URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

29. Juli 2024 ( *1 )

„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – SA.33846 (2015/C) (ex 2014/NN) (ex 2011/CP) – Der Veröffentlichung des Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nachfolgende wesentliche Frage – Ermittlung des Beihilfeempfängers – Verpflichtung zur Veröffentlichung eines abgeänderten Einleitungsbeschlusses – Recht des Beihilfeempfängers auf Stellungnahme – Wesentliche Formvorschrift – Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt – Von der Europäischen Kommission angeordnete Rückforderung der Beihilfe – Zurückzufordernder Betrag – Zuständigkeit des betreffenden Mitgliedstaats“

In der Rechtssache C‑697/22 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 11. November 2022,

Koiviston Auto Helsinki Oy, ehemals Helsingin Bussiliikenne Oy, mit Sitz in Helsinki (Finnland), vertreten durch O. Hyvönen und N. Rosenlund, Asianajajat,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Europäische Kommission, vertreten durch M. Huttunen, J. Ringborg und F. Tomat als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Republik Finnland,

Nobina Oy mit Sitz in Espoo (Finnland),

Nobina AB mit Sitz in Solna (Schweden),

Streithelferinnen im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin O. Spineanu-Matei, der Richter J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwältin: L. Medina,

Kanzler: A. Juhász-Tóth, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2024,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. Mai 2024

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Helsingin Bussiliikenne Oy, nunmehr Koiviston Auto Helsinki Oy, die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 14. September 2022, Helsingin Bussiliikenne/Kommission (T‑603/19, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:555), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2020/1814 der Kommission vom 28. Juni 2019 über die staatliche Beihilfe SA.33846 (2015/C) (ex 2014/NN) (ex 2011/CP) Finnlands zugunsten von Helsingin Bussiliikenne Oy (ABl. 2020, L 404, S. 10, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2

Art. 1 („Definitionen“) der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) sieht vor:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

h)

‚Beteiligte‘ Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände.“

3

Art. 6 („Förmliches Prüfverfahren“) dieser Verordnung lautet:

„(1)   Der Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die [Europäische] Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt. Der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten werden in diesem Beschluss zu einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.

(2)   Die von der Kommission erhaltenen Stellungnahmen werden dem betreffenden Mitgliedstaat mitgeteilt. Ersucht ein Beteiligter um Nichtbekanntgabe seiner Identität mit der Begründung, dass ihm daraus ein Schaden entstehen könnte, so wird die Identität des Beteiligten dem betreffenden Mitgliedstaat nicht bekannt gegeben. Der betreffende Mitgliedstaat kann sich innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat zu den Stellungnahmen äußern. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

4

Helsingin Bussiliikenne (im Folgenden: alte HelB) betrieb Buslinien im Raum Helsinki (Finnland) und bot Charterbeförderungs- und Busleasingdienste an. Sie stand zu 100 % im Eigentum von Helsingin kaupunki (Stadt Helsinki, Finnland).

5

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 3 bis 9 des angefochtenen Urteils wie folgt dargestellt worden:

„3

In den Jahren 2002 bis 2012 ergriff die Stadt Helsinki verschiedene Maßnahmen zugunsten der HKL‑Bussiliikenne [Oy] und der alten HelB (im Folgenden: streitige Maßnahmen). So wurde HKL‑Bussiliikenne erstens im Jahr 2002 ein Ausrüstungskredit in Höhe von 14,5 Mio. Euro gewährt, um die Anschaffung von Bustransportausrüstung zu finanzieren. Dieser Kredit wurde von der alten HelB am 1. Januar 2005 übernommen. Zweitens gewährte die Stadt Helsinki der alten HelB bei ihrer Gründung einen Betriebsmittelkredit in Höhe von insgesamt 15893700,37 Euro zur Refinanzierung bestimmter Verbindlichkeiten der HKL‑Bussiliikenne und der Suomen Turitiauto [Oy]. Drittens gewährte die Stadt Helsinki der alten HelB am 31. Januar 2011 und am 23. Mai 2012 zwei weitere Betriebsmittelkredite in Höhe von 5,8 Mio. Euro bzw. 8 Mio. Euro.

4

Am 31. Oktober 2011 reichten die öffentlichen Verkehrsunternehmen Nobina Sverige AB und Nobina Finland Oy bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde ein, der sich ihre Muttergesellschaft Nobina AB am 15. November 2011 anschloss. Mit dieser Beschwerde machten sie geltend, dass die Republik Finnland der alten HelB eine rechtswidrige Beihilfe gewährt habe. Am 22. November 2011 übermittelte die Kommission der Republik Finnland diese Beschwerde.

5

Mit dem Beschluss C(2015) 80 final vom 16. Januar 2015 betreffend die Maßnahme SA.33846 (2015/C) (ex 2014/NN) (ex 2011/CP) – Finnland – Helsingin Bussiliikenne Oy (ABl. 2015, C 116, S. 22, im Folgenden: Einleitungsbeschluss) leitete die Kommission u. a. im Hinblick auf die streitigen Maßnahmen das förmliche Prüfverfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV ein. Dieser Beschluss wurde am 10. April 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, und die Beteiligten wurden aufgefordert, innerhalb eines Monats nach dieser Veröffentlichung Stellung zu nehmen. …

6

Außerdem informierte die Stadt Helsinki die Kommission am 24. Juni 2015 im Lauf des Verfahrens über die Durchführung der Veräußerung der alten HelB. Am 5. November 2015 übermittelte die Republik Finnland der Kommission den Entwurf des Kaufvertrags mit der [Rechtsmittelführerin].

7

Am 14. Dezember 2015 wurde die alte HelB an … die Viikin Linja Oy verkauft. Gemäß den Bestimmungen des Kaufvertrags wurde diese in Helsingin Bussiliikenne Oy (im Folgenden: neue HelB) umbenannt. Die Verkaufsunterlagen enthielten eine Bestimmung, wonach die Käuferin der alten HelB im Fall der Rückforderung staatlicher Beihilfen in voller Höhe entschädigt werden sollte (im Folgenden: Entschädigungsklausel), und ein Teil des Verkaufspreises wurde bis zum Erlass eines endgültigen Beschlusses über die staatliche Beihilfe oder bis spätestens 31. Dezember 2022 auf einem Treuhandkonto hinterlegt. Außerdem enthielten diese Unterlagen einen Earn-out-Mechanismus, wonach sich die Käuferin bei Überschreiten zuvor festgelegter Gewinnschwellen verpflichtete, einen Bonus für die Verkäuferin auf das Treuhandkonto einzuzahlen.

8

Die Veräußerung an Viikin Linja betraf das gesamte operative Geschäft der alten HelB. Die alte HelB behielt mit Ausnahme der auf dem Treuhandkonto hinterlegten oder zu hinterlegenden Beträge keine Vermögenswerte. Die Verbindlichkeiten aus den streitigen Maßnahmen wurden nicht auf die neue HelB übertragen. Nach der Veräußerung der alten HelB wurde diese von der Stadt Helsinki von der Rückzahlung des im Rahmen des Ausrüstungskredits aus dem Jahr 2002 ausstehenden Restbetrags befreit. Außerdem wandelte die Stadt Helsinki am 11. Dezember 2015 die nicht zurückgezahlten Betriebsmittelkredite aus den Jahren 2005, 2011 und 2012 in Eigenkapital der alten HelB um.

9

Am 28. Juni 2019 erließ die Kommission den [streitigen] Beschluss[, dessen] verfügende[r] Teil lautet:

‚Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Höhe von 54231850 [Euro], die [die Republik] Finnland im Rahmen der [streitigen] Maßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 [AEUV] zugunsten von Helsingin Bussiliikenne Oy rechtswidrig gewährt hat, ist nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Artikel 2

(1) [Die Republik] Finnland fordert die in Artikel 1 genannten Beihilfen von dem Begünstigten zurück.

(2) Aufgrund der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der alten HelB (jetzt Helsingin kaupungin Linja-autotoiminta Oy) und der neuen HelB (vollständige Bezeichnung – … Helsingin Bussiliikenne Oy – [ehemals] Viikin Linja Oy]) wird die Pflicht zur Rückzahlung der Beihilfe auf die neue HelB (vollständige Bezeichnung – Helsingin Bussiliikenne Oy) ausgeweitet.

(3) Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfen dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurden, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

Artikel 4

(1) [Die Republik] Finnland übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses folgende Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der vom Empfänger zurückzufordern ist;

…‘“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

6

Mit Klageschrift, die am 9. September 2019 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die neue HelB Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

7

Sie stützte ihre Klage auf fünf Klagegründe, mit denen sie erstens geltend machte, dass der streitige Beschluss unter Verletzung ihrer Verfahrensrechte erlassen worden sei, sowie zweitens einen offensichtlichen Fehler der Kommission bei der Beurteilung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der alten HelB und der neuen HelB, drittens eine unzureichende Begründung des streitigen Beschlusses, viertens einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit und fünftens einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV rügte.

8

Die Klage wurde vom Gericht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.

Anträge der Parteien des Rechtsmittelverfahrens

9

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin,

das angefochtene Urteil aufzuheben,

den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären und

sämtliche ihr vor dem Gericht und dem Gerichtshof entstandenen Kosten zuzüglich der gesetzlichen Zinsen der Kommission aufzuerlegen.

10

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen und

sämtliche ihr entstandenen Kosten der Rechtsmittelführerin aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

11

Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe, mit denen sie erstens einen wesentlichen Verfahrensfehler und zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rügt.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

12

Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin einen wesentlichen Verfahrensfehler.

13

Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht sie geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, das förmliche Prüfverfahren auszuweiten, wenn sie über die wirtschaftliche Kontinuität zwischen der alten HelB und der neuen HelB habe entscheiden wollen. Das Gericht habe in Rn. 40 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass die im Einleitungsbeschluss nicht vorgesehene Erweiterung der Verpflichtung zur Rückzahlung der der alten HelB gewährten staatlichen Beihilfen den Gegenstand dieses Verfahrens nicht ausgeweitet habe, da dieser auf die im Einleitungsbeschluss genannten Beihilfen beschränkt geblieben sei. Die Veräußerung der alten HelB am 14. Dezember 2015 sei ein neuer Gesichtspunkt gewesen, der im Einleitungsbeschluss nicht enthalten gewesen sei, so dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, das förmliche Prüfverfahren zu berichtigen oder auszuweiten.

14

Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in Rn. 51 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass der Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV, den die Kommission dadurch begangen habe, dass sie die Rechtsmittelführerin nicht am förmlichen Prüfverfahren beteiligt habe, keine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift, sondern nur einen Verfahrensfehler darstelle, der nur dann die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses nach sich ziehe, wenn der betreffende Beschluss ohne ihn nachweislich einen anderen Inhalt hätte haben können.

15

Das Gericht habe in den Rn. 50 und 51 des angefochtenen Urteils ebenfalls fehlerhaft festgestellt, dass das Versäumnis der Kommission, die Beteiligten in das Verwaltungsverfahren einzubeziehen, nur dann eine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift darstellen könne, wenn dieses Versäumnis den Inhalt des Einleitungsbeschlusses betreffe.

16

Erstens hänge nämlich das Recht des Erwerbers eines durch eine staatliche Beihilfe begünstigten Unternehmens, zum förmlichen Verfahren zur Prüfung dieser Beihilfe Stellung zu nehmen, nach dieser Auffassung des Gerichts vom Zeitpunkt des Erwerbs dieses Unternehmens ab.

17

Zweitens verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn der Begünstigte einer während des förmlichen Prüfverfahrens erfolgenden Veräußerung eines Geschäftsbetriebs in eine ungünstigere Lage versetzt werde als der Begünstigte einer Veräußerung eines Geschäftsbetriebs, die vor der Veröffentlichung des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens erfolge, so dass dieser die Möglichkeit habe, hierzu im Stadium dieses Beschlusses Stellung zu nehmen, oder als der Begünstigte einer erst nach dem endgültigen Beschluss der Kommission erfolgenden Veräußerung eines Geschäftsbetriebs, der in der nationalen Durchführungsphase eine Stellungnahme abgeben könne.

18

Drittens habe die oben genannte Herangehensweise des Gerichts zur Folge, dass einem Beteiligten, der sich in einer vergleichbaren Situation wie die Rechtsmittelführerin befinde, vor dem Erlass eines Beschlusses der Kommission über die Rückforderung einer von dieser für rechtswidrig erachteten Beihilfe keine Gelegenheit gegeben werde, eine Stellungnahme, einschlägige Auskünfte und Beweise vorzubringen.

19

Das Gericht habe seine Unterscheidung zwischen der Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift und einem anderen Verfahrensfehler auf Präzedenzfälle in der Rechtsprechung gestützt, deren Sachverhalte sich von dem im vorliegenden Fall unterschieden. Zum einen hätten die betroffenen Beteiligten in den Rechtssachen, die zu dem in Rn. 51 des angefochtenen Urteils genannten Urteil und zu der in jenem Urteil angeführten Rechtsprechung geführt hätten, die Möglichkeit gehabt, gehört zu werden, und die Verletzung der Verpflichtung, gehört zu werden, habe sich nur auf bestimmte Aktenstücke bezogen. Zum anderen beruhe die Rechtsprechung, die in dem in Rn. 51 des angefochtenen Urteils genannten Urteil angeführt werde, auf tatsächlichen Umständen, die mit denen der vorliegenden Rechtssache nicht vergleichbar seien.

20

Dagegen ergebe sich aus dem Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen (C‑334/07 P, EU:C:2008:709, Rn. 55), dass „die Kommission[, wenn sie] die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hinsichtlich einer geplanten Beihilfe [beschließt], … den Beteiligten, darunter dem oder den betroffenen Unternehmen, Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben [muss, wobei] [d]iese Regel … den Charakter einer wesentlichen Formvorschrift [hat]“.

21

Das Recht auf Anhörung in einem Verwaltungsverfahren sei ein im Unionsrecht anerkanntes Grundrecht, das in Art. 41 („Recht auf eine gute Verwaltung“) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sei. Seine Verletzung stelle einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses rechtfertige, ohne dass der Geschädigte etwaige Auswirkungen seiner Anhörung auf den im Verwaltungsverfahren zu erlassenden Beschluss nachweisen müsse. Indem das Gericht davon ausgehe, dass die gänzliche Vorenthaltung des Rechts auf Anhörung nur einen Verfahrensfehler darstelle, suggeriere es, dass es sich bei diesem Recht nicht um ein Grundrecht handele, sondern um ein Recht, das in völliger Straflosigkeit verletzt werden könne.

22

Das Recht auf Anhörung sei auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der im Wettbewerbsrecht durch das Urteil vom 23. Oktober 1974, Transocean Marine Paint Association/Kommission (17/74, EU:C:1974:106, Rn. 15), verankert worden sei, in dem hervorgehoben werde, dass dieses Recht umso wichtiger sei, da der in Rede stehende Beschluss „nicht unerhebliche Belastungen“ mit sich bringe und „von beträchtlicher Tragweite“ sei.

23

Im vorliegenden Fall habe der streitige Beschluss schwerwiegende Folgen für die neue HelB gehabt, da sie durch ihn verpflichtet worden sei, einen Betrag von etwa 54 Mio. Euro zuzüglich der im Zusammenhang mit der Rückforderung der rechtswidrigen staatlichen Beihilfe stehenden Zinsen zu zahlen, und in die Gefahr einer Insolvenz gebracht sowie gezwungen worden sei, im Juni 2021 eine Umstrukturierung zu beantragen. Das Umstrukturierungsverfahren sei im Februar 2022 mit dem Verkauf des Konzerns Koiviston Auto abgeschlossen worden, der die neue HelB erworben habe, da die Familie, die den Konzern in den 1920er Jahren gegründet habe, zu diesem Verkauf gezwungen gewesen sei, um den Rückforderungsbetrag zahlen zu können. Dagegen sei die Rückforderung der Stadt Helsinki zugutegekommen, obwohl diese für die rechtswidrige staatliche Beihilfe verantwortlich gewesen sei, da die Stadt diese Beihilfe, die sie ihrem eigenen Unternehmen gewährt gehabt habe, unter Einbehaltung des gesamten von der Rechtsmittelführerin gezahlten Kaufpreises zurückgefordert habe.

24

Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht, selbst wenn man annehme, dass die Kommission im vorliegenden Fall keine wesentliche Formvorschrift verletzt und nur einen Verfahrensfehler begangen habe, gleichwohl einen Rechtsfehler begangen habe, als es in Rn. 64 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die Stellungnahme der Rechtsmittelführerin keine Änderung des streitigen Beschlusses ermöglicht hätte.

25

Dieser Fehler sei die Folge eines weiteren Fehlers, den das Gericht in Rn. 56 des angefochtenen Urteils begangen habe, indem es ausgeführt habe, dass sich die Stellungnahme, die nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ohne den festgestellten Verfahrensfehler hätte übermittelt werden können, nur auf eines der Kriterien bezogen habe, die zur Feststellung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität herangezogen worden seien, nämlich auf die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion. Wie sich im Gegenteil aus den Rn. 42 und 52 des angefochtenen Urteils ergebe, habe die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht geltend gemacht, dass das förmliche Prüfverfahren vor allem in Bezug auf die Anwendung des Grundsatzes der wirtschaftlichen Kontinuität und die tatsächliche Übertragung der staatlichen Beihilfe auf die neue HelB zu einem anderen Ergebnis geführt hätte oder hätte führen können.

26

Darüber hinaus werde ein Beschluss der Kommission, wenn er Gegenstand einer Klage vor den Unionsgerichten sei, auf der Grundlage der Informationen und Dokumente geprüft, über die die Kommission bei Erlass des Beschlusses verfügt habe (Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 91). Folglich sei ein Kläger, da er völlig auf den Inhalt der Akte des förmlichen Prüfverfahrens angewiesen sei, auch im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nicht in der Lage, Beweise dafür vorzulegen, dass sich seine Beteiligung an diesem förmlichen Prüfverfahren auf den Beschluss hätte auswirken können. Daher könne er nicht nachweisen, dass sich diese Beteiligung auf den Beschluss hätte auswirken können.

27

In ihrer Erwiderung führt die Rechtsmittelführerin aus, sie teile die Beurteilung der Kommission in Rn. 73 ihrer Klagebeantwortung, wonach die Prüfung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe und die Prüfung der wirtschaftlichen Kontinuität unterschiedliche Fragen seien. Daher sollten die Beteiligten zu diesen beiden Fragen gehört werden.

28

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin entgegen.

29

Was als Erstes das Vorbringen betrifft, die Kommission sei verpflichtet gewesen, den Einleitungsbeschluss zu berichtigen oder auszuweiten, führt die Kommission aus, das Gericht habe im angefochtenen Urteil zu Recht festgestellt, dass sie ihre Auffassung zum Empfänger der staatlichen Beihilfe nach diesem Beschluss nicht geändert habe (Rn. 39) und dass sie auch ihre Auffassung zum Gegenstand dieser Beihilfe, der auf die vier in dem Beschluss genannten Maßnahmen beschränkt gewesen sei, nicht geändert habe (Rn. 40). Die Feststellung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der neuen HelB und der alten HelB habe folglich nichts an der Beurteilung der Kommission geändert. Somit habe das Gericht in Rn. 41 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei befunden, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, den Einleitungsbeschluss zu berichtigen oder auszuweiten.

30

Als Zweites stellt die Kommission in Abrede, dass sie eine wesentliche Formvorschrift verletzt habe, indem sie die neue HelB nicht aufgefordert habe, zur wirtschaftlichen Kontinuität Stellung zu nehmen.

31

In dieser Hinsicht ist die Kommission erstens in Bezug auf den geltend gemachten Rechtsfehler des Gerichts betreffend den Gleichheitsgrundsatz, soweit dieses angenommen habe, dass sich das Recht der Begünstigten der Veräußerung eines Geschäftsbetriebs auf Anhörung im förmlichen Prüfverfahren je nach dem Zeitpunkt der Veräußerung unterscheide, der Auffassung, die vom Gericht vorgenommene Unterscheidung sei durch einen objektiven Unterschied der Situation gerechtfertigt. Wenn die Veräußerung nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erfolge, habe der Erwerber nämlich Kenntnis vom laufenden förmlichen Prüfverfahren und akzeptiere vermutlich die bestehende Situation, d. h. den Umstand, dass die Kommission entscheiden könne, dass die in Rede stehende staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar und zurückzufordern sei. In dieser Situation sei der Erwerber, der folglich der wirtschaftliche Nachfolger sei, durch nichts daran gehindert, dieses Risiko bei seinen Verhandlungen mit dem Verkäufer zu berücksichtigen.

32

Insbesondere könne in der vorliegenden Rechtssache nicht bezweifelt werden, dass die neue HelB über das laufende förmliche Prüfverfahren informiert gewesen sei, da ihr eine Klausel des Kaufvertrags im Fall der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe eine vollständige Entschädigung garantiert habe.

33

Zweitens macht die Kommission zur von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Unbegründetheit der vom Gericht getroffenen Unterscheidung zwischen der Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift und anderen Verfahrensfehlern geltend, dass sich diese Unterscheidung aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebe. Indem die Rechtsmittelführerin das Recht auf Anhörung mit dem Recht auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren über eine staatliche Beihilfe verwechsele, lasse sie diese Rechtsprechung außer Acht. So habe der Gerichtshof im Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo (C‑56/18 P, EU:C:2020:192), das die Rechtsmittelführerin zu Unrecht als für die vorliegende Rechtssache unerheblich ansehe, entschieden, dass die Beteiligten in das Verwaltungsverfahren einbezogen gewesen seien, aber nicht in ausreichendem Maße.

34

Ein Verfahrensfehler ziehe nur dann die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses nach sich, wenn der betreffende Beschluss ohne ihn nachweislich einen anderen Inhalt hätte haben können, worauf das Gericht in Rn. 51 des angefochtenen Urteils hingewiesen habe.

35

Was drittens den Fehler angeht, den das Gericht begangen haben soll, indem es festgestellt habe, dass das Versäumnis, die Rechtsmittelführerin zur Abgabe einer Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss aufzufordern, keinen Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift darstelle, trägt die Kommission vor, dass ein solcher Verstoß nicht vorliege, wenn die Frage, deren Fehlen im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens der Kommission vorgeworfen werde, keine für die Prüfung der fraglichen Beihilfemaßnahme wesentliche Sach- und Rechtsfrage darstelle (Urteil vom 10. März 2022, Freistaat Bayern u. a., C‑167/19 P, EU:C:2022:176, Rn. 96). Im vorliegenden Fall habe die Kommission im Einleitungsbeschluss keine Frage unberücksichtigt gelassen, die für die Prüfung der streitigen Maßnahmen wesentlich sei.

36

Viertens sei die Kommission jedenfalls nicht verpflichtet, einen wirtschaftlichen Nachfolger am förmlichen Prüfverfahren zu beteiligen, der nach dem Erlass des Beschlusses über die Einleitung dieses Verfahrens eine Gesellschaft erwerbe. Daher ist die Kommission der Auffassung, das Gericht habe in den Rn. 47, 48 und 51 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, indem es entschieden habe, dass sie gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV verstoßen habe, und beantragt vor dem Gerichtshof, die in diesen Randnummern angeführten fehlerhaften Gründe durch die nachstehend dargelegten Gründe zu ersetzen.

37

Die Verpflichtungen aus Art. 108 Abs. 2 AEUV beschränkten sich auf die Anforderungen an den Einleitungsbeschluss und stünden mit diesem im Zusammenhang. Was insbesondere das Erfordernis angehe, die Beteiligten in geeigneter Weise in das Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen einzubeziehen, so könne dieses Erfordernis nicht dazu führen, dass die Beteiligten die gleichen Rechte erlangten wie der betreffende Mitgliedstaat. Die Schlussfolgerung des Gerichts, dass die Kommission die Rechtsmittelführerin aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles speziell am förmlichen Prüfverfahren hätte beteiligen und ihr Gelegenheit hätte geben müssen, zu den mit der wirtschaftlichen Kontinuität zusammenhängenden Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, stelle den Grundsatz in Frage, dass die Untersuchungen staatlicher Beihilfen im Wesentlichen Verfahren seien, die den Mitgliedstaat beträfen, der die fragliche Beihilfe gewährt habe.

38

Fünftens macht die Kommission in Bezug auf das Vorbringen, der vorgeworfene Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV beeinträchtige das in Art. 41 der Charta der Grundrechte verankerte Recht auf Anhörung und stelle daher eine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift dar, geltend, dass die Beteiligten kein Recht auf Anhörung hätten, sondern nur das Recht, am Verwaltungsverfahren der Kommission unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden (Urteile vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 29. September 2021, Ryanair/Kommission u. a., T‑448/18, EU:T:2021:626, Rn. 102).

39

Die Unionsgerichte könnten die den Beteiligten durch den AEU-Vertrag und das abgeleitete Recht eingeräumten Verfahrensrechte nicht auf der Grundlage allgemeiner Rechtsgrundsätze wie des Rechts auf Anhörung ausweiten. Das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV sei ein Inter-partes-Verfahren nur in Bezug auf den betroffenen Mitgliedstaat und nicht in Bezug auf die anderen Beteiligten (Urteil vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T‑228/99 und T‑233/99, EU:T:2003:57, Rn. 168). In einem Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen könnten sich die Beihilfeempfänger somit nicht auf die Verteidigungsrechte berufen.

40

Die Verpflichtung der Kommission, den Empfängern der staatlichen Beihilfe vorab die Gesichtspunkte mitzuteilen, auf die sie ihren endgültigen Beschluss stützen wolle, würde auf die Einführung einer kontradiktorischen Erörterung hinauslaufen, wie sie zugunsten des für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaats eingeleitet werde. Eine solche Verpflichtung laufe dem Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo (C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 74 und 75), zuwider.

41

Als Drittes ist die Kommission hinsichtlich des Rechtsfehlers, den das Gericht begangen haben soll, indem es entschieden habe, dass die Stellungnahme der Rechtsmittelführerin keine Änderung des streitigen Beschlusses ermöglicht hätte, der Ansicht, dass diese Rüge offensichtlich unzulässig sei, da sie in Wirklichkeit die Beweiswürdigung durch das Gericht betreffe.

42

Im Übrigen sei das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe ihr einen nicht möglichen Beweis auferlegt, da ihr nur gestattet worden sei, die Gesichtspunkte vorzutragen, die der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses bekannt gewesen seien, unbegründet. Die Rechtsmittelführerin habe vor dem Gericht alle relevanten Beweise vorlegen können, und das Gericht habe zu Recht entschieden, dass die Rechtsmittelführerin den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

43

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es in Rn. 51 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Kommission keine wesentliche Formvorschrift verletzt habe, indem sie es unterlassen habe, ihr im förmlichen Verfahren zur Prüfung der streitigen Maßnahmen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

44

Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, in den Rn. 36 bis 41 des angefochtenen Urteils ihr Vorbringen zurückgewiesen zu haben, wonach die Kommission verpflichtet gewesen sei, den Einleitungsbeschluss nach der Veräußerung der alten HelB zu ergänzen oder zu berichtigen.

45

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen zwischen der Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu ermöglichen, und der in Art. 108 Abs. 2 AEUV geregelten Prüfungsphase zu unterscheiden ist. Nur in dieser Phase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten des Falles zu verschaffen, sieht der AEU-Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Verpflichtung hat den Charakter einer wesentlichen Formvorschrift, da sie eine wesentliche Verfahrensvoraussetzung darstellt, die untrennbar mit der korrekten Willensbildung oder Willensäußerung des Urhebers des Rechtsakts verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen, C‑334/07 P, EU:C:2008:709, Rn. 55, und vom 10. März 2022, Kommission/Freistaat Bayern u. a., C‑167/19 P und C‑171/19 P, EU:C:2022:176, Rn. 89).

46

Der Umfang dieser Verpflichtung wird durch Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 bestimmt, nach dem die Kategorie „Beteiligte“„Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere de[n] Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände“, umfasst.

47

Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass, da das Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nach seinem allgemeinen Aufbau ein Verfahren ist, das gegenüber dem für die Gewährung der Beihilfe verantwortlichen Mitgliedstaat eröffnet wird, andere Beteiligte als dieser Mitgliedstaat selbst keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission haben, wie sie zugunsten dieses Mitgliedstaats eingeleitet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, EU:C:2002:524, Rn. 81 und 82), und dass der Beihilfeempfänger nicht über weiter gehende Rechte verfügt als andere Beteiligte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2020, Kommission/Gmina Miasto Gdynia und Port Lotniczy Gdynia Kosakowo, C‑56/18 P, EU:C:2020:192, Rn. 75).

48

Vor diesem Hintergrund hat der Gerichtshof entschieden, dass die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens darstellt. Diese Mitteilung dient dem Zweck, von den Beteiligten alle Auskünfte zu erhalten, die dazu beitragen können, der Kommission Klarheit über ihr weiteres Vorgehen zu verschaffen. Ein solches Verfahren gibt außerdem den anderen Mitgliedstaaten und den betroffenen Wirtschaftskreisen die Gewähr, ihre Auffassung vortragen zu können (Urteil vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, EU:C:2002:524, Rn. 80).

49

Die Beteiligten sind jedoch nur dann in der Lage, sachgerecht Stellung zu nehmen, wenn, wie in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2015/1589 vorgesehen, die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen in dem veröffentlichten Beschluss ausdrücklich und klar genannt werden (Urteil vom 10. März 2022, Kommission/Freistaat Bayern u. a., C‑167/19 P und C‑171/19 P, EU:C:2022:176, Rn. 91).

50

Daraus folgt, dass mit der bloßen Veröffentlichung eines Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens, ohne dass der Inhalt eines solchen Beschlusses den Vorgaben dieser Bestimmung entspricht, die Verpflichtung der Kommission zum Zeitpunkt des förmlichen Prüfverfahrens, die eine wesentliche Formvorschrift im Sinne von Art. 263 Abs. 2 AEUV darstellt, nicht erfüllt ist (Urteil vom 10. März 2022, Kommission/Freistaat Bayern u. a., C‑167/19 P und C‑171/19 P, EU:C:2022:176, Rn. 92).

51

Die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, die in dem Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens enthalten sein müssen, sind diejenigen, die in diesem Verfahren im Hinblick auf den Erlass des endgültigen Beschlusses geprüft werden sollen, mit dem die Kommission über das Vorliegen und die Vereinbarkeit der fraglichen staatlichen Beihilfe sowie gegebenenfalls über die Verpflichtung zur Rückforderung dieser Beihilfe entscheidet.

52

Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass es Umstände geben kann, unter denen die Feststellung neuer Tatsachen oder anderer als der im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens genannten Tatsachen oder auch das Eintreten wesentlicher Änderungen des einschlägigen rechtlichen Rahmens eine stärkere Einbeziehung der Beteiligten oder gar die Veröffentlichung eines ergänzenden oder berichtigten Einleitungsbeschlusses erfordern kann (Urteil vom 11. November 2021, Autostrada Wielkopolska/Kommission und Polen, C‑933/19 P, EU:C:2021:905, Rn. 71).

53

Wenn die neuen, nach dem Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens entstehenden Gesichtspunkte „wesentliche Sach- und Rechtsfragen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 sind, kann die Verpflichtung der Kommission, alle Beteiligten davon in Kenntnis zu setzen, damit sie Stellung nehmen können, nur durch die Veröffentlichung eines ergänzenden Einleitungsbeschlusses erfüllt werden. Wie in Rn. 46 des vorliegenden Urteils ausgeführt, stellen die Beteiligten nämlich eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten dar, deren Inkenntnissetzung nur durch eine Veröffentlichung gewährleistet werden kann.

54

Im vorliegenden Fall wurde die alte HelB, die im Einleitungsbeschluss als Empfängerin der in Rede stehenden staatlichen Beihilfe bezeichnet wurde, nach diesem Beschluss von der neuen HelB übernommen.

55

Allerdings geht, wie die Generalanwältin in Nr. 49 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, aus den Rn. 42 bis 46 des angefochtenen Urteils hervor, dass die Kommission seit Juni 2015 über den Prozess der Veräußerung des Geschäftsbetriebs der alten HelB informiert war und zwischen dieser Veräußerung an die neue HelB und dem Erlass des streitigen Beschlusses dreieinhalb Jahre vergangen sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Einleitungsbeschluss nur die alte HelB als potenziellen Empfänger der in Rede stehenden Beihilfe angeführt hat. Folglich war die genannte Veräußerung, nachdem sie der Kommission zur Kenntnis gebracht worden war, eine für ihre Prüfung wesentliche Frage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589.

56

Gleichwohl konnte diese wesentliche Frage im Einleitungsbeschluss nicht vorkommen, weil sie nach dessen Veröffentlichung entstanden ist. Unter diesen Umständen war die Kommission, wie in Rn. 53 des vorliegenden Urteils ausgeführt, verpflichtet, einen ergänzenden Einleitungsbeschluss zu veröffentlichen, in dem diese neue wesentliche Frage berücksichtigt wird, um den Beteiligten entsprechend dem Erfordernis nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 die Möglichkeit zu geben, sachgerecht Stellung zu nehmen.

57

Wie die Generalanwältin in den Nrn. 53 und 54 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, wurden mangels einer solchen Veröffentlichung weder die Rechtsmittelführerin noch ein anderer Beteiligter, insbesondere die mit ihr konkurrierenden Unternehmen, in irgendeinem Stadium des förmlichen Prüfverfahrens in die Lage versetzt, zur wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der alten HelB und der neuen HelB und folglich zur Möglichkeit, die in Rede stehende staatliche Beihilfe von der neuen HelB zurückzufordern, Stellung zu nehmen.

58

Nach alledem ist dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes stattzugeben, wonach das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es in Rn. 41 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission nicht verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren durch einen ergänzenden Einleitungsbeschluss auszuweiten.

59

Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in Rn. 51 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass der Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV, den die Kommission dadurch begangen habe, dass sie die Rechtsmittelführerin nicht am förmlichen Prüfverfahren beteiligt habe, keine Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift, sondern nur einen Verfahrensfehler darstelle, der nur dann die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses nach sich ziehe, wenn der betreffende Beschluss ohne ihn nachweislich einen anderen Inhalt hätte haben können.

60

Zum einen hat, wie in den Rn. 45 und 50 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Verpflichtung, den Beteiligten durch die Veröffentlichung des Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens Gelegenheit zu geben, zu den wesentlichen Sach- und Rechtsfragen Stellung zu nehmen, den Charakter einer wesentlichen Formvorschrift im Sinne von Art. 263 Abs. 2 AEUV.

61

Zum anderen stellte, wie sich aus den Rn. 55 und 56 des vorliegenden Urteils ergibt, die Veräußerung der alten HelB an die neue HelB eine wesentliche Frage im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 dar, die, da sie im vorhergehenden Einleitungsbeschluss nicht enthalten sein konnte, zur Veröffentlichung eines ergänzenden Einleitungsbeschlusses hätte führen müssen, um den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sachgerecht Stellung zu nehmen.

62

Folglich macht die Rechtsmittelführerin zu Recht geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es in Rn. 51 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Kommission keine wesentliche Formvorschrift verletzt, sondern nur einen Verfahrensfehler begangen habe, indem sie die Rechtsmittelführerin nicht am förmlichen Prüfverfahren beteiligt habe.

63

Dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher ebenfalls stattzugeben.

64

Daraus folgt, dass dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben ist, ohne dass über seinen dritten Teil entschieden zu werden braucht.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

65

Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

66

In Rn. 159 des angefochtenen Urteils habe das Gericht festgestellt, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, zu bestimmen, inwieweit die sich aus den streitigen Maßnahmen ergebende staatliche Beihilfe von der neuen HelB zurückzufordern gewesen sei. Der Betrag der zurückzufordernden Beihilfe dürfe jedoch den tatsächlich auf die Rechtsmittelführerin übertragenen Betrag nicht übersteigen. Die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe habe nämlich keinen Sanktionscharakter, sondern diene dazu, die vor der Gewährung der Beihilfe bestehenden Bedingungen wiederherzustellen und die durch diese verursachte Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen.

67

Eine Rückforderung, deren Betrag den der erhaltenen staatlichen Beihilfe übersteige, verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 157 des angefochtenen Urteils könne der zurückzufordernde Betrag im vorliegenden Fall nicht bestimmt werden, ohne den Marktpreis der alten HelB zu bewerten, wie die Rechtsmittelführerin in ihrer Klageschrift im ersten Rechtszug dargelegt habe. Die Rechtsmittelführerin trägt vor, dass der Wert des Geschäftsbetriebs negativ gewesen wäre, wenn sie gewusst hätte, dass sie für die dem Veräußerer gewährten rechtswidrigen staatlichen Beihilfen haften müsse und sich nicht auf die Entschädigungsklausel berufen könne.

68

Der Gerichtshof habe entschieden, dass die Verpflichtung des Erwerbers zur Rückzahlung der staatlichen Beihilfe nur dann bestehen könne, wenn der Wert des Unternehmens nicht zum Marktpreis bewertet worden sei und wenn feststehe, dass dem Erwerber der Nutzen des mit dem Erhalt dieser Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteils verbleibe (Urteile vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, EU:C:2004:238, Rn. 86, 92 und 93, sowie vom 13. November 2008, Kommission/Frankreich, C‑214/07, EU:C:2008:619, Rn. 58).

69

Selbst wenn Zweifel an der Vereinbarkeit des Kaufpreises mit dem Marktpreis bestünden, hätte dies die Kommission folglich nicht von der Prüfung befreit, inwieweit die staatliche Beihilfe auf die Rechtsmittelführerin übertragen worden sei.

70

Im Übrigen diskriminiere die vom Gericht gebilligte Herangehensweise der Kommission die von einer Rückzahlungsverpflichtung betroffenen Unternehmen, die wie die Rechtsmittelführerin einen Geschäftsbetrieb von einer öffentlichen Einrichtung erworben hätten, und begünstige diejenigen, die im gleichen Fall einen Geschäftsbetrieb von einem privaten Unternehmen erworben hätten, das eine rechtswidrige staatliche Beihilfe erhalten habe. Letztere könnten vom Verkäufer eine Minderung des Kaufpreises oder Schadensersatz auf der Grundlage der Vertragsbedingungen verlangen und erhalten, was Erstere nicht tun könnten, da in ihrem Fall die Minderung des Kaufpreises als neue staatliche Beihilfe angesehen würde.

71

Schließlich habe die Stadt Helsinki durch die Auszahlung der rechtswidrigen staatlichen Beihilfen einen ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Als Eigentümerin der alten HelB habe sie zunächst von der neuen HelB den Kaufpreis von etwa 36 Mio. Euro und dann 44 Mio. Euro als Rückforderung erhalten.

72

Die Kommission tritt dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin entgegen.

73

Erstens entbehre das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, die Kommission hätte den „korrekten“ Verkaufspreis der alten HelB bestimmen müssen, einer Grundlage. In diesem Zusammenhang trägt die Kommission vor, dass ein Unterschied zwischen der Feststellung der wirtschaftlichen Kontinuität und der Bestimmung des Verhältnisses bestehe, in dem die Beihilfe von ihren Empfängern zurückzufordern sei. Für die Feststellung der wirtschaftlichen Kontinuität sei es nicht erforderlich, dass die Kommission das genaue Verhältnis bestimme, in dem die Empfänger der rechtswidrigen staatlichen Beihilfe diese zurückzahlen müssten. Wie das Gericht in den Rn. 86 und 87 des angefochtenen Urteils zu Recht herausgestellt habe, sei es demnach für die Feststellung der wirtschaftlichen Kontinuität nicht erforderlich, den Marktpreis des Geschäftsbetriebs der alten HelB zu bestimmen, sondern es reiche aus, dass die Kommission nachweise, dass der Verkaufspreis dieses Geschäftsbetriebs nicht marktüblich sei (Urteile vom 29. April 2021, Fortischem/Kommission, C‑890/19 P, EU:C:2021:345, Rn. 77 bis 81, und vom 24. September 2019, Fortischem/Kommission, T‑121/15, EU:T:2019:684, Rn. 221).

74

Zweitens sei die Kommission, wie das Gericht in Rn. 159 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, nicht verpflichtet, zu bestimmen, inwieweit die staatliche Beihilfe, deren Rückforderung mit dem streitigen Beschluss angeordnet worden sei, von der Rechtsmittelführerin zurückzufordern sei. Es sei Sache der Republik Finnland, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die tatsächliche Einziehung der geschuldeten Beträge zu erwirken.

75

Drittens beruhe das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, die Erwägungen im angefochtenen Urteil führten zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Erwerber von öffentlichen Unternehmen, die eine staatliche Beihilfe erhielten, gegenüber den Erwerbern privater Unternehmen, die eine solche Beihilfe erhielten, auf einem Missverständnis der unterschiedlichen Rollen von öffentlichen Wirtschaftsteilnehmern und Wirtschaftsteilnehmern in öffentlicher Trägerschaft.

76

Viertens weist die Kommission darauf hin, dass die Zurückweisung des zweiten, gegen die Feststellung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der alten HelB und der neuen HelB gerichteten Klagegrundes durch das Gericht mit dem Rechtsmittel nicht angegriffen werde. Da diese wirtschaftliche Kontinuität bejaht werden müsse, sei daraus zu schließen, dass die rechtswidrige staatliche Beihilfe von dem einen auf das andere Unternehmen übertragen worden sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

77

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (Urteile vom 17. Mai 1984, Denkavit Nederland, 15/83, EU:C:1984:183, Rn. 25, und vom 30. April 2019, Italien/Rat [Fangquoten für Schwertfisch im Mittelmeer], C‑611/17, EU:C:2019:332, Rn. 55).

78

Ob die Kommission, wie erforderlich, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet, wenn sie beschließt, dass eine rechtswidrige staatliche Beihilfe zurückzufordern ist, muss daher im Hinblick auf das mit einem solchen Beschluss verfolgte Ziel beurteilt werden.

79

Nach ständiger Rechtsprechung zielt die Rückforderung einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe auf die Wiederherstellung der früheren Lage ab. Dieses Ziel ist erreicht, wenn die fraglichen Beihilfen, gegebenenfalls zuzüglich Verzugszinsen, vom Begünstigten oder, mit anderen Worten, von den Unternehmen, die den tatsächlichen Nutzen davon hatten, zurückgezahlt wurden. Durch diese Rückzahlung verliert nämlich der Begünstigte den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Konkurrenten besaß, und die vor der Zahlung der Beihilfe bestehende Lage wird wiederhergestellt (Urteil vom 1. Oktober 2015, Electrabel und Dunamenti Erőmű/Kommission, C‑357/14 P, EU:C:2015:642, Rn. 110 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

80

Deshalb kann die Rückforderung dieser Beihilfe zwecks Wiederherstellung der früheren Lage grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die außer Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des AEU-Vertrags über staatliche Beihilfen steht (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/Aer Lingus und Ryanair Designated Activity, C‑164/15 P und C‑165/15 P, EU:C:2016:990, Rn. 116 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Die Rückforderung der rechtswidrigen staatlichen Beihilfe verstößt nur dann gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn der vom Empfänger zurückzuzahlende Betrag den aktualisierten Betrag der von ihm erhaltenen Beihilfe übersteigt.

81

Wenn die Gesellschaft, die eine rechtswidrige staatliche Beihilfe erhalten hat, von einer anderen Gesellschaft erworben wurde, muss die Beihilfe von der Gesellschaft zurückgefordert werden, die die Geschäftstätigkeit des Unternehmens fortführt, das von diesen Beihilfen profitiert hat, wenn erwiesen ist, dass dieser Gesellschaft der tatsächliche Nutzen des mit dem Erhalt dieser Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteils verbleibt (Urteil vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission, C‑127/16 P, EU:C:2018:165, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung). In diesem Fall beschränkt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Rückzahlungspflicht des Käufers des Unternehmens, das die Beihilfe ursprünglich erhalten hat, auf den Betrag des Wettbewerbsvorteils, den er tatsächlich behalten hat.

82

Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, dadurch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen zu haben, dass es in Rn. 159 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, zu bestimmen, inwieweit die staatliche Beihilfe von der Rechtsmittelführerin zurückzufordern sei. Das Gericht habe in dieser Randnummer anerkannt, dass die Kommission ihr die Verpflichtung auferlegen könne, die gesamte an die alte HelB gezahlte Beihilfe zurückzuzahlen, ohne zu prüfen, inwieweit diese Beihilfe tatsächlich an sie weitergeleitet worden sei.

83

Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin beruht jedoch auf einer fehlerhaften Auslegung von Rn. 159 des angefochtenen Urteils. Das Gericht hat nämlich in dieser Randnummer lediglich rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Kommission nicht verpflichtet war, den Betrag der staatlichen Beihilfe zu bestimmen, den die finnischen Behörden von der neuen HelB zurückzufordern hatten.

84

Tatsächlich stellte die Kommission mit dem streitigen Beschluss die wirtschaftliche Kontinuität zwischen der alten HelB und der neuen HelB fest und zog daraus den Schluss, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung der staatlichen Beihilfe auf die neue HelB ausgedehnt werden musste. Dabei hat sich die Kommission nicht dazu geäußert, in welchem Umfang der neuen HelB der Nutzen der Beihilfe für die alte HelB tatsächlich verblieb. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen ausgeführt hat, besteht ein Unterschied zwischen der Feststellung der wirtschaftlichen Kontinuität und der Bestimmung des Verhältnisses, in dem die rechtswidrige Beihilfe von deren Empfängern zurückzufordern ist. Daraus folgt, dass die Rechtsmittelführerin nicht mit Erfolg geltend machen kann, dass Rn. 157 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler enthalte, da das Gericht im Wesentlichen auf diesen Unterschied hingewiesen hat.

85

Unter diesen Umständen ist es, wie das Gericht in Rn. 159 des angefochtenen Urteils entschieden hat, Sache der Republik Finnland, den Betrag der staatlichen Beihilfe zu bestimmen, der von der neuen HelB zurückzufordern ist.

86

Der zweite Rechtsmittelgrund, mit dem geltend gemacht wird, das Gericht habe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, ist daher zurückzuweisen.

87

Nach alledem ist, da dem ersten Rechtsmittelgrund stattzugeben ist, das angefochtene Urteil aufzuheben.

Zur Klage vor dem Gericht

88

Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen oder den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

89

Im vorliegenden Fall ist der Rechtsstreit, der zur Entscheidung reif ist, vom Gerichtshof endgültig zu entscheiden.

90

Mit dem ersten Klagegrund ihrer Klage vor dem Gericht macht die neue HelB geltend, nach ihrem Erwerb der alten HelB hätte die Kommission einen ergänzenden Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erlassen müssen, um ihr die Möglichkeit zu geben, im Rahmen dieses Verfahrens Stellung zu nehmen. Außerdem habe die Kommission dadurch, dass sie es unterlassen habe, einen solchen Beschluss zu erlassen, um den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, eine wesentliche Formvorschrift verletzt.

91

Aus den Rn. 43 bis 64 des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass dieser Klagegrund begründet ist und ihm daher stattzugeben ist.

92

Da der Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift von Rechts wegen zur Nichtigerklärung der Maßnahme führt (Urteil vom 10. März 2022, Kommission/Freistaat Bayern u. a., C‑167/19 P und C‑171/19 P, EU:C:2022:176, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung), ist der streitige Beschluss demnach zwingend aufzuheben.

Kosten

93

Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entscheidet dieser über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

94

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die neue HelB, nunmehr Koiviston Auto Helsinki, beantragt hat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen Kosten und die Kosten der neuen HelB sowohl im Zusammenhang mit dem Verfahren des ersten Rechtszugs als auch mit dem Rechtsmittelverfahren aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 14. September 2022, Helsingin Bussiliikenne/Kommission (T‑603/19, EU:T:2022:555), wird aufgehoben.

 

2.

Der Beschluss (EU) 2020/1814 der Kommission vom 28. Juni 2019 über die staatliche Beihilfe SA.33846 (2015/C) (ex 2014/NN) (ex 2011/CP) Finnlands zugunsten von Helsingin Bussiliikenne Oy wird für nichtig erklärt.

 

3.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Koiviston Auto Helsinki Oy sowohl im Zusammenhang mit dem Verfahren des ersten Rechtszugs als auch mit dem Rechtsmittelverfahren.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Finnisch.