URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

17. April 2024 ( *1 )

„Staatliche Beihilfen – Schwedisches Steuerrecht – Steuer auf das systemische Risiko von Kreditinstituten – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Selektiver Charakter – Ziel der Maßnahme – Abweichung vom Referenzsystem“

In der Rechtssache T‑112/22,

Ideella föreningen Svenska Bankföreningen med firma Svenska Bankföreningen, Näringsverksamhet mit Sitz in Stockholm (Schweden),

Länsförsäkringar Bank AB mit Sitz in Stockholm,

vertreten durch Rechtsanwältin P. Hansson, Rechtsanwalt M. Eriksson, Rechtsanwältin M. Persson und Rechtsanwalt A. Andersson,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch F. Tomat und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Schweden, vertreten durch C. Meyer-Seitz, A. Runeskjöld, F.‑L. Göransson, H. Shev, H. Eklinder und R. Shahsavan Eriksson als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas, der Richter R. da Silva Passos, M. Jaeger und S. Gervasoni sowie der Richterin N. Półtorak (Berichterstatterin),

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2023

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragen die Klägerinnen, Ideella föreningen Svenska Bankföreningen med firma Svenska Bankföreningen, Näringsverksamhet und Länsförsäkringar Bank AB, die Nichtigerklärung des Beschlusses COM(2021) 8637 final der Europäischen Kommission vom 24. November 2021 über die staatliche Maßnahme SA.56348 (2021/N) – Schweden: schwedische Steuer auf Kreditinstitute (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

Vorgeschichte des Rechtsstreits

2

Die erste Klägerin, Ideella föreningen Svenska Bankföreningen med firma Svenska Bankföreningen, Näringsverksamhet, ist eine schwedische Bankenvereinigung, die ihre 31 Mitglieder sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene im Rahmen von Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse vertritt. Ihre Mitglieder sind Banken und Finanzinstitute mit Sitz in Schweden.

3

Die zweite Klägerin, Länsförsäkringar Bank, ist Mitglied dieser Bankenvereinigung.

4

Am 3. September 2021 meldete das Königreich Schweden gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV den Entwurf eines Gesetzes über eine von Kreditinstituten zu entrichtende Risikosteuer sowie Entwürfe zur Änderung des Gesetzes über die Anrechnung im Ausland gezahlter Steuer bei der Kommission an (im Folgenden zusammen: Gesetzesentwurf). Gleichwohl war das Königreich Schweden der Ansicht, dass die eingeführte Steuer (im Folgenden: Steuer) die Kriterien der Selektivität nach Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht erfülle und folglich keine staatliche Beihilfe darstelle. Das Gesetz wurde verabschiedet und trat am 1. Januar 2022 in Kraft.

5

Nach Ziff. 2.1 § 1 des Gesetzesentwurfs haben die Kreditinstitute die Steuer an den Staat zu entrichten.

6

Gemäß Ziff. 2.1 § 4 des Gesetzesentwurfs unterliegen schwedische Kreditinstitute der Steuer, wenn die Summe ihrer Verbindlichkeiten zu Beginn des Steuerjahres den in dem Gesetzesentwurf vorgesehenen Schwellenwert übersteigt. Ausländische Kreditinstitute werden nach dieser Bestimmung besteuert, wenn sie zu Beginn des Steuerjahres Verbindlichkeiten haben, die über eine schwedische Niederlassung ausgeübten Geschäftstätigkeiten zuzurechnen sind, und die Summe dieser Verbindlichkeiten den in dem Gesetzesentwurf vorgesehenen Schwellenwert übersteigt. In der Gesetzesbegründung zu diesem Paragrafen wird zu Zwecken der Definition von Kreditinstituten, d. h. schwedische Banken und am Kreditmarkt tätige schwedische Gesellschaften sowie ausländische Banken und ausländische Kreditgesellschaften, auf das schwedische Recht verwiesen. Hieraus ergibt sich, dass neun Kreditinstitute der Steuer unterliegen.

7

Nach Ziff. 2.1 § 5 des Gesetzesentwurfs liegt der Schwellenwert für Steuerjahre, die 2022 begonnen haben, bei 150 Mrd. Schwedischen Kronen (SEK) (ungefähr 13,3 Mrd. Euro). Für Steuerjahre, die 2023 begonnen haben oder später beginnen, beträgt der Schwellenwert 150 Mrd. SEK multipliziert mit einem Faktor, der das Verhältnis zwischen dem Preisgrundbetrag im Jahr 2022 und dem Preisgrundbetrag für das Jahr, im Lauf dessen das in Rede stehende Steuerjahr begonnen hat, in Form eines auf zwei Dezimalstellen abgerundeten Prozentsatzes abbildet, der um zwei Prozentpunkte erhöht wird.

8

Ziff. 2.1 § 6 des Gesetzesentwurfs regelt die Situation von Kreditinstituten, die einem Konzern von Kreditinstituten angehören. In diesen Fällen wird die Gesamtsumme der Verbindlichkeiten der Kreditinstitute des Konzerns zu Beginn des Steuerjahres bei der Anwendung von Ziff. 2.1 § 4 des Gesetzesentwurfs berücksichtigt. Wenn ein ausländisches Kreditinstitut zum Konzern gehört, werden allerdings nur die Verbindlichkeiten in die Berechnung der Gesamtsumme der Verbindlichkeiten einbezogen, die Geschäftstätigkeiten des Kreditinstituts zuzurechnen sind, die über eine schwedische Niederlassung ausgeübt werden. Ferner ist vorgesehen, dass neben Rückstellungen und steuerfreien Rücklagen bestimmte weitere Verbindlichkeiten bei der Berechnung der Gesamtverbindlichkeiten nicht berücksichtigt werden, und zwar zum einen Verbindlichkeiten gegenüber einem schwedischen Kreditinstitut, das demselben Konzern angehört, und zum anderen Verbindlichkeiten gegenüber einem ausländischen Kreditinstitut, das zum selben Konzern gehört, soweit die Forderungen, die diesen Verbindlichkeiten entsprechen, den über eine schwedische Niederlassung ausgeübten Geschäftstätigkeiten des ausländischen Kreditinstituts zuzurechnen sind.

9

Nach Ziff. 2.1 § 9 des Gesetzesentwurfs beträgt der Steuersatz 0,05 % der Summe der Verbindlichkeiten des der Steuer unterliegenden Kreditinstituts. In Ziff. 2.2 des Gesetzesentwurfs ist vorgesehen, dass dieser Satz für das Steuerjahr 2023 auf 0,06 % angehoben wird.

10

In Ziff. 2.3 Kapitel 5 § 1 des Gesetzesentwurfs ist vorgesehen, dass einem Unternehmen, das der Steuer unterliegt und Verbindlichkeiten gegenüber einem ausländischen Kreditinstitut innerhalb desselben Konzerns hat, ein Anspruch auf Anrechnung der ausländischen Steuer, die dieses ausländische Kreditinstitut gezahlt hat, zusteht.

11

Am 30. September 2021 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen an das Königreich Schweden, das am 5. Oktober 2021 beantwortet wurde.

Angefochtener Beschluss

12

In dem angefochtenen Beschluss befand die Kommission, die Steuer stelle keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV dar, weil sie das dort vorgesehene Kriterium der Selektivität nicht erfülle.

13

Insofern hat die Kommission als Erstes, was die Ermittlung der „normalen“ Steuerregelung anbelangt, angenommen, dass diese Regelung, weil sie auf die Steuer beschränkt sei, die einer eigenständigen Logik folge, von den anderen nationalen Steuerregelungen unabhängig sei, deren grundlegende Merkmale mit ihrem Ziel vereinbar seien, namentlich der Stärkung der öffentlichen Finanzen durch Beiträge großer Kreditinstitute, die erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen könnten; durch diese Beiträge werde die Möglichkeit geschaffen, solche aus zukünftigen Finanzkrisen entstehenden indirekten Kosten zu bewältigen. Die„normale“ Regelung sei folglich nicht anhand offensichtlich diskriminierender Parameter gestaltet, die der Umgehung der unionsrechtlichen Bestimmungen über staatliche Beihilfen dienten.

14

Als Zweites hat die Kommission angenommen, dass die von der Steuer ausschließlich betroffenen Kreditinstitute, deren Schulden eine Quelle der Instabilität insbesondere für das Finanzsystem und die Realwirtschaft sei, sich von den anderen Finanzinstituten unterschieden, da diese nicht in gleichem Maß mit dem Risiko behaftet seien, eine solche Instabilität zu verursachen. Die anderen Finanzinstitute befänden sich somit im Hinblick auf das Ziel der Steuer nicht in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation.

15

Ferner solle der durch die Steuer festgelegte Schuldenschwellenwert die Größe der Kreditinstitute und damit das Risiko, erhebliche indirekte Kosten zu verursachen, widerspiegeln. Kreditinstitute, deren Schulden den bei der Steuer vorgesehenen Schwellenwert nicht überschritten, befänden sich im Hinblick auf das Ziel der Steuer nicht in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation wie Institute, deren Schulden diesen Schwellenwert überschritten; ihre Befreiung von der Steuer stelle daher keine Ausnahme von der „normalen“ Regelung dar.

Anträge der Parteien

16

Die Klägerinnen beantragen,

den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

17

Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Schweden, beantragt,

die Klage abzuweisen;

den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

18

Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie die Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend machen.

19

Nach Auffassung der Klägerinnen hätte die Kommission im Rahmen der Prüfung der Steuer auf ernsthafte Schwierigkeiten stoßen müssen. Infolgedessen hätte sie das förmliche Prüfverfahren einleiten und ihnen Gelegenheit geben müssen, ihren Standpunkt darzulegen und so ihre Verfahrensrechte auszuüben. In diesem Zusammenhang beanstanden die Klägerinnen die von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Prüfung des selektiven Charakters der Steuer.

20

Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Schweden, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

Vorbemerkungen

21

Es ist daran zu erinnern, dass im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die angemeldete Maßnahme zu ermöglichen, und dem in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten förmlichen Prüfverfahren zu unterscheiden ist.

22

Die Rechtmäßigkeit eines auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) gestützten Beschlusses wie des streitigen Beschlusses, keine Einwände zu erheben, hängt davon ab, ob die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte, objektiv Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Einstufung dieser Maßnahme als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV hätte geben müssen, da solche Bedenken zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens führen müssen, an dem sich die Beteiligten im Sinne von Art. 1 Buchst. h dieser Verordnung beteiligen können (vgl. entsprechend Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 38).

23

Beantragt ein Kläger die Nichtigerklärung eines Beschlusses, keine Einwände zu erheben, rügt er im Wesentlichen, dass der Beschluss über die in Rede stehende Beihilfe erlassen worden sei, ohne dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren eingeleitet habe, und dass diese dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe. Um mit seiner Klage durchzudringen, kann der Kläger jeden Klagegrund anführen, der geeignet ist, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügt, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Einstufung dieser Maßnahme als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV hätte geben müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Der Nachweis für das Bestehen solcher Bedenken, der sowohl in den Umständen des Erlasses des Beschlusses, keine Einwände zu erheben, als auch in seinem Inhalt zu suchen ist, ist von demjenigen, der die Nichtigerklärung dieses Beschlusses beantragt, anhand eines Bündels übereinstimmender Indizien zu erbringen (Urteile vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 40, und vom 19. September 2018, HH Ferries u. a./Kommission, T‑68/15, EU:T:2018:563, Rn. 63). In diesem Zusammenhang ist es nicht Sache des Gerichts, zu ermitteln, ob gewichtige Anhaltspunkte für das Nichtvorliegen von Bedenken hinsichtlich der Einstufung der in Rede stehenden Maßnahme als Beihilfe bestehen. Es obliegt ihm vielmehr, zu untersuchen, ob die Klagepartei den Beweis für das Vorliegen solcher Bedenken -gegebenenfalls mit Hilfe eines Bündels übereinstimmender Indizien – erbracht hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 73).

25

War die Prüfung durch die Kommission im Vorprüfungsverfahren unzureichend oder unvollständig, stellt dies in diesem Zusammenhang einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten bei der Beurteilung der in Rede stehenden Maßnahme dar, bei deren Bestehen die Kommission das förmliche Prüfverfahren eröffnen muss (vgl. Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26

Schließlich ist der Begriff der „ernsthaften Schwierigkeiten“ seinem Wesen nach objektiv. Die Rechtmäßigkeitskontrolle des Gerichts hinsichtlich der Frage, ob ernsthafte Schwierigkeiten vorgelegen haben, geht deshalb über die Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler hinaus (vgl. Urteile vom 27. September 2011, 3F/Kommission, T‑30/03 RENV, EU:T:2011:534, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. Juli 2012, Smurfit Kappa Group/Kommission, T‑304/08, EU:T:2012:351, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Im Licht dieser Rechtsprechung ist das Vorbringen der Klägerinnen zu prüfen, wonach Bedenken hinsichtlich der Einstufung der Steuer als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV bestanden haben sollen, die die Kommission zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hätten veranlassen müssen.

28

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Einstufung einer nationalen Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verlangt, dass alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. Urteil vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission, C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Die Klägerinnen führen aus, dass „[m]it vorliegender Klage die Beurteilung der angemeldeten Maßnahme durch die Kommission hinsichtlich des Kriteriums der Selektivität angefochten [wird]“, da die Kommission in dieser Hinsicht auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen sei und das förmliche Prüfverfahren hätte einleiten müssen.

30

Die Voraussetzung der Gewährung eines selektiven Vorteils erfordert die Feststellung, ob die in Rede stehende nationale Maßnahme im Rahmen einer konkreten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit dieser Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die der Sache nach als diskriminierend eingestuft werden kann (vgl. Urteil vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission, C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31

Insbesondere in Bezug auf nationale Maßnahmen, die einen Steuervorteil verschaffen, ist darauf hinzuweisen, dass eine derartige Maßnahme, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, die Begünstigten aber finanziell besserstellt als die übrigen Steuerpflichtigen, den Empfängern einen selektiven Vorteil verschaffen und daher eine „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen kann. Als staatliche Beihilfe gelten dabei insbesondere Maßnahmen, die die von einem Unternehmen regelmäßig zu tragenden Be lastungen vermindern und somit, obwohl sie keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen nach Art und Wirkungen gleichstehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. März 2021, Kommission/Polen, C‑562/19 P, EU:C:2021:201, Rn. 30, und vom 16. März 2021, Kommission/Ungarn, C‑596/19 P, EU:C:2021:202, Rn. 36).

32

Zur Einstufung einer nationalen steuerlichen Maßnahme als „selektiv“ muss die Kommission in einem ersten Schritt das Referenzsystem, d. h. die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltende „normale“ Steuerregelung, ermitteln und in einem zweiten Schritt dartun, dass die in Rede stehende steuerliche Maßnahme von diesem Referenzsystem insoweit abweicht, als sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich im Hinblick auf das mit dem Referenzsystem verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden. Maßnahmen, die eine Unterscheidung zwischen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der in Rede stehenden rechtlichen Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, einführen und damit a priori selektiv sind, fallen jedoch dann nicht unter den Begriff „staatliche Beihilfe“, wenn der betreffende Mitgliedstaat in einem dritten Schritt nachweisen kann, dass diese Unterscheidung gerechtfertigt ist, weil sie sich aus der Natur oder dem Aufbau des Systems ergibt, in das sich die Maßnahmen einfügen (vgl. Urteile vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 57 und 58 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 8. November 2022, Fiat Chrysler Finance Europe/Kommission, C‑885/19 P und C‑898/19 P, EU:C:2022:859, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33

Im vorliegenden Fall beanstanden die Klägerinnen die von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Prüfung im Hinblick auf die ersten beiden oben in Rn. 32 dargestellten Prüfungsschritte.

34

Wie sich aus den Erwägungsgründen 66, 70 und 72 des angefochtenen Beschlusses ergibt, ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass zum einen das Referenzsystem nicht offensichtlich diskriminierend gestaltet sei und dass es zum anderen keine Abweichung vom Referenzsystem darstelle, dass bestimmte Arten von Marktteilnehmern oder Marktteilnehmer, deren aggregierte Verbindlichkeiten den im Gesetzesentwurf festgelegten Schwellenwert unterschritten, der Steuer nicht unterlägen, da sich diese Marktteilnehmer im Hinblick auf das Ziel der Steuer nicht in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befänden wie die Bankinstitute, die dieser Steuer unterlägen.

35

Folglich ist im Anschluss an die Ermittlung des vom nationalen Gesetzgeber verfolgten Ziels das Vorbringen der Klägerinnen zu den verschiedenen Elementen der Steuer, die die Kommission in dem angefochtenen Beschluss analysiert hat, zu prüfen.

Zum Ziel der Steuer

36

Die Klägerinnen tragen vor, das Ziel der Steuer benachteilige einseitig die betroffenen „großen Kreditinstitute“, obgleich alle Kreditinstitute im Fall einer Finanzkrise zu den indirekten Kosten beitragen könnten. Des Weiteren greife die Steuer wenige Unternehmen aus einem Markt heraus, der mehr als einhundert weitere zähle. Diese wenigen Unternehmen seien daher mit einer beträchtlichen Steuererhöhung konfrontiert. Die Steuer sei so gestaltet, dass nur wenige Unternehmen zur Finanzierung dieser indirekten Kosten beitrügen. Indessen stehe fest, dass die Unternehmen, die der Steuer nicht unterlägen, auch indirekte Kosten verursachten. Folglich liege in der angemeldeten Maßnahme eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung, die für die Kommission angesichts der Informationen, die ihr bei Erlass des angefochtenen Beschlusses zur Verfügung gestanden hätten, offenkundig hätten sein müssen. Die Tatsache, dass die Einnahmen aus dieser Steuer zur Verwendung für zusätzliche öffentliche Ausgaben vorgesehen seien, werfe angesichts dessen, dass es nicht das Ziel der Steuer sei, einen Fonds zur Kompensation zukünftiger indirekter Kosten einzurichten, die Frage nach dem wahren objektiven Ziel der Steuer auf.

37

Ferner machen die Klägerinnen geltend, der Gesetzesentwurf erkläre es zum Ziel der Steuer, die Besteuerung großer Kreditinstitute zu erhöhen, die im Fall einer Finanzkrise voraussichtlich erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen würden. Die Klägerinnen tragen vor, Ursache dieser Kosten seien die Schwierigkeiten, in Zeiten von Finanzkrisen Bankdarlehen zu erhalten. Indirekte Kosten, die im Gesetzesentwurf vage definiert seien, seien im Wesentlichen alle Kosten, die der Staat im Fall einer Rezession möglicherweise zu tragen habe. Außerdem sei es nicht das Ziel der Steuer, einen Fonds einzurichten, der zukünftige indirekte Kosten kompensieren solle, sondern die öffentlichen Finanzen zu stärken, um zusätzliche Ausgaben aus dem Staatshaushalt tätigen zu können.

38

Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Schweden, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

39

Im vorliegenden Fall hat die Steuer, wie sich aus Ziff. 5.1 der Gesetzesbegründung ergibt, zum Ziel, die öffentlichen Finanzen durch ihre Aufbesserung und die Erhaltung eines niedrigen Niveaus öffentlicher Verschuldung zu stärken, um einen Spielraum zur Bewältigung zukünftiger Finanzkrisen zu schaffen. Insbesondere wird das Argument angeführt, mit stärkeren öffentlichen Finanzen sei das Königreich Schweden besser gerüstet, um im Krisenfall Herausforderungen zu begegnen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

40

In dem Gesetzesentwurf wird weiter ausgeführt, Finanzkrisen seien kostspielig und könnten insbesondere indirekte Kosten verursachen, die sich aus dem Wirtschaftsrückgang und der Verschlechterung der öffentlichen Finanzlage ergäben. Jedoch bärgen nicht alle Kreditinstitute gleichermaßen Risiken für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems. Die großen Kreditinstitute stellten nämlich einen derart bedeutenden Teil dieses Systems dar, dass ein Einzelausfall oder eine schwerwiegende Geschäftsunterbrechung eines einzelnen Instituts ein systemisches Risiko darstellen würde und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem sowie auf die Wirtschaft allgemein hätte. So bestehe die Gefahr, dass sich die Probleme eines großen Kreditinstituts schnell auf das ganze Bankensystem ausweiteten. Insbesondere gegenseitige Finanzanleihen begünstigten die schnelle Ausbreitung eines in einem Teil des Finanzsystems auftretenden Problems auf die anderen Teile dieses Systems und gefährdeten auf diese Weise seine Stabilität. Kleine Kreditinstitute, die keine für das Finanzsystem kritische Größe aufwiesen, würden die makroökonomischen Entwicklungen nicht in gleichem Maß beeinflussen wie große Institute. Folglich müssten diejenigen Kreditinstitute die Steuer zahlen, die aufgrund ihrer Größe und ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems und die makroökonomische Entwicklung im Fall einer Finanzkrise – deren Eintreten nicht auszuschließen sei – erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen könnten.

41

Aus dieser Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt sich, dass es das Ziel der Steuer ist, die öffentlichen Finanzen durch ihre Aufbesserung und die Erhaltung eines niedrigen Niveaus öffentlicher Verschuldung zu stärken, um einen Spielraum zur Bewältigung zukünftiger Finanzkrisen zu schaffen, indem die Zahlung der Steuer großen Kreditinstituten auferlegt wird, bei denen ein Einzelausfall oder eine schwerwiegende Geschäftsunterbrechung eines einzelnen Instituts aufgrund ihrer Größe und ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ein systemisches Risiko birgt und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und auf die Wirtschaft allgemein hätte, mit der Folge erheblicher indirekter Kosten für die Gesellschaft.

42

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung darauf berufen haben, dass nicht der Steuer unterliegende Kreditinstitute kollektiv erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen könnten. Dieses Argument ist jedoch – selbst bei unterstellter Zulässigkeit – zurückzuweisen. Zum einen beruht die Gestaltung der Steuer, wie sich aus Rn. 41 des vorliegenden Urteils ergibt, auf den individuellen Merkmalen der Kreditinstitute. Zum anderen repräsentieren die der Steuer unterliegenden Kreditinstitute, wie sich aus dem 25. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, 90 % der Gesamtsumme der Verbindlichkeiten aller in Schweden tätigen Kreditinstitute. Die Klägerinnen haben jedoch lediglich vorgetragen, dieser Prozentsatz sei möglicherweise nicht korrekt, ohne diese Behauptung durch Beweise zu untermauern; damit ist es ihnen nicht gelungen, die Feststellung, dass nicht der Steuer unterliegende Kreditinstitute nur 10 % der Gesamtsumme der Verbindlichkeiten aller in Schweden tätigen Kreditinstitute repräsentieren, mit Erfolg in Frage zu stellen. Mithin haben die Klägerinnen nicht dargetan, dass der Ausfall dieser nicht der Steuer unterliegenden Kreditinstitute, selbst kollektiv betrachtet, ein systemisches Risiko birgt und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Wirtschaft allgemein, mit der Folge erheblicher indirekter Kosten für die Gesellschaft, haben kann.

43

Außerdem haben die Klägerinnen nicht in Frage gestellt, dass möglicherweise nur große Kreditinstitute durch einen Einzelausfall ein systemisches Risiko herbeiführen und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Wirtschaft allgemein, mit der Folge erheblicher indirekter Kosten für die Gesellschaft, haben können. In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Schweden bestreiten sie diese Feststellung, ohne ihre Position zu substantiieren, während sie einräumen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bank indirekte Kosten verursacht, auf zwei voneinander unabhängige Faktoren zurückzuführen ist, und zwar zum einen die Wahrscheinlichkeit, dass diese Bank in Insolvenz gerät, und zum anderen die Auswirkungen der Insolvenz dieser Bank.

Zum Referenzsystem

44

Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe über Beweise verfügt, die Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Elemente des Referenzsystems mit dem Ziel der Steuer hätten aufkommen lassen müssen. Sie scheine sich bei der Bestimmung des Referenzsystems auf eine zu weite Auslegung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten gestützt zu haben.

45

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

46

Insoweit gilt, dass dann, wenn die fragliche steuerliche Maßnahme untrennbar mit dem allgemeinen Steuersystem des betreffenden Mitgliedstaats verbunden ist, auf dieses System Bezug zu nehmen ist. Erweist sich dagegen, dass sich eine solche Maßnahme eindeutig von diesem allgemeinen System trennen lässt, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass der zu berücksichtigende Bezugsrahmen enger ist als dieses allgemeine System oder sogar mit der Maßnahme selbst identisch ist, wenn sich diese als eine Norm mit eigenständiger rechtlicher Logik darstellt und es nicht möglich ist, eine kohärente Gesamtheit von Vorschriften außerhalb dieser Maßnahme zu bestimmen (Urteil vom 6. Oktober 2021, World Duty Free Group und Spanien/Kommission, C‑51/19 P und C‑64/19 P, EU:C:2021:793, Rn. 63). So kann eine Maßnahme ihren eigenen Bezugsrahmen darstellen, wenn sie eine klar begrenzte Steuerregelung einführt, die spezifische Ziele verfolgt und sich somit von jeder anderen im betreffenden Mitgliedstaat angewandten Steuerregelung unterscheidet (Urteil vom 15. November 2018, World Duty Free Group/Kommission, T‑219/10 RENV, EU:T:2018:784, Rn. 127).

47

Im vorliegenden Fall hat die Kommission das Referenzsystem als auf die Steuer beschränkt bestimmt, was die Klägerinnen per se nicht beanstanden.

48

Es ist darauf hinzuweisen, dass die grundlegenden Merkmale der Steuer grundsätzlich das Referenzsystem bzw. die „normale“ Steuerregelung für die Zwecke einer Prüfung der Voraussetzung der Selektivität bilden. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass diese Merkmale ein offensichtlich diskriminierendes Element aufweisen könnten; der Nachweis dafür obliegt jedoch den Klägerinnen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. März 2021, Kommission/Polen, C‑562/19 P, EU:C:2021:201, Rn. 42, und vom 16. März 2021, Kommission/Ungarn, C‑596/19 P, EU:C:2021:202, Rn. 48). Im Kontext der vorliegenden Rechtssache, die die Weigerung der Kommission betrifft, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, müssen die Klägerinnen das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten beweisen, denen die Kommission bei ihrer Prüfung der im vorliegenden Fall allein in Frage stehenden Voraussetzung der Selektivität begegnet sein soll.

49

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zur Beurteilung, ob die Merkmale der Steuer ein offensichtlich diskriminierendes Element aufweisen, zu ermitteln ist, ob die Wahl von Besteuerungskriterien durch die Begünstigung bestimmter Kreditinstitute im Hinblick auf das Ziel der Steuer inkohärent erscheint (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. März 2021, Kommission/Polen, C‑562/19 P, EU:C:2021:201, Rn. 43, und vom 16. März 2021, Kommission/Ungarn, C‑596/19 P, EU:C:2021:202, Rn. 49).

50

Außerhalb der Bereiche, in denen das Steuerrecht der Union harmonisiert wurde, ist es der betreffende Mitgliedstaat, der in Wahrnehmung seiner eigenen Zuständigkeiten im Bereich der direkten Steuern aufgrund seiner Steuerautonomie die grundlegenden Merkmale der Steuer bestimmt, die grundsätzlich das Referenzsystem oder die „normale“ Steuerregelung definieren, anhand deren die Voraussetzung der Selektivität zu prüfen ist. Dies gilt insbesondere für die Wahl des Steuersatzes, die Festlegung der steuerlichen Bemessungsgrundlage, des Steuertatbestands, des Schwellenwerts und der Modalitäten für die Berechnung der Bemessungsgrundlage (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. März 2021, Kommission/Polen, C‑562/19 P, EU:C:2021:201, Rn. 38 und 39, sowie vom 26. April 2018, ANGED, C‑236/16 und C‑237/16, EU:C:2018:291, Rn. 43). Unabhängig davon, ob es sich um einen einheitlichen oder progressiven Steuertarif handelt, gehört auch die Höhe der Belastung ebenso wie der Kreis der Steuerpflichtigen zu den grundlegenden Merkmalen einer rechtlichen Regelung über die Erhebung einer Steuer (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Mai 2019, Polen/Kommission, T‑836/16 und T‑624/17, EU:T:2019:338, Rn. 65, und vom 27. Juni 2019, Ungarn/Kommission, T‑20/17, EU:T:2019:448, Rn. 80).

51

Dementsprechend ist zu berücksichtigen, dass mangels einer einschlägigen Unionsregelung die Bestimmung der Bemessungsgrundlage und die Verteilung der Steuerbelastung auf die unterschiedlichen Produktionsfaktoren und Wirtschaftssektoren in die Steuerzuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen (Urteil vom 26. April 2018, ANGED, C‑233/16, EU:C:2018:280, Rn. 50).

52

Nach Ansicht der Klägerinnen sind die Parameter der Steuer offenkundig nicht mit deren Ziel vereinbar, was angesichts der Informationen, über die die Kommission verfügt habe, Bedenken hätte aufkommen lassen müssen, ob die Steuer als Beihilfe einzustufen sei.

53

Insbesondere stellen sie erstens auf die Bemessungsgrundlage, die auf den Verbindlichkeiten der Kreditinstitute basiert, zweitens auf die Steuerpflichtigen, drittens auf den Schwellenwert für die Besteuerung und viertens auf den Konsolidierungsmechanismus zur Berechnung des Schwellenwerts und der Steuerbemessungsgrundlage ab.

Zur Bemessungsgrundlage der Steuer auf Basis der Verbindlichkeiten der Kreditinstitute

54

Nach Auffassung der Klägerinnen sind Verbindlichkeiten nicht mit Risiken gepaart, Vermögenswerte hingegen schon. Das Gleiche gelte für die Größe der Kreditinstitute, wie einige nationale Institutionen, die ökonomische Literatur und die Bonitätseinstufungen, die große schwedische Kreditinstitute erhalten hätten, bestätigten. Zudem seien die indirekten Kosten oder das Risiko solcher Kosten nicht direkt proportional zu den Verbindlichkeiten eines Kreditinstituts, was der Kommission zur Kenntnis gebracht worden sei. Zwar sei es nicht die Aufgabe der Kommission, im Rahmen ihrer vorläufigen Prüfung der Steuer den geeignetsten Indikator zur Beurteilung des Risikos indirekter Kosten auszuwählen. Die Kommission sei jedoch verpflichtet, zu prüfen, ob die vom Königreich Schweden gewählte Steuerbemessungsgrundlage einen offensichtlich diskriminierenden Parameter in das Referenzsystem einbeziehe. Ferner werde mit der angemeldeten Maßnahme unter Verstoß gegen die Anforderungen der Rechtsprechung, die in jüngerer Zeit zu steuerlichen Maßnahmen und zur Selektivität ergangen sei, entweder die gesamte Steuerbemessungsgrundlage von Unternehmen mit einer hohen Besteuerung belastet oder es werde überhaupt keine Steuer erhoben.

55

Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Schweden, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

56

In dem angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Auffassung vertreten, der Umfang der Verbindlichkeiten eines Kreditinstituts sei einer der Indikatoren für seine Größe im Allgemeinen, seine Bedeutung und das Risiko, das sein Ausfall für die makroökonomische Situation in Schweden bergen könne. Daher sei dieses Kriterium mit dem Ziel der Steuer vereinbar und weise kein offensichtlich diskriminierendes Element auf.

57

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Unionsrecht einer nicht progressiven Besteuerung, die auf der aggregierten Summe der Verbindlichkeiten von Kreditinstituten basiert, nicht entgegensteht. Dass es geeignetere oder genauere Indikatoren als die aggregierte Summe der Verbindlichkeiten von Kreditinstituten geben könnte, spielt für den Bereich der staatlichen Beihilfen keine Rolle, da das Unionsrecht in diesem Bereich nur die Beseitigung selektiver Vorteile bezweckt, von denen bestimmte Unternehmen zum Nachteil anderer, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden, profitieren könnten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile vom 16. März 2021, Kommission/Polen, C‑562/19 P, EU:C:2021:201, Rn. 41, und vom 16. März 2021, Kommission/Ungarn, C‑596/19 P, EU:C:2021:202, Rn. 47).

58

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Rn. 40 und 41 ausgeführt, die Steuer nicht zum Ziel hat, Risiken, die von Kreditinstituten ausgehen, vorzubeugen oder ihnen zu begegnen, sondern die nationalen öffentlichen Finanzen zu stärken, um einen Spielraum zur Bewältigung zukünftiger Finanzkrisen zu schaffen, indem die Zahlung der Steuer großen Kreditinstituten auferlegt wird, bei denen ein Einzelausfall oder eine schwerwiegende Geschäftsunterbrechung eines einzelnen Instituts aufgrund ihrer Größe und ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ein systemisches Risiko bergen würde und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Wirtschaft allgemein, mit der Folge erheblicher indirekter Kosten für die Gesellschaft, hätte.

59

Darüber hinaus ist, insbesondere im Kontext gegenseitiger Finanzanleihen, das Risiko für das Finanzsystem, wie oben in Rn. 40 erwähnt, umso größer, je höher das Schuldenniveau ist, da es sein kann, dass das betroffene Kreditinstitut bei einem Ausfall nicht mehr in der Lage ist, seine erheblichen Verbindlichkeiten zu begleichen, was in der Folge ein Risiko schafft, dass es bei seinen Gläubigern zu Ausfällen kommt und infolgedessen erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft entstehen. Daraus folgt, dass ein Kriterium, das, wie in den nationalen Rechtsvorschriften im vorliegenden Fall vorgesehen, an das Schuldenniveau anknüpft, um Unternehmen nach ihren mehr oder weniger großen Auswirkungen auf das Finanzsystem zu unterscheiden, mit dem angestrebten Ziel vereinbar ist (vgl. entsprechend Urteil vom 26. April 2018, ANGED, C‑233/16, EU:C:2018:280, Rn. 53).

60

Daraus ergibt sich, dass der nationale Gesetzgeber nicht davon ausgegangen ist, dass die Verbindlichkeiten großer Kreditinstitute diese risikoanfälliger machen, sondern sein Augenmerk vielmehr darauf gerichtet hat, ob der Ausfall eines einzelnen Kreditinstituts, wenn er einmal eingetreten ist, erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen kann.

61

Demnach haben die Klägerinnen den Beweis nicht erbracht, dass die Kommission bei der Beurteilung der Steuerbemessungsgrundlage auf ernsthafte Schwierigkeiten hätte stoßen müssen.

Zu den Risikosteuerpflichtigen

62

Die Klägerinnen machen neben der Heterogenität der neun Institute, die der Steuer unterliegen, geltend, zwischen der Liste dieser Institute und der Liste der Institute von systemischer Bedeutung, die das Riksgäldskontor (staatliche Schuldenverwaltung, Schweden) im Rahmen der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) benannt hat, bestehe insofern keine Korrelation, als diese letztgenannte Liste nur sechs der neun der Steuer unterliegenden Kreditinstitute enthalte; die Kommission sei insoweit eine Erklärung schuldig geblieben. Außerdem gewähre eines der Kreditinstitute, die der Steuer unterlägen, Darlehen ausschließlich an schwedische Kommunen und verursache daher keinerlei indirekte Kosten.

63

Hierzu merken die Klägerinnen an, dass die Banken nach der Richtlinie 2014/59 in einen Abwicklungsfonds einzahlten und dass von den neun Banken, die von der staatlichen Schuldenverwaltung als von systemischer Bedeutung eingestuft worden seien, was deutlich höhere Beiträge zum Fonds und die Erfüllung strengerer Anforderungen nach sich ziehe, lediglich sechs verpflichtet seien, die Steuer zu entrichten. Außerdem seien die Institute von systemischer Bedeutung aufgrund dieser höheren Beiträge resilienter und neigten weniger dazu, indirekte Kosten zu verursachen.

64

Die Klägerinnen berufen sich ferner auf bestehende Mechanismen zur finanziellen Stabilisierung von Kreditinstituten, insbesondere die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2013, L 176, S. 1).

65

Hinzu komme zum einen, dass das Königreich Schweden sich für strengere Anforderungen als die unionsrechtlich vorgeschriebenen entschiedenen habe, und zum anderen die Einlagensicherung in Höhe von jeweils 100000 Euro pro einzelnem Einleger gemäß der Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (ABl. 2014, L 173, S. 149). Außerdem hätten im Rahmen der von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) 2021 durchgeführten Stresstests die fünf schwedischen Banken, die diesen Tests unterzogen worden seien, hervorragende Ergebnisse erzielt.

66

Die Klägerinnen weisen darüber hinaus auf das Wettbewerbsumfeld des nationalen Finanzsektors hin. Dieser Aspekt sei relevant für das Verständnis des Zusammenhangs zwischen den der Steuer unterliegenden Unternehmen und dem von ihren Markanteilen in verschiedenen Sektoren abhängigen Risiko, indirekte Kosten zu verursachen. Nicht alle der Steuer unterliegenden Banken hielten hohe Marktanteile auf allen relevanten Märkten. Wenn Banken auf demselben Markt im Wettbewerb stünden und manche der Steuer unterlägen, während andere selektiv davon befreit seien, beeinflusse und verändere dies den Wettbewerb auf dem Markt, was erkennen lasse, dass eine Diskriminierung vorliege.

67

Die Klägerinnen fügen hinzu, dass der schwedische Finanzsektor zahlreiche verschiedene in einem oder mehreren Marktsegmenten tätige Unternehmen umfasse, die zu den der Steuer unterliegenden Kreditinstituten in einem Wettbewerbsverhältnis stünden.

68

Das Fehlen von Anforderungen an andere Finanzinstitute könne eine zusätzliche Gefahr für die Finanzstabilität darstellen und zusätzliche Risiken indirekter Kosten für den Staat bergen. Die Klägerinnen stellen ferner die Bedeutung von Hypothekenfonds im Bereich der Hypothekendarlehen an Privathaushalte heraus.

69

Da alle Kreditinstitute indirekte Kosten verursachten, sei für die Zwecke der Erhebung der Steuer eine Unterscheidung zwischen den Kreditinstituten nicht erforderlich.

70

Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Schweden, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

71

In dem angefochtenen Beschluss geht die Kommission davon aus, dass die Risikosteuerpflichtigen große Kreditinstitute seien, bei denen ein Einzelausfall oder eine schwerwiegende Geschäftsunterbrechung eines einzelnen Instituts im Fall einer Finanzkrise erhebliche indirekte Kosten für die schwedische Gesellschaft verursachen könne. Große Kreditinstitute könnten von systemischer Bedeutung sein, einen Einfluss und Auswirkungen auf den Markt haben und wiesen eine kritische Größe für die Realwirtschaft auf. Wie vom Königreich Schweden angegeben, könnten kleine Kreditinstitute die makroökonomischen Entwicklungen nicht in gleichem Maß beeinflussen wie große Kreditinstitute.

72

Darüber hinaus seien andere Finanzinstitute anderen, generell weniger strengen Regelungen unterworfen, was zeige, dass sie weniger anfällig seien, systemische Risiken und indirekte Kosten zu verursachen. Was Hypothekenfonds anbelange, deren Marktanteil am Hypothekenmarkt ohnehin begrenzt sei, seien diese jedenfalls nicht in bestimmte Tätigkeiten wie die Entgegennahme von Einlagen oder die Darlehensgewährung an nicht finanzielle Kapitalgesellschaften involviert, umso mehr als sie sich von Kreditinstituten in ihrer Funktionsweise unterschieden und einem anderen Regelungsrahmen unterfielen.

73

Im vorliegenden Fall ist als Erstes das Argument der Klägerinnen zurückzuweisen, das sich darauf stützt, die Liste der von der staatlichen Schuldenverwaltung benannten Institute von systemischer Bedeutung und die Liste der der Steuer unterliegenden Kreditinstitute stimme nicht exakt überein. Nach dem Vortrag der Klägerinnen ist nämlich die staatliche Schuldenverwaltung die schwedische Abwicklungsbehörde im Sinne der Richtlinie 2014/59. Außerdem haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vorgetragen, die Liste der von der staatlichen Schuldenverwaltung benannten Institute von systemischer Bedeutung sei nicht anhand spezifischer Kriterien erstellt worden und es handele sich folglich nicht um die gleichen Kriterien wie diejenigen, die zur Erstellung der Liste der der Steuer unterliegenden Kreditinstitute herangezogen worden seien.

74

Zudem dienen die durch die Richtlinie 2014/59 sowie die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) eingeführten Regelungen, wie von den Klägerinnen bestätigt, dem Ziel, insbesondere im Fall des Ausfalls dieser Institute erhebliche direkte Kosten, nicht aber indirekte Kosten für die Gesellschaft zu minimieren. Die Klägerinnen führen allerdings aus, die Unternehmen, für die die strengsten Regelungen gälten, neigten weniger dazu, indirekte Kosten zu verursachen, da ihre Ausfallwahrscheinlichkeit geringer sei. Wie sich aus Rn. 60 des vorliegenden Urteils ergibt, zielt die Steuer jedoch nicht auf Kreditinstitute ab, die ein höheres Ausfallrisiko aufweisen, sondern findet auf Kreditinstitute Anwendung, bei denen der Ausfall eines einzelnen Instituts, wenn er einmal eingetreten ist, erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen kann.

75

Dieses Ergebnis gebietet sich auch hinsichtlich der Verordnung Nr. 575/2013, der Richtlinie 2014/49 und den von der EBA 2021 durchgeführten Stresstests. Zum einen dienen die Eigenmittelanforderungen und der Mechanismus der Einlagensicherung dazu, direkte Kosten aufzufangen, indem verhindert wird, dass Kreditinstitute zahlungsunfähig werden und Einleger, natürliche Personen, einen Verlust ihrer Einlagen erleiden. Zum anderen betreffen die Stresstests das Risiko, dass ein Kreditinstitut ausfällt. Die Steuer bezweckt jedoch nicht die Prävention möglicher Ausfälle von Kreditinstituten oder die Vermeidung direkter Kosten, sondern die Berücksichtigung der indirekten Kosten, die ein möglicher Ausfall von der Steuer unterliegenden Kreditinstituten verursacht.

76

Als Zweites genügt hinsichtlich des Wettbewerbsumfelds des Finanzsektors, das nach Ansicht der Klägerinnen für das Verständnis des Zusammenhangs zwischen den der Steuer unterliegenden Unternehmen und dem von ihren Marktanteilen in verschiedenen Finanzsektoren abhängigen Risiko, indirekte Kosten zu verursachen, erstens die Feststellung, dass der Steuertatbestand nicht auf die Marktanteile abstellt, die die Steuerpflichtigen halten, sondern vielmehr auf die Höhe ihrer Verbindlichkeiten. Nach der oben in Rn. 50 zitierten Rechtsprechung war das Königreich Schweden befugt, in Wahrnehmung seiner eigenen Zuständigkeiten im Bereich der direkten Steuern und aufgrund seiner Steuerautonomie die Tatbestandsvoraussetzungen der Steuer und die Steuerbemessungsgrundlage festzulegen.

77

Zweitens behaupten die Klägerinnen nicht, dass andere in einem oder mehreren Marktsegmenten tätige Unternehmen, die im Wettbewerb zu den der Steuer unterliegenden Kreditinstituten stehen, Schulden in Höhe von mehr als 150 Mrd. SEK hätten. Vielmehr tragen sie lediglich vor, diese Unternehmen stünden im Wettbewerb zu den der Steuer unterliegenden Kreditinstituten, ohne zu erklären, wie bei diesen Unternehmen ein Einzelausfall erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen könnte.

78

Drittens genügt zu dem Argument, die mangelnden Anforderungen an andere Finanzinstitute könnten eine zusätzliche Gefahr für die Finanzstabilität darstellen und zusätzliche Risiken indirekter Kosten für den Staat bergen, die Feststellung, dass die Klägerinnen zur Stützung ihres Arguments keine Erklärung vorbringen, die den Schluss zuließe, es läge eine Gefahr für die Finanzstabilität vor; mithin kann dieses Argument als unsubstantiiert zurückgewiesen werden.

79

Was viertens das Argument anbelangt, eines der der Steuer unterliegenden Kreditinstitute vergebe Darlehen ausschließlich an schwedische Kommunen und verursache daher keinerlei indirekte Kosten, ist zu bedenken, dass die Kommission sich nach der Rechtsprechung im Fall einer Beihilfenregelung darauf beschränken kann, die grundlegenden Merkmale der in Rede stehenden Regelung zu prüfen, und nicht verpflichtet ist, jeden einzelnen Anwendungsfall dieser Regelung zu prüfen. Somit braucht die Kommission in einer Entscheidung über eine solche Regelung keine Analyse der im Einzelfall aufgrund einer solchen Regelung gewährten Beihilfe durchzuführen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juli 2011, Diputación Foral de Vizcaya u. a./Kommission, C‑471/09 P bis C‑473/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:521, Rn. 98 und 99, sowie vom 30. April 2019, UPF/Kommission, T‑747/17, EU:T:2019:271, Rn. 60). Überdies sind die Klägerinnen dem Vorbringen der Kommission und des Königreichs Schweden, wonach das Ausfallrisiko dieses Kreditinstituts nicht vollkommen ausgeschlossen sei, in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten.

80

Was fünftens das Argument anbelangt, alle Kreditinstitute würden indirekte Kosten verursachen, ist noch einmal zu wiederholen, dass der schwedische Steuergesetzgeber, wie oben in Rn. 41 ausgeführt, das Ziel verfolgt hat, die Steuer denjenigen Kreditinstituten aufzuerlegen, bei denen ein Einzelausfall oder eine schwerwiegende Geschäftsunterbrechung eines einzelnen Instituts aufgrund ihrer Größe und ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ein systemisches Risiko darstellen würde und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und auf die Wirtschaft allgemein hätte, mit der Folge erheblicher indirekter Kosten für die Gesellschaft. Selbst wenn alle Kreditinstitute gewisse indirekte Kosten verursachen können, d. h. zur Entstehung dieser Kosten beitragen können, so folgt hieraus nicht, dass alle Kreditinstitute bei einem Ausfall derartige Folgen auslösen können. Außerdem sind die Auswirkungen von Kreditinstituten auf das Finanzsystem unbestreitbar weitgehend von deren Größe und der Höhe ihrer Schulden abhängig, wie oben in Rn. 59 ausgeführt (vgl. entsprechend Urteil vom 26. April 2018, ANGED, C‑233/16, EU:C:2018:280, Rn. 53). Zudem haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die größten Kreditinstitute höhere indirekte Kosten verursachen.

81

Schließlich haben die Klägerinnen, wie sich aus den Rn. 42 und 43 des vorliegenden Urteils ergibt, nicht in Frage gestellt, dass nur große Kreditinstitute durch einen Einzelausfall zu einem systemischen Risiko führen, sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Wirtschaft allgemein haben und erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen können. Zum anderen haben sie den Beweis nicht erbracht, dass der Ausfall der nicht der Steuer unterliegenden Institute, selbst kollektiv betrachtet, die gleichen Folgen hätte.

82

Mithin haben die Klägerinnen den Beweis nicht erbracht, dass die Kommission im Rahmen der Prüfung hinsichtlich der Risikosteuerpflichtigen auf ernsthafte Schwierigkeiten hätte stoßen müssen.

Zum Schwellenwert für die Besteuerung

83

Die Klägerinnen behaupten, dass alle Kreditinstitute im Fall einer Finanzkrise indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen würden. Zudem habe die schwedische Regierung in dem Gesetzesentwurf nicht nachgewiesen, dass die Risiken sich nur verwirklichen würden, wenn der Schwellenwert für die Besteuerung überschritten werde. Folglich würden die großen Banken für sämtliche von ihnen verursachten Kosten bezahlen, während ihre Konkurrenten selektiv von der Zahlung jeglicher von ihnen verursachter Kosten befreit würden.

84

Ferner handele es sich nicht um eine zweckgebundene Abgabe, da ihre Zielsetzung eine rein steuerliche sei, die darin bestehe, die Steuereinnahmen zu erhöhen, ohne das Verhalten der Steuerpflichtigen lenken zu wollen.

85

Sobald ein Unternehmen den Schwellenwert für die Besteuerung erreiche, werde die Steuer auf der Grundlage sämtlicher bei der Berechnung dieses Schwellenwerts berücksichtigter Verbindlichkeiten erhoben. Der Schwellenwert der Steuer könne zudem nicht progressiven Steuersätzen gleichgesetzt werden.

86

Sie beanstanden ferner die Analyse der Kommission und deren Interpretation des Urteils vom 26. April 2018, ANGED (C‑233/16, EU:C:2018:280), auf das sich die Kommission in dem angefochtenen Beschluss gestützt hat. Zum einen unterscheide sich der Kontext von dem des vorliegenden Falles und zum anderen sei der Schwellenwert für die in dieser Rechtssache in Rede stehende Steuer insofern anders angewandt worden, als diese Steuer nur auf den Teil erhoben worden sei, der über dem Schwellenwert liege, was vorliegend nicht der Fall sei.

87

Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Schweden, tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

88

In dem angefochtenen Beschluss hat die Kommission festgestellt, dass der Schwellenwert von 150 Mrd. SEK kein offensichtlich diskriminierendes Element darstelle und in ihm die rechtmäßige Wahrnehmung der Souveränität des Königreichs Schweden zum Ausdruck komme. Zudem stelle die Anwendung dieses Schwellenwerts sicher, dass die Risikosteuerpflichtigen 90 % der aggregierten Bilanzsumme aller Kreditinstitute in Schweden, einschließlich schwedischer Niederlassungen ausländischer Kreditinstitute, repräsentierten.

89

Was dies betrifft, gibt es nach der Rechtsprechung Steuern, deren Natur es nicht ausschließt, sie mit Anpassungsmechanismen zu versehen, die bis zu Steuerbefreiungen reichen können, ohne dass diese Mechanismen die Gewährung selektiver Vorteile zur Folge hätten. Sondervorschriften, die für bestimmte Unternehmen wegen ihrer besonderen Situation eine Steuerermäßigung oder gar eine Steuerbefreiung vorsehen, führen nicht zwangsläufig zu einem selektiven Vorteil, wenn diese Vorschriften nicht dem mit der betreffenden Steuer verfolgten Ziel zuwiderlaufen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Mai 2019, Polen/Kommission, T‑836/16 und T‑624/17, EU:T:2019:338, Rn. 89, und vom 27. Juni 2019, Ungarn/Kommission, T‑20/17, EU:T:2019:448, Rn. 101).

90

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Festlegung des Schwellenwerts der Steuer und der Modalitäten für die Berechnung der Bemessungsgrundlage im Ermessen des nationalen Gesetzgebers liegt und außerdem auf komplexen technischen Beurteilungen beruht, die die Unionsgerichte nur eingeschränkt gerichtlich überprüfen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2018, ANGED, C‑236/16 und C‑237/16, EU:C:2018:291, Rn. 43).

91

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass es dem Königreich Schweden nicht verwehrt werden kann, zum einen eine Steuer mit einem Schwellenwert für die Besteuerung einzuführen und zum anderen einen Anpassungsmechanismus festzulegen, der bis zu einer Befreiung der Kreditinstitute reicht, die diesen Schwellenwert unterschreiten, vorausgesetzt, diese Elemente laufen dem Ziel der Steuer nicht zuwider.

92

Daher ist zu prüfen, ob der genannte Schwellenwert nicht dem Ziel der Steuer zuwiderläuft oder offensichtlich diskriminierend ist.

93

In dieser Hinsicht ist zum einen, was das Argument anbelangt, dass alle Kreditinstitute im Fall einer Finanzkrise indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachten, zu wiederholen, dass im vorliegenden Fall, wie oben in Rn. 41 ausgeführt, mit der Steuer bezweckt wird, die öffentlichen Finanzen durch ihre Aufbesserung und die Erhaltung eines niedrigen Niveaus öffentlicher Verschuldung zu stärken, um einen Spielraum zur Bewältigung zukünftiger Finanzkrisen zu schaffen, indem die Zahlung der Steuer großen Kreditinstituten auferlegt wird, bei denen ein Einzelausfall oder eine schwerwiegende Geschäftsunterbrechung eines einzelnen Instituts aufgrund ihrer Größe und ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ein systemisches Risiko birgt und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und auf die Wirtschaft allgemein hätte, mit der Folge erheblicher indirekter Kosten für die Gesellschaft. Das Königreich Schweden ist der Ansicht, dass der Ausfall eines Kreditinstituts, dessen Verbindlichkeiten den Schwellenwert von 150 Mrd. SEK überschritten, mit derartigen Risiken einhergehe und erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursache. Die Klägerinnen stellen diese Feststellung des nationalen Gesetzgebers nicht in Frage und behaupten, wie oben in Rn. 43 angemerkt, nicht, dass der Ausfall eines Kreditinstituts, dessen Schulden unter dem Schwellenwert liegen, die gleichen Folgen auslösen könnte. Ferner ist das Risiko für das Finanzsystem, wie oben in Rn. 59 ausgeführt, insbesondere im Kontext gegenseitiger Finanzanleihen umso größer, je höher das Schuldenniveau ist, da das betroffene Kreditinstitut bei einem Ausfall nicht mehr in der Lage sein könnte, seine erheblichen Verbindlichkeiten zu begleichen; dies zöge das Risiko nach sich, dass es bei seinen Gläubigern zu Ausfällen kommt und infolgedessen erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft entstehen.

94

Zum anderen haben die Klägerinnen in Bezug auf das Argument, dass die Steuer keine zweckgebundene Abgabe sei und keine Lenkung des Verhaltens der Steuerpflichtigen bezwecke, nicht erklärt, aus welchem Grund es erforderlich sein solle, dass die Steuer bezwecke, das Verhalten der Steuerpflichtigen zu lenken. Wie aus ihrem Ziel ersichtlich, bezweckt die Steuer, die öffentlichen Finanzen durch ihre Aufbesserung und die Erhaltung eines niedrigen Niveaus öffentlicher Verschuldung zu stärken, um einen Spielraum zur Bewältigung zukünftiger Finanzkrisen zu schaffen. Kein anderer besonderer Zweck, wie die Lenkung des Verhaltens der Steuerpflichtigen, wurde in dem Gesetzesentwurf erwähnt. Folglich kann dieses Argument nicht zum Erfolg führen, denn die Steuer hat nicht zum Ziel, zu verhindern, dass dieser Steuer unterliegende Kreditinstitute Risiken eingehen oder ausfallen, sondern vielmehr, eine gute Verwaltung der öffentlichen Finanzen für den Fall des Ausfalls eines dieser Institute sicherzustellen.

95

Dass die Einnahmen aus der Steuer in den Staatshaushalt eingezahlt werden, steht ebenfalls im Einklang mit dem oben in Rn. 94 genannten Ziel.

96

Ferner gab es, wie aus der Akte ersichtlich und von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung bestätigt, keine Kreditinstitute, die nicht der Steuer unterlagen und deren Schuldenniveau dem Schwellenwert von 150 Mrd. SEK nahekam.

97

Zum anderen ergibt sich – ohne dass die Klägerinnen dies mit Erfolg bestritten hätten (siehe Rn. 42 des vorliegenden Urteils) – aus dem angefochtenen Beschluss, dass die Anwendung dieses Schwellenwerts sicherstellt, dass die Risikosteuerpflichtigen 90 % der aggregierten Bilanzsumme aller Kreditinstitute in Schweden repräsentieren.

98

Mithin haben die Klägerinnen keine Argumente vorgebracht, aufgrund derer der Schwellenwert von 150 Mrd. SEK im Hinblick auf das Ziel der Steuer als offensichtlich ungeeignet angesehen werden könnte. Sie haben auch nicht angegeben, welche andere Höhe für diesen Schwellenwert geeignet gewesen wäre. Vielmehr beanstanden sie, dass ein Schwellenwert überhaupt besteht. Nach der oben in Rn. 89 und 90 zitierten Rechtsprechung verstößt die Festlegung von Schwellenwerten durch den Gesetzgeber als solche jedoch nicht gegen Unionsrecht.

99

Nach alledem haben die Klägerinnen keinen Beweis dafür erbracht, dass die Kommission im Rahmen der Würdigung in Bezug auf den Schwellenwert für die Besteuerung auf ernsthafte Schwierigkeiten hätte stoßen müssen.

Zum Konsolidierungsmechanismus

100

Die Klägerinnen beanstanden den zur Berechnung des Schwellenwerts und der Steuerbemessungsgrundlage herangezogenen Konsolidierungsmechanismus für konzerninterne Situationen insofern, als die konzerninternen Schulden inländischer Kreditinstitute und grenzüberschreitender Niederlassungen bei der Berechnung des Schwellenwerts berücksichtigt würden. Zwischen den indirekten Kosten in Schweden und den einer ausländischen Niederlassung eines schwedischen Kreditinstituts zurechenbaren Verbindlichkeiten bestehe kein Zusammenhang; gleichwohl bildeten die Verbindlichkeiten dieser Niederlassungen einen nicht zu vernachlässigenden Teil der gesamten Steuerbemessungsgrundlage.

101

Zudem befänden sich ausländische Tochtergesellschaften schwedischer Kreditinstitute und ausländische Niederlassungen dieser Kreditinstitute im Hinblick auf indirekte Kosten in einer ähnlichen Situation. Dennoch würden diese beiden Situationen unterschiedlich behandelt; lediglich die Verbindlichkeiten ausländischer Niederlassungen schwedischer Kreditinstitute würden in die Steuerbemessungsgrundlage einbezogen. Darüber hinaus würden in Asymmetrie zur Behandlung ausländischer Niederlassungen schwedischer Kreditinstitute, deren Verbindlichkeiten bei der Berechnung berücksichtigt würden, die Verbindlichkeiten in Schweden angesiedelter Niederlassungen ausländischer Kreditinstitute in diese Berechnung ebenfalls einbezogen.

102

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

103

Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Niederlassung eines schwedischen Kreditinstituts, wie sich aus dem 59. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, ohne dass dies von den Klägerinnen in Frage gestellt worden wäre, gegenüber dem Kreditinstitut, dem sie angehört, keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und von derselben Lizenz gedeckt ist, im Gegensatz zu Tochterunternehmen, die rechtlich selbständige Einheiten darstellen. Daher trifft jede finanzielle Verpflichtung einer Niederlassung das schwedische Kreditinstitut, dem sie angehört, und eine diese Niederlassung treffende Krise würde ihre Muttergesellschaft in Mitleidenschaft ziehen und indirekte Kosten verursachen, nicht nur im Staat ihrer Niederlassung, sondern auch in Schweden. Daher ist nicht ersichtlich, dass die Kommission Bedenken hinsichtlich dieses Mechanismus hätte haben müssen, denn die Niederlassungen eines schwedischen Kreditinstituts sind mit diesem verbunden und ihr Ausfall würde folglich auch in Schweden Wirkungen entfalten.

104

Sodann ist aus den gleichen Gründen das Argument zurückzuweisen, dass sich ausländische Tochtergesellschaften und ausländische Niederlassungen eines schwedischen Kreditinstituts in einer ähnlichen Situation befänden, da Tochtergesellschaften, wie im 60. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, im Gegensatz zu Niederlassungen von ihren Muttergesellschaften getrennte rechtliche Einheiten und unter einer gesonderten Lizenz, die von ihrem Sitzstaat erteilt wird, tätig sind.

105

Schließlich haben die Klägerinnen nicht dargetan, dass die Behandlung der Verbindlichkeiten ausländischer Niederlassungen eines schwedischen Kreditinstituts und der Verbindlichkeiten in Schweden angesiedelter Niederlassungen ausländischer Kreditinstitute eine Asymmetrie aufweist. Im 61. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die in Schweden angesiedelten Niederlassungen ausländischer Kreditinstitute sowohl in Schweden als auch in dem Staat, in dem sich ihre Muttergesellschaft befinde, indirekte Kosten verursachen könnten. Folglich liegt in diesem Umstand keine Asymmetrie, denn die Verbindlichkeiten ausländischer Niederlassungen eines schwedischen Kreditinstituts werden in Schweden berücksichtigt, ohne dass dies es verwehre, sie gegebenenfalls auch im Niederlassungsstaat zu berücksichtigen.

106

Mithin haben die Klägerinnen nicht dargetan, dass der Konsolidierungsmechanismus ein offensichtlich diskriminierendes Element darstellt und dass die Kommission deshalb im Rahmen der Prüfung dieses Gesichtspunkts ernsthaften Schwierigkeiten hätte begegnen müssen.

Zur Abweichung vom Referenzsystem

107

Die Klägerinnen betonen, dass ihr Vorbringen zu den grundlegenden Merkmalen des Referenzsystems, wenn das Gericht dieses so zugrunde legen sollte, wie es in dem angefochtenen Beschluss bestimmt wurde, jedenfalls im Hinblick auf die Abweichungen vom Referenzsystem Geltung beanspruchen würde.

108

Was ferner das Vorliegen einer Abweichung hinsichtlich der Behandlung der Kreditinstitute anbelangt, deren Verbindlichkeiten den Schwellenwert von 150 Mrd. SEK nicht überschreiten, machen die Klägerinnen geltend, dass die Tätigkeiten der Kreditinstitute, deren Verbindlichkeiten den Schwellenwert unterschritten, nicht implizierten, dass der Staat im Fall einer Finanzkrise keinen indirekten Kosten im Hinblick auf diese Institute ausgesetzt wäre. Der Unterschied zwischen diesen Kreditinstituten und denjenigen, deren Verbindlichkeiten den genannten Schwellenwert überschritten, liege nämlich nicht darin, ob vom Staat zu tragende Risiken überhaupt bestünden, sondern in ihrem Umfang. Daher bestehe eine Abweichung vom Referenzsystem, da offensichtlich eine diskriminierende Unterscheidung zwischen Unternehmen getroffen werde, die sich in einer rechtlich und tatsächlich vergleichbaren Situation befänden. Darüber hinaus seien aus rechtlicher Sicht die Kreditinstitute, deren Verbindlichkeiten den Schwellenwert überstiegen, und diejenigen, deren Verbindlichkeiten ihn unterschritten, keinen offensichtlich unterschiedlichen Compliance-Anforderungen, buchhalterischen und steuerlichen Pflichten unterworfen, denen ein Schuldenschwellenwert gleicher Art und Höhe zugrunde liege.

109

Zudem sei die Steuer ein allgemeiner Beitrag zu den Staatseinnahmen, der zu anderen Zwecken verwendet werden könne; das wahre Ziel sei, die öffentlichen Finanzen mittels Beiträgen großer Kreditinstitute zu stärken. Demnach habe es, da die Steuer allgemeiner Art sei, keinen triftigen Grund für die Differenzierung zwischen Unternehmen eines bestimmten Sektors gegeben. Darüber hinaus hätte die Regierung vorschlagen sollen, aus den eingenommenen Mitteln Rücklagen für zukünftige Finanzkrisen zu bilden.

110

Was die Abweichungen hinsichtlich der Behandlung der anderen Finanzinstitute anbelangt, verweisen die Klägerinnen auf das oben in Rn. 68 wiedergegebene Vorbringen.

111

Folglich ist die Steuer nach Ansicht der Klägerinnen a priori selektiv und die Kommission hätte das förmliche Prüfverfahren einleiten müssen.

112

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

113

In dem angefochtenen Beschluss hat die Kommission zum einen die Auffassung vertreten, dass die Steuer hinsichtlich der Behandlung anderer Finanzinstitute keine Abweichung vom Referenzsystem darstelle. Diese wiesen keine Schuldenstruktur mit dem gleichen Grad an Instabilität auf und seien anderen, weniger strengen Regelungen unterworfen, was zeige, dass sie weniger anfällig seien, ein systemisches Risiko und indirekte Kosten zu verursachen. Daher befänden sich diese Institute im Hinblick auf das Ziel der Steuer nicht in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation wie Kreditinstitute.

114

Hypothekenfonds, deren Anteil am Hypothekenmarkt ohnehin begrenzt sei, seien nicht in bestimmte kritische Tätigkeiten ähnlich denen von Kreditinstituten involviert. Zudem unterschieden sie sich in ihrer Funktionsweise, unterfielen einem anderen Regelungsrahmen und seien nicht in der Lage, indirekte Kosten gleicher Größenordnung wie Kreditinstitute zu verursachen.

115

Zum anderen könnten große Kreditinstitute im Gegensatz zu kleinen Kreditinstituten eine systemische Bedeutung aufweisen, einen Einfluss und Auswirkungen auf den Markt haben und seien kritisch für die Realwirtschaft. Daher befänden sich große Kreditinstitute im Hinblick auf das Ziel der Steuer nicht in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation wie kleine Kreditinstitute.

116

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Umstand, dass nur die Steuerpflichtigen, die die Voraussetzungen für die Anwendung einer Maßnahme erfüllen, diese in Anspruch nehmen können, als solcher dieser Maßnahme keinen selektiven Charakter verleihen (vgl. Urteile vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. März 2021, Kommission/Ungarn, C‑596/19 P, EU:C:2021:202, Rn. 58).

117

Ferner weist eine Steuer, wie oben in Rn. 89 ausgeführt, keinen selektiven Charakter auf, wenn die Besteuerungsunterschiede und die daraus eventuell resultierenden Vorteile – selbst wenn deren Rechtfertigung nur in der Aufteilung der Steuer zwischen den Steuerpflichtigen besteht – sich aus der bloßen, nicht auf einer Ausnahme beruhenden Anwendung der „normalen“ Regelung ergeben, wenn vergleichbare Situationen gleichbehandelt werden und wenn diese Anpassungsmechanismen nicht im Widerspruch zu dem mit der betreffenden Steuer verfolgten Ziel stehen. Ebenso führen Sondervorschriften, die für bestimmte Unternehmen wegen ihrer besonderen Situation eine Steuerermäßigung oder gar eine Steuerbefreiung vorsehen, nicht zwangsläufig zu einem selektiven Vorteil, wenn diese Vorschriften nicht dem mit der betreffenden Steuer verfolgten Ziel zuwiderlaufen (Urteile vom 16. Mai 2019, Polen/Kommission, T‑836/16 und T‑624/17, EU:T:2019:338, Rn. 89, und vom 27. Juni 2019, Ungarn/Kommission, T‑20/17, EU:T:2019:448, Rn. 101).

118

Werden Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der Steuer verfolgte Ziel oder auf die Gründe für deren Anpassung in einer vergleichbaren Situation befinden, hingegen insoweit nicht gleichbehandelt, so führt diese Diskriminierung zu einem selektiven Vorteil, der, sofern die übrigen Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV gegeben sind, eine staatliche Beihilfe darstellen kann (Urteil vom 27. Juni 2019, Ungarn/Kommission, T‑20/17, EU:T:2019:448, Rn. 102).

119

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Argumente der Klägerinnen in Bezug auf das Referenzsystem, nachdem sie bereits oben in den Rn. 54 bis 106 analysiert worden sind, auch im Rahmen der Prüfung der vorliegenden Rüge zu verwerfen sind, soweit sie hinsichtlich des Referenzsystems in ähnlichem Kontext – Vorliegen einer offensichtlichen Diskriminierung – geprüft worden sind.

120

Sodann ist als Erstes, was das Vorliegen von Abweichungen hinsichtlich der Behandlung von Kreditinstituten anbelangt, deren Verbindlichkeiten den Schwellenwert von 150 Mrd. SEK nicht überschreiten, darauf hinzuweisen, dass sich, wie oben in Rn. 41 ausgeführt, aus der Gesetzesbegründung ergibt, dass die Steuer zum Ziel hatte, die öffentlichen Finanzen durch ihre Aufbesserung und die Erhaltung eines niedrigen Niveaus öffentlicher Verschuldung zu stärken, um einen Spielraum zur Bewältigung zukünftiger Finanzkrisen zu schaffen, indem die Zahlung der Steuer großen Kreditinstituten auferlegt wird, bei denen ein Einzelausfall oder eine schwerwiegende Geschäftsunterbrechung eines einzelnen Instituts aufgrund ihrer Größe und ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems ein systemisches Risiko bergen würde und sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und auf die Wirtschaft allgemein hätte, mit der Folge erheblicher indirekter Kosten für die Gesellschaft.

121

Die Klägerinnen beschränken sich auf die Behauptung, dass dem Staat im Fall einer Finanzkrise auch seitens der nicht der Steuer unterliegenden Kreditinstitute indirekte Kosten entstehen würden. Die Klägerinnen haben jedoch nicht erklärt, aus welchem Grund die Kommission Bedenken in Bezug auf die systemische Bedeutung dieser Kreditinstitute im Hinblick auf eventuelle indirekte Kosten oder in Bezug darauf hätte haben sollen, dass sie durch einen Einzelausfall so negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Wirtschaft allgemein haben könnten, dass sie erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen würden. Überdies haben die Klägerinnen, wie oben in Rn. 80 und 81 erwähnt, eingeräumt, dass die größten Kreditinstitute höhere indirekte Kosten verursachen, und nicht in Frage gestellt, dass nur große Kreditinstitute durch einen Einzelausfall zu einem systemischen Risiko führen, sehr negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Wirtschaft allgemein haben und erhebliche indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen können.

122

Außerdem ist das Argument, dass alle Kreditinstitute im Fall einer Finanzkrise indirekte Kosten für die Gesellschaft verursachen würden, aus den oben in Rn. 80 genannten Gründen zu verwerfen.

123

Mithin haben die Klägerinnen nicht dargetan, dass ein Bündel übereinstimmender Indizien vorliegt, anhand dessen bewiesen werden könnte, dass sich die Kreditinstitute, deren Verbindlichkeiten den Schwellenwert überschreiten, im Hinblick auf das Ziel der Steuer in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden wie die Kreditinstitute, deren Verbindlichkeiten diesen Schwellenwert nicht überschreiten. Überdies ergibt sich, wie oben in Rn. 96 angegeben, aus der Akte, dass es kein der Steuer nicht unterliegendes Kreditinstitut gab, dessen Schuldenniveau dem Schwellenwert von 150 Mrd. SEK nahekam. Es gilt zu bedenken, dass es nach der oben in Rn. 24 zitierten Rechtsprechung nicht Sache des Gerichts ist, zu ermitteln, ob gewichtige Anhaltspunkte für das Nichtvorliegen von Bedenken hinsichtlich der Einstufung der in Rede stehenden Maßnahme als Beihilfe bestehen, sondern es ihm vielmehr obliegt, zu untersuchen, ob die Klagepartei den Beweis für das Vorliegen solcher Bedenken erbracht hat.

124

Als Zweites ist zunächst, was das Vorliegen von Abweichungen in Bezug auf die Behandlung anderer Finanzinstitute anbelangt, darauf hinzuweisen, dass ein bloßes Wettbewerbsverhältnis für sich genommen nicht zu dem Schluss führen kann, dass sich diese Institute im Hinblick auf das Ziel der Steuer in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden wie die Kreditinstitute, die dieser Steuer unterliegen.

125

Sodann ist das Argument, mit dem geltend gemacht wird, mangelnde Anforderungen an andere Finanzinstitute könnten eine zusätzliche Gefahr für die Finanzstabilität darstellen und zusätzliche Risiken indirekter Kosten für den Staat bergen, aus den oben in Rn. 78 dargestellten Gründen zu verwerfen.

126

Schließlich monieren die Klägerinnen, dass die Kommission die Gesamtsumme der Verbindlichkeiten der Hypothekenfonds der Höhe nach nicht korrekt bewertet habe. Allerdings führen sie, ohne den genauen Wert dieser Verbindlichkeiten anzugeben, bestimmte Gesamtbeträge von Hypothekendarlehen an Privathaushalte an, und zwar 19 Mrd. SEK (ungefähr 1,68 Mrd. Euro) und 35,1 Mrd. SEK (ungefähr 3,1 Mrd. Euro). Die angeführten Zahlen erreichen jedoch, abgesehen davon, dass sie sich auf kollektive Daten zu Hypothekenfonds beziehen, nicht einmal annähernd den Schwellenwert der Steuer in Höhe von 150 Mrd. SEK.

127

Im Ergebnis vermag das Vorbringen der Klägerinnen zum Vorliegen einer Abweichung vom Referenzsystem nicht zu belegen, dass die Kommission im Rahmen ihrer Prüfung dieses Gesichtspunkts auf ernsthafte Schwierigkeiten hätte stoßen müssen.

128

Nach alledem haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, dass die Kommission Bedenken hinsichtlich der Einstufung der Steuer im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV hätte haben müssen, die sie zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hätten veranlassen müssen. Folglich ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen, ohne dass es der von den Klägerinnen beantragten prozessleitenden Maßnahmen bedarf, da es gemäß Art. 90 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts in dessen Ermessen gestellt ist, diese nur anzuordnen, wenn es sie für sachdienlich hält.

Kosten

129

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

130

Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen entsprechend den Anträgen der Kommission ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

131

Das Königreich Schweden trägt gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Ideella föreningen Svenska Bankföreningen med firma Svenska Bankföreningen, Näringsverksamhet und die Länsförsäkringar Bank AB tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission.

 

3.

Das Königreich Schweden trägt seine eigenen Kosten.

 

Papasavvas

da Silva Passos

Jaeger

Gervasoni

Półtorak

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. April 2024.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.