964:66, S. 592), vom 15. September 2005, Intermodal Transports (C‑495/03, EU:C:2005:552, Rn. 30) und Urteil Aquino, Rn. 34.

( 55 ) Urteil vom 4. Juni 2002 (C‑99/00, EU:C:2002:329, Rn. 16 bis 19).

( 56 ) Vgl. entsprechend Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rechtssache Lyckeskog (C‑99/00, EU:C:2002:108, Nr. 63) und des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Cartesio (C‑210/06, EU:C:2008:294, Nr. 20).

( 57 ) Vgl. insbesondere Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Wiener SI (C‑338/95, EU:C:1997:352), des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Gaston Schul Douane-expediteur (C‑461/03, EU:C:2005:415), des Generalanwalts Wahl in den verbundenen Rechtssachen X und van Dijk (C‑72/14 und C‑197/14, EU:C:2015:319), und zu guter Letzt des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Consorzio.

( 58 ) Siehe unten Nrn. 122 bis 133 der vorliegenden Schlussanträge.

( 59 ) Rn. 51 des Urteils Consorzio.

( 60 ) Hervorhebung nur hier.

( 61 ) Rn. 44 des Urteils Consorzio. Hervorhebung nur hier.

( 62 ) Rn. 48 des Urteils Consorzio. Hervorhebung nur hier. Vgl. hierzu auch die Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Consorzio (Nrn. 150 bis 157).

( 63 ) Rn. 49 des Urteils Consorzio. Hervorhebung nur hier.

( 64 ) Vgl. z. B. Urteile vom 9. September 2015, Ferreira da Silva e Brito u. a. (C‑160/14, EU:C:2015:565, Rn. 38 und 40) und vom 9. September 2015, X und van Dijk (C‑72/14 und C‑197/14, EU:C:2015:564, Rn. 55). Hervorhebung nur hier.

( 65 ) Rn. 33 des Urteils Consorzio. Hervorhebung nur hier.

( 66 ) Vgl. seine Schlussanträge in der Rechtssache Consorzio, Nrn. 139 bis 159.

( 67 ) Vgl. die beiläufige Erwähnung in den Rn. 28 und 29 des Urteils.

( 68 ) Vgl. Rn. 30 des Urteils. Darauf werde ich später noch zurückkommen.

( 69 ) Vgl. z. B. Cecchetti, L. und Gallo, D., „The unwritten exceptions to the duty to refer after Consorzio Italian Management II: ‚CILFIT Strategy‘ 2.0 and its loopholes“, Review of European Administrative Law, 2022, S. 29 bis 61.

( 70 ) Vgl. z. B. Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Intermodal Transports (C‑495/03, EU:C:2005:215, Nrn. 86 bis 88).

( 71 ) Kelsen, H., Pure Theory of Law, 2. Ausgabe, 1967, S. 348.

( 72 ) Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Capotorti in der Rechtssache Cilfit u. a. (283/81, EU:C:1982:267, S. 3436) sowie des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Consorzio, Nr. 145.

( 73 ) Vgl. in diesem Sinne Ständiger Internationaler Gerichtshof, Rechtssache Factory at Chorzów (Entschädigungsanspruch – Zuständigkeit) (Abweichende Auffassung von Richter Ehrlich), Slg. CPJI, Serie A, Nr. 9 (1927), 39.

( 74 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Consorzio (Rn. 30 und 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 75 ) Vgl. z. B. Urteil vom 9. März 2021, Radiotelevizija Slovenija (Rufbereitschaft an einem abgelegenen Ort) (C‑344/19, EU:C:2021:182, Rn. 23).

( 76 ) Natürlich kann der Gerichtshof, wenn er der Ansicht ist, dass er für die Beantwortung der Fragen so, wie sie vom vorlegenden Gericht gestellt worden sind, nicht zuständig ist, weil sie zu fallspezifisch sind, die Fragen entweder umformulieren, um so einige allgemeinere Rechtsfragen zu extrapolieren, oder sie ganz oder teilweise für unzulässig erklären.

( 77 ) Ähnlich Millet, F.‑X., „Cilfit still fits“, Bd. 18, Ausgabe 3, European Constitutional Law Review, 2022, S. 533 bis 555.

( 78 ) Vgl. insbesondere Rn. 44, 49 und 51 des Urteils Consorzio.

( 79 ) Vgl. Rn. 24 und 64 des Urteils Consorzio. Allgemein zum Verbot des Rechtsmissbrauchs im Unionsrecht vgl. unlängst Urteil vom 21. Dezember 2023, BMW Bank u. a. (C‑38/21, C‑47/21 und C‑232/21, EU:C:2023:1014, Rn. 281 bis 283).

( 80 ) Urteil vom 4. Juni 2002 (C‑99/00, EU:C:2002:329, Rn. 18). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano in der Rechtssache Lyckeskog (C‑99/00, EU:C:2002:108, Nr. 46).

( 81 ) Vgl. unlängst Urteil vom 4. Mai 2023, Bundesrepublik Deutschland (Elektronisches Gerichtsfach) (C‑60/22, EU:C:2023:373, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 82 ) Urteil vom 1. Februar 2017, Tolley (C‑430/15, EU:C:2017:74, Rn. 32).

( 83 ) Vgl. z. B. Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Wiener SI (C‑338/95, EU:C:1997:352, Nr. 58), des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Gaston Schul Douane-expediteur (C‑461/03, EU:C:2005:415, Nr. 58) sowie des Generalanwalts Tizzano in der Rechtssache Lyckeskog (C‑99/00, EU:C:2002:108, Nr. 63).

( 84 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2012, Trade Agency (C‑619/10, EU:C:2012:531, Rn. 52).

( 85 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 2014, flyLAL-Lithuanian Airlines (C‑302/13, EU:C:2014:2319, Rn. 51).

( 86 ) Vgl. EGMR, Urteil vom 15. Dezember 2022, Rutar und Rutar Marketing d.o.o./Slowenien (CE:ECHR:2022:1215JUD002116420, § 62). Vgl. ähnlich Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Trade Agency (C‑619/10, EU:C:2012:247, Nr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 87 ) Vgl. z. B. Urteil vom 23. Oktober 2014, flyLAL-Lithuanian Airlines (C‑302/13, EU:C:2014:2319, Rn. 52).

( 88 ) Ähnlich Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Consorzio, Nr. 168.

( 89 ) Vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 30. Juni 2022, Rusishvili/Georgien (CE:ECHR:2022:0630JUD001526913, § 75).

( 90 ) Vgl. entsprechend Urteil vom 4. Juli 2019, FTI Touristik/EUIPO (C‑99/18 P, EU:C:2019:565, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 91 ) Vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 24. April 2018, Baydar/Niederlande (CE:ECHR:2018:0424JUD005538514, §§ 42 und 43) und Entscheidung vom 20. Januar 2005, Astikos Oikodomikos Synetairismos Nea Konstantinoupolis/Griechenland (CE:ECHR:2005:0120DEC003780602).

( 92 ) Vgl. in diesem Sinne EGMR, Entscheidung vom 13. Februar 2007, John/Deutschland (CE:ECHR:2007:0213DEC001507303).

( 93 ) Vgl. in diesem Sinne EGMR, Entscheidung vom 26. November 2013, Krikorian/Frankreich (CE:ECHR:2013:1126DEC000645907) und Urteil vom 11. April 2019, Harisch/Deutschland (CE:ECHR:2019:0411JUD005005316, §§ 37 bis 42).

( 94 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, Association France Nature Environnement (C‑379/15, EU:C:2016:603, Rn. 52).

( 95 ) Vgl. insbesondere Urteile vom 30. September 2003, Köbler (C‑224/01, EU:C:2003:513, Rn. 51 bis 55), vom 13. Juni 2006, Traghetti del Mediterraneo (C‑173/03, EU:C:2006:391, Rn. 32) und vom 28. Juli 2016, Tomášová (C‑168/15, EU:C:2016:602, Rn. 25 und 36).

( 96 ) Vgl. Urteile vom 4. Oktober 2018, Kommission/Frankreich (Steuervorabzug für ausgeschüttete Dividenden) (C‑416/17, EU:C:2018:811) und vom 14. März 2024, Kommission/Vereinigtes Königreich (Urteil des Obersten Gerichtshofs) (C‑516/22, EU:C:2024:231).