13.3.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 94/14


Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato (Italien), eingereicht am 24. November 2022 — Associazione Nazionale Italiana Bingo — Anib, Play Game Srl/Ministero dell’Economia e delle Finanze, Agenzia delle Dogane e dei Monopoli

(Rechtssache C-728/22)

(2023/C 94/16)

Verfahrenssprache: Italienisch

Vorlegendes Gericht

Consiglio di Stato

Parteien des Ausgangsverfahrens

Berufungsklägerinnen: Associazione Nazionale Italiana Bingo — Anib, Play Game Srl

Berufungsbeklagte: Ministero dell’Economia e delle Finanze, Agenzia delle Dogane e dei Monopoli

Vorlagefragen

1.

Sind die Richtlinie 2014/23/EU (1) über die Konzessionsvergabe und die dem Vertrag zu entnehmenden allgemeinen Grundsätze und vor allem die Art. 15, 16, 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 3 des Vertrags über die Europäische Union und die Art. 8, 49, 56, 12, 145 und 151 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie auf Konzessionen zur Durchführung von Bingospielen anwendbar sind, die im Jahr 2000 im Wege eines Auswahlverfahrens erteilt wurden und dann abgelaufen sind, und deren Wirksamkeit anschließend wiederholt durch gesetzliche Vorschriften verlängert wurde, die nach Inkrafttreten der Richtlinie und nach Ablauf der Frist zu ihrer Umsetzung in Kraft getreten sind?

2.

Steht bei Bejahung der ersten Frage die Richtlinie 2014/23/EU einer Auslegung oder Anwendung interner gesetzlicher Vorschriften oder einer auf diesen Vorschriften beruhenden Anwendungspraxis entgegen, die der Verwaltung die Ermessensbefugnis nimmt, auf Antrag der Betroffenen zur Änderung der Ausübungsbedingungen der Konzessionen ein Verwaltungsverfahren — mit oder ohne neues Vergabeverfahren je nach Einstufung der Neuverhandlung des vertraglichen Gleichgewichts als wesentliche oder unwesentliche Änderung — einzuleiten, um im Fall von Ereignissen, die den Parteien nicht zurechenbar sowie unvorhergesehen und unvorhersehbar sind und die sich wesentlich auf die üblichen betrieblichen Risikobedingungen auswirken, die Ausübungsbedingungen der Konzessionen für den Zeitraum zu ändern, in dem die geänderten Risikobedingungen andauern, und der erforderlich ist, um gegebenenfalls die ursprünglichen Ausübungsbedingungen der Konzessionen wieder in Kraft zu setzen?

3.

Steht die Richtlinie 89/665/EG (2) in der durch die Richtlinie 2014/23/EU geänderten Fassung einer Auslegung oder Anwendung interner nationaler Vorschriften oder einer auf diesen Vorschriften beruhenden Anwendungspraxis entgegen, nach der der Gesetzgeber oder die öffentliche Verwaltung die Teilnahme an einem Verfahren zur Neuvergabe der Spielekonzessionen von der Teilnahme des Konzessionärs an den Regelungen zur technischen Verlängerung abhängig machen können, selbst wenn die Möglichkeit ausgeschlossen ist, im Anschluss an Ereignisse, die den Parteien nicht zurechenbar sowie unvorhergesehen und unvorhersehbar sind und die sich wesentlich auf die üblichen betrieblichen Risikobedingungen auswirken, die Ausübungsbedingungen der Konzession zwecks Ausbalancierung für den Zeitraum neu zu verhandeln, in dem die geänderten Risikobedingungen andauern und der erforderlich ist, um gegebenenfalls die ursprünglichen Ausübungsbedingungen der Konzession wieder in Kraft zu setzen?

4.

In jedem Fall: Stehen die Art. 49 und 56 AEUV sowie die Grundsätze der Rechtssicherheit, des effektiven Rechtsschutzes und des Vertrauensschutzes einer Auslegung oder Anwendung interner gesetzlicher Vorschriften oder einer auf diesen Vorschriften beruhenden Anwendungspraxis entgegen, die der Verwaltung die Ermessensbefugnis nimmt, auf Antrag der Betroffenen zur Änderung der Ausübungsbedingungen der Konzessionen ein Verwaltungsverfahren — mit oder ohne neues Vergabeverfahren je nach Einstufung der Neuverhandlung des vertraglichen Gleichgewichts als wesentliche oder unwesentliche Änderung — einzuleiten, um im Fall von Ereignissen, die den Parteien nicht zurechenbar sowie unvorhergesehen und unvorhersehbar sind und die sich wesentlich auf die üblichen betrieblichen Risikobedingungen auswirken, die Ausübungsbedingungen der Konzessionen für den Zeitraum zu ändern, in dem die geänderten Risikobedingungen andauern und der erforderlich ist, um gegebenenfalls die ursprünglichen Ausübungsbedingungen der Konzessionen wieder in Kraft zu setzen?

5.

Stehen die Art. 49 und 56 AEUV sowie die Grundsätze der Rechtssicherheit, des effektiven Rechtsschutzes und des Vertrauensschutzes einer Auslegung oder Anwendung interner nationaler Vorschriften oder einer auf diesen Vorschriften beruhenden Anwendungspraxis entgegen, nach der der Gesetzgeber oder die öffentliche Verwaltung die Teilnahme an einem Verfahren zur Neuvergabe der Spielekonzessionen von der Teilnahme des Konzessionärs an den Regelungen zur technischen Verlängerung abhängig machen können, selbst wenn die Möglichkeit ausgeschlossen ist, im Anschluss an Ereignisse, die den Parteien nicht zurechenbar sowie unvorhergesehen und unvorhersehbar sind und die sich wesentlich auf die üblichen betrieblichen Risikobedingungen auswirken, die Ausübungsbedingungen der Konzession zwecks Ausbalancierung für den Zeitraum neu zu verhandeln, in dem die geänderten Risikobedingungen andauern und der erforderlich ist, um gegebenenfalls die ursprünglichen Ausübungsbedingungen der Konzession wieder in Kraft zu setzen?

6.

Stehen allgemeiner die Art. 49 und 56 AEUV sowie die Grundsätze der Rechtssicherheit, des effektiven Rechtsschutzes und des Vertrauensschutzes einer nationalen Vorschrift wie der im Ausgangsverfahren maßgeblichen entgegen, die zulasten der Betreiber von Bingohallen die verpflichtende Zahlung einer in den ursprünglichen Konzessionsurkunden nicht vorgesehenen monatlichen technischen Verlängerungsgebühr vorschreibt, deren Betrag für alle Arten von Anbietern derselbe ist und vom Gesetzgeber jeweils ohne jeden nachgewiesenen Zusammenhang mit den Besonderheiten und dem Verlauf des einzelnen Konzessionsverhältnisses von Zeit zu Zeit geändert wird?


(1)  ABl. 2014, L 94, S. 1.

(2)  Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. 1989, L 395, S. 33).