Beschluss des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 20. Juni 2023 –
SOLE‑MiZo/Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága

(Rechtssache C‑426/22) ( 1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 183 – Grundsätze der Effektivität und der steuerlichen Neutralität – Vorsteuerabzug – Erstattung des Überschusses – Berechnung der Zinsen, die wegen der Nichtverfügbarkeit eines unter Verstoß gegen das Unionsrecht einbehaltenen Überschusses abzugsfähiger Mehrwertsteuer geschuldet werden – Geldentwertung“

Harmonisierung des Steuerrechts – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Vorsteuerabzug – Ausübungsmodalitäten des Vorsteuerabzugs – Erstattung des Überschusses – Grundsätze der Effektivität und der steuerlichen Neutralität – Berechnung der Zinsen, die wegen der Nichtverfügbarkeit eines unter Verstoß gegen das Unionsrecht einbehaltenen Überschusses abzugsfähiger Mehrwertsteuer geschuldet werden – Kein Ausgleich für die Geldentwertung, durch die dem Steuerpflichtigen eine angemessene Entschädigung verwehrt wird – Unzulässigkeit

(Richtlinie 2006/112 des Rates, Art. 183)

(vgl. Rn. 37-49, 54 und Tenor)

Tenor

Art. 183 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sowie die Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz

sind dahin auszulegen, dass

sie der Praxis eines Mitgliedstaats, die Zinsen auf die von ihm unter Verstoß gegen das Unionsrecht über eine angemessene Frist hinaus einbehaltenen Überschüsse abzugsfähiger Mehrwertsteuer derart zu berechnen, dass ein Zinssatz angewandt wird, der dem um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz der nationalen Zentralbank entspricht, wobei die Zinsen auf diese Mehrwertsteuerüberschüsse während eines Zeitraums zwischen dem Fälligkeitsdatum der Erklärung für einen bestimmten Monat und dem Fälligkeitsdatum der Erklärung für den Folgemonat anfallen, ohne dass Zinsen zum Ausgleich der durch den Zeitablauf verursachten Geldentwertung angewandt werden, die nach diesem Zeitraum eingetreten ist und bis zu einem Datum läuft, das zum einen nach der Verkündung des Urteils liegt, mit dem der Gerichtshof diesen Verstoß gegen das Unionsrecht festgestellt hat, und zum anderen, vor der tatsächlichen Zahlung der Zinsen auf die genannten Mehrwertsteuerüberschüsse liegt, entgegenstehen, sofern diese Praxis geeignet ist, dem Steuerpflichtigen eine angemessene Entschädigung für den durch die Nichtverfügbarkeit der betreffenden Beträge verursachten Verlust zu verwehren und die wirtschaftliche Belastung durch die zu Unrecht einbehaltenen Steuerbeträge nicht auszugleichen.


( 1 ) ABl. C 340 vom 5.9.2022.